Startschuss für die grüne Fassade

STADTBEGRÜNUNG The Green Wall in Zürich soll die erste begrünte, mit einem computergesteuerten Bewässerungssystem versehene Fassade eines Geschäftshauses in einer Schweizer Innenstadt werden. Das Projekt an der Löwenstrasse 56 und 58 befindet sich in der Bewilligungsphase.

Projektvisualisierung: So soll die Fassade dereinst an der Löwen­strasse in Zürich aussehen.
Projektvisualisierung: So soll die Fassade dereinst an der Löwen­strasse in Zürich aussehen.
«Mit einer bepflanzten Fassade leistet man einen Beitrag zur Begrünung der Stadt», sagt Chris Smit von der Heredium Immobilien AG. Der Immobilienspezialist plant die Installation der ersten lebenden Fassade in einer Schweizer Innenstadt. «Man schafft sich so eine eigene Identität und wertet zudem die Nachbarschaft auf.» Das schon etwas angegraute Geschäftshaus «The Future» befindet sich zwar bereits an bester, allerdings an verkehrsintensiver Lage im bahnhofsnahen Teil der Löwenstrasse. Die geplante begrünte Fläche beträgt 180 Quadratmeter – sofern die nötigen Bewilligungen erteilt werden; denn dies ist die nächste Hürde, die es zu erklimmen gilt. Doch der Verfasser des Entwurfes, Architekt Dani Ménard von mépp (Ménard Partner Projekte AG), ist guter Dinge: «Nach anfänglicher Skepsis ist der Tenor bei den zehn zuständigen Stellen generell sehr positiv.» Denn neben Vorzügen wie Lärmdämmung, Verhinderung von städtischen Hitze-Inseln oder der Verringerung des Energieverbrauchs wäre die an der Löwenstrasse geplante begrünte Fassade in der Lage, der Umgebungsluft im Jahr über 400 Kilogramm CO₂ zu entziehen und im gleichen Zeitraum 300 Kilogramm Sauerstoff abzugeben.Ausgereifte Technik Das Konzept der grünen Fassade wird bereits an vielen Orten im Ausland – auch im Innenbereich – angewandt. Basis ist ein rund ein Quadratmeter grosses Flexipanel aus Steinwolle mit Kapillarvlies für die Wasser- und Düngerversorgung. Während drei bis vier Monaten spriesst das gepflanzte Immergrün bereits in vertikaler Lage im Gewächshaus, bis es an seinem Bestimmungsort verbaut wird. Dabei handelt es sich um ein komplettes System mit Bewässerungsanlage, die jede Stunde ein paar Sekunden lang Wasser und Dünger abgibt. «Das vernetzte und auch über eine App steuerbare System verfügt über einen Frostschutz. Unterhalb von 2 C wird dem Panel das Wasser entzogen», erklärt uns Christiaan Bakker von Sempergreen, dem weltweit einzigen Hersteller dieser Flexipanels. Und das Geschäft boomt: «Wir produzieren jährlich 1,5 Mio. Quadratmeter Vegetationsmatten.» Die Produktionsstätten befinden sich u. a. in den Niederlanden, in Spanien, Polen und China. Ein solches Panel wiegt inklusive Pflanzen nur maximal 45 kg/m2 und ist zu 100 Prozent rezyklierbar. Einmal verbaut, wird das System von einem Gärtner betreut, der zweimal jährlich die Pflanzen schneidet und Dünger nachfüllt. «Die Wand kann maximal fünf Tage ohne Wasser sein», so Bakker. Schweizer Vertriebspartner von Sempergreen ist die Ovenstone AG in Kleinandelfingen.Wissenschaftlich nachweisbare Vorzüge Weil man viel erzählen kann, wenn der Tag lang ist, wurden die genannten Vorteile auch wissenschaftlich belegt:

  1. Eine begrünte Fassade ist in der Lage, die Feinstaubbelastung im direkten Umfeld um bis zu 20 Prozent zu reduzieren (Quelle: Arup – Cities Alive, Green Building Envelope).
  2. Konsequent eingesetzte Fassadenbegrünungen können den Lärmpegel aus Umgebungs- und Verkehrslärm bis zu 10 dB(A) verringern (Quelle: Arup – Cities Alive, Green Building Envelope).
  3. Fassadenbegrünungen wirken sich günstig auf das Phänomen der urbanen Hitze-Inseln aus. Studien zeigen, dass lokal ein Kühleffekt von zwei bis zehn Grad Celsius möglich wird. Auch für die Fussgänger kann sich eine Fassaden­begrünung positiv auswirken, denn sie reduziert die Sonneneinstrahlung um bis zu 50 Prozent sowohl im kurzwellig sichtbaren Bereich als auch im UV-Bereich (Quelle: Arup – Cities Alive, Green Building Envelope).
  4. Die Pflanzen in einer Living Wall sind in der Lage, Fein­staub aus der Luft zu filtern und CO₂ in Sauerstoff umzuwandeln. Ein einziger Quadratmeter einer Living Wall entzieht der Umgebungsluft 2,3 kg CO2 pro Jahr und produziert im gleichen Zeitraum 1,7 kg Sauerstoff (Quelle: Technische Universität Darmstadt, Gutachten Fassadenbegrünung, Juni 2016).
  5. Mit der Anbringung einer vertikalen Fassadenbegrünung an ein typisches Büro- und Geschäftshaus kann der Energieverbrauch sowohl in Spitzenzeiten als auch im Jahresmittel bis zu acht Prozent verringert werden (Quelle: Arup – Cities Alive, Green Building Envelope).
  6. Jede Begrünung an einem Gebäude fördert die biologische Artenvielfalt und schafft im städtischen Umfeld neuen Lebensraum für Schmetterlinge, Insekten und Vögel (Quelle: Technische Universität Darmstadt, Gutachten Fassadenbegrünung, Juni 2016).

Mit einer begrünten Fassade kann eine Gemeinde – sowohl an privaten als auch an öffentlichen Gebäuden – nicht nur sehr viel Gutes für die Umwelt und die Lebensqualität der Stadtbewohner tun. Nein, so ein begrüntes Gebäude sieht auch einfach umwerfend cool aus.thegreenwall.ch

Visited 69 times, 1 visit(s) today

Weitere Beiträge zum Thema