Multiclass 500 LE: Niederflur und Hochdecker gekonnt kombiniert

SETRA Wir fühlen dem neuen Setra MultiClass 500 LE auf den Zahn. Die abwechslungsreiche Strecke führt vom Flughafen Stuttgart ostwärts bis nach Schwäbisch Gmünd. Gefahren haben wir zwei 12,2-m- und einen 10,5-m-Bus.

Der neue MultiClass LE fährt sich komfortabel und sicher, wobei ein Komfortunterschied zwischen Überland- und Stadtversion auch wegen der Bereifung deutlich zutage tritt.
Der neue Setra MultiClass 500 LE fährt sich komfortabel und sicher, wobei ein Komfortunterschied zwischen Überland- und Stadtversion auch wegen der Bereifung deutlich zutage tritt.

Vor der grauen Betonfassade des Flughafenparkings leuchten die drei Setra MultiClass 500 LE mit ihrer goldgelben Lackierung regelrecht in der Sonne (die technische Daten finden sich am Ende des Textes). Auffällig beim neuen MultiClass 500 LE sind die symmetrischen Linien der Fenster und Türen, wobei sich der hintere Teil der Busse markant vom tiefen stadtbustypischen Niederflurbereich vor der Hinterachse abhebt. LE (Low Entry) steht für niedrigen Einstieg. Wer es sich im hinteren Bereich bequem macht, fühlt sich dennoch wie in einem Überlandbus.

S-515-LE-hybrid-Überland

Der erste Streckenabschnitt besteht aus Autobahn und Überlandstrassen. Wir sitzen als Passagiere im 12,2 Meter langen Setra MultiClass S 515 LE hybrid. Die Bestuhlung in schönem Blau und Grau wirkt einladend und elegant und wir fühlen uns direkt wohl. 48 Sitz- und 36 Stehplätze sowie ein Rollstuhlplatz stehen zur Verfügung. Für mitgebrachtes Gepäck sind Ablagen über den Sitzplätzen und Ablagen über den vorderen Radkästen vorhanden. Beleuchtete USB-Steckdosen sind in jeder Sitzreihe zu finden. Auch für längere Fahrten kann es sich der Fahrgast also bequem machen.

Durch die etwas grössere Bereifung (295/70 R 22,5) als bei Stadtbussen üblich erhöht sich der Fahrkomfort spürbar. Beinahe wie ein Reisebus fährt der Low Entry ohne grössere Schläge und geräuscharm über die Autobahn und Landstrassen.

Auch auf dem Fahrerplatz fühlt man sich sofort zu Hause. In diesem Fahrzeug ist das Cockpit Basic eingebaut, welches in Optik, Bedienung und Instrumentierung mit grossen Rundinstrumenten und einem Farbdisplay Reisebusniveau erreicht. Das Multifunktionslenkrad und der Sitz lassen sich unkompliziert einstellen und auf praktisch jeden Fahrer anpassen. Die Unterbringung der Siebensachen des Fahrpersonals ist mit etlichen Ablagen innerhalb der Fahrerkabine und einem geräumigen Stauschrank vorne rechts im Einstieg ebenfalls gut gelöst. Für sichere Übersicht sorgen neben den Integralspiegeln ein Zusatzspiegel für den Nahbereich und ein 360-Grad-Kamerasystem.

Einladende Überlandausstattung mit Gepäckablagen über den Sitzen.
Einladende Überlandausstattung des MultiClass 500 LE mit Gepäckablagen über den Sitzen.

Wie im Passagierbereich fällt uns auf, wie wenig Schläge und Vibrationen auch ins Cockpit des Setra MultiClass übertragen werden. Zudem zeigt der Setra selbst auf topografisch anspruchsvolleren Strassen bestes Fahrverhalten und lässt sich einwandfrei manövrieren. Das ZF-Getriebe schaltet fein, aber wechselt eher gemächlich die Gänge. Ob kurze oder längere Fahrten, ob kurvige, steile, gerade oder ebene Strecken, für alle Anwendungen erscheint uns der Setra MultiClass in dieser Ausführung als der perfekte Bus für Fahrgast und Chauffeur.

S-515-LE-hybrid-Stadtbus

Der zweite 12,2-Meter-Bus vor Ort ist der Setra MultiClass S 515 LE hybrid, jedoch mit vollwertiger Stadtbuskonfiguration. Der Einstieg ist in diesen MultiClass 500 LE noch niedriger dank Niederquerschnittsreifen (275/70 R 22,5). Mit Kneeling und Klapprampen an beiden doppeltbreiten Innenschwenktüren ist der Zugang selbst mit Rollstuhl oder Kinderwagen problemlos. Der Innenraum ist stadtbustypisch eingerichtet: viele Stehplätze, einfache Bestuhlung und der Vorderraum ohne Podeste. Schlicht, aber trotzdem elegant.

Das Cockpit ist übersichtlich und es kann zwischen drei Versionen gewählt werden. Im Bild: Cockpit City (nach VDV).
Das Cockpit ist übersichtlich und es kann zwischen drei Versionen gewählt werden. Im Bild: Cockpit City (nach VDV).

Der Fahrerplatz ist massgeschneidert für den Stadt- und Agglomerationsverkehr. Das neu entwickelte Cockpit City ist nach den Vorgaben des VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) gestaltet. Es ist einfach und funktionell. Während das Lenkrad der Überlandversion unabhängig von den Armaturen verstellbar ist, wird bei der Stadtbusausstattung das Lenkrad samt Armaturen verstellt. Trotzdem kann der Fahrerplatz bequem und problemlos auf jeden beliebigen Fahrer eingestellt werden. Die Spiegel sind etwas kostengünstiger gestaltet, indem sie an einfachen Rohgestellen montiert sind. Auch dieser Bus ist mit einem Zusatzspiegel für den Nahbereich und einem 360-Grad-Kamerasystem ausgestattet, welches eine bessere Übersicht im regen Stadtverkehr bietet. Die Wandlerautomatik von Voith schaltet zügig und ohne grossen Drehzahlverlust durch die Gänge.

Schlichter gehaltene Stadtausführung. Das hintere Hochdeck ist bei Stadt- und Überlandversion gleich.
Schlichter gehaltene Stadtausführung. Das hintere Hochdeck ist bei Stadt- und Überlandversion gleich.

Wir waren nach dieser Fahrt überrascht, wie stark die Bereifung den Fahrkomfort beeinflusst. Zwei gleiche Busse mit gleichem Chassis und Aufbau, die sich aber in puncto Federung, Vibration und Innengeräusch stark unterscheiden. Ebenso deutlich empfinden wir die Unterschiede beim Cockpit, wobei sich die Überlandausführung mit Cockpit Basic doch um einiges komfortabler anfühlt als das Cockpit City nach VDV-Vorgaben.

S-510-LE-hybrid-Überland

Der 10,5-Meter-Bus Setra MultiClass S 510 LE hybrid ist fast ein kleineres Ebenbild des 12,2 Meter langen Überlandbusses. Die Sitze im Fahrgastraum sind ebenfalls auf Podesten montiert und sind komfortabler als in der Stadtbusversion. Mit seinem kurzen Radstand (4,5 m) und einem Wendekreis von 17,3 Metern ist dieser Setra sehr wendig. Sicherheitstechnisch kommt zu den Spiegeln und zum 360-Grad-Kamerasystem eine Umfeldbeleuchtung dazu, welche das Rückwärtsfahren erleichtert.

Fazit

Die Kombination von Niederflur und Hochdecker schafft beim MultiClass 500 LE den idealen Bus für die unterschiedlichsten Anwendungen für kurze, aber auch längere Strecken. Gerade als Postauto wäre dies ein Bus, welcher verschiedene Einsätze, Strecken und Fahrgastmengen abdecken kann. Wie ein Baukasten kann der Setra MultiClass beliebig gestaltet werden. Mit seiner klaren Linienführung von Karosserie, Fensterlinien und Türen unterstreicht der neue MultiClass, für was er bei Setra seit Jahren steht: ein qualitativ hochwertiger Personentransporter, egal ob für die Stadt oder Überland.

Die drei Testbusse vor dem Flughafenparking in Stuttgart. Die klare Linienführung offenbart mit der hellen Lackierung zweifelsfrei die Kombination von Niederflur und Hochdecker.
Die drei Low Entry-Testbusse vor dem Flughafenparking in Stuttgart. Die klare Linienführung zeigt in der hellen Lackierung bei allen die Kombination aus Niederflur und Hochdecker.

Härtetest im Zeitraffer: Gnadenlose Schlechtweg-Erprobung

Jede neue Busreihe muss vor der Auslieferung die Schlechtweg- Erprobung bestehen. Dazu wird unterschiedlich beladen, die Passagiere werden durch Wasser- und Bleibehälter simuliert.
Jede neue Setra-Busreihe muss die Schlechtweg-Erprobung bestehen, so auch der MultiClass 500 LE. Dazu wird unterschiedlich beladen, die Passagiere werden durch Wasser- und Bleibehälter simuliert.

Qualität und Langlebigkeit sind wesentliche Merkmale aller Setra-Busse. Sie bilden die Basis für die Wirtschaftlichkeit und die sprichwörtliche Wertstabilität jedes Setra-Busses. Jede neue Baureihe muss dies nachweisen, bevor die ersten Exemplare an Kunden ausgeliefert werden, so auch die neuen Setra MultiClass 500 LE. Der Gesetzgeber fordert für die Stabilität von Bussen lediglich eine Berechnung auf dem Papier, die Entwickler und Versuchsingenieure von Daimler Buses verlangen mehr. Die Königsdisziplin heisst Schlechtweg-Erprobung und bedeutet grosse Strapazen für den Bus.

Die zahlreichen Fahrbahnen im Entwicklungs- und Versuchszentrum EVZ in Wörth repräsentieren typische Strassen mit Kopfsteinpflaster, Querrillen und Schlaglöchern. Sie malträtieren die Fahrzeugstruktur extrem. Das Versuchsteam von Daimler Buses hat für die Erprobung definierte Bahnen zu einer Schlechtweg-Runde zusammengestellt. Basis waren Auswertungen anspruchsvoller Kundeneinsätze in ganz Europa. Besonders hart ist eine Bahn mit 70 Millimeter hohen Hindernissen im Fischgrätenmuster. Sie wird mit Tempo 10 km/h gefahren, viel mehr würden weder Mensch noch Material aushalten.

Gefahren wird sowohl leer als auch teilbeladen, beladen und sogar überladen. Angeschnallte Wasserfässer auf den Sitzen und Ballastsäcke mit Bleischrot auf dem Boden simulieren die Passagiere. Die Fahrer dagegen sind echt, sie wechseln sich im Stundentakt ab, längere Phasen sind ihnen nicht zuzumuten. Ein Kilometer der Schlechtweg-Erprobung entspricht 100 Kilometern auf öffent- lichen Strassen. Somit «erfährt» der Testbus in einem Testjahr eine Million Kilometer.

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