Vecto schafft ­Transparenz beim LKW-­Verbrauch

ABGASNORMEN Erstmals wird ab kommendem Jahr in Europa der Verbrauch respektive der CO2-Ausstoss von Lastwagen in einer Norm erfasst. Durch das ­Simulationstool Vecto wird die Vergleichbarkeit für den Kunden vereinfacht. Es birgt aber auch Konfliktpotenzial, wie sich am Mercedes-Workshop «FutureLab» herauskristallisierte.

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Das neue Vecto-Tool soll die Verbräuche der schweren Lastwagen in der EU vergleichbar machen.

Was als europaspezifischer Zyklus «Vecto» Anfang 2019 zum Einsatz gelangt, wurde vor zehn Jahren in Angriff genommen, und zwar gemeinsam von der Europäischen Union und von den europäischen Lastwagenbauern. Wie beim Personenwagen soll Vecto dem Kunden durch genormte Angaben die Kaufentscheidung bei Trucks erleichtern. Doch eine solche Norm ist kein leichtes Unterfangen, denn anders als beim Auto, wo Bau- und Einsatzweise relativ eindeutig sind, zeichnet sich der LKW durch seine ungemeine Vielfalt von Produktlösungen und Nutzungen aus.

Vecto steht für Vehicle Energy Consumption Calculation Tool (Berechnungsinstrument für den Fahrzeug-Energieverbrauch) und ist ein Simulationswerkzeug, das über eine Vielzahl von Variablen einen praxisgerechten Verbrauch für jeden einzelnen LKW zu errechnen imstande sein soll. Basis für die Berechnungen sind Fahrdaten, die jeder Hersteller ermittelt hat, indem er ein klar definiertes, sich 25 000 km über ganz Europa erstreckendes Strassennetz (Hauptverkehrsachsen und Autobahnen) abgefahren hat. Die Variablen berücksichtigen grob gesagt die Bauweise des LKW, den Einsatz, den Fahrzeugaufbau und den Beladungszustand; insgesamt sind daraus acht Haupteingabefelder entstanden, welche die Berechnung von CO2 beziehungsweise des Verbrauchs möglich machen.

Entwicklungsbedarf Noch nicht in Vecto berücksichtigt sind verbrauchssenkende Systeme wie der vorausschauende Tempomat, Stopp-Start-Automatik, «Segel»-Systeme wie Ecoroll, Getriebesteuerfunktionen und alternative Antriebssysteme. Doch die haben erwiesenermassen einen grossen Einfluss auf den Verbrauch. Daher werden sie von den Konzern- und Entwicklungsverantwortlichen bei beispielsweise Mercedes-Benz und MAN als zwingender Vecto-Bestandteil angesehen, da sie als ein substanzielles Merkmal zur Differenzierung der Marken angesehen werden. Sie sind aktuell Teil der laufenden Diskussion zur Vervollständigung der Rahmenbedingungen, wobei noch nicht klar ist, ob sie in die Finalisierung, die bis Ende Jahr abgeschlossen sein muss, bereits einfliessen werden.

Die von den Herstellern über eine Viertelmillion Kilometer erfassten Fahrdaten geben das Innerste jedes Herstellers preis, weshalb sie bislang gehütet wurden wie der eigene Augapfel. Nun werden für das Vecto-Tool diese sensiblen Daten öffentlich, was bei den Verantwortlichen Unbehagen auslöst, da auch nichteuropäische Hersteller auf bislang geheime Daten der Europäer Zugriff erhalten, aber den «Fremden» keine Gegenleistung abfordert. Man befürchtet Wettbewerbsverzerrung auf den übrigen Märkten und Entwicklungsnachteile für Europa.

Verbrauchsreduktion Gestartet wird bei Vecto nicht mit allen der definierten 17 Lastwagentypen, man beschränkt sich zu Beginn auf jene 4 Fahrzeugklassen, die für 60 bis 70 Prozent des CO2-Ausstosses der Herstellerflotten verantwortlich sind. Das sind die 4×2- und 6×2-Zugmaschinen und die 4×2- und 6×2-Fahrgestelle. Auf den 2019er-Flottenwerten dieser Fahrzeugtypen wird auch die bevorstehende Gesetzgebung für die von der EU anvisierten Verbrauchs­reduktionen für 2025 und 2030 basieren.

Aktuell stehen Vorschläge der EU-Kommission für Reduktionsziele um 15 Prozent bis 2025 und 30 Prozent bis 2030 zur Diskussion, was mehr als eine Verdreifachung der Entwicklungsgeschwindigkeit verursachen und das gesamte Umfeld umfassend verändern würde. Theoretisch wäre die 2025er-Stufe noch mit Dieseltechnologie umsetzbar, die 2030er-Ziele aber nur durch massiven Einsatz von alternativen Antrieben. «Doch diese sind alle erst in Entwicklung und eine Verfügbarkeit von Technologie und Infrastruktur in den nächsten Jahren ist alles andere als sichergestellt», erläutert man bei Mercedes. Die Fahrzeughersteller haben eine Reduktion um 8 respektive 16 Prozent in die Diskussion gebracht, die auch schon eine Erhöhung der bereits strammen Entwicklungsgeschwindigkeit mit sich bringt, aber in der Branche als realisierbar angesehen wird. Noch ist allerdings alles offen, die Entscheidung des EU-Parlaments zum Kommis­sionsvorschlag ist im ersten Halbjahr 2019 zu erwarten. Die Branche hofft auf eine mit Bedacht geführte Diskussion und eine auf Sachverstand basierte Entscheidung.

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Bereits ab dem vierten Quartal 2018 veröffentlicht DAF die Vecto-­Werte für seine neuen Euro-6-Lastwagen.
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