Symposium bricht Lanze für den Dieselmotor

CO2-REDUKTION Beim Internationalen Motorensymposium in Wien präsentierten Autohersteller und ­Zulie­ferer neue Entwicklungen für den Auto­antrieb. Vor dem Hintergrund drohender ­Fahrverbote in Innenstädten stand der Dieselmotor im Zentrum des Interesses.

Internationales Motorensymposium in Wien TIR transNews
Sauberer Dieselmotor: Mit diesem Versuchsträger demonstriert Bosch, dass die extrem niedrigen NOx-Emissionen kommender Normen auch im Real­betrieb eingehalten werden können.

Tausend Motorenexperten aus der Automobilindustrie und Wissenschaftler aus aller Welt trafen sich Ende April im Kongresszentrum Hofburg Wien zum 39. Internationalen Motorensymposium, um Neuentwicklungen vorzustellen und Trends bei der Antriebstechnik zu diskutieren. Grosses Anliegen vieler Antriebsspezialisten: Der Dieselmotor muss rehabilitiert werden. «Deutschland wird seine Klimaziele ohne Dieselmotor nur schwer erreichen», sagte Andreas Kufferath, Entwicklungsleiter Antriebsstrang bei der Robert Bosch GmbH. In unserem Nachbarland hat die durch die Schummelkrise verursachte Unsicherheit bei der Kundschaft nämlich bereits zu einer Abnahme des Dieselanteils an den Neuzulassungen und damit zu einem Anstieg der durchschnittlichen CO2-Emissionen geführt. Die Bilanz ist schnell erstellt: Benziner emittieren rund 15 bis 20 Prozent mehr CO2 als Diesel, und Elektroautos werden nach wie vor nur in verschwindend kleiner Anzahl verkauft.

Autohersteller und Zulieferer fordern nun mit Nachdruck eine sachlichere Beurteilung der Dieselmotor-Abgasproblematik. Sie wünschen sich gesetzliche Vorgaben und politische Entscheidungen, die mehr von Sachverstand als von Emotionen geprägt sind. So fordert auch Günther Fraidl vom Grazer Entwicklungsunternehmen AVL, dass die Poli­tik vernünftige Emissionsgrenzwerte, auf keinen Fall aber Technologien vorschreiben soll. Schliesslich wird es ohne den Selbstzünder nicht klappen mit der Einhaltung der strengen 95-Gramm-Vorgabe des Jahres 2021.

Alltagsnaher Versuchsträger
Kufferath verwies auf einen bei Bosch entwickelten Versuchsträger, der die extrem niedrigen NOx-Emissionen der kommenden Abgasnormen auch im realen Fahrbetrieb einhalten kann. Ein von Bosch stark modifizierter VW Golf Diesel ist mit einem TDI-Aggregat ausgestattet, das mit reduziertem Hubraum von 1,7 l imposante 340 Nm und 150 PS liefert. Speziell abgasrelevant sind gleich mehrere technische Eingriffe. So wird mit dem hohen Systemdruck von 2200 bar, modifiziertem Turbolader, neuem Temperatur­management des Abgasnachbehandlungssystems sowie angepasstem Motorsteuerungskennfeld gearbeitet. In die Abgasleitung sind motornah der Oxidationskatalysator und der Partikelfilter mit SCR-Beschichtung (Selective Catalytic Reduction) angeordnet, und unter dem Auto ist zusätzlich ein weiterer SCR-Kat integriert. Damit lassen sich die Schadstoffemissionen auch in den jetzt obligatorischen RDE-Stras­sentests auf ein Minimum reduzieren. Fachleute verwenden dafür den Begriff «Zero Impact Emissions» und meinen damit derart geringe Emissionen, dass eine weitere Absenkung keinen Einfluss mehr hätte.

Mehrere Hersteller stellten in Wien neue Dieseltriebwerke vor, die als Ganzes oder mit einzelnen Technologiekomponenten teilweise auch den Weg in leichte Nutzfahrzeuge finden werden. Der 2,0-l-Vierzylinder EA288 evo von VW ist als 48-Volt-Mild-Hybrid ausgelegt und zur sicheren Stick­oxid­reduk­tion stets mit Harnstoffeinspritzsystem (SCR) aus­gestattet. Mercedes bringt mit dem 1,6-l-Vierzylinder OM 654 D16 für die E- und C-Klasse-Modelle 180 d und 200 d ebenso saubere wie sparsame Motoren, und selbst für klar leistungsorientierte Aggregate gibt es noch eine Zukunft: BMW beweist dies mit dem Sechszylinder für das Modell X4 M40d, der mit 680 Nm und 326 PS für beste Fahrleistungen bei vergleichsweise geringem Verbrauch sorgt.

Saubermann Otto
Abgasseitig weniger kritische Verbrenner sind die Ottomotoren. Klar scheint, dass sie einzeln oder in Verbindung mit Elektromaschinen noch lange im Einsatz sein werden. In Wien wurden diverse bemerkenswerte Neuentwicklungen vorgestellt: etwa der von VW von der Benzinversion abgeleitete Erdgas-Vierzylinder 1.5 TGI evo mit VTG-Turbolader und Miller-Brennverfahren oder der ebenfalls auf den Erdgasbetrieb angepasste 1,0-l-Dreizylinder-Ecoboost-Motor von Ford. Neue Benziner stellten beim Motorensymposium auch Fiat und Hyundai/Kia vor; die Italiener die 3- und 4-Zylinder-Turbos mit 1,0 und 1,3 l Hub­raum und Leistungen von 120 und 180 PS, die Koreaner den 1,6-l-Turbo mit kontinuierlich variabler Ventilöffnungsdauer für den Einsatz als Alleinantrieb oder in einer Hybridkombination.

Die Anbieter konventioneller Antriebsstränge betonen zwar die Feststellung, dass uns Verbrennungsmotoren in neuen und in älteren Fahrzeugen noch lange begleiten werden. Doch das bedeutet nicht, dass «Wien» daneben nicht auch Raum bieten würde für die Präsentation neuer alternativer Antriebe. Sowohl die Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Batterien und der Aufbau von leistungsstarken Ladestationen als auch die Fortschritte beim wasserstoffbasierten Brennstoffzellenantrieb standen zur Diskussion. Kaum einer zweifelt, dass der Elektroantrieb den Weg in die Zukunft weist. Beim Elektroauto sind allerdings noch beträchtliche Kostenprobleme zu lösen. Schon deshalb gilt es, auch bei den Verbrennungsmotoren noch weiter CO2-Boden gutzumachen.

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