Busworld Brüssel im Zeichen der Elektromobilität

BUSWORLD BRÜSSEL Der Siegeszug der Elektro-Linienbusse ist nicht mehr aufzuhalten. Zur Busworld konnte sich kein ernst zu nehmender Hersteller erlauben, ohne einen alltagstauglichen Elektrobus nach Brüssel anzureisen.

Busworld 2019 Brüssel TIR transNews
In diesem Artikel widmen wir uns ausschliesslich den Elektrobussen der Busworld Brüssel.

Wie rasch sich die Zeiten ändern, zeigt ein Blick zurück auf die Busworld-Ausgaben 2015 und 2017. Vor vier Jahren wurden den Besuchern erste Prototypen von batteriebetriebenen Linienbussen präsentiert. Dass damals auch schon einige hier zwar unbekannte, aber nicht unbedeutende Hersteller mit Grossserienprodukten präsent waren, die aber in Europa nicht Fuss fassen konnten, sei der Ordnung halber auch erwähnt. 2017 waren an der letzten Durchführung in Kortrijk zwar auch Elektrobusse der grossen Player aus Europa zu sehen, doch noch nicht in der serienreifen Form. An der Busworld Brüssel nun, weitere zwei Jahre später, gab es bei fast allen Busherstellern ausgereifte Elektrobusse zu ent­decken, vom 3,5-Tonner bis hin zum 18-Meter-Gelenkbus.

Die Bewährten und die Newcomer
TIR transNews hat über die letzten Jahre immer wieder über Elektrobusse berichtet. Auch bei den letzten Bus-Euro-Tests 2016 in Brüssel und 2018 in Zagreb stellten sich bereits vollelektrisch betriebene Linienbusse der internationalen Jury «Bus + Coach of the Year». Die Hersteller Ebusco, Heuliez, Iveco, Sileo, Solaris, VDL usw. verfügen bereits über grosse Erfahrung mit Elektrofahrzeugen im Alltagseinsatz. Da erstaunt nicht, dass gerade deren Modelle bereits in zweiter oder gar dritter Generation präsentiert wurden. Etwas mehr Zeit benötigten hingegen die zwei Grossen, MAN und Mercedes-Benz, bis sie ihre Serienfahrzeuge präsentieren konnten.

Ebusco stellte an der Busworld Brüssel bereits die dritte Generation seines E-Busses vor. Dank einer Gewichtsreduktion um 33 Prozent soll der Ebusco 3.0 mit einer Akkuladung bis zu 500 Kilometer weit kommen. Der 12-Meter-Bus wiegt leer 8530 Kilogramm, wie das niederländische Unternehmen am Rande einer Vorabpremiere mitteilte. Die Batterien werden alle im Boden und nicht mehr auf dem Fahrzeugdach verbaut. Der Ebusco 3.0 bietet Platz für bis zu 90 Fahrgäste.

Mit dem vollelektrischen Lion’s City E komplettiert MAN die neue Stadtbusgeneration mit einer emissionsfreien Variante. Eigenständige Designelemente unterstreichen die Besonderheit des elektrischen Antriebs. Am auffälligsten dabei sind das Fehlen des Motorturms, die Platzierung der Batterien auf dem Dach und die dadurch entstehenden zusätzlichen Sitzplätze im Heck. Der vollelektrische Antriebsstrang leistet im Solobus 160 kW bis maximal 270 kW. So kann der Lion’s City E zuverlässig die Reichweite von 200 km und bis zu 270 km unter günstigen Bedingungen über die gesamte Lebensdauer der Batterien sicherstellen. Im Zuge der eMobility-Roadmap wird 2020 eine eBus-Demo­flotte, bestehend aus 15 Testfahrzeugen in fünf europäischen Ländern, im Kundeneinsatz sein und im Rahmen von mehreren Feldversuchen auf ihre Alltagstauglichkeit getestet. Die ersten Kundenfahrzeuge des MAN Lion’s City E in der 12-Meter-Soloversion werden dann im zweiten Halbjahr 2020 ausgeliefert. Der vollelektrische Lion’s City E als Gelenkbus folgt rund sechs Monate später und soll im ersten Halbjahr 2021 in Serie gehen.

Ausser einigen Änderungen, die vom «Future Bus» übernommen wurden, setzt Mercedes-Benz beim Design seines Batteriebusses auf seinen bekannten und bewährten Citaro. Sogar der Motorturm hinten links blieb beim eCitaro bestehen. Auch das Cockpit des eCitaro ändert sich nur unwesentlich gegenüber dem gewohnten Fahrerarbeitsplatz. Das Bedienkonzept entspricht weitestgehend dem konventionellen Citaro. Die Fahrtrichtung wird wie gewohnt mit den Drucktasten D–N–R gewählt. Angepasst wurde dagegen die Instrumentierung: An die Stelle des Drehzahlmessers tritt ein Power­meter mit einer Anzeige der aktuellen Leistungsanforderung. Auch der Ladezustand der Batterie wird angezeigt. Über das zentrale Display kann der Fahrer Reichweite, Leistungsverfügbarkeit und eine Ladeanzeige abrufen. Dass man die Grund­elemente des Citaro übernommen habe, sei eine bewusste Entscheidung, weil sich der Citaro bei der Kundschaft bewährt habe und so auch die Ersatzteilebeschaffung vereinfacht werde, erklärten die Verantwortlichen bei Mercedes-Benz. Im Moment ist der eCitaro nur in einer Variante für Übernacht­ladung und in der 12-Meter-Version verfügbar. Dies soll sich aber noch dieses Jahr ändern.

Der von Solaris präsentierte Urbino 18 electric wird mit fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) ausgestattet, die für Komfort und vor allem Fahrsicherheit sorgen. Mithilfe eines Systems von intelligenten Kameras, die kontinuierlich den toten Winkel überwachen, minimiert «Mobileye Shield Plus» das Kollisionsrisiko mit Fussgängern oder Velofahrern. Bei potenzieller Gefahr wird der Fahrer über visuelle und akustische Signale gewarnt. Zudem verfügt der Bus über das CMS-System (Collision Mitigation System). Wenn ein auf dem Bus montierter Radar die Gefahr eines Frontalaufpralls erkennt, leitet das System den Bremsvorgang ein, reduziert die Geschwindigkeit und mildert die Folgen einer eventuellen Kollision.

Auch der VDL Citea SLE-129 Electric, ein Low-Entry-Linien­bus, feierte auf der Busworld Brüssel Premiere. Er basiert auf dem bewährten SLF-Antriebsstrang und ist mit einem 288-kWh-Hochleistungsakku ausgestattet. Auf diese Weise eignet sich der Bus besonders für den regionalen Einsatz mit längeren Ladeintervallen. Die Schnellladung erfolgt entweder über einen auf dem Dach oder auf der Ladestation montierten Stromabnehmer. Die in Brüssel gezeigte Anordnung basiert auf einer maximalen Anzahl von in Fahrt­rich­tung gerichteten Sitzen und umfasst auch eine dritte Tür. Dies bedeutet, dass der Bus die spezifischen Anforderungen erfüllt, die der skandinavische Markt unter anderem an einen Low-Entry-Bus stellt, der sowohl für den Stadt- als auch für den Regional­verkehr eingesetzt wird.

Mit dem 7900 Electric Articulated hat Volvo seinen neuen elektrisch angetriebenen Gelenkbus in kommerzieller Konfiguration zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Er befördert bis zu 150 Fahrgäste, weist einen um 80 Prozent niedrigeren Energieverbrauch auf als ein entsprechender Dieselbus und vervollständigt die Palette der elektrifizierten Busse von Volvo.

Die Luminator Technology Group präsentierte sich als Unternehmensgruppe und stellte dort die neuesten technischen Fortschritte und globalen Kundenprojekte für mehr Intelligenz, Sicherheit und Effizienz in öffentlichen Verkehrssystemen vor. Eine der grössten Aufgaben dieser Zeit ist die Mobilität der Menschen. Die Städte wachsen, der Personenverkehr wird immer komplexer und die Anforderungen steigen. Um mit den Kunden­erwartungen Schritt zu halten, benötigen Fahrzeughersteller und Verkehrsbetriebe verstärkt Fahrgastinformations- und Sicher­heitssysteme. Luminator ist als Hersteller von digitalen Informationssystemen, Video­sicherheitssystemen und Beleuchtungslösungen für Nahverkehrssysteme mit den Herausforderungen vertraut und bietet ein breites Portfolio an intelligenten Systemlösungen weltweit. Die Letzteren werden von etablierten regionalen Teams von Luminator implementiert, die sich derzeit an verschiedenen Standorten wie Texas, den Niederlanden und natürlich auch in der Schweiz befinden.

Zeichen setzen
Die Markenvielfalt an der Busworld Brüssel ist gestiegen, die Akzeptanz der Elek­tromobilität bei den Verantwortlichen bei den Bus­unternehmern auch. Während etliche Grossstädte in den Niederlanden und in Deutschland bereits mit Elektrogrossflotten (12 und 18 Meter) unterwegs sind, zeichnen sich die heimischen Verkehrsunternehmen bisher durch gut schweizerische Gemächlichkeit aus. Doch darf man nicht vergessen, dass viele Schweizer Städte schon immer auf umweltfreundliche Elektrobusse gesetzt haben. Gemeint sind Trolleybusse, die sich in diversen Stadtzentren noch heute bewähren. Moderne Batterie-Busse taugen inzwischen auch zum Agglomerationseinsatz, dank der Batterietechnik, die in kurzer Zeit enorme Fortschritte gemacht hat. Dazu wurden – vielfach im Stillen und ohne grosse Pressepräsenz – etliche Versuchsfahrzeuge, vor allem als Zubringer für die Hauptlinien, erprobt. Ein Zeichen hat nun Schaffhausen gesetzt. Nach der guten Präsentation vor der Stimmbevölkerung und einem positiven Abstimmungsresultat kann die Stadt jetzt ganz auf die Elektromobilität setzen und es werden bis 2029 alle Dieselfahrzeuge von Elektrobussen abgelöst. Ein umweltfreundliches Zeichen mit durchaus einer Vorbildfunktion für andere städtische Betriebe.

Mit diesem Artikel ergänzen wir die Berichterstattung über die in Brüssel gezeigten Reisebusse.

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