Erdgasfahrzeuge im Kommunalbetrieb

Wie steht es im Jahre 2017 um Erdgasfahrzeuge im Kommunalbetrieb? Und wie greifen die Gemeinden und Werkhöfe auf die Alternative Erdgas/Biogas zurück? Es hat sich einiges getan in den letzten Jahren und Monaten, aber es gibt noch viel Luft nach oben.

Scania P340 LB 6×2*4 CNG Erdgasfahrzeuge im Kommunalbetrieb KMT kommunalTechnik
Hat sich in Arlesheim und anderen Gemeinden bewährt: Der Scania P340 LB 6×2*4 CNG mit Kehrichtaufbau als Beispiel für Erdgasfahrzeuge im Kommunalbetrieb.

Nicht nur bei Personenautos ist der Erdgas-Biogas-Antrieb ein stetes Thema. Auch in der Logistik und bei Städten und Gemeinden in der Schweiz sowie im europäischen Ausland wird der Einsatz der neuen Euro-6-Erdgasmotoren berücksichtigt. Mehr Kommunalfahrzeuge als vor einigen Jahren sind aktuell mit Erdgas-Biogas unterwegs. Die Ingenieure bauen jeweils auf Aggregate, die die Leistungsfähigkeit und das Handling eines Dieselmotors haben. Dies sichert einen breiteren Einsatzbereich und die Leistung kann sich ebenfalls sehen lassen: Beim Scania P340 LB 6×2*4 CNG zum Beispiel beläuft sich diese auf 250 kW (340 PS) mit einem verfügbaren Drehmoment von 1600 Nm bei 1100 bis 1350/min. So kann man mit einem leistungsgleichen Dieselmotor mithalten. Eine positive Entwicklung auch in den Augen von Kurt Schmidlin, Gasverbund Mittelland AG: «Natürlich freut uns die leicht wachsende Popularität von Erdgas und Biogas sowie das Bewusstsein hierfür bei den Verkehrsteilnehmenden, es braucht aber noch weitere Schritte und Bekenntnisse. Aber genauso wichtig ist der Trend zu diesem Antriebssystem im Gewerbe und in den Kommunen, die mit gutem Beispiel vorangehen und die Synergien mit den Erdgas-Nutz- und Kommunalfahrzeugen zu nutzen wissen.»

Nichtsdestotrotz ist noch sehr viel Luft nach oben. Der Markt wird stark politisch dominiert und ist eine Herausforderung. Die Reichweite pro Tag ist ausschlaggebend für einen Unternehmerentscheid zugunsten von Erdgas-Biogas. Das Potenzial liegt eindeutig in der CO₂-Reduktion. Natürlich ist jede Erfolgsmeldung ein Ansporn für die Erdgasbranche, weiterhin für den Treibstoff Erdgas-Biogas zu lobbyieren. So sind die Städte Bern und Biel gute Beispiele für diverse Umsetzungen mit der Erdgastechnologie im öffentlichen Bereich. Das Strasseninspektorat der Stadt Biel betreibt eine Ravo Strassenreinigungsmaschine mit Erdgas, so auch die Stadt Liestal.

Erdgasfahrzeuge im täglichen Einsatz

Die beliebtesten und am meisten Erdgasfahrzeuge im Kommunalbetrieb sind die VW Caddy und Caddy Maxi, der Opel Combo, die Fiat Ducato und Doblo und der Iveco Daily (gibt es mit Brücken und geschlossenem Aufbau). Natürlich ist auch der Mercedes-Benz Sprinter mit Brücke sowie geschlossenem Aufbau ein beliebter Kleintransporter für Gemeinden und Dienstleistungsbetriebe. Insbesondere die Wasserversorgungen setzen diese Fahrzeuge für ihre Transporte und Unterhaltsarbeiten ein. Die Angebote von Iveco, Mercedes-Benz Sprinter und Fiat Ducato finden ihre Bestimmung oft beim Kurierdienst wie z.B. Paketpost oder bei Stückguttransporten. Auch den Fuso gibt es mit Erdgas-Biogas, er ist kompakt, hat einen kleinen Wendekreisradius, ist schmal und passt in alle Gassen. Gleiches gilt für den Piaggio. Die Stadtgärtnerei «Stadtgrün» Bern hat solche im Einsatz.

Auch bei der BGU Busbetrieb Grenchen und Umgebung AG (mit fast einem Dutzend Erdgasbussen, davon drei der neusten Generation Mercedes-Benz Citaro 7.7 Liter) sind Erdgas-Biogas-Busse erfolgreich in Betrieb. Seit 2007 fährt die Firma Gast in Utzenstorf mit zwei Mercedes-Benz Econic, und seit September 2017 entsorgen sie die Region mit dem neusten 3-Achser Econic Euro 6 (7,7-l-Motor). Diese CNG-Fahrzeuge werden mit Biogas aus der Biogasanlage Utzenstorf betankt. Auch die Firma Ernst Gerber AG (Roggwil, Rothrist) entsorgt mit Mercedes-Benz Econic die Region und das Wiggertal. In Arlesheim betreibt die Firma Vogelsanger einen Iveco und Scania im Entsorgungsgeschäft.

Biomassenzentrum und Energiepark

Ein gutes Umsetzungs­beispiel ist auch in Murten vorhanden: In der Kompostier­anlage Seeland AG produziert die Haldimann AG aus Mur­ten unter anderem auch Biogas. Die Umwandlung erfolgt in Elektrizität und daraus resultierende Wärme. Strom wird ins Netz übertragen, und die Wärme wird genutzt für die betriebseigenen Gebäude und Trocknung von Kompost und Schnitzeln. Dieses Vorgehen gilt momentan als die wirtschaft­lichste Lösung. «Wir sind am Aufbau eines Fernwärmenetzes für die Nachbargemeinde. Mit dem Ausbau der Kompostieranlage Seeland AG zum Biomassenzentrum und Energiepark möch­ten wir die erneuerbare Energie möglichst effizient nut­zen», sagt Geschäftsführer Christian Haldimann.

Die Kompostieranlage Seeland AG setzt für ihre Dienstleistungen zwei weitere ökologisch interessante Fahrzeuge ein. Eines ist ein Hybrid-Kehrichtsammelfahrzeug (26 Tonnen) mit Plug-in-Antriebstechnologie. Das zweite Fahrzeug ist der erste, voll­elektrische 26-Tonnen-­Kehricht­wagen. Zu den Erdgasfahrzeugen im Kommunalbetrieb meint Christian Haldimann: «Will man die Fahrzeuge für den Anwender in­teressanter machen, ist Technik gefragt. Ich denke, in Zukunft wird es zu einer Kombination von erneuerbaren Energien für Nutzfahrzeuge, Maschinen, aber auch Personenfahrzeuge kommen. Je nach Anwendung und Vorkommen sprechen wir in Zukunft von gasförmigem und flüssigem Biogas, Wasserstoff, Elektrizität und synthetischem Kraftstoff aus Holz und Grünabfällen.» Christian Haldimann ist deshalb überzeugt, dass es in einem Fuhrpark der Zukunft immer öfter vorkommen kann, dass verschiedene Treibstoffe eingesetzt werden: «Wir arbeiten jedenfalls an diesem Projekt und werden die Energiemöglichkeiten nutzen, die Sinn machen.»

Einsatz der Erdgasfahrzeuge noch genauer der Topografie anpassen

Es tut sich also einiges. Nun stellt sich die Frage, welche Erdgas-Biogas-Lösungen derzeit die effizientesten und besten für eine Kommunalfahrzeugflotte sind. Im Kehrichtbereich, so Kurt Schmidlin, seien dies der Mercedes-Benz Econic und der Scania P340 LB 6×2*4 CNG sowie die Iveco Trucks. Beim Personentransport sind die neuen Erdgasbusversionen von MAN, Mercedes, Scania und Iveco hervorragend, da ihre Leistungsbereiche jene der Dieselversionen gleichwertig sind. Erdgasfahrzeuge im Kommunalbetrieb – deren Einsätze könnten steigen, wenn die Einsatzbereiche der Fahrzeugflotten genauer auf die Topografie der Fahrstrecken abgestimmt würden. Entsprechend den Analysen könnte die ökologisch und wirtschaftlich passendste Antriebstechnologie gewählt werden.

Kurt Schmidlin TIR transNews
Kurt Schmidlin ist von seiner Aufgabe überzeugt: «Ich habe immer ein gutes Gefühl, wenn ich Erdgasfahrzeuge fahre.»

Biogas auf dem Vormarsch?

Bei den Kommunalgebäuden und Werkhöfen ist Biogas mittlerweile eine interessante Alternative. So besteht aktuell in der Schweiz eine starke Nachfrage nach einheimischem Biogas. Schmidlin: «Die Nachfrage ist grösser als das heimische Angebot. Der Verbrauch – besonders im Wärmemarkt – steigt laufend um mehrere Gigawattstunden. Man handelt immer mehr nach dem Nachhaltigkeitsprinzip.» Tatsächlich wurden 2016 in der Schweiz 18 Prozent mehr einheimisches Biogas ins Gas­netz eingespeist. Biogas gewinnt somit an Bedeutung.

Biogas verfügt in jeder Hinsicht über die gleichen Vorteile wie Erdgas: hoher Anwendungskomfort, wartungsarme und rückstandsfreie Verbrennung. Mit einem Anteil von über 13 Prozent am Endenergieverbrauch ist Erdgas in der Schweiz der drittwichtigste Energieträger. Zielsetzung der Branche ist, dem Erdgas generell auch mehr erneuerbares Gas beizumischen und mit dem stetig sinkenden fossilen Kohlenstoffgehalt des verteilten Gases noch stärker zur Reduktion der klimarelevanten CO₂-Emissionen beizutragen. Die Schweizer Gaswirtschaft will den Anteil der erneuerbaren Gase im Wärmemarkt bis 2030 auf 30 Prozent steigern. Hier hofft man auch auf die Kommunen. Dazu müsse jedoch, so sagen alle Fachleute unisono, die Politik einen Beitrag leisten und geeignete Rahmenbedingungen schaffen wie die umfassende Anerkennung von Biogas als erneuerbarer Energie im Wärmebereich und eine Teilzweckbindung der CO₂-Abgaben zugunsten von Biogas.

Im kommunalen Bereich sind die Erdgas-Solar-, oder Gaswärmepumpen zu forcieren. Voraussetzungen für die Umsetzung sind die Gasverfügbarkeit und die Anschlüsse. Christian Haldimann: «Die Verwendung einer Energieform für Gebäude ist immer abhängig vom Preis. Ich denke aber, dass die erneuerbaren Energien in Zukunft gefragt sind und genutzt werden. Biogas ist eine sehr gute Alternative. Entscheidend im Sinne der Wirtschaftlichkeit ist immer, wo sich die nächste Quelle befindet und wie hoch die Entfernung zu eben dieser ist.»

Was bringt die Zukunft für Erdgasfahrzeuge?

Im Nutzfahrzeugsektor wird ein erweiterter Geschäftsbereich mit dem Einsatz von verflüssigtem Erdgas (LNG) interessant. Einige Vorteile sollen sich dahingehend gemäss den Fachleuten abzeichnen – selbst im Vergleich zum komprimierten Erdgas-Biogas. Man spricht hierbei unter anderem von hohen Reichweiten und guten Drehmomenten, die einem Diesel kaum nachstehen. Hier aber ist man noch in der Forschungsphase. Ein bereits sehr konkretes und beliebtes Zukunftsmodell ist das «Power-­to-­Gas»-­Prinzip.

Bei Power-to-Gas wird eigentlich der Ökostrom indirekt ins Erdgasnetz eingespiesen. Dieses dürfte die Städte und Agglomerationen massiv von motorischem NOX und CO₂ sowie Feinstaub entlasten. Denn eine der grössten Herausforderungen der Energiewende im Stromsektor ist die volatile Einspeisung von regenerativ erzeugtem Strom. Bei Power-­to-Gas wird Wasser (H₂O) mit überschüssigem Ökostrom mittels Elektrolyse in Wasserstoff (H₂) und Sauerstoff (O₂) aufgespalten. Der Wasserstoff kann entweder direkt ins Erdgasnetz eingespeist werden oder er wird zu synthetischem Erdgas weiterverarbeitet, das unbegrenzt beigemischt werden kann. Hierzu wird der regenerativ gewonnene Wasserstoff (H₂) mit dem «Abgas» (z.B. aus Bio-Erdgas-Anlagen) Kohlendioxid (CO₂) mittels Methansynthese zu erneuerbarem Erdgas (CH₄) konvertiert. Als Beiprodukt entsteht H₂O – Wasser

www.erdgasfahren.ch

Visited 23 times, 1 visit(s) today

Weitere Beiträge zum Thema