Fuso eCanter: Ein Kleiner macht auf ziemlich gross

FAHRBERICHT In seiner sehr vielfältigen zweiten Generation spielt der batterie-elektrische Fuso eCanter Stärken wie geringe Geräuschentwicklung, wendiges Fahrverhalten und verbesserten Kabinenkomfort aus. Wir waren mit einem 4C15e mit Faba-Brücke im Raum Bern unterwegs.

Fuso eCanter TIR transNews
Vielfalt gehört beim neuen Fuso eCanter dazu. Er lässt sich heute in 42 Varianten konfigurieren. Im Bild der 4C15e mit 3400 mm Radstand und Faba-Brücke.

Ausgelegt ist der Fuso Canter seit jeher nicht für die lange Strecke und die Autobahn, sondern für regionale Einsätze, wo es um Wendigkeit und robuste Konstruktion geht. Daher ist er oft auf Werkhöfen und in Gärtnereien oder im Verteilerverkehr anzutreffen. Die Aufbauvarianten passen dazu, denn den Canter kennt man mit Trockenkasten, Kühlkasten, fester und kippbarer Brücke sowie Kleinkranlösungen. In dieser Konzeption hat Fuso mit der zweiten Generation des eCanter nun auch den emissionsfreien Elektroantrieb ins Spiel gebracht. Neu hat man beim eCanter die Wahl zwischen 42 Varianten, während die erste Generation als Erprobungsflotte ausschliesslich als Einheitsmodell mit Kastenaufbau im Einsatz stand.

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Je nach Radstand lassen sich unter dem Chassisrahmen eine bis drei Batterien montieren (hier sind es zwei).

Spürbarer Fortschritt

Bei Berns Daimler-Truck-Vertretung Merbag steht der eCanter für uns als Modell 4C15e bereit, mit 3400 mm Radstand und Faba-Brücke. Damit wird der Fuso rund 6270 mm lang und vermag auf 13,4 Metern zu drehen (zw. den Wänden). Das liest sich auf dem Papier als wendig. Und der Klein-LKW erweist sich im Verkehrsgewusel von Stadt und Agglomeration rasch als angenehm «unsperrig». Im Fahrzeugausweis sind 4250 kg maximales Gesamtgewicht eingetragen, wobei das Aufgewicht zum 3,5-Tönner auf die schwere Batterie zurückgeht. Hierfür erlaubt die Schweizer Gesetzgebung das Fahren mit einem normalen PW-Ausweis. Doch wie ein «echter» LKW wird das Tempo auf 89 km/h beschränkt und man fällt mit dem eCanter unter die Arbeits- und Ruhezeitverordnung, nicht aber unter das Sonntags- und Nachtfahrverbot. Entsprechend muss der eCanter mit einem Fahrtenschreiber ausgerüstet sein und der Chauffeur mit einer Fahrerkarte.

Typisches Frontlenker-Cockpit, aber luftig, gut arrangiert und serienmässig mit gefedertem Sitz ausgestattet.
Typisches Frontlenker-Cockpit, aber luftig, gut arrangiert und serienmässig mit gefedertem Sitz ausgestattet.

Die Doppelkabine gibt es beim eCanter nicht, dafür hat man bei der Singlecab die Wahl zwischen einer schmalen (1,7 m breit) Standard- und einer knapp zwei Meter breiten Komfortkabine. In der Komfortkabine des Testfahrzeugs ist das Raumgefühl auf dem bequemen Fahrersitz erfreulich generös, auf der Doppelsitzbank rechts nimmt man wegen des voluminösen Motortunnels aber wirklich nur auf kurzne Fahrten Platz. Wie in grossen Lastwagen ist der Fuso jetzt mit einem gefederten Fahrersitz bestückt, was die Federung deutlich weniger stössig erscheinen lässt und den Komfort spürbar verbessert.

Störende Geräusche treten mit dem Elektroantrieb kaum auf. Höchstens an unterschiedlichem Summen und Surren aus dem Elektronikbaukasten des Fahrzeugs kann man sich anfangs noch stören, doch bereits nach kurzer Zeit fällt das Ganze schlicht nicht mehr auf.

Spritzig

Für die mittlere Batteriegrösse mit 82,6 kWh Kapazität ist mindestens ein Radstand von 3,40 Metern nötig. Wer auf die volle Kapazität mit knapp 124 kWh aspiriert, benötigt 4,45 Meter Radstand und bewegt sich dann auch automatisch in der 7,5-Tonnen-Klasse oder höher. Wir sind im 4C15e mit der mittleren Batterie unterwegs. Es verbleibt eine Nutzlast, die durch den 500-kg-Gewichtsblock praktisch aufgebraucht wird. Dank der unmittelbaren Leistungsabgabe des E-Motors reichen auch «nur» 85 kW Dauerleistung vollkommen aus, um mit dem eCanter nicht zur lahmen Ente zu verkommen. Viel wichtiger ist es, das Fahrpedal mit Bedacht zu traktieren, sonst riskiert man im besten Fall ein paar durchdrehende Zwillingsräder, im schlechtesten Fall gar einen veritablen Fahrzeugdreher.

Die Kabine muss manuell gekippt werden, dann sind die Komponenten der Hochvoltelektronik sehr gut zugänglich.
Die Kabine muss manuell gekippt werden, dann sind die Komponenten der Hochvoltelektronik sehr gut zugänglich.

Fuso hat dem eCanter ein vierstufiges Rekuperationssystem gespendet. Mit Stufe 0 kommt man nahe ans sogenannte Segeln, die Stufen 1 bis 3 verstärken Energierückgewinnung und Bremskraft in spürbarer Abstufung. Das Spiel mit den Stufen macht dabei Spass und bringt bemerkenswerte Resultate. Zudem war das Fahrzeug, das über eine nochmals bessere Kabinenisolierung verfügt, mit dem optionalen Reichweitenpaket ausgestattet, bei dem Windschutzscheibe, Fahrersitz und Lenkrad beheizbar sind. Das ermöglicht es, bei kaltem Wetter die Kabinenheizung auszuschalten und gleichwohl komfortabel und sicher unterwegs zu sein.

Fuso eCanter ist sparsam und sicher

Als Reichweite für unsere Konfiguration werden bis zu 140 Kilometer angegeben, was einem Energieverbrauch von gut 55 kWh/100 km entspricht. Hier gibt sich Fuso jedoch sehr zurückhaltend, wie wir an der Ladesäule erfreut feststellen konnten. Dank behutsamem Fahrpedalumgang – nein, wir sind nicht durch die Gegend geschlichen, im Gegenteil –, konsequentem Rekuperieren und vorausschauender Fahrweise konstatierten wir am Ende unserer Fahrt bei der Batterieladung einen Verbrauch von lediglich 40,6 kWh/100 km. Damit kommt man bereits fast so weit, wie das Fuso sonst für drei Batteriepakete verspricht.

Das digitale Display wandelt sich nach den Gegebenheiten. Während des Ladens gibt es Statusinformationen zum Vorgang.
Das digitale Display wandelt sich nach den Gegebenheiten. Während des Ladens gibt es Statusinformationen zum Vorgang.

Positiv aufgefallen ist uns schliesslich bei den Sicherheitssystemen der Abbiegeassistent. Mittels Radarsensoren auf Beifahrerseite wird man optisch und akustisch gewarnt, wenn Velofahrer, Fussgänger und andere Fahrzeuge erkannt werden. Nicht bei jeder Warnung bestand auch wirklich eine Kollisionsgefahr, doch wirkliche Fehlmeldungen haben wir nie erhalten und gerade mit «wilden» Velofahrenden erwies sich das System als willkommene Unterstützung.

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