Buszüge im Tal der Wasserfälle

POSTAUTO Die Strecke Lauterbrunnen – Stechelberg bildet die Fortsetzung der Bahnlinie aus Interlaken. Gerade im Sommer erfreut sie sich grosser Nachfrage. Zwei Buszüge ermöglichen, seit 2015 auf den Einsatz von Beiwagen zu verzichten.

Postauto Buszüge TIR transNews
Einer der beiden Buszüge bei der Haltestelle «Trümmelbachfälle».

Die Züge der Berner Oberland Bahnen (BOB) bringen die zahlreichen Gäste im Halbstundentakt von Interlaken nach Lauterbrunnen. Dort kann auf die Zahnradbahn Richtung Wengen – Kleine Scheidegg – Jungfraujoch umgestiegen werden. Wer die Reise im Boden des typischen Trogtals mit den steilen Felswänden bis nach Stechelberg fortsetzen will, nimmt das Postauto. Bis anhin war im Sommer für die vielen Fahrgäste zu den Trümmelbachfällen oder zur Talstation der Schilthornbahn regelmässig der Einsatz von Beiwagen notwendig. Die Nachfrage hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dies hängt in erster Linie mit der touristischen Entwicklung in der Jungfrauregion zusammen, wo die Logiernächte entgegen dem nationalen Trend auch in den letzten Jahren gesteigert werden konnten. Dazu beigetragen hat auch die starke Zunahme von Individualreisenden aus dem arabischen Raum. Gerade für diese Gäste aus der Wüste sind die spektakulären Wasserfälle im Lauterbrunnental sehr attraktiv.

Dank gelenkter Anhängerachsen ist der Buszug erstaunlich wendig.
Dank gelenkter Anhängerachsen ist der Buszug erstaunlich wendig.

Zweites Leben für die VBL-Anhänger für Buszüge

Postauto Region Bern hat auf der Linie Laupen – Düdingen bereits Erfahrungen mit einem Buszug im Schülerverkehr machen können. Eine Probefahrt mit dieser Fahrzeugkombination im Lauterbrunnental hat im Sommer gezeigt, dass ein Einsatz auch dort möglich wäre. So kam das Angebot, gut erhaltene Anhänger der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL) übernehmen zu können, gerade richtig. Sie wurden beim Hersteller Carrosserie Hess in Bellach gründlich aufgearbeitet. Mechanische Komponenten, Bremsen, die mechanische Lenkung, Türen, Fahrzeugboden usw. wurden für das zweite Leben im Berner Oberland vorbereitet, damit sie bei einem ausschliesslichen Einsatz bei grosser Nachfrage im Sommer noch ein «Zugfahrzeugleben» lang halten. Zusammen mit zwei fabrikneuen Zugfahrzeugen aus dem Hause Hess sind die Anhänger seit Anfang September 2015 im Einsatz. Auf dem Parkplatz der Schilthorn-Bahn stehen eine markierte Wendeschlaufe und zwei Abstellplätze für die Anhänger zur Verfügung. Sie können dort bei Bedarf rasch an- bzw. abgekoppelt werden. «Anhängerzüge machen nur Sinn, wenn diese ohne zusätzliche Anfahrtswege an- oder abgehängt werden können», so Ruedi Simmler, Stv. Leiter Region Bern der PostAuto Schweiz AG. «Damit sich der Einsatz der Buszüge rechnet, müssen das Bedürfnis und die Fahrgastfrequenzen genau geprüft werden. Wegen der Anhängelast muss auch das Zugfahrzeug für den Anhänger vorbereitet sein und ist damit in den Entstehungskosten einiges höher als ein normaler Linienbus.»

Ein klassischer Fall für Buszüge sind die Schülertransporte; am Morgen fahren die Schüler vom Wohnort zur Schule, über den Mittag zur Mittagspause nach Hause und wieder zurück zur Schule und am Abend folgt wieder der Rücktransport. Für Kurse zwischendurch reicht das Zugfahrzeug. «Zwischen Lauterbrunnen und Stechelberg hat sich das Anhängersystem in der kurzen Zeit im Herbst 2015 positiv entwickelt. Auch da haben wir in den Stosszeiten einen grossen Andrang von Passagieren, die möglichst früh am Morgen zur Wanderung aufbrechen oder mit der Schilthornbahn den Gipfel erklimmen und am Abend wieder mit dem Postauto den Rückweg unter die Räder nehmen», so Simmler.

Auch das Zugfahrzeug kommt von Hess, Bellach, und wird von einem OM 470 in der Abgasstufe Euro 6 angetrieben.
Auch das Zugfahrzeug kommt von Hess, Bellach, und wird von einem OM 470 in der Abgasstufe Euro 6 angetrieben.

Damit der fahrplanmässige Dienst mit den Buszügen aufgenommen werden konnte, brauchte es noch entsprechende Vorbereitungen. «Unser Fahrpersonal haben wir von Anfang an in das Projekt Buszug miteinbezogen », so Ruedi Simmler. «Dazu gehörte auch ein Besuch der Carrosserie Hess in Bellach, wo die Fahrzeuge gebaut bzw. die Anhänger für den Dienst im geplanten Einsatzgebiet aufbereitet wurden.»

Testfahrten mit Vertretern aus Politik und Polizei konnten aufzeigen, dass ein Betrieb mit dem Buszug ohne Probleme machbar ist. Bewilligungen sind laut Simmler und Yves Brügger, Verkauf bei der Firma Hess, kantonal geregelt. In den Kantonen Zug, St. Gallen oder Luzern, wo Buszüge zur Normalität gehören, sei dies kein Problem. Wenn eine solche Kombination in einer Region wie jetzt im «Tal der Wasserfälle» eingeführt wird, ist dies für die entsprechenden Organe eine Premiere, was eine neue, aber spannende Vorarbeit zur Erlangung der entsprechenden Streckenbewilligung voraussetzt. Für die Linie Lauterbrunnen – Stechelberg wurde so eine befristete Bewilligung erteilt. «Nach den positiven Erfahrungen im Herbst 2015 sollte eine unbefristete Bewilligung ab 2016 kein Problem sein», so Ruedi Simmler.

Im «ersten Leben» fuhren die Anhänger auf Luzerner Stadtgebiet, jetzt im Berner Oberland.
Im «ersten Leben» fuhren die Anhänger auf Luzerner Stadtgebiet, jetzt im Berner Oberland.
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