Volvo FE im schweren Verteilerbetrieb

FAHRBERICHT Volvo hat erst vor wenigen Monaten die FE-­Verteilerreihe mit einer 350-PS-Variante seines 7,7-l-Sechszylinders erweitert. Der laufruhig ­arbeitende Common-Rail-Diesel kommt ausschliesslich mit Automatikgetrieben daher, im geprüften Fahrzeug mit dem 12-Gang-i-Shift.

Volvo FE TIR transNews
Der Volvo FE ist für schwere Verteileraufgaben konzipiert, wobei die neuste 350-PS-Variante die leistungsfähigste Version darstellt.

Für urbane und kommunale Einsätze ist der FE in der Modellhierarchie von Volvo Trucks das Universalfahrzeug, das die Brücke zwischen dem noch «städtischeren», kompakteren FL und den schweren FM- und FH-Reihen schlägt. Die Vorteile der niedrigen, nahe am Verkehrsgeschehen befindliche Fahrerposition will Volvo wie sein Mitbewerber aus Schweden ebenfalls für andere urbane Einsätze erweitern und bietet die Kabine neu mit nur einem Beifahrersitz an.

Der geprüfte FE kam mit der mittellangen Komfortkabine, die hinter den Sitzen Platz bietet für entweder eine schmale Liege (58 cm), zusätzlichen Stauraum oder eine einfachere Ruhegelegenheit. Wer oft im FE übernachtet, hat die Möglichkeit eines langen Fernfahrerhauses, das 20 cm länger ist und dadurch Platz für eine 78 cm breite Liege bietet. Zudem ist neben den erwähnten Versionen als vierte Kabinenvariante im FE ein kurzes Fahrerhaus erhältlich, bei dem man aber – typisch für eine Day-Cab – ohne Ruhemöglichkeit auskommen muss.

Mit 350 Pferdestärken
Drei nicht allzu grosse Schritte sind für Ein- und Ausstieg ins Fahrerhaus nötig, wobei die rechtwinklig öffnende Türe das «Manöver» erleichtert. Die Servicepunkte unter der Frontabdeckung sind gut zugänglich, für Arbeiten im Motorraum kippt das Fahrerhaus um 55 Grad nach vorne. Hier ist die jüngste Entwicklung des D8K-Motors untergebracht, die mit 350 PS Leistung bei 2200 U/min und 1400 Nm maximalem Drehmoment zwischen 1200 und 1600 U/min die aktuelle Leistungsspitze in der FE-Reihe darstellt.

Getriebemässig besteht beim D8K350 die Wahl zwischen einer Allison-Wandlerautomatik mit sechs Stufen und dem Volvo-eigenen i-Shift-Getriebe mit zwölf Gängen. Für die Verteilerapplikation unseres dreiachsigen Kasten-LKW erwies sich das i-Shift als ausgewogene Lösung, die mit schnellen und zeitlich gut gewählten Gangwechseln für problem­losen Vortrieb sorgte. Mit dem mit 25 Tonnen fast komplett ausgelasteten Fahrgestell zeigte der Antriebsstrang auch im coupierten Gelände keinerlei Schwierigkeiten, doch dürfte er in einer ebenfalls möglichen 40-Tonnen-Zugkomposition dann doch an Grenzen stossen, speziell im hügeligen Stras­sen­ver­lauf von Voralpen oder Jurahügeln.

Komforttechnisch überzeugt der D8K350. Er hat eine niedrige Geräuschkulisse und wird nur bei starker Leistungsabfrage kurz vor dem Hochschaltpunkt gut vernehmbar. Zudem läuft er angenehm vibrationsarm.

Während die Allison-Automatik auch mit einem Hydraulikretarder ausgerüstet werden kann, ist der D8K350 mit i-Shift «nur» mit einer Motorenbremse bestückt, die wahlweise durch eine Kompressionsbremse erweitert werden kann. In der Basisausführung bietet die Auspuffbremse bis zu 137 kW Bremsleistung bei 2650 U/min. Mit der Kompressionsbremse steigt die Bremsleistung bei unveränderter Drehzahl auf 170 kW an. Ein gut platzierter Hebel am Lenkrad erleichtert die Bedienung. Wer mehrheitlich auf schweren Sattel- und Anhängerzügen unterwegs und den Einsatz von Retardern gewohnt ist, muss sich bei einer gelegentlichen Fahrt mit einer Zusatzbremse wie im FE350 umstellen, da sich die Wirkungsweisen deutlich unterscheiden, sprich die Bremsleistung spürbar geringer ist.

Natürlich erfüllt der FE350 die Euro-6-Norm, wobei die Nachbehandlung mittels Abgasrückführung und SCR-Katalysator erfolgt. Sämtliche Leistungsstufen des D8K-Motors können neben herkömmlichem auch mit synthetischem Diesel HVO betrieben werden. Erdgas CNG und reiner Biodiesel sind jedoch für «unsere» 350-PS-Version nicht verfügbar.

Übersicht und Wendigkeit
Der dreiachsige Test-LKW war mit diversen Optionen ausgestattet, die den Umgang in beengten Stadtverhältnissen erleichtern. Zum einen ermöglicht das City-Fenster in der Beifahrertür den Einblick in die unmittelbar vor dem Rad befindliche Umgebung. Gleichwohl lässt sich auf Beifahrerseite das Fenster weiterhin öffnen, und zwar als horizontales Schiebefenster. Glas in den Seitenwänden erweitert zusätzlich das direkte Sichtfeld des Fahrers. Das optionale 360-Grad-Kamerasystem lässt keine Ecke des Fahrzeugs unbeaufsichtigt, was einen im üblichen Alleinbetrieb vor Überraschungen bewahrt, die selbst bei aufmerksamster Umgebungsbeobachtung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden können. Das Kamerasystem ist eine positive Erweiterung der grundsätzlich guten Verkehrsübersicht aus dem Volvo FE-Fahrerhaus.

Aus den diversen Achskonfigurationen war die hydraulisch gelenkte Nachlaufachse ausgewählt worden, welche das Manövrieren bei langsamer Fahrt mit dem Wagen spür­bar vereinfacht. Für sichere Traktion sorgt übrigens die ­serienmässige Differenzialsperre.

Die Bedienung aller Systeme erweist sich als problemlos und die Tasten und Schalter sind übersichtlich rund um den Fahrer gruppiert. Im schnörkellosen Armaturenbrett finden sich alle wichtigen Informationen, wobei die Grafik der Uhren und des Monochrom-Infodisplays inzwischen etwas altbacken wirken.

Nach Abschluss unserer Testrunde sind wir entspannt aus dem Fahrerhaus gestiegen. Das hat zum einen mit der unproblematischen Bedienung und dem guten Komfort der gefederten Sitze zu tun. Es liegt aber auch daran, dass die Luft­federung an Vorder- und Hinterachse Unebenheiten effizient absorbiert und die rundum ebenfalls luftgefederte Kabinenaufhängung die Schlagabsorption zusätzlich unterstützt.

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