Von der Emissionen-Mission
Die kommenden CO2 Grenzwerte und neue Prüfverfahren zwingen die Fahrzeughersteller zu einschneidenden Eingriffen in ihre Modellpalette. Einen Königsweg für perfekt saubere Antriebsstränge gibt es nicht. Dies ist die Quintessenz der diesjährigen Tagung der Schweizerischen Studiengesellschaft für Motorbetriebsstoffe SSM.
Der vom Menschen durch die Verbrennung von Erdöl generierte CO2-Ausstoss gilt als Hauptverursacher des Klimawandels. Die individuelle Mobilität – und stellvertretend für sie das Auto – stehen daher oft im Mittelpunkt der Umweltdiskussionen. Um den global steigenden Temperaturen entgegenzuwirken, werden die CO2- und Schadstoffgrenzwerte für Fahrzeuge extrem niedrig angesetzt, und die Hersteller haben dafür zu sorgen, dass ihre Modelle diesen Vorschriften genügen. Um die Grenzwerte einhalten zu können, bestücken die Hersteller ihre Modelle mit sparsamen Dieselvarianten sowie mit Hybrid- und Elektroantrieben.
Spezialisten im Campus Bei der von SSM (Schweizerische Studiengesellschaft für Motorbetriebsstoffe) und SAE Switzerland organisierten Vortragstagung «Individuelle Mobilität der nächsten 20 Jahre» vom 19. September im Campus Sursee gaben sieben Gastreferenten einen differenzierten Einblick in Antriebstechnik, Energieversorgung und Marktsituation der Zukunft. Als Moderatoren waren Meinrad Signer von der MSCO Arbon, einem Dienstleistungsunternehmen auf dem Gebiet der Verbrennungsmotoren, Christian Bach von der Empa Dübendorf sowie Christian Lämmle von der Entwicklungsfirma Combustion and Flow Solutions Zürich im Einsatz.
Im grossen Ausbildungs- und Seminarzentrum ausserhalb von Sursee war man sich in vielen Punkten einig: Die Elektromobilität kommt, aber sie kommt nicht schon morgen. Und ausserdem: So einfach und vor allem auch so kostengünstig ist die Sache nicht. Im Weiteren ist es unbedingt nötig, bei der Beurteilung der CO2-Emissionen alle Schritte von der Energiequelle bis zum Produkt-Recycling zu betrachten.
Lebenszyklusanalyse Von «Cradle to Grave», also von der Wiege bis zur Bahre, sollen die Emissionen einer Fahrzeugtechnologie betrachtet werden. Die oft herangezogenen Well-to-Wheel-Analysen enthalten nur die Treibstoffherstellung und die Fahrzeugnutzung. Werden jedoch auch die Herstellung und das Recycling untersucht, stehen beispielsweise die Elektroautos in nicht mehr so vorteilhaftem Licht da.
Stefan Lindner von der Alpiq AG berichtete über synthetische Treibstoffe und wie sich diese mit Power-to-Gas-Anlagen herstellen und speichern lassen. Zentral war seine Aussage, dass der Weg zu nachhaltigen synthetischen Treibstoffen noch lange sein und gegenüber Erdöl ganz bestimmt auch zu höheren Kosten führen werde.
Power-to-Gas-Lösungen standen auch in den Referaten von Stefan Stübi von der Zürcher Energie 360° AG und Hermann Pengg von Audi im Zentrum. Stübi nannte als Ziele unter anderem den Ausbau des schweizerischen CNG-Tankstellennetzes von heute gut 140 auf 300 Stationen, die Vereinheitlichung der Preis- und Abrechnungssysteme sowie die Vergrösserung des Modellangebotes inklusive 4×4-Fahrzeuge.
Pengg hält erneuerbare synthetische Treibstofftechnologien neben der Elektrifizierung der Antriebe für «die einzige Möglichkeit, den Transportsektor wesentlich zu dekarbonisieren – auch den LKW-, Schiffs- und Flugverkehr».
Lastwagen mit sauberen Dieselmotoren Zumindest mittelfristig werden Dieselmotoren die Hauptantriebssysteme für Lastwagen im Langstreckenverkehr bleiben, hielt Dieter Rothe von MAN fest. Für Verteilerfahrzeuge im Lebensmittel- oder Stückguttransport, aber auch für Reinigungs- und Entsorgungsfahrzeuge würden sich dagegen auch Erdgas-, Hybrid- und Elektroantriebssysteme eignen. Um die Emissionen des Dieselmotors auf Nach-Euro-6-Niveau zu senken, müssten optimierte Katalysatoranlagen entwickelt werden; besonders solche, die während der Warmlaufphase noch effizienter arbeiten würden.
Emissions- und Kostenthemen bei Fahrzeugflotten nahmen Patrick Bünzli, Präsident des Schweizer Fahrzeugflottenbesitzer-Verbands, und Viktor Wyler, Leiter Flotten Mobility, unter die Lupe.
Peter de Haan vom Beratungsunternehmen EBP Schweiz untersuchte unter anderem die Akzeptanz neuer Antriebstechnologien bei den Autokäufern. Zwar geben noch immer viele Autobesitzer an, als nächstes Fahrzeug wieder ein Benzin- oder Dieselauto zu kaufen, doch stieg in den vergangenen Jahren die Zahl jener, die sich für ein Hybrid- oder Elektroauto entscheiden wollen. Allerdings gehen die diversen Prognosen für die kommenden Jahre nach wie vor von nur langsamen Entwicklungen bei der Steigerung der Energiedichte der Batterien und bei der Senkung der Kosten aus.
Wer ist die Schweizerische Studiengesellschaft für Motorbetriebsstoffe (SSM)?