Die «kleine» Brennstoffzellen-­Sensation von Hyundai

BRENNSTOFFZELLENANTRIEB Die Lastwagen standen auf der IAA praktisch samt und sonders im Zeichen alternativer Antriebe und Vernetzung. Den eigentlichen Coup landete aber Hyundai mit der Ankündigung, ab Herbst 2019 erstmals Brennstoffzellen-LKW in Serie anzubieten – Startmarkt ist die Schweiz.

Hyundai Brennstoffzellen-LKW TIR transNews
Hyundai will mit dem Serieneinsatz seines Brennstoffzellen-LKW in Europa starten. Der elektrifizierte Hyundai Xcient startet zuerst in der Schweiz.

In Europa kennt man Hyundai eigentlich nur mit Personen- und Lieferwagen. Doch die automotive Welt-Nummer 5 ist im asiatischen Raum auch eine grosse Nummer bei den schweren Nutzfahrzeugen sowie im Bussektor. Im Jahr 2013 wollten die Koreaner eigentlich den Sprung nach Europa wagen und hatten speziell für Europa den Lastwagen Xcient entwickelt. Mit Blick auf die hiesige starke Konkurrenzsituation wurde er dann aber nur in Asien und Russland eingeführt. Das soll sich jetzt ändern.

Der Xcient ist die Basis für den ersten Wasserstoff-Lastwagen, den Hyundai im kommenden Jahr in Serie kommerzialisieren will. «In Europa werden Wasserstoff und Brennstoffzelle aktuell von allen Herstellern nur auf Sparflamme vorangetrieben, was uns ein grosses Tor zum Einstieg in den Euro-Nutzfahrzeugmarkt offen lässt», meint Maik Ziegler, Direktor Nutzfahrzeuge bei Hyundai in Korea. Und der Einstieg findet über die Schweiz statt. Gemeinsam mit der im August 2014 gegründeten Aktiengesellschaft H2energy werden ab zweiter Hälfte 2019 die ersten Brennstoffzellen-LKW auf den Markt gebracht und die Zahl bis 2023 auf 1000 Trucks erhöht. Auf der IAA haben H2energy mit Vorstandspräsident Rolf Huber und Hyundai mit Vizepräsident und Nutzfahrzeug-Vorstand In Cheol Lee die entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet.

Ursprünglich kommt H2energy aus dem Energiesektor und hat sich um die sogenannte Überschussthematik gekümmert. «Der künftige regenerative Energiemarkt mit Sonnen- und Windkraft bringt viel höhere Energiefluktuationen als heute allein mit Wasser- und Kernkraft. Also braucht es Speichermöglichkeit, ansonsten müsste das Stromnetz um praktisch das Zehnfache ausgebaut werden», erklärt Rolf Huber. In Form von Wasserstoff kann die Energie des umgewandelten Überschussstroms verlustfrei gelagert werden.

Das Interesse innerhalb von H2energy ist so gross, dass selbst die 1000 Lastwagen problemlos zum Einsatz gelangen. Um eine Tankstelle wirtschaftlich zu betreiben, sind gemäss Rolf Huber rund zehn Lastwagen nötig, bei 1000 Lastwagen ergibt sich die Rentabilität für ein ganzes Netz von Tankstellen. Damit würde der Ausbau derart vorangetrieben, dass Wasserstoff auch für Brennstoffzellen-Personenwagen noch interessanter wird.

Während für PW aktuell Wasserstoff mit 700 bar gespeichert wird, hat man sich beim Lastwagen auf 350 bar geeinigt. 350 bar senkt den Energiebedarf für die Umwandlung, eine Tankstelle könnte aber mit der entsprechenden Zusatz­ausstattung Wasserstoff für beide Druckbereiche bereitstellen. Die beiden aus dem Hyundai-PW Nexo stammenden Brennstoffzellen-Stacks leisten je 95 kW und liefern den Strom für den Elektromotor. Dieser überträgt seine 350 kW Leistung und 3400 Nm über eine Automatik an die Hinterräder. Der knapp zehn Meter lange Lastwagen tankt 32,86 kg Wasserstoff, die in rund sieben Minuten aufgefüllt sind. «Mit der gesetzlich zugelassenen Fahrzeuglänge ist damit eine Reichweite von 400 Kilometern möglich», sagt Maik Ziegler. Man suche daher Ausnahmebewilligungen, um den Truck um etwa einen Meter zu verlängern. Rolf Huber: «So könnten wir die Reichweite auf etwa 800 Kilometer erhöhen.»

Aus den bevorstehenden Erfahrungen mit der Schweiz will Hyundai dann die Ausweitung des Brennstoffzellen-Einsatzes ins übrige Europa und in den Rest der Welt aufgleisen.

In Cheol Lee (Nfz-Vorstand Hyundai) und Rolf Huber TIR transNews
In Cheol Lee (Nfz-Vorstand Hyundai) und Rolf Huber unterzeichnen auf der IAA die Absichtserklärung, 1000 Was­serstoff-LKW bis 2023 in die Schweiz zu bringen.
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