Trotz negativem Ergebnis: Hupac investiert weiter

JAHRESBILANZ Der europaweite Rückgang der Transportnachfrage und weitere Herausforderungen führten 2023 zu einem Rückgang des Transportvolumens der Hupac Gruppe von 11,7 Prozent. Dennoch wurden die strategischen Investitionen in neue Terminals und Digitalisierungsprojekte fortgesetzt.

Hupac investiert 2024 TIR transNews
Hupac investiert weiterhin in die strategisch wichtige Digitalisierung wie auch in Terminals. Auf dem Bild das Terminal Busto Arsizio-Gallarate.

Die Qualitätsdefizite auf dem europäischen Schienennetz setzen den wirtschaftlichen Betrieb des Kombinierten Verkehrs weiterhin unter Druck. Verkehrspolitische Massnahmen sind notwendig, um eine Rückverlagerung des Güterverkehrs von der Schiene auf die Strasse zu verhindern − dies zusammengefasst das Fazit der Hupac Bilanz-Medienkonferenz vom 28. Mai 2024.

Negative Effekte durch Energiekrise und Performance

Zunächst einige Zahlen:

  • 975’000 Strassensendungen bzw. 1’866’000 TEU beförderte die Hupac Gruppe im 2023 im Kombinierten Verkehr Strasse/Schiene und im Seehafenhinterlandverkehr.
  • Das sind rund 130’000 Sendungen oder 11,7 Prozent weniger als im Vorjahr.
  • 7,6 Prozent auf 540’000 Strassensendungen beträgt der Rückgang im alpenquerenden Verkehr durch die Schweiz.
  • Mit einem Minus von 14,9 Prozent entwickelte sich auch der nicht-transalpine Verkehr rückläufig, das zweitwichtigste Verkehrssegment der Hupac Gruppe.
  • Mit einem Minus von  13,2 Prozent schloss der maritime Hinterlandverkehr ab den Seehäfen Hamburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Rotterdam ab. Er erreichte rund 156’000 Strassensendungen oder 295’000 TEU.
  • 18 Millionen Tonnen Güter wurden auf der Schiene transportiert.
  • 1,4 Millionen Tonnen CO2 wurden dadurch eingespart, wie auch 15,5 Milliarden Megajoule an Energie. Zudem wurden die Strassen entlastet.

Diese negative Entwicklung ist vor allem auf den konjunkturbedingten Einbruch der Transportnachfrage in Europa zurückzuführen. Der rezessive Trend setzte bereits im Herbst 2022 im Zusammenhang mit der Ukraine- und Energiekrise ein und erfasste im Laufe des Jahres 2023 weite Teile der Weltwirtschaft. Als Sonderfaktor kam im August 2023 der schwere Unfall im Gotthard-Basistunnel hinzu. Die Bauarbeiten zur Wiederherstellung des Tunnels schränken die Trassenkapazität bis September 2024 erheblich ein.

Verschiedene weitere Faktoren belasteten das System Schiene. Dazu zählen die zum Teil massiv gestiegenen Kosten für Energie und Traktion, aber auch die mangelnde Qualität insbesondere des deutschen Schienennetzes aufgrund vernachlässigter Instandhaltung und unzureichender Baustellenplanung. Dies führte auf vielen Korridoren zu Kapazitätsengpässen, Verspätungen und Zugausfällen.

Im ressourcenintensiven Geschäft des Kombinierten Verkehrs ist eine rasche Reaktion auf Marktschwankungen entscheidend. Mit verschiedenen Massnahmen wie der Anpassung der Wagenflotte an die Nachfrage, der punktuellen Konsolidierung des Netzwerks und dem konsequenten Kapazitätsmanagement gelang es Hupac, die Verluste im Laufe des Jahres aufzufangen und das Geschäft zu stabilisieren. Vor dem Hintergrund der herausfordernden Bedingungen im Geschäftsjahr 2023 könne das Gruppenergebnis von -6,2 Mio. Franken als akzeptabel bezeichnet werden. Dies umso mehr, als Hupac die strategischen Investitionen in Terminals und IT-Projekte mit einem Gesamtaufwand von 36 Mio. Franken weiterführen konnte.

Das vergangene Jahr habe erneut gezeigt: Der Kombinierte Verkehr steht vor wachsenden Herausforderungen. «Seit mehreren Jahren erleben wir eine Negativspirale aus mangelnder Verfügbarkeit des Schienennetzes wegen Störungen und Bauarbeiten bei gleichzeitig steigenden Energie-, Traktions- und Trassenkosten,» erklärte Verwaltungsratspräsident Hans-Jörg Bertschi an der Bilanz-Medienkonferenz in Zürich. Die Pünktlichkeit der Züge auf der Nord-Süd-Achse durch die Schweiz sei auf 50 Prozent gesunken, die ungeplanten Zugausfälle lägen bei über 10 Prozent. Unter diesen Bedingungen leide die Wettbewerbsfähigkeit des Kombinierten Verkehrs gegenüber dem direkten Strassentransport, der im gegenwärtigen rezessiven Marktumfeld über Überkapazitäten verfügt. «Gezielte verkehrspolitische Initiativen sind notwendig, um die Verkehrsverlagerung zu unterstützen», so Bertschi weiter. «Bereits kleinere Massnahmen würden spürbare Entlastungen bringen!»

Verkehrspolitische Massnahmen, die entlasten würden

  • Die instabile Verkehrssituation auf der Nord-Süd-Achse durch die Schweiz kann durch die Bereitstellung von Abstellgleisen für Züge nachhaltig verbessert werden. Puffergleise nördlich und südlich der Alpen stellen sicher, dass Züge auch bei Störungen aus den Terminals ausfahren und entlang des Korridors kurzzeitig abgestellt werden können, bis die Weiterfahrt auf einer sich anschliessende Trasse möglich ist.
  • Aufgrund der anhaltenden Kapazitätsengpässe auf der Rheintalbahn sind Alternativen durch Frankreich dringend erforderlich. Prioritär ist der Ausbau der Strecke Belgien-Metz-Strasbourg-Basel auf das 4-Meter-Profil. Es liege im Interesse der Schweizer Verlagerungspolitik, dass der Kombinierte Verkehr zwischen Belgien und Italien auf der kürzesten Strecke über Frankreich zum Gotthard-Basistunnel geführt werden kann. Deshalb sollte die Schweiz die Profilerweiterung der Vogesentunnel mitfinanzieren, ähnlich es in Italien der Fall war. Als Ausweichstrecke ist weiter die Ertüchtigung der Strecke Wörth-Strasbourg als NEAT-Zulaufstrecke für einen durchgehenden Güterzugverkehr mit Hybrid- oder Dieseltraktion in Angriff zu nehmen.

Kontraproduktiv sei hingegen die vorgesehene Umverteilung der Fördermittel vom Langstrecken- zum Kurzstreckenverkehr im Alpentransit durch die Schweiz. «Mit zunehmender Eindringtiefe des Verkehrs in das deutsche Netz steigen die Qualitätsdefizite und Produktionskosten und damit die Gefahr von Rückverlagerungen», so Bertschi. «Die Fördermittel dürfen deshalb auf diesen langen Distanzen nicht gekürzt werden, sonst kommt es zu Rückverlagerungen auf die Strasse.» Soll die Verlagerung zwischen dem grenznahen Süddeutschland bzw. dem Elsass und Italien auf den Kombinierten Verkehr gefördert werden, sind zusätzliche Mittel in Höhe von 15 Mio. Franken erforderlich.

Im Rahmen der Diskussion des Verlagerungsberichts 2023 im Schweizer Parlament haben Vertreter und Verbände aller Verkehrsträger des Landes diese drei politischen Forderungen unterstützt, woraufhin die Verkehrskommission des Nationalrats in der Frühlingssession drei entsprechende Kommissionsmotionen eingereicht hat. Der Nationalrat wird als Erstrat am 11. Juni 2024 darüber entscheiden.

Die für den Zeitraum 2024-2030 geplante Generalsanierung des Schienennetzes in Deutschland ist nach jahrelanger Vernachlässigung dringend notwendig, stellt aber die europäische Logistik vor grosse Herausforderungen. «Monatelange Vollsperrungen mit teilweise weiträumigen Umleitungsstrecken von mehreren hundert Kilometern und reduzierten Leistungsparametern sind ohne finanziellen Ausgleich nicht zu verkraften,» warnt Hupac CEO Michail Stahlhut. «Wir unterstützen die Forderung, Umleitungskosten als festen Bestandteil von Infrastrukturinvestitionen zu berücksichtigen. Nur so kann der Schienengüterverkehr die lange Durststrecke einer Generalsanierung überleben.»

Hupac investiert in Terminalkapazitäten

Trotz der aktuell schwierigen Situation setzt sich Hupac weiterhin für die Entwicklung des Kombinierten Verkehrs ein. «Nach jahrelanger Vorbereitung ist es uns gelungen, eine differenzierte Lösung für den Ersatzverkehr während der Schliessung der Rheintalbahn bei Rastatt im August 2024 zu erarbeiten», so Stahlhut. «Dank der guten Zusammenarbeit mit den betroffenen Infrastrukturbetreibern und Bahnunternehmen können wir erstmals den Güterverkehr über die linksrheinische Strecke Wörth-Lauterbourg-Basel führen und somit unseren Kunden eine Umleitungskapazität von rund 80 Prozent anbieten.» Der Betrieb der Strecke in Frankreich und der Einsatz von Hybridlokomotiven und zweisprachigen Lokführern sind mit erheblichen Mehrkosten verbunden. «Es zeigt sich einmal mehr: Wir brauchen ein Konzept und eine europaweite Regulierung, wie wir in Zukunft mit den Mehrkosten für das Verkehrsmanagement bei baubedingten Sperrungen umgehen, ohne eine Rückverlagerung auf die Strasse zu riskieren,» so Stahlhut.

Für die langfristige Entwicklung des Kombinierten Verkehrs ist der Ausbau der Terminalkapazitäten von entscheidender Bedeutung. Im Juli 2023 hat Hupac zusammen mit ihrem Partner TP Nova die Ausschreibung für den Betrieb des Terminals La Llagosta bei Barcelona gewonnen. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird der Terminal 2025 in Betrieb genommen und eröffnet neue Chancen im Wachstumsmarkt Spanien. Bereits im laufenden Jahr startet der Umschlag im neuen Terminal Duisburg Gateway, an dem Hupac mit 26 Prozent beteiligt ist. Neue Möglichkeiten für den alpenquerenden Verkehr entstehen auch mit der Inbetriebnahme der Terminalerweiterung in Piacenza Anfang 2025. «Die Anlage wurde ausgebaut und mit Portalkränen und 750 Meter langen Umschlaggleisen für die Zukunft gerüstet», so Michail Stahlhut. Für 2026 ist die Eröffnung des Terminals Milano Smistamento geplant, an dem Hupac zusammen mit Mercitalia Logistics beteiligt ist.

Hupac investiert auch in digitale Transformation

Von strategischer Bedeutung ist auch die digitale Transformation der Prozesskette im Kombinierten Verkehr. Hupac sieht sich seit Jahrzehnten führend in der Entwicklung von Supply Chain Informationssystemen und Branchenstandards für die Datenintegration. Stahlhut: «Unser Ziel ist es, den Planungs- und Koordinationsaufwand entlang der Prozesskette effizienter zu gestalten und damit die Produktivität des Gesamtsystems zu erhöhen. Mit der DXI-Plattform haben wir gemeinsam mit Partnern ein innovatives System für den Maschine-zu-Maschine-Datenaustausch zwischen Kombi-Operateuren, Spediteuren, Terminals und Eisenbahnverkehrsunternehmen geschaffen.» Das System wurde 2023 gestartet und zählt bereits 15 Teilnehmer, die täglich ihre Daten in einem autorisierten Verteilerkreis ohne manuelle Eingabe austauschen. Weitere 30 Interessenten testen gegenwärtig die Plattform mit der Perspektive, gegen eine geringe Gebühr in das System einzusteigen.

Netzwerkentwicklung und Ausblick 2024

Für das laufende Jahr rechnet Hupac mit einem stabilen Verkehrsaufkommen in ihren kontinentalen und maritimen Netzwerken. Im Vordergrund der Geschäftstätigkeit stehen weiterhin ein gezieltes Kapazitätsmanagement und punktuelle, marktorientierte Angebotserweiterungen.

Bei der Netzwerkentwicklung konzentriert sich Hupac auf den Ausbau des Angebots ab dem Terminal Köln Nord, dessen Betrieb die Hupac Gruppe Anfang 2023 übernommen hat, sowie auf die Stärkung des Angebots auf dem Korridor Benelux-Italien. Für den Herbst des laufenden Jahres sind eine Frequenzerhöhung der Verbindung Zeebrugge-Piacenza und die Anbindung der Verbindung Rotterdam-Brescia an den Terminal Rotterdam C.RO mit direkten Fährverbindungen nach Grossbritannien geplant. Ebenfalls in der Pipeline ist die Anbindung des Hafens Lübeck an das Hupac Netzwerk via Ludwigshafen als Hub.

«Wir sind überzeugt, dass wir mit wettbewerbsfähigen, marktorientierten Produkten des Kombinierten Verkehrs weiterhin einen echten Mehrwert für eine umwelt- und klimafreundliche Logistik bieten», so Stahlhut. «Unsere langfristig ausgerichtete Unternehmensstrategie ist Teil der Antwort auf die grossen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimaschutz, Energiewende und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. Daran orientieren wir uns auch im laufenden Jahr.»

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