Renaults Coup mit dem ­Wasserstoff-Range-Extender

BRENNSTOFFZELLE Während die meisten traditionellen Marken ihr batterieelektrisches Programm erst auf die Beine stellen, überraschte Renault mit einem veritablen Coup: Die elektrischen Kangoo Z.E. und Master Z.E. gibt es gestaffelt, aber sehr ­bald auch mit kleiner Brennstoffzelle zur Reichweitenverlängerung. Das Konzept ist simpel, clever und für die Schweiz hochinteressant.

Renault Kangoo Z.E. Hydrogen TIR transNews
Den Kangoo Z.E. Hydrogen kann man bereits bestellen, er soll ab Ende 2019 lieferbar sein.

Dass der rein elektrische Antrieb in Sachen Effizienz (dank hohem Wirkungsgrad) und Emissionen (nämlich lokal null) die beste Antriebsart ist, darin sind sich grundsätzlich alle einig. Wenn nur nicht das Problem mit der eingeschränkten Reichweite wäre! Für die meisten täglichen Fahrprofile reicht zwar eine Batterie, mit der man 100 bis 120 km weit fahren kann. Trotzdem schreckt der Gedanke, das Fahrzeug dann doch mal 20 Minuten oder länger laden zu müssen, viele ab. Doch das könnte sich bald ändern.

Renault Master Z.E. Hydrogen TIR transNews
Ab Mitte 2020 bietet Renault seinen grossen Van Master als Elektroversion mit Wasserstoff-Range-Extender an (Master Z.E. Hydrogen).

Das eigene Kraftwerk an Bord Renault bietet bereits die grösste Elektropalette unter den leichten Nutzfahrzeugen und ist bei den kleinen Transportern mit dem Kangoo Z.E. unbestrittener Marktführer. Das bezeugen europaweit 8750 verkaufte Fahrzeuge 2018 (davon 112 in der Schweiz). Mit seinem 44 kW starken E-Motor und der 33-kWh-Batterie fährt der Kompaktvan nach WLTP bis zu 230 km weit. Es gibt ihn in zwei Längen, mit Laderaumvarianten von 3 bis 4,6 m³ und mit zwei bis fünf Sitzen ab 38 950 Franken (mit Batteriekauf, exkl. MwSt.).

Sein grosser Bruder ist der 2018 lancierte Master Z.E., dessen 57-kW-E-Motor in Kombination mit der 33-kWh-Batterie ihn bis 120 km weit bringt (WLTP). Den Elektro-Master gibt es in drei Längen, zwei Höhen und als Chassis-Kabine ab 69 800 Franken. In der Basis sind der Kangoo Z.E. Hydrogen und der Master Z.E. Hydrogen identisch mit ihren batterieelektrischen Geschwistern. Zusätzlich werden beide Modelle aber mit ­einer kleinen Brennstoffzelle mit 5 kW elektrischer Leistung und einem 1,78 kg Wasserstoff fassenden Tank beim Kangoo resp. 4,18 kg beim Master ausgerüstet. Sie erhalten sozusagen ein eigenes kleines Elektrizitätswerk.

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Beide Fahrzeuge sind in fünf Minuten vollgetankt – zumindest, was den Wasserstoff betrifft. Die Batterie braucht deutlich länger. Aber das kann man managen.

Nur wenige EInschränkungen Die Fahrzeuge werden nach wie vor normal an der Steckdose geladen. Sobald der Batte­rieladestand aber bereits unter 90 Prozent fällt, beginnt die Brennstoffzelle automatisch, das H₂ in Elektrizität umzuwandeln, die wiederum die Batterie speist. Mit der dabei entstehenden Wärme (Heizleistung 5 kW) kann die Kabine beheizt werden. So verlängern sich die Reichweiten beim Master Z.E. auf bis zu 350 km und beim Kangoo Z.E. auf bis zu 370 km. An der Wasserstofftankstelle wird der Tank in rund fünf Minuten wieder komplett gefüllt. So schafft das Fahrzeug jede Strecke. Selbst wenn die Batterie total leer ist, ermöglichen die 5 kW Leistung ein gemütliches Nachhauserollen innerorts. Aus­ser­orts wird man allerdings eher zum Verkehrshindernis. Doch weil die Brennstoffzelle die Batterie auch dann lädt, wenn man steht, kann man also auch einen Kaffee trinken und warten, bis der Ladestand eine rassigere Rückfahrt erlaubt.

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Ein Zusatzdisplay (hier an ­der A-Säule im Kangoo) gibt dem Fahrer alle relevanten ­Informationen.

Beim Master ist der Wasserstofftank im Fahrgestell inte­griert, der Laderaum bleibt daher unangetastet. Den Master Z.E. Hydrogen wird es ab Mitte 2020 in drei Versionen geben (zwei Van-Längen, Chassis-Kabine), den Kangoo Z.E. Hydrogen bereits ab Ende 2019, allerdings «nur» in der Langversion. Weil der Tank zudem im Laderaum verbaut wird, stehen rund 100 Liter weniger Volumen zur Verfügung, konkret 3,9 m³. Bei einem Mehrgewicht von 110 kg liegt die Nutzlast bei 540 kg. Der Master ist rund 200 kg schwerer, die Nutzlast liegt bei bis zu 1200 kg. Der H₂-Verbrauch beträgt bei beiden zwischen 0,036 und 0,093 g/s. Schweizer Preise sind noch nicht bekannt, in Frankreich wird der Kangoo Z.E. Hydrogen für 48 300 Euro angeboten, inkl. Batteriekauf und exkl. staatliche Förderung. Selbst beim heute noch hohen Preis von 12 bis 15 Euro/kg H₂ ist die TCO interessant. Und die Energiekosten werden noch rapide fallen.

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Im Kangoo wird der Wasserstofftank im Laderaum ­verbaut, was dessen Nutzung etwas einschränkt.

Partner Symbio, Renault Tech und PVI Entwickelt wurden die beiden Fahrzeuge von Symbio, einem Unternehmen im Besitz der Michelin-Gruppe. Es skizzierte nicht nur das Konzept und die Technologie, sondern führte auch den Feldtest mit 200 Fahrzeugen bei ausgewählten Kunden durch. Die Fahrzeuge werden in den Renault-Werken Batilly (Master) und Maubeuge (Kangoo) gebaut. Der Kangoo wird vom Renault-eigenen, 2009 gegründeten Umbauer Renault Tech mit der Wasserstofftechnik ausgerüstet, der Master von PVI, das ebenfalls zur Renault-Gruppe gehört. Die Technik besteht aus der Brennstoffzelle, dem Wasserstofftank, dem Wasserstoff-Tankanschluss, dem Kühlsystem sowie Lufteinlass, -filter und -komprimierung. Wir konnten beide Fahrzeuge fahren. Einfach gesagt, gibt es keinen Unterschied zur batterieelektrischen Version. Ausser, dass man bezüglich Reichweite viel entspannter fährt.

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Zwei (fast) auf einen Schlag: Den Kangoo Z.E. Hydrogen (links) gibt es bereits ab Ende Jahr, den Master Z.E. Hydrogen ab Mitte 2020.

Unser Alpenland wird in den kommenden Jahren in Sachen Wasserstoffantrieb eine Pionierrolle einnehmen. Bis Ende Jahr wird in Niedergösgen die erste Wasserstoff­produktion in Betrieb gehen und Anfang 2020 rollen die ers­ten Wasserstofflastwagen von Hyundai an. Bis 2025 wol­len die Koreaner in der Schweiz 1600 H₂-Lastwagen auf die Strassen gebracht haben. Von diesem Innovationssog werden auch andere Hersteller von mit Wasserstoff angetriebenen Fahrzeugen profitieren. So gesehen, könnte das Timing der Lancierung von Renault nicht besser sein.

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Z.E. steht für Zero Emission, H2 für Wasserstoff.
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