Bauma 2019: Renault Trucks mit Optitrack und mehr

VORSCHAU BAUMA 2019 Baustellenfahrzeuge sind grundsätzlich für den kombinierten Betrieb auf der Strasse und abseits der Asphaltstrecke konstruiert. Kipper ist dabei nicht gleich Kipper. Je nach vorgesehenem ­Einsatzgebiet kann zwischen verschiedenen ­Antriebsvarianten und Achskonfigurationen ­gewählt werden.

Renault Trucks Optitrack TIR transNews
Traktion über alles – auch in heiklen Situationen sollte ein Weiterkommen möglich sein. Optitrack hilft.

Als Autofahrer sieht man sie meistens auf der Autobahn oder auf der Hauptstrasse. Kipperfahrzeuge müssen aber nicht nur auf gut befestigten Strassen ihre Tauglichkeit beweisen, auch abseits des Asphalts sollte ein Weiterkommen wenn immer möglich sichergestellt sein. Je nach Einsatzgebiet stehen dazu verschiedene Antriebsvarianten und elektronische Helfer zur Verfügung.

Mit einem C440 8×4 Optitrack, einem C520 10×4 und einem K480 8×4 zeigte Renault Trucks im Wildegger Steinbruch der Jura-Cement-Fabriken AG, was bei Baufahrzeugen zurzeit möglich und was machbar ist.

Vierachser mit Optitrack

Ein Zusatzantrieb auf der zweiten Vorderachse – ist dies sinnvoll? Diese Frage stellten wir unserem «Beifahrer» und Instruktor Hugo Solothurnmann. Beim ausgebildeten Fahrlehrer und langjährigen Renault-­Trainer entdeckten wir ein angedeutetes Lächeln im Gesicht. Unser mit einem Gesamtgewicht von 23 Tonnen nicht voll ausgelasteter Vierachser zeigte im Steinbruch keine Probleme, bis eine Spitzkehre mit einem relativ hohen Absatz zu bewältigen war. Ohne Sperre ging das nicht. Doch auch mit eingeschalteten Längs- und Quersperren war kein Durchkommen. «Aktiviere Optitrack und versuch es nochmal», so die Anweisung von Hugo. Und siehe da, es funktionierte tadellos.

Der Helfer in der Not auf der zweiten Achse verbaut ist deswegen sinnvoll, weil die vordere Lenkachse in solchen Si­tua­tionen vielfach entlastet ist oder den Bodenkontakt vollends verliert. Optitrack wird auf Knopfdruck aktiviert und steht schon aus dem Stand mit voller Leistung und ­einem leichten, aber gut hörbaren «Rauschen» zur Seite. Die Technik besteht aus einem 30-Liter-Öltank, einem gut geschützten, hinter der Kabine angebrachten Ölkühler, einer Hydraulikpumpe, die vom Motor-Nebenantrieb gesteuert wird und zwei 41-kW-Radnabenmotoren. Das Ganze wiegt gerade mal 485 kg – ein Mehrgewicht, das sich bei entsprechendem Einsatz aber bezahlt macht. Optitrack unterstützt die Vor- und Rückwärtsfahrt und schaltet sich bei einer Geschwindigkeit über 30 km/h selbstständig ab.

C520 – der Tatzelwurm

Fünfachser haben sich im Baustellenverkehr bestens bewährt. Dennoch sind gerade diesen Fahrzeugen Grenzen gesetzt. Die 40-Tönner – beim Testfahrzeug wurde eine Nutzlast von 24 t angegeben – sind nicht explizit als Geländefahrzeuge gedacht. Gerade auf der «Kippe» können heikle Situationen entstehen. Das lange, tiefer liegende Chassis (gekröpfte Achsen) und geringere Böschungswinkel vorne und hinten verlangen eine vorausschauende Fahrt – dies besonders auf unbefestigtem Untergrund. Aber auch da gibt es einen besonderen elektronischen Helfer – den Crawler (Kriechgang). Er verhilft dem «Schwergewicht» auch bei steilen und rutschigen Rampen zu einer sauberen und kupplungsschonenden Anfahrt. Auch beim Rangieren im Vorwärts- oder Rückwärtsgang zeigt sich der Kriechgang als hilfreich. Nicht nur beim Fünfachser, auch bei anderen Konfigurationen kann der Crawler seine Vorzüge unter Beweis stellen, dies z. B. bei Kommunalfahrzeugen, wo Langsamfahrten zur Normalität gehören.

Die Achskonfiguration bei den Fünfachsern ist zu einer «Glaubensfrage» geworden. Wohin gehört die fünfte Achse? Im Wildegger Steinbruch konnten wir vor längerer Zeit schon die Variante mit Nachlaufachse testen; nun stand uns ein Fahrzeug mit einer Vorlaufachse zur Verfügung. Diese Konfiguration ist etwas stabiler, besonders wenn grosse Gewichte auf die letzte Achse fallen wie z. B. beim Rückwärtskippen oder bei Hakengeräten.

K480 – der Schwerarbeiter ohne Optitrack

Das K deutet auf die Herkunft des Vierachsers – er ist ein direkter Nachfolger des beliebten und bewährten Kerax. Trommelbremsen, eine massive ­Parabelfederung, Hinterachsen mit 16 Tonnen und Vor­derachsen mit 8 Tonnen Traglast und ein garantiertes Gesamtgewicht von 48 Tonnen zeigen eindrücklich, für welchen Einsatzzweck dieses Fahrzeug gebaut wird. Mit dem DTI-13-Motor mit 480 PS bewegte sich der Vierachser mit 30 Tonnen Betriebsgewicht trotz fehlendem Optitrack – es steht bei der K-Reihe nicht zur Verfügung – auch in heiklen Situationen ohne Probleme.

Nachhilfeunterricht mit e-Helfer

Die drei gezeigten Fahrzeuge sind zu einem hohen Anteil baugleich, was vor allem die Bevorratung der Ersatzteile erleichtert. Die Auslegungen des Antriebsstrangs und der elektronischen Helfer machen den Unterschied. Hervorzuheben ist etwa der manuelle Drehzahlregler, der es ermöglicht, ohne das Gaspedal zu bedienen, in konstanter Geschwindigkeit über das Offroad-Gelände zu fahren. Auch das Schalten vom Vorwärts- zum Rückwärtsgang – von R nach C – an einem klei­nen Rad am Getriebe­hebel beim Lenkrad hat sich bewährt. Trotz allen Helfern mussten wir uns aus einer ungemütlichen Situation freischaukeln. Das gleiche Prozedere wandten wir bei der Waschanlage an, die von jedem Fahrzeug nach der Offroad-Fahrt durchfahren wurde. «Vorwärts, rückwärts und wieder vorwärts, einfach das Rädchen umstellen, ohne das Fahrzeug anzuhalten – das funktioniert, darum ist das kleine Rad da», erklärt uns Hugo Solothurnmann am Ende unserer Testfahrt.

So unterschiedlich die drei Fahrzeuge auch sind, so einheitlich und selbsterklärend ist das Layout in der Kabine. «Reinsitzen und fahren», könnte man meinen. Um die Fahr­zeuge möglichst spritsparend und materialschonend zu betreiben, ist vor der Inbetriebnahme eine professionelle Einführung aber unerlässlich. In immer kürzeren Abständen kommen neue elektronische Helfer in die Fahrzeuge. Da lohnt es sich auch mit jahrelanger Erfahrung als Chauffeur, sich permanent mit der Materie auseinanderzusetzen und sich weiterzubilden.

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