Ford und VW bilden grosse Nutzfahrzeug-Allianz

NEUE KOOPERATION Mitte Januar haben Ford und Volkswagen in ­Detroit bekannt gegeben, dass sie sich bei den Pick-ups und den Transportern zu einer Allianz zusammenschliessen. Erste Produkte werden bereits auf das Jahr 2022 hin erwartet.

VWCaddy Ford Transit Connect TIR transNews
VW entwickelt den Caddy-Nachfolger und zugleich den Nach­folger des Ford Transit Connect. Die Lancierung dieses Stadtlieferwagens ist ebenfalls auf 2022 geplant.

Im Rahmen der Detroit Autoshow NAIAS haben die Ford Motor Company und die Volkswagen AG die Details ihrer Allianz bekannt gegeben, von der schon länger die Rede war. Die beiden Grosskonzerne werden im Bereich der leichten Nutzfahrzeuge Synergien suchen, die darauf abzielen, die Wettbewerbsfähigkeit beider Unternehmen in der sich rasant verändernden Automobilbranche zu stärken. Konkrete Vereinbarungen sind bereits beschlossen und eine zusätzliche Absichtserklärung wurde unterzeichnet, wobei es aber zu keinerlei Kapitalverflechtungen der beiden Konzerne kommen soll. Gemeinsam hatten Volkswagen und Ford 2018 weltweit rund 1,2 Millionen leichte Nutzfahrzeuge abgesetzt, was die neue Allianz zum branchenweit grössten Zusammenschluss macht.

Die Allianz wird es den beiden Unternehmen ermöglichen, die Entwicklungskosten zu teilen, ihre jeweilige Fertigungskapazität optimal auszulasten sowie die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Fahrzeuge zu verbessern. Mit anderen Worten: Man rechnet mit signifikanten Skalen­effekten und Effizienzsteigerungen. Jim Farley, Fords Präsident für globale Märkte, erklärte, dass Ford aus der Al­lianz jährlich 500 Millionen US-Dollar an Einsparungen vor Steuern erwarte, laut Herbert Diess geht Volkswagen von einer ähnlichen Summe aus.

Pick-up und Lieferwagen Die ersten konkreten Schritte der Zusammenarbeit wurden von den beiden Vorstandsvorsitzenden Jim Hackett (Ford) und Herbert Diess (Volkswagen) bekannt gegeben. Ford wird den Midsize-Pick-up für beide Firmen entwickeln, der auf der globalen Ranger-Plattform stehen wird und sowohl als Ranger- wie auch als Amarok-­Nachfolger entwickelt werden wird. Dieser Pick-up soll 2022 bereitstehen und vorerst für Europa, Südamerika und Afrika hergestellt werden. In welchem Werk der neue Pick-­up hergestellt werden wird, wurde noch nicht gesagt, wobei der aktuelle Ranger für Europa aus Südafrika kommt.

Ebenfalls von Ford werden die Lieferwagennachfolger von VW Transporter und Ford Transit entwickelt und im 2022 auf den Markt gebracht. «Das Timing für die Produkte ist in beiden Firmen absolut perfekt», meinte dazu Jim Farley. Wie es weitergehen werde, hänge vor allem von diesem Timing ab, präzisiert er weiter. Die neuen Transporter von VW und Ford werden beide auf der Plattform des Transit Custom basieren und mit Ford-Motoren ausgestattet werden. Da VW für seinen Elektrobus I.D.Buzz in Hannover Produktionskapazität benötigt, ist die Produktion des Transporters im Ford-Werk in der Türkei keine abwegige Perspektive.

VW wiederum wird einen neuen, gemeinsamen Stadt­lieferwagen entwickeln, der in die Fussstapfen von VW Caddy und von Ford Transit Connect treten wird. Obwohl auch hier die abschliessenden Fabrikationsentscheide noch nicht gefällt respektive noch nicht bekannt gegeben wurden, könnte eine Produktion im neuen polnischen VW-Werk denkbar sein, wo VW Crafter und MAN TGE vom Band rollen. Der Stadtlieferwagen soll mit VW-Motoren ausgerüstet werden.

Unterschiedliche Hintergründe Volkswagen und Ford haben mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. So war für VW-Chef Herbert Diess das Geschäft mit den leichten Nutzfahrzeugen nicht wirklich zukunftsgerichtet: «Wir hatten keinen klaren Plan für die leichten Nutzfahrzeuge. Dieses Problem mussten wir lösen und mit der Allianz haben wir die Lösung gefunden.» Sie mache beide Firmen zukunftsfest. Ford wiederum hatte eben erst Restrukturierungspläne verkündet, um sein Europa-Geschäft wieder in die Gewinnzone zurückbringen zu können. Dabei waren ein paar Tage vor der Bekanntgabe der Allianz mit VW massive Stellenstreichungen und die Eliminierung von Modellen mit niedrigem Profit verkündet worden. «Der VW-Deal wird unserem Europa-Geschäft helfen, aber er wird das Europa-Geschäft nicht retten», erklärte Farley am Automotive News World Congress Anfang Januar. Ford müsse sich in Europa gleichwohl restrukturieren, um wieder schwarze Zahlen schreiben zu können. Solche hatte Ford von 2015 bis 2017 in Europa geschrieben, war aber im vergangenen Jahr in die «Roten» gerutscht.

In den Plänen sind vorerst keine Produkte für den US-Markt enthalten. Gemäss Jim Farley sei man diesbezüglich im Gespräch, er wollte sich aber nicht zu einem möglichen Zeitrahmen äussern.

Die Zukunft lauert Neben den konkreten Plänen für Pick-up und Lieferwagen haben Diess und Hackett eine Absichtserklärung unterzeichnet, die es vorsieht, dass die beiden Unternehmen eine Zusammenarbeit bei autonomen Fahrzeugen, bei Mobilitätsdiensten und bei Elektrofahrzeugen prüfen. Gemäss Diess planen die Konzerne, ihre Entwicklung von autonomen Fahrzeugen zu verbinden, inklusive der im Ford-Besitz befindlichen Argo-AI sowie der VW-Entwicklungen in Wolfsburg und München. Auf E-Mobil-Seite prüft Ford, ob es die MEB-Plattform von VW nutzen will. Über weitere Entscheide bezüglich der möglichen Zusammenarbeit bei autonomem Fahren und E-Mobilen will man sich jetzt länger nicht äussern, sondern im Hintergrund die nötigen Arbeiten vornehmen, wie Ford-CEO Jim Hackett erkärte. «Wenn wir uns über die Absichtserklärung hinaus zusammentun, werden wir die Voraussetzungen beider Unternehmen zur Bewältigung der künftigen Herausforderungen verbessern. Und es ermöglicht uns, die neue Ära der Mobilität mitzuprägen.»

Die Allianz wird über ein gemeinsames Leitungsgremium gesteuert, das aus Führungskräften beider Unternehmen besteht. Die Leitung des Gremiums obliegt den CEOs ­Hackett und Diess.

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