Gemeinden fahren ihre Elektrofahrzeuge auf

ELEKTROMOBILITÄT Das Angebot an elektrisch betriebenen Nutzfahrzeugen wächst – und immer mehr Gemeinden setzen sie ein. Dieses Engagement zahlt sich nicht nur punkto Ökobilanz aus.

Elektrofahrzeuge Stadt Bern TIR transNews
Die Elektrofahrzeuge im täglichen Einsatz für eine saubere Stadt Bern.

Das Fahrzeug macht nicht nur sauber, sondern ist es auch: Hörbar leiser als ihr dieselbetriebenes Pendant gleitet die elektrisch betriebene Strassenreinigungsmaschine durch Berns Innenstadt. Insbesondere frühmorgens, wenn die Stadtbewohnerinnen und -bewohner noch schlafen, ist das Elektrofahrzeug auf seiner leisen Tour.

2018 hat die Stadt Bern insgesamt drei elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge in Betrieb genommen: eine Strassenreinigungsmaschine und zwei Kleinmüllfahrzeuge. «Das ist erst der Anfang», sagt Bernhard Rüegg, der beim städtischen Tiefbauamt für das Flottenmanagement der Gemeindefahrzeuge zuständig ist. Im Rahmen von Ersatzbeschaffungen soll ein grosser Schritt in Richtung Elektromobilität getan werden: «Insgesamt fünf Reinigungsmaschinen und zehn Kleinmüllfahrzeuge mit Elektroantrieb werden bis Ende 2020 täglich für eine saubere Stadt Bern im Einsatz stehen.» Zudem sollen künftig alle Personenwagen, die für die Stadt Bern unterwegs sind, einen Elektromotor oder einen anderen alternativen Antrieb haben. «Bei einer Neubeschaffung prüfen wir jedes Mal, was der Markt an alternativen Antrieben bietet, und stellen unsere Fahrzeugflotte kontinuierlich auf umweltfreundliche Modelle um.»

Wartung entfällt
Das neue Reinigungsfahrzeug mit Elektroantrieb stösst jährlich rund 26 Tonnen weniger CO₂ aus als ein herkömmliches Modell. «Dies allerdings nur, wenn wir es mit Ökostrom betreiben – was in Bern der Fall ist», so Rüegg. Doch die bessere Ökobilanz ist nur einer der Vorteile, die für die neuen Fahrzeuge sprechen: «Sie verursachen viel weniger Lärm als solche mit Verbrennungsmotor, und ihre Unterhaltskosten sind deutlich tiefer.» So benötigt ein Elektromotor kaum Wartung, der regelmässige Ölwechsel entfällt, und es gibt keine Verschleissteile, die regelmässig ersetzt werden müssen.

Nach einem halben Jahr Betriebszeit ist es für Rüegg zu früh, um die Erfahrungen mit den neuen Fahrzeugen zu beurteilen. Doch habe sich gezeigt, dass die Angaben der Hersteller punkto Betriebsdauer stimmen und die Batterien für jeweils eine Arbeitsschicht reichen. «Wir mussten an unserer Arbeitsplanung nichts ändern, im Alltag lassen sich unsere elektrischen Neuanschaffungen genau gleich bedienen wie ihre Vorgänger.»

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Gemeinderätin Ursula Wyss und Patric Schädeli, Leiter Unterhalt und Betrieb Tiefbauamt Bern, an der Medienkonferenz zur Übergabe der Elektrofahrzeuge.

Elektromobilität fordert Gemeinden
Die Stadt Bern ist nicht die einzige Vorreiterin: Der Leitfaden «Elektromobilität für Gemeinden» von EnergieSchweiz listet zahlreiche Gemeinden auf, die in den letzten Jahren einen starken Fokus auf Elektromobilität gesetzt haben. Dabei ist der Fahrzeugwechsel nur ein Thema von vielen: «Elektromobilität stellt die Gemeinden vor Herausforderungen, die weit über die technischen Details neuer Fahrzeuge hinausgehen», sagt Monika Tschannen-Süess, Programmleiterin Mobilität des Labels «Energiestadt», das an Gemeinden mit nachhaltiger Energie- und Klimapolitik vergeben wird. So mussten Gemeinden bisher keine Tankstellen betreiben und konnten ihre Fahrzeuge tanken, wo sie wollten. Die Elektromobilität ist jedoch von neuen Ladestationen abhängig.

«Die Gemeinden müssen sich überlegen, wie ihre Rolle aussieht, welches ihre Aufgaben sind und welche nicht», so Tschannen-Süess. «Bietet die Gemeinde eigene Ladestationen an oder beauftragt sie einen privaten Anbieter?» Für die Bereitstellung einer geeigneten Ladeinfrastruktur empfiehlt es sich, systematisch vorzugehen und sie mit dem Parkierungskonzept abzustimmen. Wo ergeben Ladestationen Sinn und welche Ladeleistung muss zur Verfügung gestellt werden? Was sind die Anforderungen an das Bezahlsystem, damit der Zugang möglichst offen ist? So haben sich zum Beispiel die Gemeinden im basellandschaftlichen Birstal in dieser Frage vorbildlich zusammengeschlossen und Grundlagen für ein koordiniertes Vorgehen geschaffen.

Viele Wege führen zur Elektromobilität
Für das Label Energiestadt nimmt die Mobilität einen hohen Stellenwert ein. «Sie hat in der Bewertung ein Gewicht von 20 bis 25 Prozent», sagt Tschannen-Süess. Elektrofahrzeuge werden daher für Gemeinden immer wichtiger. Das Thema lässt sich auf unterschiedliche Weise in die kommunale Energiepolitik integrieren. Der Einstieg in die Elektromobilität ist für Gemeinden nicht immer einfach – insbesondere, wenn es um neue Fahrzeuge geht. Diese sind in der Beschaffung wesentlich teurer als mit Diesel oder Benzin betriebene Wa-gen. Laut Hersteller Bucher Municipal, von dem auch die in der Stadt Bern im Einsatz stehenden Fahrzeuge stammen, sind zurzeit die Anschaffungskosten einer elektrischen Maschine nicht ganz doppelt so hoch wie jene einer Dieselmaschine – Tendenz sinkend. Im Gegensatz dazu sind die Betriebskosten der elektrischen Maschine um circa zwei Drittel tiefer.

«Elektromobilität kann jedoch auch mit ersten konkreten Massnahmen beginnen», sagt Tschannen-Süess. Als Beispiel nennt sie die Kooperation mit einem Carsharing-Anbieter. «Gemeinden können für ihre Dienstfahrten Elektrofahrzeuge einsetzen, die zu 100 Prozent mit erneuerbarem Strom betrieben werden und auch öffentlich zugänglich sind. So kann die Elektromobilität den Menschen nähergebracht und Vorbehalte können abgebaut werden – und das erst noch mit einer guten Ökobilanz.»

Dieser Beitrag erschien erstmals in der Lieferwagen-Umweltliste 2019 des VCS.

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