Rahmenbedingungen sind Schlüssel für CO2-Reduktion

ALTERNATIVE ANTRIEBE Welche erneuerbare Energie reduziert nun mit welchem alternativen Antrieb gesamthaft betrachtet am meisten CO2? Dieser Frage gingen Forscher der Empa, des Paul Scherrer Instituts (PSI), der ETH Zürich und der EPFL gemeinsam nach.

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Wie schneiden CNG-Fahrzeuge im Vergleich zu Brennstoffzellenfahrzeugen und batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen bezüglich CO2-Reduktion ab? (Bild: Empa)

Der Strassenverkehr ist heute für gut 30 Prozent der schweizerischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Der Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie führt aber nur dann zu einer Reduktion der Klimabelastung, wenn gleichzeitig mehr erneuerbare Energie in das Energiesystem integriert werden kann.

In einer vom Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität des ETH-Bereichs (CCEM) finanzierten Studie, die vor kurzem im Journal «Applied Energy» publiziert wurde, untersuchten Forscher der Empa, des Paul Scherrer Instituts (PSI), der ETH Zürich und der EPFL die Potentiale der strombasierten Mobilität hinsichtlich Reduktion der Klimabelastung, dies vor dem Hintergrund des sich verändernden schweizerischen Energiesystems. Dabei wurden nicht nur die direkten inländischen, sondern auch die indirekten im Ausland produzierten Treibhausgasemissionen berücksichtigt. Indirekte Emissionen entstehen beispielsweise bei der Herstellung von Fahrzeugen und Treibstoffen oder bei der Förderung von Rohstoffen für Batterien.

Die Zusammenfassung vorweg: Batterie-elektrische Fahrzeuge (BEV) sind vor allem dann (bezüglich CO2-Reduktion) effizienter, wenn sie genau dann aufgeladen werden, wenn nachhaltiger Strom produziert wird. Dies geht aber zu Lasten der Flexibilität. Diesbezüglich deutlich im Vorteil sind mit synthetischem Treibstoff (H2, Power-2-Methan) angetriebene Fahrzeuge, da sie jederzeit nachhaltig produzierten Treibstoff tanken können. Das Potenzial zur CO2-Reduktion ist aber nur dann gross, wenn der Treibstoff gezielt dann hergestellt wird, wenn überschüssiger nachhaltiger Strom verfügbar ist. Zudem sollte dieser Treibstoff auch anderen Verbrauchern (Strassengüterverkehr, Industrie, Wärme-/Stromkopplung) zugänglich gemacht werden. Das heisst, eine Steigerung des Marktanteils von batterie-elektrischen Fahrzeugen mit einhergehendem Ausbau von Photovoltaik-Anlagen ist nur dann ein Vorteil gegenüber dem Stromimport, wenn diese Anlagen überschüssigen Strom ermöglichen und dieser zur Erzeugung von synthetischem Treibstoff (also zur Energiespeicherung) eingesetzt wird.

In der Realität würde aber – so die Forscher – höchstwahrscheinlich zugunsten eines wirtschaftlicheren Betriebs eine Photovoltaik-Strom-Überproduktion im Sommer teilweise abgeregelt werden und die Elektrolyse-Kapazitäten für die Methan- resp. H2-Produktion nur begrenzt installiert. Daher wird nicht das ganze Potenzial überschüssigen Stroms zur Speicherung genutzt werden können. Doch genau das wäre wichtig, um die den BEV zugewiesenen Treibhausgas-Auswirkungen (z.B. Batterieproduktion) zu reduzieren.

Doch zurück zur Studie: Ausgehend von einem Neuwagen-Transformationsmodell, das primär auf der CO2-Gesetzgebung für die Fahrzeugneuzulassung basiert, wurde die Auswirkung auf den Gesamtfahrzeugbestand ermittelt. Während für die Neuwagenflotte etwa angenommen wurde, dass Benzin- und Diesel-betriebene Personenwagen bis 2040 zu 60 Prozent durch strombasierte Fahrzeuge ersetzt sein werden, wirkt sich dies in der Gesamtflotte erst allmählich aus: Erst 2050 würden dann 60 Prozent der Personenwagen auf strombasierter Mobilität basieren (und noch 40 Prozent auf Benzin und Diesel). Der Energiebedarf für die strombasierten Antriebskonzepte wurde anhand der absehbaren technologischen Entwicklung bestimmt und rechnerisch in den abgeschätzten zukünftigen Strombedarf integriert.

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Die Resultate der Simulationen zeigen, dass für acht der zwölf Szenarien die Unterschiede für die CO2-Reduktion zwischen Batteriefahrzeugen, wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenfahrzeugen und mit synthetischen Treibstoffen betriebenen Fahrzeugen klein sind. (Grafik: Empa)

Die Forscher rechneten zwölf verschiedene Szenarien durch: Für die Transformation des Strommarktes wurden drei verschiedene Photovoltaik-Zubaupfade mit 13, 32 und 52 Terawattstunden (TWh) angenommen. Zudem wurden zwei verschiedene Stromimport-Szenarien für die Versorgung im Winter angenommen: Import von mehrheitlich erneuerbarer Elektrizität oder Strom aus fossilen Gaskombikraftwerken. Schliesslich wurde auch die Nutzungsmöglichkeit von überschüssiger Elektrizität untersucht. Vor allem die hohen inländischen Photovoltaik-Zubaupfade ziehen grosse temporäre Stromüberschüsse im Sommer nach sich. In den Simulationsmodellen wurden diese entweder für die Produktion von synthetischem Methan genutzt, das im Gasmarkt einsetzbar ist oder sie wurden «abgeregelt», das heisst, die solare Energieerzeugung wird gestoppt, um die Stromüberschüsse zu vermeiden.

Strombasierte Fahrzeuge unterscheiden sich stark in ihren energetischen Auswirkungen: Während Elektrofahrzeuge eine hohe energetische Effizienz aufweisen und ein Potential für Kurzzeit-Speicherung von überschüssigem Strom, können sie nur dann geladen werden, wenn zur gleichen Zeit Strom ins Netz eingespeist wird. Bei den synthetischen Treibstoffen – in der Studie wurde synthetisches Methan für den Einsatz in Gasfahrzeugen untersucht – ist genau das Gegenteil der Fall: Dieser Ansatz weist eine niedrige Effizienz auf, dafür kann überschüssige Energie aber über eine vergleichsweise lange Zeit gespeichert und unabhängig vom Zeitpunkt der Erzeugung in Gasfahrzeugen genutzt werden. Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge liegen bezüglich Effizienz und Flexibilität in etwa dazwischen.

Die Resultate der Simulationen zeigen, dass für acht der zwölf Szenarien die Unterschiede für die CO2-Reduktion zwischen Batteriefahrzeugen, wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenfahrzeugen und mit synthetischen Treibstoffen betriebenen Fahrzeugen klein sind. Grund dafür ist, dass sich in diesen Fällen Effizienz und Flexibilität gegenseitig aufwiegen. Dies ist in allen sechs Szenarien der Fall, die von Importstrom aus Gaskombikraftwerken ausgehen, wenn in der Schweiz nicht ausreichend eigener Strom zur Verfügung steht, sowie in zwei Szenarien mit der Möglichkeit, mehrheitlich erneuerbaren Strom zu importieren. In den restlichen vier Szenarien führt die Elektromobilität zu einer substanziell höheren Treibhausgas-Reduktion als die anderen Mobilitätstypen. In diesen Szenarien ist die Wirkung der Effizienz höher als diejenige der Flexibilität. Das gilt für die drei Szenarien, in denen überschüssige Elektrizität als synthetisches Methan umgewandelt und in anderen Sektoren (z.B. Strassengüterverkehr, Industrie, Wärme-/Stromkopplung) genutzt werden kann, sowie für das Szenario mit dem geringsten PV-Zubau und der Möglichkeit, erneuerbaren Strom zu importieren.

Insgesamt heisst das, dass die tatsächliche CO2-Reduktion beim Umstieg auf strombasierte Mobilität massgeblich von den Rahmenbedingungen wie PV-Zubau, Nutzbarmachung von Stromüberschüssen und der Möglichkeit zum Import von erneuerbarem Strom abhängt.

Zusätzlich zu den energetischen Berechnungen haben die Forschenden die Auswirkungen des Ladens von Elektrofahrzeugen auf das lokale Stromnetz untersucht. Denn ein einziges Elektrofahrzeug, das die ganze Nacht über an der Steckdose geladen wird, entspricht ungefähr vier Elektroherden, die sechs Stunden lang bei Vollleistung betrieben werden. Wichtig sind daher intelligente Ladesysteme, die die Ladeleistung der Fahrzeuge an die aktuell verfügbaren Netzkapazitäten anpasst. So kann verhindert werden, dass die Stromnetze überlastet werden und es im Extremfall zu Ausfällen kommt.

 

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