Spritspartechnologie für den Fernverkehrs-Truck
CO2-REDUKTION Die Bestrebungen von Volvo Trucks in Sachen Antriebsstrang gehen in zwei Richtungen: Alternative Antriebe und Effizienzsteigerung beim Diesel. Letztere findet mit I-Save ihren momentanen Höhepunkt mit einer Verbrauchsreduktion um sieben Prozent. Die Technik mit Turbo-Compound lässt sich «erfahren».
Die Zukunft der Transportindustrie ist vielschichtig und umfasst bei den Fahrzeugen die Suche nach dem richtigen Antriebskonzept. Diese Suche dürfte noch lange viele Lösungsansätze ermöglichen, zumal die Frage nach dem Antrieb der Zukunft heute nicht abschliessend beantwortet werden kann. Wegen dieser Ungewissheit und unter dem Druck der jüngst beschlossenen, sehr ambitionierten CO2-Vorgaben in der EU führen die Lastwagenbauer ihre Entwicklungsanstrengungen länger schon mehrgleisig. Volvo Trucks beispielsweise setzt auf Lösungen wie LNG und Elektroantrieb, arbeitet aber intensiv an der Weiterentwicklung des herkömmlichen Diesels. Letzterer ist, entgegen der in der breiten Bevölkerung immer wieder portierten Meinung, ausgesprochen effizient und in den jüngsten Ausführungen auch extrem sauber.
Mit dem Projekt I-Save engagiert sich Volvo Trucks in jenem Transportsegment, das in Europa die grösste Bedeutung hat: dem Fernverkehr. Gemäss Herstellerangaben werden heute rund 70 Prozent aller Lastwagen in Europa für den Langstreckeneinsatz bestellt. Effizienz gewinnt dabei in der CO2-Thematik zunehmend an Bedeutung, Spritspartechnologie gehört aber schon lange aus wirtschaftlicher Sicht ganz oben auf die To-do-Liste der Entwickler, da heute der Treibstoff rund einen Drittel der Transportkosten ausmacht.
D13-Basismotor überarbeitet
Mit Blick auf die neue Stufe D der Abgasnorm Euro 6 hatte Volvo Trucks auf Anfang Jahr den 10,8-Liter-D11-Motor, aber auch den D13 mit 12,8 Litern Hubraum überarbeitet. Dazu erhielt der D13, der als Basis für das I-Save-Triebwerk dient, eine neue Motorsteuerungssoftware und eine verbesserte Beschichtung in der Abgasnachbehandlung. Hardwareseitig wird im Reihensechszylinder das neue, dünnflüssige Motorenöl VDS-5 eingefüllt und es gelangen neue, reibungsoptimierte Kolbenölabstreifringe zum Einsatz. Beim 500-PS-Motor wurde zudem die Kompression von 17:1 auf 18:1 erhöht, also auf das gleiche Niveau wie beim D13 mit 460 respektive 420 PS.
Den grossen Schritt in Sachen Effizienz nimmt Volvo jedoch mit dem D13-Motor mit Turbo-Compound-Technologie, der gegenüber dem normalen D13 den Dieselkonsum um bis zu sieben Prozent senkt. Volvo hat diesen D13TC bereits seit 2017 in den USA im Einsatz, und zwar im Hauber Volvo VNL. Mit dem Start des D13TC in Europa setzt Volvo nun die zweite Generation in Betrieb. Den europäischen TC-Motor gibt es mit 460 und 500 PS, wobei in beiden Leistungsstufen das Drehmoment um 300 Nm höher als im D13 zu liegen kommt und zugleich auch die Leistungsspitzen bereits bei 150/min tieferer Drehzahl erreicht werden.
Hard- und Software
Erzielt werden die sieben Prozent bei I-Save durch Massnahmen bei Hardware (vier Prozent) und Software (drei Prozent). So haben die Kolben des D13TC ein spezielles Kolbendach, das mit ihrer Wellenform die Energie und die Hitze zum Kolbenzentrum leitet, was neben der verbesserten Verbrennung den Kühlungsbedarf verringert. Den grössten Einfluss hat aber die zusätzliche Turbine im Abgasstrang, mit der sonst ungenutzt verpuffende Energie aufgegriffen und mechanisch via die sonst für den Nebenantrieb genutzten Zahnräder auf die Kurbelwelle geleitet wird. Eine Visko-Kupplung dämpft dabei den Übergang von TC-Turbo zu Kurbelwelle. Im D13TC wird zudem die Abgasrückführung gekühlt, was die Stickoxide und dadurch den Harnstoffbedarf verringert. Volvo gibt beim TC-Motor eine AdBlue-Reduktion um 40 Prozent an. Somit liegt der AdBlue-Verbrauch bei nur noch fünf Prozent des Dieselkonsums (bisher acht Prozent), was sich entsprechend ebenfalls positiv auf die Treibstoffkosten auswirkt.
Mit leichteren, länger übersetzten Antriebsachsen gleicht Volvo weitere Elemente des Antriebsstranges auf die neue Motorentechnologie ab. In der neuen Achse ist zudem das Ölniveau tiefer, was den Panscheffekt und damit den Widerstand verringert. Schliesslich werden konsequent Reifen mit niedrigem Rollwiderstand (Klasse A und B) aufgezogen. Fahrzeuge mit Luftfederung können das Fahrwerk geschwindigkeitsabhängig absenken, was die Aerodynamik oberhalb von 60 km/h nochmals verbessert.
Softwareseitig ist die Getriebeautomatik I-Shift für den Langstreckeneinsatz optimiert. Zudem wurde die prädiktive Funktion des Tempomaten weiterentwickelt. Das bei Volvo mit I-See bezeichnete System erhält verbessertes, Cloud-basiertes Kartenmaterial für das topografische Erkennen der bevorstehenden Strecke. Beispielsweise werden Steigungen neu in sechs Stufen unterteilt, was eine feinere Abstimmung der Schaltstrategie ermöglicht. Die neue Schaltstrategie lässt das Drehzahlniveau vor dem Zurückschalten neu tiefer sinken als bisher, was durch das höhere Drehmoment erst möglich gemacht wird. Zudem wird versucht, vor einer Kuppe ein Herunterschalten komplett zu vermeiden, um länger den Schwung halten zu können. Das Rollen im Leerlauf mit ausgekuppeltem Antriebsstrang (I-Roll) wird vor einer Kuppe nochmals früher aktiviert, um die kinetische Energie noch besser nutzen zu können.
Impressionen
Auf ausgedehnten Testfahrten konnten wir den D13 und den D13TC in beiden Leistungsstufen vergleichen. Bereits der reguläre D13 ist kein Kind von Traurigkeit und weiss mit sattem Durchzug und sauber abgestimmtem Antriebsstrang ein hohes Mass an Komfort bei genügsamem Durst zu bieten. Doch die 300 Nm, die im TC-Motor zusätzlich zur Verfügung stehen, verhelfen zu noch niedertourigerem Vorwärtskommen. Speziell an langen Steigungen, die sich südöstlich von Göteborg hintereinanderreihen, beeindruckt die Standhaftigkeit, mit welcher der 40-Tonnen-Lastwagen, ohne zurückzuschalten, die Höhen erklimmt. Dabei rotiert die Kurbelwelle dank Turbo-Compound-Technik oft klar unterhalb von 1000/min.
Mit den 460-PS-Modellen war beim Vergleich der Unterschied in der Steigung zugunsten von Turbo-Compound besonders deutlich spürbar. So erreicht der Truck mit D13TC das obere Ende der Steigung mit höherem Tempo, hatte aber weniger Schaltvorgänge von I-Shift zu verzeichnen und lief generell öfter im höchsten Gang. Bei den 500-PS-Versionen war der Unterschied etwas weniger offensichtlich, da die Motoren statt mit dem herkömmlichen automatisierten Getriebe mit dem ingeniösen Doppelkupplungsgetriebe ausgestattet waren. Die raschen, ruckarmen Schaltvorgänge ohne Zugkraftunterbrechung mit I-Shift Dual-Clutch kaschieren mögliche Unterschiede stärker als bei einem automatisierten Getriebe und machen das Erkennen in der gewählten Form des Vergleichs schwieriger.
In allen gefahrenen Trucks hat Volvo auch die Volvo Dynamic Steering VDS eingebaut. Hier wird die hydraulische Lenkung durch einen Elektromotor unterstützt, was eine aktive Lenkführung möglich macht. Je nach gewählter Option kann VDS so den Lastwagen selbstständig in der Spur halten (Seite 18) oder lenkt beim unbeabsichtigten Verlassen der Spur sanft zurück, statt die sonst übliche akustische Warnung auszustossen.
Mats Franzén, oberster Antriebsstratege bei Volvo Trucks, betont abschliessend erneut die Ausrichtung von I-Save auf den Fernverkehr. Volvo habe mit der Spritspartechnologie speziell jene Transporteure im Blick, die jährlich 120 000 Kilometer und mehr mit einem Lastwagen zurücklegten. «Die I-Save-Systematik ist so ausgelegt, dass das Sparpotenzial mit mehr zurückgelegten Kilometern steigt.»