90 Jahre DAF: eine eindrückliche Geschichte

JUBILÄUM In Westeuropa bauen noch sieben Marken schwere Lastwagen, eine davon ist DAF. Deren Geschichte begann 1928, wobei der zivile LKW-Bau erst 1949 startete. Die Zwischen­station als Anhängerkonstrukteur legte die dazu nötige Basis. Die holländische Marke blickt auf abwechslungsreiche 90 Jahre DAF zurück.

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90 Jahre DAF: Fünf Generationen Longhaul-Zugmaschinen, von links die 2000-Serie von 1957, der DAF 2600 von 1962, der DAF 3600 von 1985, der DAF 95 von 1995 und der aktuelle XF.

Es war sein besonderes handwerkliches Können, mit dem der 1900 geborene Hubert «Hub» van Doorne den Direktor und Besitzer der Bierbrauerei De Valk in Eindhoven beeindruckte. Hub schien der einzige zu sein, der den Wagen von A. H. Huenges reparieren konnte. Also unterstützte Huenges den jungen van Doorne 1928 nicht nur finanziell bei der Gründung eines eigenen Betriebes, sondern stellte ihm auf dem an die Brauerei angrenzenden Gelände Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Brauerei spielt übrigens noch immer ein Rolle bei DAF, denn im damaligen Gebäude ist heute das DAF-Museum domiziliert.

Wegen der schwierigen Weltwirtschaftslage Anfang der 30er-Jahre suchten Hub und sein inzwischen auch zum Betrieb gestossener Bruder Wilhelm «Wim» van Doorne zusätzliche Betätigungsfelder. Strapazierfähige LKW-Anhänger wurden das neue Betätigungsfeld, das 1932 auch die Namensänderung des Betriebs mit sich brachte: Aus «Hub van Doorne, Machinefabriek en Raparatieinrichting» wurde «Van Doorne’s Aanhangwagenfabriek» und erhielt damit die Abkürzung DAF. Als Spezialität wagte sich DAF an die damals noch junge Technik des elektrischen Schweissens, was die Anhänger im Vergleich zu genieteten leichter und robuster werden liess. Von DAF stammt unter anderem einer der ersten Container-­Sattel­auflieger, der DAF Losser.

Erste Lastwagen im Krieg Aus dem kriegsbedingten Bau von Militärschleppern folgte 1945 nicht automatisch der zivile Lastwagenbau bei DAF. Zwar erkannten Hub und Wim den grossen Bedarf an Transportgeräten, doch erst 1949 ergänzte DAF die Anhängerfabrikation durch den Last­wagenbau. Die Aanhangwagenfabriek im Firmennamen wurde in Automobiel Fabriek geändert. Die ersten DAF-Lastwagen bestanden nur aus Chassis und Motor, wobei den Kühler als Markenzeichen sieben Chromspangen zierten. Die Kabine und der restliche Aufbau wurden, wie damals üblich, bei einem Carrossier fremdgefertigt. Das erste DAF-­eigene Fahrerhaus folgte jedoch bereits 1951.

Eigene Motoren baut DAF seit 1957, wobei sich die Holländer rasch auf die damals noch junge Turbolader-Technologie ausrichteten. Eine motorseitige Branchenneuheit war 1973 dann DAFs Präsentation der Ladeluftkühlung, die eine weitere Leistungssteigerung und eine verbesserte Betriebszuverlässigkeit bewirkte und heute in Turbomotoren nicht mehr wegzudenken ist.

Von Beginn an machten Frontlenker einen grossen Anteil der DAF-Angebote aus. 1962 wurde die Kabinenlandschaft aber auf den Kopf gestellt, als aus Eindhoven der DAF 2600 vorgestellt wurde. Die Kabine war grösser und geräumiger, als was man von DAF her kannte, und bot mehr Platz für Gepäck auf langer Fahrt und zugleich mehr Nutzlast. Die Holländer nennen den 2600er die «Mutter der interna­tionalen Lang­streckentransporte», wenngleich es aus Lyon mit dem Berliet TR 350 und dessen neuem Hochdach (vgl. Seite 40) bereits einen innovativen Mitbewerber auf diesen «Titel» gab.

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90 Jahre DAF: Hub van Doorne und Bruder Wim in den 60er-Jahren, vertieft in eine Diskussion.

Personenwagen mit Variomatic «DAF glaubte an die Massenmotorisierung und entwickelte Mitte der 50er-Jahre einen innovativen Personenwagen», erklärte der frühere Produktplaner Hans Staals in seiner historischen Betrachtung der Marke anlässlich unseres Besuchs am Stammsitz in Eind­hoven. Der PW wurde als DAF 600 «Daffodil» 1958 auf den Markt gebracht. Technisches Kernstück war das stufenlose Automatikgetriebe «Variomatic». Damals mit Keilriemen betrieben, ist das Prinzip als «Continuous Va­riable Transmission» CVT noch heute in vielen modernen Personenwagen im Einsatz, wobei die Keilriemen längst durch robuste Schubgliederbänder abgelöst wurden. Die Technik der ersten Variomatic bot übrigens die einzigartige Möglichkeit, genauso schnell vorwärts wie rückwärts fahren zu können.

Obwohl die wendigen und kompakten Wagen durchaus auf Akzeptanz stiessen, beendete DAF die PW-Produktion 1975 und trat das Geschäft an Volvo ab. Die Schweden bauten in Holland die Fahrzeuge unter eigenem Namen weiter und brachten das von DAF bereits entwickelte, aber noch nicht lancierte Mittelklassemodell DAF 77 als Volvo 343 auch auf den Markt. Der Entscheid, die PW-Sparte abzutreten, war den damaligen Schwierigkeiten geschuldet, geeignetes Personal für die Fabrikation zu finden, und war nichts anderes als eine bewusste Konzentration auf das Lastwagen-Geschäft.

1979, also 47 Jahre nach dem Start der Anhängerkonstruktion, beendete DAF auch dieses Kapitel und konzentrierte sich fortan ausschliesslich auf Entwicklung und Bau von Lastwagen.

Diverse Kooperationen Heute ist DAF Teil der amerikanischen Paccar-Gruppe, die mit Kenworth und Peterbilt zwei eigene Marken auf dem US-Markt besitzt. Im Laufe der Jahre war DAF unterschiedliche Zusammenarbeiten eingegangen, sei dies in den 70er-Jahren mit einer Gruppe bestehend aus Magirus-Deutz, Saviem und Volvo. Aus dieser Gruppe kam auch die Abtretung der PW-Sparte an Volvo zustande. Für DAF noch heute von Bedeutung ist die Übernahme von Leyland. Der britische Lastwagenbauer brachte neben den schweren Lastwagen auch hochwertige Medium- und Kleintrucks ins Angebot der Holländer. Aus diesem Zusammenschluss von 1987 war DAF mit einem Schlag auch zum Heimspieler in Grossbritannien geworden, wo die Modelle unter dem Label Leyland DAF verkauft wurden. Der LF rollt auch heute in England vom Band und DAF verzeichnet in der Mittel- und Kleinklasse eine dominierende Stellung im Vereinigten Königreich.

Aus Anlass 90 Jahre DAF lanciert die Marke eine auf 250 Stück limitierte XF-Zugmaschine. Sie ist als 4×2 oder 6×2 erhältlich und verfügt über den 530 PS leistenden Paccar MX-13-Motor sowie eine Super Space Cab. Die Jubiläums-­Edition ist in drei Farben erhältlich und wird stark erweitert ausgestattet.

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Die Editionsmodelle des XF 530 sind europaweit auf 250 Stück limitiert. Die drei Spezialfarben, ein altes Logo und eine spezielle Nummerierung kennzeichnen diese ­Jubiläumsausführungen.
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