Vorkammerzündung: Kleine Brandstifter

MOTORTECHNIK Es ist eine 100-jährige Idee, die im Diesel längst verschwunden ist, aber jetzt wieder aufgegriffen wird und modernen Benzin­motoren schon bald zu weiter optimierter Effizienz verhelfen soll: die Vorkammer­zündung. Vorreiter gibt es in der Formel 1.

Dipl.-Ing. Marc Sens Vorkammerzündung TIR transNews
Dipl.-Ing. Marc Sens testet den Einsatz der Vorkammerzündung im Benzinmotor.

Was früher dem Dieselmotor nützte, könnte schon bald in neuen Benzinmotoren für Personenwagen wieder auf­tauchen: das Vorkammerprinzip. Zwar arbeiten grosse Gas­­motoren und Formel-1-Motoren bereits heute mit der Vorkammerzündung, doch für Personenwagen steht diesem Verbrennungsprinzip der Serienstart erst noch bevor. Dafür gibt es gute Gründe: Zum einen lässt sich der Wirkungsgrad des Motors steigern, zum andern kann diese Technik vergleichsweise kostengünstig integriert werden.

Beim diesjährigen Wiener Motorensymposium präsentierte Marc Sens, Fachbereichsleiter Vorentwicklung Ottomotor beim Berliner Entwicklungsunternehmen IAV, positive Ergebnisse aus Tests mit einem Einzylindermotor mit Vorkammerzündung. Da im WLTP-Zyklus Verbrauchseinsparungen bis acht Prozent erreichbar sind, hält Sens dieses Konzept für «eine Schlüsseltechnologie für hocheffiziente Ottomotoren», besonders auch, weil es «mit anderen Bausteinen wie etwa der variablen Ventilsteuerung gut kombinierbar ist». Kein Wunder, sind heute alle grossen Autohersteller an dieser Technik interessiert.

Neben der IAV ist auch der Zulieferer und Kolbenspe­zialist Mahle mit der Vorkammerentwicklung beschäftigt. Sein «Jet Ignition»-System könnte demnächst in einem Serienmotor eingesetzt werden. In der Formel 1 sind die für Personenwagen bestimmten aktiven Systeme jedoch nicht erlaubt. Die passiven Systeme der Rennmotoren – ohne Injektor in der Vorkammer – ermöglichen aber eine noch grössere Erhöhung der Verdichtung und sind damit mehr in Richtung Leistungssteigerung als Verbrauchsreduzierung optimiert.

Umsetzung einer aktiven Vorkammer Vorkammerzündung TIR transNews
Umsetzung einer aktiven Vorkammer.

CO2-Vorteil dank Magergemisch
Extrem magere Gemische sorgen für niedrige Verbrauchswerte, also für geringe CO2-­Emissionen. Allerdings kann das Gemisch eines Ottomotors nicht beliebig abgemagert werden, da bei allzu grossem Luftüberschuss keine sichere Verbrennung mehr möglich ist. Mit der Vorkammerzündung kann hier nachgeholfen werden. Ein spezielles Einspritzventil, über das ein Treibstoff-Luft-Gemisch eingeblasen wird, sorgt in der kleinen Vorkammer vor der Zündkerze für ein stöchiometrisches Gemisch, das problemlos gezündet werden kann. Der schnelle Druckanstieg in der Kammer bewirkt, dass Fackelstrahlen durch kleine Löcher in den Hauptbrennraum schiessen und dort das sehr magere Gemisch schnell und sicher durchbrennen lassen.

Aufgrund des Klopfvorteils der Vorkammerzündung resultiert ein Wirkungsgradgewinn, der entweder zur zu­sätzlichen Treibstoffeinsparung oder zur Anhebung der Maximalleistung genutzt werden kann. Der thermische Wirkungsgrad soll sich auf bis zu 45 Prozent steigern lassen – eine solche Effizienz wurde bisher nur in Dieselmotoren erreicht. Ein weiterer Vorteil der Verbrennung mit Vorkammer und Gemischeinblasung ist der niedrige Stick­oxidausstoss in den Rohemissionen.

Vorkammerzündung TIR transNews
Mögliche Serienumsetzung einer passiven Vorkammer.
Visited 357 times, 1 visit(s) today

Weitere Beiträge zum Thema