Abspecken ist bei Scania G und P Kerngeschäft

SCANIA Die G- und P-Modelle wurden erst in einem zweiten Schritt ins neue Fahrerhausprogramm aufgenommen. Der G ist eine Alternative zu den grossen Sleeper-Cabs, der P trumpft mit neuem Motor auf, der über 300 kg Nutzlastvorteil bietet.

Scania G410 TIR transNews
Mit dem Scania G 410 und dem P 280 (weiter unten) hat Scania zwei interessante Ver­sionen im Angebot, die jede für sich spezielle Anforderungen zu erfüllen weiss.

Seit der erfolgreichen Lancierung der neuen Fahrerhaus-­Generation mit den grossen R- und S-Cab hat der Lastwagenbauer aus Södertälje seine gesamte Fabrikation auf die modulare Kabinenbauweise umgestellt. Dies hat beispielsweise die Konzeption von speziellen Kabinen vereinfacht, wie die der Crewcab-Doppelkabinen für Feuerwehrlast­wagen oder der Low-Entry-Cab für die Abfallsammlung oder den innerstädtischen Verteilerverkehr. Gefahren sind wir einen G410-Sattelzug mit 40 Tonnen, der als kostengünstigere und leichtere Fernverkehrsalternative zu den R- und S-Kabinen im Angebot ist. Der zweite Truck war ein Fahrgestell mit der auf Verteilerbetrieb optimierten P-Kabine. Der P280 rollte mit dem neuen 6,7-Liter-Sechszylinder DC07 an. Dieser hat zwar weniger Drehmoment zu bieten als sein fünfzylindriges 9,3-Liter-Pendant DC09 mit ebenfalls 280 PS, er ist dafür aber um 360 kg leichter, was sich eins zu eins in eine entsprechend höhere Nutzlast ummünzen lässt.

G410 mit Tempomat bis Stillstand
Gegenüber früheren G-­Kabinen bietet die neue in der mittleren und der hohen Höhe deutlich mehr Kopfraum, woraus sich eine spürbar bessere Bewegungsfreiheit und mehr Möglichkeiten an Stau­fächern ergeben. Die niedrigste Dachvariante blieb hingegen unverändert, um nicht die Nutzung von beispielsweise Autotransportern einzuschränken. Kabinen-Layout, Instrumente sowie Bedienelemente sind in der aktuellen Scania-Manier gehalten und der Fahrer geniesst durch schmale A-Säulen und die nach vorne und aussen gerückte Sitzposition eine ausgezeichnete Verkehrsübersicht.

Der Antriebsstrang mit dem SCR-only-DC13-Diesel ist vergleichbar mit dem des ersten Tests des R450, mit Ausnahme natürlich der Leistungswerte. Diese werden jedoch bei identischen Drehzahlen erreicht. Im G410 stehen die in der Modellbezeichnung implizierten 410 PS bei 1900 U/min und 2150 Nm zwischen 1000 und 1300 U/min zur Verfügung (R450: 450 PS; 2350 Nm). Dabei zeigt sich, dass der schwächere Motor die rund 165 km lange Testrunde in der gleichen Zeit und mit dem gleichen Durchschnittsverbrauch von 32,5 l/100 km absolviert. Einzig an der Jurasüdfuss-­Rampe bei Biel, wo der steile Aufstieg in die Transjuranne beginnt, kam die Mehrleistung messbar zutage, denn die Mindestgeschwindigkeit des R450 lag um einen Kilometer pro Stunde höher (44 km/h).

Seit der ersten Einführung der neuen Fahrerhausgeneration hat Scania in der Bordelektronik stetig Verbesserungen eingeführt. Bereits zu Beginn wurde dank der hinterlegten Topografiedaten Ecoroll verbessert. Die sogenannte Pulse-­and-­Glide-­Funktion erweitert das System und hilft an schwachen Gefällen die Ecoroll-Dauer zu verlängern, indem vorgängig das Tempo kurzzeitig erhöht wird. Spe­ziell in nur leicht coupiertem Streckenprofil ist ein spürbarer Verbrauchsbenefit zu verzeichnen, der gemäss Scania bis zu einem halben Prozent betragen kann. Zudem verhindert der Tempomat im starken Gefälle das Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit automatisch, wobei das System die zulässigen maximalen Zeitfenster selbstständig zu nutzen weiss.

Eine erst kürzlich eingeführte, neue Tempomatfunktion ist die automatische Abstandsregelung bis zum Stillstand. Bislang schaltete sich der Abstandstempomat unterhalb ­einer bestimmten Geschwindigkeit ab. Durch das neue Speed-­Regime kann sich der Chauffeur bei intensivem Stop-and-go-Verkehr noch besser aufs Verkehrsgeschehen konzentrieren, denn der Lastwagen kommt in der Kolonne selbst­ständig zum Stehen. Setzt sich das vorne fahrende Gefährt innerhalb von drei Sekunden nach dem Stopp wieder in Bewegung, fährt auch der Scania selbstständig los. Überschreitet die Dauer die drei Sekunden, muss der Chauffeur dazu die Resume-Taste oder das Gaspedal drücken. Aufgefallen ist uns, wie der Abstandstempomat in der Folgefunktion je nach Antriebsstrangmodus beim erneuten Losfahren unterschiedlich intensiv reagiert.

Scania P280 TIR transNews
Scania P280

P-Kabine legt überall zu
Eine weitere Neuerung, die nun in breitem Mass über die ganze Scania-Palette angeboten wird, ist die elektronische Parkbremse. Wie bei anderen Herstellern arbeitet sie bei Scania vollautomatisch und ersetzt die zeitlich begrenzte Hill-Hold-Funktion durch ein Dauerhalten. Letzteres erlaubt es beispielsweise, im Stillstand nach dem Bremsen den Fuss für unbestimmte Dauer vom Pedal zu nehmen, wobei der Lastwagen so lange gehalten wird, bis das Gaspedal wieder betätigt wird. Oder öffnet der Fahrer beispielsweise seine Tür, verhindert die automatische Aktivierung der Parkbremse ein ungewolltes Wegrollen des Fahrzeugs. Die elektrische Parkbremse ist auch im neuen P-Fahrerhaus optional erhältlich.

Die P-Cab ist mit Bauhöhe und Grösse vor allem für den Verteilerverkehr und für Baustelleneinsätze optimiert. Wie bei der G-Cab ist beim P die niedrigste Version unverändert hoch geblieben. Die übrigen Baumuster jedoch fallen mit mindestens zehn Zentimeter mehr Kopfraum auf, zugleich sind in den höheren Kabinen erstmals Staufächer im Dachbereich bestellbar. In Kombination mit dem DC07-Motor kann ein um 95 mm niedrigerer Motortunnel bestellt werden, was dem Raumgefühl zuträglich ist und den seitlichen Durchstieg vereinfacht.

Auch im P280 fällt das Fahrerhaus mit Instrumentierung und Bedienung in die aktuelle Scania-Ausrüstung. In den Türen kann ein Zusatzfenster geordert werden, mit dem die Sicht auf Fussgänger verbessert wird. Allerdings lässt sich aus Platzmangel in der Tür dann das Hauptfenster nicht mehr öffnen. Erstmals sind im P-Fahrerhaus auch von aussen zugängliche, seitliche Staufächer erhältlich.

Spannender Basismotor im P280
Der neue DC07-Motor ist in Zusammenarbeit mit Cummins entstanden und wurde mit Scania-eigener Steuerelektronik versehen, ebenso mit einem neuen Turbolader (feste Geometrie) und SCR-­only-­Abgas­nachbe­handlung. Seine Stärken von Baugrösse und Gewicht haben wir bereits erwähnt, doch zusätzlich läuft der Sechszylinder ausgesprochen leise und sorgt damit für besonders hohen Fahrkomfort. Speziell im Nahverkehr dürfte das im Testfahrzeug eingebaute 8-Gang-Opti­cruise-Getriebe eine gute Kombination abgeben, denn in der geprüften 18-Tonnen-Version erwiesen sich Motor und Getriebe als angenehme Kombination. Allerdings verzichtet Scania beim 8-Gänger auf die im Überlandverkehr wichtige Eco­roll-­Funk­tion und auf den Predic­tive-Tempomaten; sie sind im urbanen Betrieb nur von geringem Nutzen. Wer den P280 jedoch eher über Land einsetzt, sollte das 12-Gang-Opticruise-Getriebe in Betracht ziehen, wo Ecoroll und Predictive Cruise Control erhältlich sind.

Überhaupt ist der DC07-Motor vor allem für die Stadt konzipiert. Inneralpine Einsätze oder Fahrten auf den hügeligen Jurastrecken sind zwar von der Motorleistung her kein Problem, wie der Wagen mit mindestens 51 km/h auf der Jurasüdfuss-Rampe bei Biel locker beweist. Da der DC07 aber ausschliesslich mit einer Motorbremse mit 88 kW Bremsleistung bestückt ist, können lange Gefälle bei falscher Fahrweise zur Belastung für die Bremsanlage werden. In einem solchen Fall wäre aus Komfort- und Sicherheitsgründen der DC09-Fünfzylinder eine Alternative, da dieser mit Retarder (3500 Nm) geordert werden kann.

Den Umgang mit den automatisierten Getrieben haben die Hersteller heute sehr gut im Griff. Gleichwohl ist gerade das Manövrieren an der Laderampe mitunter eine Herausforderung. Hierzu hat Scania seit einer Weile bereits einen Manövriermodus im Einsatz. Er wird mittels Taste aktiviert und dämpft bei niedrigen Tempi die Bewegungen am Gaspedal. Das hat den Effekt, dass sich der Lastwagen viel sanfter bewegen lässt, indem er nur verzögert aufs Gas reagiert. Anlässlich unseres Selbstversuchs zeigten sich mit und ohne Manö­vriermodus spürbare Unterschiede, die ungewolltes Touchieren mit der Rampe zuverlässig verhindern helfen.

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