Synthetischer Treibstoff: Saft aus dem Labor

ALTERNATIVE ANTRIEBE Synthetische Treibstoffe können den Verbrennungsmotor umweltfreundlicher machen. Werden sie mit regenerativer Energie hergestellt, ermöglichen sie den CO2-armen Betrieb neuer und bestehender Fahrzeuge.

SynFuels Empa Amag Gruppe TIR transNews
In Zukunft dürfte die Treibstoffauswahl an der Tankstelle grösser werden. Der Grund: Synthetischer Treibstoff. Eine Versuchsreihe der Empa zusammen mit der Amag zeigt die Verträglichkeit von alter Technik und SynFuels. (Bild: Amag)

Während Autos im Kurzstreckenverkehr problemlos und komfortabel mit Batteriekraft und Elektromotor betrieben werden können, drängen sich für den Fernverkehr andere Lösungen auf. Power-to-Fuel heisst der Begriff, mit dem die sogenannten E-Fuels – synthetisch hergestellte, gasförmige oder flüssige Treibstoffe – zusammengefasst werden. ­Erzeugt werden sie aus Elektrolysewasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) im sogenannten Fischer-Tropsch-­Verfahren oder durch Methanisierung.

Synthetischer Treibstoff für den Selbstzünder …

Wie sich der Dieselmotor bei HVO-Zumischungen (Hydrogenated Vegetable Oils, hydrierte Pflanzenöle) verbrauchs- und ­abgasseitig verändert, haben Ford, IAV und die Technische Hochschule Aachen in zahlreichen Versuchsreihen untersucht. Werner Willems, Entwicklungsleiter DME bei Ford in Aachen, berichtete beim diesjährigen Wiener Motorensymposium über Tests mit Treibstoffen wie Methan, Methanol, DME (Dimethylether) und Oktanol, die bei der Tank-to-Wheel-Betrachtung zu einer CO2-Reduktion gegenüber der Dieselreferenz führen. Treibstoffe wie OME (Oxymethylen­ether) und DMC (Dimethylcarbonat) dagegen wären erst dann wirklich sinnvoll, wenn von der Gesetzgebung die gesamte Well-to-Wheel-Betrachtung berücksichtigt würde.

Für Selbstzünder stellt DME laut Willems eine vielversprechende Treibstoffalternative dar: «DME ist nicht toxisch und hat ausgezeichnete Emissions- und Verbrennungseigenschaften.» Einer der Hauptvorteile von DME gegenüber Energiespeicherlösungen wie Batterien, Wasserstoff oder Methan ist der hohe spezifische Energieinhalt. Ausserdem lässt sich DME dank der einfachen Molekularstruktur auch sehr effizient aus erneuerbaren Quellen herstellen.

Die Common-Rail-Einspritztechnik ermöglicht heute im Dieselmotor schon Einspritzdrücke bis 3000 bar und bis zu zehn Einspritzungen pro Takt. DME ist aufgrund der hohen Cetanzahl in Bezug auf den Verbrennungsprozess bestens geeignet. Basierend auf den Erkenntnissen der Versuche an einem DME-Vollmotor gehen die Ingenieure davon aus, dass bei Betrachtung der WLTC-Emissionen 100 Prozent des Russes und 33 Prozent der Stickoxide relativ zum Diesel-Basisfahrzeug vermieden werden können. Die Verbesserung der CO2-Emissionen um 0,2 Prozent war durch das nicht für DME optimierte Brennverfahren und den nicht angepassten Luftpfad – Turbolader und AGR-System – begrenzt.

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Grundsätzlicher Prozess zum synthetischen Treibstoff.

… und für den Ottomotor

Grosse Herausforderungen bei der Bereitstellung von E-Fuels sind laut Otmar Scharrer, Leiter Forschung und Vorausentwicklung bei Mahle, «die momentan noch fehlende Industrialisierung, um grössere Mengen herzustellen, und fehlende Investitionsanreize».

Als möglichen Treibstoff nannte Scharrer anlässlich des Wiener Symposiums Dimethylcarbonat (C3H6O3), kurz DMC. Aufgrund der hohen Klopffestigkeit und des grossen Gesamtheizwertes sei DMC gut für Wirkungsgradverbesserungen in Verbrennungsmotoren geeignet. Zusammen mit Porsche hat Mahle die Umsetzbarkeit von DMC-Blends am Motorprüfstand und im Fahrzeug geprüft. Dabei ergab sich, dass der Betrieb mit einer 20-prozentigen DMC-Beimischung zu 98-ROZ-Benzin ohne hard- oder softwareseitige Anpassungen und ohne Auswirkungen auf die Fahrbarkeit und die Nennleistung möglich ist. Bei der CO2-Bilanz ergibt sich unter Berücksichtigung von Prozesswirkungsgraden bei der Umwandlung von Windstrom in synthetischen Treibstoff und der Herstellung des Fahrzeugs bei einer Nutzungsdauer von 14 Jahren und einem DMC-Anteil von 20 Prozent gegenüber fossilem Treibstoff ein Gesamtvorteil von 17 Prozent. Gegen eine Nutzung von 100 Prozent DMC sprechen der Schmelzpunkt von ungefähr 4 °C und der bescheidene Heizwert, der eine Anpassung des Einspritzsystems erforderlich machen würde.

CO2 und Wasser aus der Luft: An der ETH Zürich wurde eine Technologie entwickelt, mit der sich flüssige Treibstoffe aus Sonnenlicht und Luft herstellen lassen. Bei der Verbrennung setzen sie nur so viel CO2 frei, wie zuvor der Luft entnommen wurde. Sowohl CO2 als auch Wasser werden direkt aus der Umgebungsluft abgeschieden und mit Solarenergie aufgespalten. Aus dem Synthesegas, einer Mischung aus H2 und CO, werden dann Kerosin, Methanol oder andere Kohlenwasserstoffe produziert.

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