Ich war schon im Kindersitz im Truck mit dabei

PERSÖNLICH Frauen am Lenkrad eines 40-Tonners gehören heute zum Alltag – nur in der Brennstofflogistik sind sie noch selten. Jessy Kiener aus Thun beweist, dass es keinen Grund dafür gibt.

Chauffeuse Jessy Kiener schon im KIndersitz im LKW TIR transNews
Die Karriere als Chauffeuse begann im Kindersitz: «Lastwagenfahren ist so etwas Schönes, man hat Abwechslung, mit verschiedenen Leuten zu tun und kommt im ganzen Land rum.»

«Ich bin schon mit meinem Grossvater im LKW im Kindersitz mitgefahren», erzählt die 25-jährige Jessy Kiener und ergänzt: «Ich wollte immer mal so werden wie er.» In Gasel BE bei Köniz aufgewachsen, erbt sie die Leidenschaft für Autos und Motoren von ihrem Vater und beginnt eine Lehre zur Automobilmechatronikerin EFZ. Doch im Lehrbetrieb knorzt es, also wird Plan B aktiviert: «Mithilfe meiner Mutter konnte ich endlich die LKW-Prüfung machen», so Kiener. Das war 2017. Als Millenial nutzt sie zur Jobsuche Facebook, postet eine Anzeige à la «Habe C – suche Job» und wird gleich von Transportunternehmerin Janina Martig zum Vorstellungsgespräch eingeladen – und angestellt. In der Folge fährt sie vor allem Früchte und Gemüse für Steffen-Ris, aber auch Blumen für die Transportgemeinschaft AG Wangen (TGW). «Es kam der Tag, an dem ich das Gefühl hatte, noch etwas anderes sehen zu wollen», erzählt die junge Chauffeuse. Wieder über Facebook lernt sie einen Mitarbeiter der Jüsy & Studer GmbH kennen. «Wir haben uns zum Kaffee getroffen, er erzählte von seinem Arbeitgeber. Was ich hörte, gefiel mir gut, und so habe ich mich beworben und einen Job bekommen.» Am 1. Dezember 2018 besteigt sie zum ersten Mal einen Vierachser-Tankwagen und fängt an, Diesel an Baustellen, Bauernhöfe und Tankstellen zu liefern, später auch drei Monate lang Heizöl.

Chauffeuse Jessy Kiener schon im KIndersitz im LKW TIR transNews
Jessy Kiener ist auch aktiv in Sozialen Medien.

Dann erhält sie einen neuen Schlepper – einen topmodernen Volvo FH mit I-Save und Doppelkupplungsgetriebe. Seither beliefert sie ausschliesslich Tankstellen und ÖV-Betriebe, hauptsächlich in und um Cressier und Basel. «Wir fahren hin, steigen aus, ziehen die Handschuhe an, starten den Computer, messen den Bestand und beginnen dann abzuladen.»

Mir gefällt, dass man bei Wind und Wetter oder Sonnenschein draussen ist. Und die Freiheit mit dem LKW, die am Vorabend erhaltenen Aufträge selbstständig abzuarbeiten. An der Firma gefällt mir extrem die familiäre Atmosphäre. Jeder ist für jeden da, alle helfen einander. Meine Chefs sind auch super – die würde ich nie mehr
hergeben!»

Herausfordernd für sie als Frau sei, im Winter bei minus 10 Grad die schweren Ketten aufzuziehen. Aber auch der zunehmende Verkehr mit den gestressten Autofahrern: Niemand habe eine Minute Zeit, alle wollen immer noch vorne reindrängen. «Im Kipperbetrieb oder beim Stückgut konnten wir Frauen uns sehr gut integrieren. Brennstofftransport ist eine sehr körperliche Arbeit, da sieht man Frauen noch nicht so häufig.» Oft wird sie deshalb an Tankstellen beim Abladen angesprochen. «Die Leute sind das noch nicht gewohnt, so eine zierliche Frau mit so einem grossen LKW. Diese Kontakte sind aber immer sehr positiv. Chauffeur oder Chauffeuse ist ein Beruf, für den man eine Leidenschaft haben muss. Mit den modernen LKW ist es für Frauen überhaupt kein Problem mehr. Wenn man sich bewusst ist, worauf man sich einlässt, dann soll man es unbedingt tun!» Auch in ihrer Freizeit bleibt Jessy Kiener in Bewegung: Zum Ausgleich vom stressigen Alltag geht sie sehr gerne reiten oder fährt im Sommer mit dem Töff.

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