Der Zetros: ein Exot für den ganz deftigen Einsatz
MERCEDES-BENZ EXTREM-LASTWAGEN Mercedes-Benz hat mit dem Zetros einen speziellen Lastwagen im Angebot, der oberhalb des Unimog angesiedelt ist. Er kommt dort noch durch, wo andere LKW längst aufgegeben haben. Allerding erfüllt nicht Euro 6.
Mit einer gewaltigen Fontäne stürzt der Lastwagen mit Pritschenaufbau kopfvoran in den Wassergraben und schiebt sich unverdrossen mit mächtiger Bugwelle durch das knapp einen Meter tiefe Gewässer auf dem Unimog-Testgelände bei Rastatt (D). Am Ende des Grabens klettert der Hauber locker aus dem «Bad», setzt seine Fahrt noch lange triefend fort und verschwindet schliesslich hinter dem nächsten Erdhügel. Beim Fahrzeug handelt es sich um den Mercedes-Benz Zetros, der bereits seit gut zehn Jahren hergestellt wird, aber in der Schweiz nur mit sehr viel Glück anzutreffen ist, da es bislang keine zehn Stück ins Land geschafft haben. Das hat den einfachen Grund, dass der Lastwagen eher für Militär, Expeditionen oder Bergbau geeignet ist, da er vor allem auf hohe Geländefähigkeit getrimmt ist.
Anlässlich seiner Vorstellung im Jahr 2008 hatte Mercedes den Zetros als «Fortsetzung des Unimog» charakterisiert. Anders als dieser basiert der Zetros weitestgehend auf Lastwagen-Grossserientechnik, aber beide teilen das Credo «Durchkommen und Ankommen unter widrigsten Umständen». Konzipiert ist der Zetros für den Gütertransport im schwierigen Gelände und orientiert sich an den bei schweren Lastwagen üblichen Gewichtsklassen. Als zweiachsiger Zetros 1833 ist er auf 18 Tonnen ausgelegt und bietet somit drei Tonnen mehr als der schwerste Unimog U 5023. Die Dreiachser-Zetros 2733 und 2743 hingegen sind auf 27 Tonnen ausgelegt. Die Nutzlast beträgt beim Zweiachser 9,9 Tonnen, bei den Dreiachsern 16,5 Tonnen.
Zwei Radstände, zwei Motoren
Das Hauber-Konzept erleichtert beim Zetros den Kabinenzustieg, ermöglicht einen weitestgehend ebenen Kabinenboden, hält die Fahrzeughöhe niedrig und dient der besseren Gewichtsverteilung. Im schweren Gelände verhilft die Sitzposition hinter der Vorderachse zu besserem Federungs- und Fahrkomfort. Die Chassisrahmenkonstruktion sorgt für die nötige Stabilität und zugleich für unabhängig voneinander verwindende Kabine und Aufbauten. Mit einer entsprechenden Aufrüstung quert der Zetros Wasserläufe mit knapp 1,2 Metern Wasserstand, ohne spezielle Zusatzausstattung nennt Mercedes eine Wattiefe von immerhin 80 Zentimetern.
Die lange Motorhaube kann komplett nach vorn weggekippt werden, was die Zugänglichkeit zum Motorraum für Wartung und Reparaturen erleichtert. Für unter der Haube stehen zwei unterschiedliche Motoren zur Wahl. Hauptsächlich zum Einsatz kommt der 7,2 Liter grosse Sechszylinder OM 926 LA mit 326 PS (240 kW) und 1300 Nm. Für ihn gibt es neben dem Standard-9-Gang-Getriebe auch eine Allison-Wandlerautomatik. Der Motor ist nur Euro-5-klassifiziert, weshalb ihn Mercedes Schweiz im Jahr 2014 aus dem Verkaufsprogramm genommen hatte. Diesbezüglich nicht besser ist es um den zweiten Motor bestellt. Der erst später lancierte Reihensechszylinder OM 457 LA erfüllt lediglich Euro 3. Er kommt ausschliesslich in einem Dreiachser-Chassis mit 25 cm mehr Radstand als der schwächer motorisierte Dreiachser zum Einsatz. Der Zwölfliter-Sechszylinder leistet 428 PS (315 kW) und 2100 Nm und wird ausschliesslich mit einer 16-Gang-Handschaltung kombiniert. Beide Motoren leiten ihre Kraft auf einen permanenten Allradantrieb mit zweistufigem Verteilergetriebe (Reduktion 1:1,169). Zudem werden robuste Aussenplanetenachsen verwendet. Hier setzt Unimog für mehr Bodenfreiheit auf Portalachsen.
Reifendruck und Platz
Mit Single-Bereifung kann der Zetros zudem mit der von Unimog bekannten, aus dem Fahrerhaus bei Fahrt bedienbaren Reifendruck-Regelanlage ausgerüstet werden. Damit fährt man im Normalfall auch bei oft wechselndem Untergrund, ohne anzuhalten, weiter und steuert die Aufstandsfläche und damit die Traktionsfähigkeit per Knopfdruck aus der Kabine. Die niedrige, aber geräumige Kabine gibt keine Rätsel auf, da sie für Mercedes typisch mit hoher Ergonomie gestaltet ist. Das Getriebe im von uns gefahrenen 2733-Dreiachser ist leicht bedienbar, wobei der Neungänger acht Normalgänge und einen Kriechgang besitzt. Auf dem Fahrerplatz spürt man einerseits gut, was gerade mit dem Fahrzeug abläuft, gleichwohl werden Bodenwellen und Schläge nur gedämpft nach innen übertragen, was den Komfort auf langen Etappen in der «Wildnis» erträglich werden lässt.
Für den Offroad-Freund erscheint der Zetros mit seiner Geländegängigkeit, dem Komfort und der Traglast als eine sehr gelungene Konstruktion. So verwundert es nicht, dass praktisch alle der in nur homöopatischer Dosis in die Schweiz eingeführten Fahrzeuge auch von Weltenbummlern gekauft wurden und nicht von Gemeinden oder Bauunternehmen. Überhaupt liegt der Haupteinsatz in Regionen mit wenig oder schlecht ausgebautem Netz von befestigten Strassen. Und dort würden wir mit dem Zetros am liebsten auch gleich selber hin.