Immer mehr Firmen entdecken die Fahrzeugmiete

FAHRZEUG- UND ANHÄNGERMIETE Eine Herausforderung für die Transportbranche ist die zunehmende Kurzfristigkeit von Auf­trägen. Das birgt Probleme in der Planung und Finanzierung und ist einer von mehreren Treibern, welche die Geschäftsgrundlage für die Vermietung von Nutzfahrzeugen darstellen.

Schwerpunkt Fahrzeugmiete TIR transNews
Kurzfristige Fahrzeugengpässe und die Überbrückung von saisonalen Auftragsschwankungen gehören zu den Hauptgründen, weshalb die Nutzfahrzeugbranche die Fahrzeugmiete wählt. Hier übergibt Volvo Trucks Rental zehn FH-Zugmaschinen an Krummen Kerzers.

Das Geschäft der Nutzfahrzeugvermietung kennt die unterschiedlichsten Mitspieler, wobei sie sich in zwei Hauptsektoren aufteilen. Zum einen sind da einige Nutzfahrzeug­hersteller selber, wie Mercedes-Benz, die in Europa mit CharterWay seit über 25 Jahren im Mietgeschäft tätig sind. Zum anderen spielen sogenannte neutrale Firmen eine grosse Rolle, welche markenunabhängig agieren, wie PEMA oder Fraikin. Weitere neutrale Firmen wiederum konzentrieren sich auf mehrheitlich einen Lastwagenhersteller, wie BFS Suisse auf Lastwagen und Vans von MAN.

In der Schweiz hat die LKW-Fahrzeugmiete erst richtig nach der Jahrtausendwende begonnen, mit beispielsweise PEMA Schweiz ab 2001, Fraikin Suisse ab 2006 und CharterWay ab etwa 2008. An dieser Stelle gilt es jedoch zu betonen, dass die meisten Lastwagenhersteller in der Schweiz ihren Kunden schon länger bestimmte Mietmöglichkeiten bieten, wie bei CharterWay, mit dem eine lange Vermiettradition bei Mercedes Schweiz vor zehn Jahren vor allem einen eigenen Namen erhielt. Dass die Bedeutung der temporären Nutzung von Lastwagen wächst, zeigt sich unter anderem daran, dass sich Firmen wie Volvo Trucks oder Renault Trucks in den letzten 24 Monaten in der Schweiz verstärkt zu engagieren begannen, indem eigene Geschäftszweige gegründet wurden. Volvo Trucks Rental startete seine Tätigkeit im Frühling 2018 im Nachgang an die transport-CH, und ­Renault Truck Rental ist seit Anfang 2019 aktiv.

Auch in der Baubranche ist eine höhere Nachfrage nach Angeboten zur Fahrzeugmiete feststellbar. Wie die meisten anderen Vermieter deckt CharterWay von Mercedes fast das ganze Spektrum an Transportaufgaben ab.

Flexibilität gefragt
Mietverträge sind mit den unterschiedlichsten Laufzeiten möglich, theoretisch von einem Tag bis zu mehreren Jahren. «Das Mietgeschäft ist ein Geschäft von Flexibilität», sagt dazu Josef Wechsler, Rental-Manager in der Schweiz von Volvo Trucks und Renault Trucks. Wechsler stellt aktuell eine Tendenz zu mehr kurzfristigen Aufträgen fest. Ähnlich beurteilt Heinz Stauffer von PEMA in Egerkingen die Entwicklung: «Die Langzeitmiete zeigt sich etwas verhaltener. Wir sehen weniger langfristige Verträge, jedoch mehr Kurzzeitmieten.» Gemeinhin wird in allen Zweigen der Transportbranche ein wachsender Bedarf an Mietfahrzeugen festgestellt, wobei die Nachfrage im Baugewerbe noch etwas ausgeprägter erscheint.

Gründe für die Miete sind teilweise sehr differenziert, wie Tobias Recher, Product Manager von CharterWay in der Schweiz, erklärt. Die primären Gründe werden jedoch von allen im Ausgleich saisonaler Schwankungen gesehen, in kurzfristigen Fahrzeugengpässen und in der tiefen Kapital­bindung bei einer Miete. Als Beispiel dafür kann Krummen Kerzers genannt werden, der für Lidl Schweiz neu mit LNG-Lastwagen die Schweizer Lidl-Standorte versorgt (siehe Seite 27). Der Versorgungsauftrag startete bereits vor knapp sechs Monaten, weshalb Krummen überbrückend zehn Diesel-Zugmaschinen benötigte, um die Transporte bis zur Eröffnung der ersten Tankstelle in Weinfeldern ausführen zu können. «Für diesen Auftrag haben wir extra zehn zusätzliche Fahrzeuge in die Rental-Flotte genommen», hatte Wechsler Ende Fe­bruar bei der Übergabe der Lastwagen in Kerzers erklärt. In den ersten Monaten mit LNG-Betrieb bleiben die zehn Diesel-Volvo bei Krummen im Fuhrpark, um bei Schwierigkeiten mit der neuen Technologie keine Transportausfälle riskieren zu müssen. Übrigens wer­den Mieten mehrerer Fahrzeuge im Überlandverkehr eher selten, in der Baubranche hingegen öfter getätigt.

Transportunternehmer, die einen neuen Auftrag an Land gezogen haben, nutzen die Fahrzeugmiete manchmal, um sich mit dem Auftrag vertraut zu machen, bevor eine zusätzliche, kapitalintensive Anschaffung gemacht wird. «Hier ist die Flexibilität des Vermieters gefragt, um gegebenenfalls ein Fahrzeug auszutauschen, weil die erste Wahl sich als unpassend für den Auftrag erwiesen hat», meint Josef Wechsler. Bei Aufträgen in Berggebieten wiederum kann saisonal ein erhöhter Fahrzeugbedarf auftreten, um bei vorgegebenen saisonalen Einschränkungen genügend Transportkapazitäten zur Verfügung zu haben. Und markenunabhängige Vermieter können Unternehmern ermöglichen, etwas aus­serhalb ­ihrer sonst in der Flotte vorhandenen Lastwagenmarken Erfahrungen zu sammeln.

Die standardisierten Lösungen helfen dem Vermieter, ein möglichst breites Ziel­publikum ansprechen zu können. Fahrzeugspezifische Spezialwünsche finden nur bei wenigen Vermietern Niederschlag.

Möglichst standardisiert
Die Vermietung hält sich grösstenteils fern von der sonst stark kundenspezifisch orientierten Ausrichtung der Fahrzeuge. «Die Herausforderung besteht in der Vermietung darin, ein Fahrzeug zu bauen, das die Kriterien eines möglichst breiten Zielpublikums erfüllt», meint etwa Tobias ­Recher. Aus diesem Grund konzentriert sich PEMA beispielsweise auf Stückgut- und Ferntransporte, überlässt Baufahrzeuge grossmehrheitlich den Mitbewerbern. Das sehen Volvo, Renault und Mercedes weniger eng, halten sich aber streng an eine Standardisierung. «Wir versuchen, unsere Fahrzeuge für mehrere Aufgaben einsetzbar zu machen», meint Josef Wechsler. So könne das Fahrzeug das eine Mal für die eine Aufgabe, das andere Mal für eine zweite Aufgabe genutzt werden.

Mit Blick auf die Standardisierung geht Fraikin einen alternativen Weg. Der Vermieter, dessen Wurzeln in Frankreich mehr als 70 Jahre zurückreichen, hat eine stattliche Anzahl Spezialfahrzeuge im Fuhrpark. Sie sind für Kommunalaufgaben konzipiert, unter anderem auch für die Kehrichtabfuhr. Dazu kommen Ambulanzfahrzeuge, Tankfahrzeuge oder Transporter mit Hebebühne.

Kröten kann sich kein Vermieter erlauben, entsprechend sind alle Fahrzeuge gut gepflegt und erfüllen praktisch alle die Abgasnorm Euro 6. Wo noch Modelle mit Euro 5 oder darunter vorhanden sind, stehen sie vor der Ablösung. Die klar definierten Kosten für die Fahrzeugmiete ermöglichen den Transportunternehmern eine zuverlässige Kalkulation. Unterschiede gibt es bei Themen wie der Einlösung der Mietfahrzeuge. Während CharterWay alle Fahrzeuge selber einlöst, überträgt Volvo diese Aufgabe eher den Mietern. «Gerade wenn es um Spezialbewilligungen (z.B. für den Flughafen Zürich-Kloten) oder um den grenzüberschreitenden Verkehr mit dem Zoll geht, kann eine ‹Fremdzulassung› zu Problemen führen», begründet Josef Wechsler.

Die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor der Vermietung nicht halt. So bieten die meisten Firmen Konnektivitätslösungen für Lastwagen und Trailer an, die sich in die Infrastruktur der Transporteure einbinden lässt. Das ermöglicht, auch mit dem Mietfahrzeug die Transportkette lückenlos abbilden zu können. Die viel besprochenen alternativen Antriebe jedoch finden aktuell im Mietgeschäft noch kaum Niederschlag. «Das Thema wird künftig an Gewicht gewinnen», ist Tobias Recher aber über­zeugt. Auch bei PEMA sind alternative Antriebe nur am Rand ein Thema. Man beschränket sich vorerstauf die unterstützende Beratung von Kunden, die sich mit der Anschaffung von alternativ angetriebenen Nutzfahrzeugen beschäftigen.

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Diverse Firmen vermieten neutral und unabhängig von Lastwagenherstellern, übernehmen teilweise aber die Vermietaufgaben im Auftrag einzelner LKW-Bauer.
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