KTBB: E-Mobi­lität im Fokus der ­Linienbus-Betreiber

FACHMESSE DES KTBB / VÖV Die Kommission Technik und Betrieb Bus (KTBB) des Verbandes öffentlicher Verkehr (VÖV) führte Ende Mai 2018 in Fribourg ihre Fachtagung mit Ausstellung und zahlreichen Referenten durch.

KTBB VÖV Fachmesse Fribourg
Das Forum in Fribourg eignet sich hervorragend für die gut organisierte KTBB-Bus-Tagung des VÖV.

Die alle zwei Jahre an der Sprachgrenze stattfindende Fachmesse des KTBB vereinte rund 300 Personen, die sich aus der ganzen Schweiz im Forum Fribourg eingefunden hatten. Die zweitägige Veranstaltung eröffnete Thomas Niederöst (Präsident KTBB; Stadtbus Winterthur) mit den Worten: «Nachdem wir den Namen unserer Fachkommission angepasst haben, steht der diesjährigen Tagung zu den Themen Energie, Digitalisierung, Effizienz sowie Elektro-Antriebe nichts mehr im Weg. Herzlich willkommen in Fribourg.» Noch bevor zu den anstehenden Referaten geschritten wurde, ergriff VöV-Direktor Ueli Stückelberger das Wort. Mit einem Postautoterminal im Hintergrund erklärte er: «Postauto Schweiz ist in aller Munde. Aber da läuft nicht alles schief, sondern vieles wird richtig gemacht. Auch der Vorwurf, dass die Schweiz gegenüber dem Ausland im Rückstand sei, stimmt nicht. Bei uns ist die Energieeffizienz weit fortgeschritten und unser Fahrzeugpark ist sauber. Auf der andern Seite ist es sehr schwierig, Prognosen zu stellen, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.»

Energie und Effizienz
Der Themenbereich Energieeffizienz beleuchtete unterschiedliche Aspekte der Fahrerausbildung und zeigte Sparpotenzial bei den Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen. «Die Verkehrsbetriebe St. Gallen haben ein Tool entwickelt, das die Fahrer zu verbrauchssenkenden Massnahmen animiert», erzählte Philipp Sutter, Leiter In­frastruktur und Projekte VBSG, und ergänzte: «Eine deutliche Reduktion brachte unser Fahrstiltrainer, mit dem wir neun Liter (50,39 anstatt vorher 59,4 Liter) Treibstoff auf 100 Kilometer realisieren konnten. Das Ribas genannte System ist ein durchschlagender Erfolg geworden und über 300 Tonnen CO2 entflohen nicht in die Atmosphäre. Unser Motto war: sicher und komfortabel. Das heisst, auch bei Verspätung bringt der von den Passagieren als bequem empfundene Fahrstil mehr als alle Aufholversuche. Wir unterstützen die Fahrer in Motivationsgesprächen, sahen auf der andern Seite von Belohnungen oder ‹Strafen› ab. Das hat sich ebenfalls bewährt, weil im Ranking weniger gut klassierte Fahrer sonst nach Fehlern im System suchen würden.»

Marino Grisanti, Verantwortlicher der Planungsabteilung der TPF (Fribourg) stellte seine Berechnungen ins Zentrum. Auf mehreren Strecken stellte er stark schwankende Verbräuche fest und entwickelte ein Programm, das dem Fahrer Tipps ins Armaturenbrett liefert, wie er die Strecke meistert. «Neu ist auch das einzigartige Ticketingsystem Fairtiq, das wir unsern Kunden als App anbieten», erklärte Grisanti, «denn so haben unsere Kunden immer den besten Tarif.» Mit Fairtiq drücken die Passagiere beim Einsteigen auf «Start» und am Ziel auf «Stop». Die gefahrene Strecke wird automatisch berechnet und der günstigste Tarif belastet. Über das Navig-Effizienzsystem in Fribourg dozierte Serge Collaud. Mit dem gleichen Ziel wie in St. Gallen versucht der Betrieb ebenfalls, den Chauffeur positiv zu beeinflussen und ihn zu einer effizienten Fahrweise anzuregen.

«Wenn die Klimaanlage in einem Elektrobus der Batterie gleich viel Leistung entzieht wie der Fahrmotor, dann muss etwas unternommen werden», erklärte Philippe Seydoux, Projektmanagement Strassenfahrzeuge der Verkehrsbetriebe lausannois (tl), den Zuhörern. Durch stärkere Isolierungen und bessere Strömungsverhältnisse der Luft können massive Verbesserungen erzielt und damit eine klare Effi­zienzsteigerung erreicht werden.

Thomas Niederöst KTBB VÖV Fachmesse Fribourg
Thomas Niederöst, Präsident der organisierenden KTBB, freute sich über den gelungenen Anlass.

Wo kommt eigentlich der Strom her?
Über einen weiteren Schwerpunkt sprachen Jochen Horn (ABB Schweiz) und Kaspar Bieler (ewb, Bern). Der Elektrokonzern ABB baut unter anderem auch multifunktionale Ladestationen mit Bezahlmöglichkeit via Paypal. Jochen Horn: «Ich bin eigentlich für die Ladeinfrastruktur, also das, was am Strassenrand steht, zuständig. Mir ist bewusst, dass ein Elektrobus nicht einfach ein Bus ist, der mit Strom fährt, sondern ein neues Konzept. Denn die Bordbatterien müssen regelmässig geladen werden. Und damit beginnen sich meist auch Sorgenfalten zu bilden. Eine Ladestation, die eine hohe Stromleistung bereitstellen muss, kann aber nicht einfach da aufgestellt werden, wo es am sinnvollsten wäre. Der erste Gang führt dabei zum Verteilnetzbetreiber, der genau weiss, in welcher Trafostation genügend Watt, Volt und Ampère anstehen, sodass gezapft werden kann. Vom Bushersteller über den ÖV-Betrieb bis zum Hersteller der Ladeinfrastruktur sind intensive Gespräche und hohe Kosten zu veranschlagen.»

Ähnlich tönte es von Kaspar Bieler, Leiter Netzmanagement Energie Wasser Bern (ewb). Er zeigte in mehreren Schritten ein intelligentes Lademanagement auf und betonte: «Ein durchdachtes Management kann wahrscheinlich zu tieferen Baukosten führen und durch die Nutzung von kleinerem Kabelquerschnitt auch günstigere Netzanschlusskosten nach sich ziehen.» Am Beispiel eines ÖV-Betreibers, der 24 Fahrzeuge auf rein elektrischen Betrieb umrüsten möchte, zeigte er auf, dass bei konstruktiven Diskussionen mit allen Beteiligten eine massive Reduktion des Netzausbaus – etwa von benötigten 2,3 Megawatt auf 0,5 MW – erfolgen kann. Damit verringern sich die damit verbundenen Kosten um bis zu 350 000 Franken und der jährliche Leistungspreis ist um bis zu 150 000 Franken günstiger.

Alternative Energien
Für die Anwesenden ebenfalls inte­ressant waren die Ausführungen von Philipp Engelkamp, Geschäftsführer der Ineratec GmbH, der sich in sogenannten E-Treibstoffen bestens auskennt. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt synthetische Kohlenwasserstoffe etwa in Form von E-Diesel (Power to Liquid) oder E-Gas (Power to Gas). Engelkamp: «Diese Form von Energie ist zu 97 Prozent CO2-neutral, schwefelfrei und kommt ohne Aromate aus. Während eine Erdölraffinerie riesige Landflächen benötigt, haben wir eine dezentrale Variante in Containern entwickelt. Diese neue Technologie benötigt viel weniger Raum und ist entsprechend kostengünstiger in Ankauf und Betrieb. Das hat zudem den Vorteil, dass die chemische Reaktion präzise gesteuert werden kann, denn bei unserem Verfahren werden die einzelnen Komponenten nicht geteilt, sondern neu zusammengesetzt. In Laufenburg im Aargau wird zurzeit eine erste Pilotanlage in der Schweiz gebaut. Dabei arbeitet die Ineratec nicht nur mit Audi, sondern auch mit der beauftragenden Energiedienst Holding AG zusammen. Schliesslich darf ich noch verraten, dass der E-Diesel aus dieser Produktionsstätte zu Marktpreisen angeboten werden wird.»

Von allgemeinem Interesse zeigte sich auch das Referat von Professor Dr. Andrea Vezzini, Leiter BFH Zentrum Energiespeicherung an der Berner Fachhochschule. Sein Thema «Batterien – Auslegung, Technik, Recycling und Entsorgung» ist bereits in vielen öffentlichen Verkehrsunternehmen ein Dauerbrenner. «Der Aufbau einer Lithium-Ionen-Batterie ist einem ständigen Wandel unterworfen. Je nach Anforderung werden unterschiedliche Materialien eingesetzt, wobei wichtig ist, dass der thermische Haushalt stimmt und weitgehend konstant bleibt. Vor Batterien muss jeder, der damit umgeht, Respekt haben. Angst ist fehl am Platz, denn diese Batterie ist nicht toxisch, sondern eher umweltverträglich. Doch gilt es am Lebensende zu beachten, dass genaue Regeln das Spezialrecycling vorschreiben.»

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