30 Iveco Stralis LNG an belgische Jost Group ausgeliefert

JOST GROUP Iveco bringt sukzessive seine LNG-­Fahrzeuge auf die Strasse. Anfang Jahr wurden in Belgien 30 Stralis NP an das europaweit agierende Logistikunternehmen Jost Group ausge­liefert.

Iveco Stralis NP Jost Group TIR transNews
Einer von 30 Iveco Stralis NP, welche die belgische Jost Group in Betrieb genommen hat. Jost ist ausser in ­Europa auch im Maghreb tätig.

Die im belgischen Herstal beheimatete Jost Group hat sich zum Ziel gesetzt, 35 Prozent ihrer 1400 Last­wagen umfassenden Fahrzeugflotte bis im Jahr 2020 durch mit verflüssigtem Erdgas LNG angetriebene Modelle zu ersetzen. Die 30 jetzt aus­gelieferten Stralis bilden den Anfang der Umwand­lung und ersetzen vierjährige Diesel-Trucks. Die neuen Lastwagen bieten gegenüber einem Euro-6-Diesel-LKW eine massiv geringere Umweltbelastung, indem der Feinstaubausstoss um 99 Pro­zent und der Stickoxidausstoss um 90 Prozent reduziert ist und bei Einsatz von Biogas eine CO2-­Reduktion um 95 Prozent bringt. Dazu kommt, dass der 460-PS-LNG-Motor rund 15 Prozent weniger Treibstoff verbraucht und die TCO gemäss Iveco um neun Prozent senkt. Die Einsparungen sollen nach Aussage von Iveco hoch genug sein, um die Zusatzinvestitionen in die Erdgas-LKW und in die eigenen LNG-Tankstellen zu kompensieren.

Hier geht’s zur Webseite des Unternehmens.

MOBiLus bewegt Menschen, verbindet Gemeinschaften

SMART CITIES Europas Städte vernetzen sich zum MOBiLus-­Konsortium, um gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen künftiger Mobilitätsan­sprü­che zu entwickeln. Dazu gehört auch, Rahmenbedingungen und Investitionssicherheit zu schaffen, damit Unternehmen rentable Produkte und Dienstleistungen entwickeln können.

MOBiLus-Konsortium Daimler AG  Vision Urbanetic TIR transNews
Zwar kein Partnerunternehmen des MOBiLus-Konsortiums, unterstützt die Daimler AG aber ebenfalls Inno­vationen und Innovatoren im Bereich urbane Mobilität der Zukunft – und forscht auch selber darin. An der IAA präsentierte Mercedes-Benz Vans die Vision Urbanetic.

Das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT) hat das MOBiLus-Konsortium am 5. Dezember 2018 zur erfolgreichen Innovationsgemeinschaft für Stadtmobilität gekürt. Das Konsortium besteht aus 48 Partnern: 13 Städten, 17 Industriepartnern sowie 18 Universitäten und Forschungszentren in ganz Europa und sogar darüber hinaus. Aus der Schweiz ist die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) am Projekt beteiligt.

EIT Innovation Communities sind dynamische und kreative Partnerschaften, bei denen europäische Innovation und Unternehmertum genutzt werden, um Lösungen für die grossen gesellschaftlichen Herausforderungen in Bereichen mit hohem Innovationspotenzial zu finden, in diesem (und für uns besonders interessanten) Fall Urban Mobility – urbane Mobilität. Ziel von MOBiLus ist es, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken, den Zugang zur Mobilität zu verbessern und die Attraktivität der Städte zu erhöhen. Das Motto des Konsortiums «Mobilität für lebenswerte Stadträume» lautet: Menschen bewegen, Gemeinschaften verbinden, Unternehmen bedienen und öffentliche Räume neu gestalten. Der MOBiLus-Ansatz verfolgt fünf strategische Ziele:

  1. Europas Motor für Wissen und Innovation in der Mobilität zu sein
  2. Schulung der nächsten Generation von Praktikern für urbane Mobilität
  3. Nutzen und Verbessern von Ideen zur Bereitstellung neuartiger und datengesteuerter Mobilitätsdienste und -produkte
  4. Mobilitätsdienste und -lösungen von morgen schneller in den Markt bringen, zur Stärkung der Wettbewerbs­fähig­keit
  5. Replizieren und Skalieren neuer Mobilitätslösungen nach Europa und darüber hinaus. Märkte sollen stimuliert und das Verhalten verändert werden. Die Mittel dazu sind Regulierungen und Einsatz (Engagement) der Stakeholder.

Das Projekt soll sieben Jahre dauern und 1,6 Milliarden Euro kosten, wobei bis zu 25 Prozent (oder bis zu 400 Mil­lio­nen Euro) vom EIT finanziert werden. Erste Ergebnisse werden im Jahr 2020 erwartet. Geführt wird das Programm von fünf sogenannten Innovation Hubs in Kopenhagen, Prag, München, Barcelona und im niederländischen Helmond; Hauptsitz ist Barcelona.

Auf breiter Basis der Industrie Unter den Partnerunternehmen befinden sich Grössen wie BMW Group, Volkswagen Truck & Bus (Traton), Siemens oder Škoda Auto. Für 2026 sind konkrete Ziele umrissen:

  1. 180 unterstützte Start-ups
  2. Freiräume auf der Strasse in 90 Prozent der Partnerstädte
  3. 1450 Fachleute ausgebildet
  4. 125 neue Produkte lanciert
  5. Verbreitete Shared Mobility in allen Partnerstädten

Das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT) ist eine Körperschaft der EU und fördert die Innovation durch die Unterstützung von Unternehmern, Innovatoren und Studenten in ganz Europa, um die besten Ideen in die Realität umzusetzen.

Europaweit elektrisch unterwegs mit VDL

VDL gehört zu den Vorreitern der Elektrifizierung von Linienbussen. Hunderte von Elektrobussen haben bereits die Werkstätten in Holland verlassen und stehen tagtäglich in Städten ganz Europas im Einsatz.

VDL Citea SLF-120 Electric PostAuto AG TIR transNews
VDL Citea SLF-120 Electric im Dienst der PostAuto AG. (Bild PostAuto AG)

«Die Europäer haben die Elektrifizierung von Fahrzeugen völlig verpennt», hört man in der Branche immer wieder. Das stimmt so nicht ganz. Schon sehr früh hat sich VDL Bus & Coach des Themas Elektrobusse angenommen.

2008 Start zur Elektromobilität
Die Entwicklung der Phileas-Brennstoffzellenbusse begann 2008 im Rahmen des Innovationsprogramms «De Auto van de Toekomst Gaat Rijden» (Das Auto der Zukunft kommt), der niederländischen Regierung. Dieses Programm wurde ins Leben gerufen, um Innovationen im Bereich leiser, sauberer, intelligenter und sicherer Mobilität in den Niederlanden schneller auf den Markt zu bringen. Die Entwicklung eines Brennstoffzellen-Phileas, ein Beitrag zur nachhaltigen Fahr­zeug­inno­vation, passte in dieses Programm. Weil zwischen der niederländischen Regierung und der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen ein Kooperationsverbund zum Thema technische Innovationen für einen sauberen öffentlichen Personenverkehr besteht, wurden sozusagen zwei Projekte vereint. Das Ergebnis waren vier Phileas-Brennstoffzellenbusse: zwei für GVB in Amsterdam und zwei für RVK in Köln. Die VDL-Elektromobilität war geboren.

Auf der 60. UITP, Fachmesse für Mobilität und Personennahverkehr, die 2013 in Genf stattfand, präsentierte VDL den ersten Citea Electric: einen 12 Meter langen, vollelektrischen Citea SLF Low Floor. «Weil aus verschiedenen elektrischen Antrieben und Batteriepaketen gewählt werden kann, lässt sich für jedes Einsatzgebiet die ideale und optimale Kombination zusammenstellen. Ohne Abstriche bei Zugänglichkeit, Inneneinrichtung und Komfort. Der Citea Electric ist nicht einfach ein weiterer Elektrobus, sondern einzigartig in seinen Möglichkeiten zur optimalen Abstimmung auf alle im betrieblichen Einsatz geltenden Anforderungen und Wünsche für jedes Personenbeförderungsunternehmen», war der Pressemeldung zu entnehmen.

Am 23. Januar 2014 hat die UITP (internationaler Verband für öffentliches Verkehrswesen) das Projekt «Zero Emission Urban Bus System» (ZeEUS) gestartet. Es hatte eine Laufzeit von 42 Monaten und sollte den Einsatz von Elektrobussen in Europa fördern. Dazu waren umfangreiche Vorführungen geplant. Diese wichtige UITP-Initiative wurde von der Generaldirektion Mobilität und Transport der Europäischen Kommission im Zuge des 7. Rahmenprogramms (FP7) für Forschung und technologische Entwicklung mitfinanziert. VDL Bus & Coach beteiligte sich mit dem VDL Citea Electric.

Erste Busse im Feldversuch
Ende Mai 2014 wurde der erste finnische VDL Citea Electric an Veolia Transport Finland geliefert. Dieser Bus hat am eBus-Projekt teilgenommen, einem Mehrjahresprojekt der finnischen Regierung zur Erprobung elektrischer Fahrzeugsysteme.

VDL Bus & Coach, die niederländische Provinz Nord­brabant und die Brabanter Entwicklungsgesellschaft BOM starten 2015 ein Pilotprojekt mit 15 Elektrobussen. Dieses Projekt war Teil einer landesweiten Initiative der Stiftung ZEB zur Förderung des Nullemissions-Busverkehrs, um den Übergang zu einem bezahlbaren, sauberen und leisen öV zu beschleunigen. Im Rahmen des Projekts «VIBe-Bus» (Vehicle for Innovation Bus) wurde ab April 2015 der erste Bus in Helmond getestet. Das Ziel war, in allen Regionen Nordbrabants praktische Erfahrungen mit Nullemissions-Bussen im öV zu sammeln. Die Pilotstudie fügte sich in die Wachstumsstrategie der Provinz ein, mit der Betreiber und Industrie bei der Entwicklung des Elektroverkehrs unterstützt werden sollten.

Testphase bestanden
Die in etlichen Städten getesteten E-Busse überzeugten. Die Auftragsbücher füllten sich langsam und mit zunehmendem Erfolg. Mit der Unterzeichnung eines Vertrags zwischen den Kölner Verkehrs-Betrieben und VDL Bus & Coach wurde im Juli 2014 das Startzeichen für den Bau von acht elektrischen VDL-Gelenkbussen gegeben. Die KVB war das erste Unternehmen in Deutschland, das eine gesamte Buslinie auf den Betrieb mit vollelektrischen Gelenkbussen umstellte.

Der Siegeszug der Elektrobusse hatte mit dieser Bestellung begonnen: In der Stadt Eindhoven soll der Busverkehr schon 2020 komplett elektrifiziert sein. 40 Citea SLFA Electric konnten dafür dem Konzessionsgebiet Südost-Brabant geliefert werden. Seit Dezember 2016 sind 12 VDL Citea LLE-99 Electric fahrplanmässig in Venlo (NL) unterwegs. In Maastricht (NL) fahren vier VDL Citea SLF-120 Electric im Stadtverkehr. Es folgten Grossaufträge wie die 100 Citea-­Elektrobusse für die Buslinien rund um den Flughafen Schiphol (TIR 9-2017), zehn Citea Electric nach Groningen (NL), fünf Fahrzeuge nach Münster (D), 13 SLFA nach Osnabrück (D), 40 E-Busse nach Norwegen, 25 Busse nach Schweden usw.

Auch in der Schweiz sind bereits ein paar wenige VDL E-Busse regelmässig unterwegs. «VDL Bus & Coach wird einen Citea SLFA-181 Electric in BRT-Design (Bus Rapid Transit) an die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) liefern. Dieser erste elektrische Gelenkbus für die Schweiz ist Teil eines Pilotprojektes, das auf allen Buslinien in Basel getestet werden soll. Die BVB will damit praktische Erfahrungen mit Elektromobilität sammeln. Ab 2027 will die BVB ausschliesslich mit erneuerbarer Antriebstechnik fahren», ist einer Pressemitteilung vom Mai 2018 zu entnehmen. Auch bei der PostAuto Schweiz ist ein VDL Elektrobus im Testbetrieb (TIR 10-2018).

Das ganze System aus einer Hand
Dass bei der Evaluation von Elektrobussen nicht nur der Bus als solches betrachtet werden kann, ist mittlerweile bekannt. Wenn der Entscheid zur Elektromobilität gefallen ist, kommen erst die Fragen. Wo sollen die Busse eingesetzt werden und wie sieht das Streckenprofil aus? Reicht eine Übernachtladung oder braucht es Zwischenladungen – wenn ja, wo können die Versorgungsstationen platziert werden? Woher soll der Strom fliessen und wie sieht es mit deren Versorgung aus, besonders wenn eine ganze E-Flotte versorgt werden soll?

Eindrücklich zeigte VDL der internationalen Presse all die Lösungen vom Entscheid zur E-Mobilität bis zum Einsatz der Fahrzeuge anhand der Beispiele in Eindhoven und in Amsterdam. In beiden Fällen wurde in Zusammenarbeit des Betreibers mit VDL eine genaue «Bedarfsabklärung» erstellt. Als Generalunternehmer des ganzen Systems – das heisst vom Bus über die Stromversorgung im Depot und Ladestationen unterwegs – tritt bei diesen zwei Beispielen die VDL auf. In anderen Städten werden der Busbetrieb und die Infrastruktur zur Stromlieferung strikte getrennt, dies ganz nach dem Motto: Bei den Verkehrsbetrieben liegt die Kernkompetenz beim Busverkehr, bei der Stromlieferung beim Stromlieferanten.

Wie dies auch immer gehandhabt wird – der Siegeszug des Elektrobusses in urbanem Gebiet ist nicht mehr aufzuhalten. Mit der Erfahrung aus Einsätzen in ganz Europa und einem fein abgestuften Angebot an Fahrzeuggrössen gehört VDL bei E-Bus-Konzepten zu den grossen Anbietern im E-­Bus-Segment.

Wasserstoff als Antrieb der Persönlichkeit

SCHWEIZER PIONIER Es ist eine Sensation, die im Ausland stärker wahrgenommen wird als hier­zulande: Die Schweiz wird mit 1000 Brennstoffzellen-LKW weltweiter Testmarkt für Wasserstoffmobilität. Mög­lich gemacht hat das – mit anderen – Rolf Huber von h2energy aus Dietlikon.

Ultra­marathonläufer Rolf Huber TIR transNews
Viele andere hätten wohl schon vorher aufgegeben – für Ultra­marathonläufer Rolf Huber war das keine Option.

Mich treibt an, den Klimawandel so weit wie möglich aufzuhalten. Dabei wollen wir auch Spass haben und davon leben können. Diesen drei Dingen ist alles andere untergeordnet», fasst der 53-jährige Geschäftsmann Rolf Huber seine Mission zusammen. Er gehört zur Generation gut ausgebildeter, vernetzter und smarter Unternehmer, welche die Welt verändern will und verstanden hat, dass alle Parteien profitieren müssen, um am selben Strick zu ziehen.

Clean Tech immer im Fokus Huber studierte an der ETH Agrarwissenschaften, «Umweltwissenschaften gab es damals leider noch nicht». Nach Jahren bei McKinsey, als CFO bei Hero und als CEO einer Firma mit rund 7000 Mitarbeitern hatte er die «Business Jobs in der Corporate World» satt. «Irgendwann wollte ich nicht nur optimieren, sondern auch etwas erschaffen», erzählt er vom entscheidenden Moment. «Und zwar etwas mit nachhaltiger Wirkung.» Für ihn war klar, dass Wasserstoff für eine nachhaltige Energieversorgung von Mobilität ein einzigartiges Potenzial bot. Zusammen mit zwei Professoren gründete er die Vorstufe eines Start-ups. «Wir wollten zuerst einen Kunden haben.» Tatsächlich fanden sie in Coop einen perfekten Partner: «Der Detailhändler will einerseits CO2-neutral werden und andererseits das Geschäftsmodell der Tankstellen stützen, weil jedes Elektroauto ein Tankstellenkunde weniger ist.» Die Frage, warum es kein Wasserstofftankstellennetz gibt, führte zum Huhn-Ei-Dilemma: ohne Fahrzeuge kein Netz, aber ohne Netz keine Fahrzeuge. Es folgte eine langwierige Odyssee mit Umwegen und Sackgassen über die Strom­erzeugungsindustrie zu Automobil- und Nutzfahrzeugherstellern. «Fast überall erhielten wir zunächst grosse Unterstützung, bis sie plötzlich keine Lust mehr hatten und ab­sagten.» Huber gelangte zur ernüchternden Erkenntnis, dass insbesondere die europäischen Hersteller zwar viel über die Brennstoffzelle redeten, aber die tatsächlichen Pioniere Toyota und Hyundai hiessen. Nach einer weiteren Odyssee und schier grenzenloser Beharrlichkeit gelang es dem Team, das Hyundai-Management davon zu überzeugen, dass die Schweiz ein hervorragender Testmarkt für Wasserstoffmobilität ist: «Wir haben kulturelle Vielfalt, hohe Kaufkraft, ein anspruchsvolles Relief. Es ist ein kleiner Markt, den man mit einem überschaubaren Netzwerk örtlich kompakt bedienen kann. Und die LSVA-Befreiung für Elektro-LKW ermöglicht uns, ohne Fördergelder auszukommen.»

Auch privat an die körperlichen Grenzen «Ich habe eine hohe Work Life Diversity», schmunzelt Huber. Die Kraft dafür tankt er bei seiner Familie – er ist Vater von zwei Kindern – und durch sein Engagement für Ultramarathonläufe, sowohl als freiwilliger Helfer als auch als Teilnehmer, etwa beim Eiger Ultra oder dem Ultra Tour Monte Rosa: «Da lernt man viel fürs Geschäftsleben. Denn beim Marathon tut es auch weh und dauert länger, als man meint, aber es ist auch schön und man ist glücklich, wenn man über die Ziellinie läuft. Und die Schmerzen sind dann auch weg.»

In Cheol Lee (Nfz-Vorstand Hyundai) und Rolf Huber TIR transNews
In Cheol Lee (Nfz-Vorstand Hyundai) und Rolf Huber unterzeichnen auf der IAA die Absichtserklärung, 1000 Was­serstoff-LKW bis 2023 in die Schweiz zu bringen.

Der e-Crafter bringt Spannung ins Van-Business

ELEKTROMOBILITÄT Auch VW Nutzfahrzeuge präsentierten ihre Darstellung des elektrifizierten grossen Vans. Der e-Crafter mit 100 kW Elektroantrieb und rund 170 km Reichweite soll bedeutend mit­helfen, den Weg zum emissionsfreien Vertei­ler- und Handwerkerverkehr zu ebnen.

e-Crafter von VW Nutzfahrzeuge TIR transNews
Bald gibt es ihn auch bei uns: e-Crafter von VW Nutzfahrzeuge mit 100 kW Elektromotor und garantierten 100 km Reichweite.

Bereits an der Präsentation der von Grund auf neu entwickelten zweiten Generation des VW Crafter an der IAA Nutzfahrzeuge 2016 kündigte der kürzlich zurückgetretene Leiter von VW Nutzfahrzeuge, Dr. Eckhard Scholz, an, dass der e-Crafter «bereits nächstes Jahr in Kundenhand übergeben» werde. Ein Elektrofahrzeug zu bauen, das am Ende des Tages für die Kunden profitabel unterwegs sein würde, entpuppte sich aber doch als aufwendiger als gedacht und so dauerte es schliesslich zwei Jahre, bis die Praxistests abgeschlossen waren und das vorläufige Endprodukt vorgestellt werden konnte. Vorläufig deshalb, weil die technische Entwicklung in rasender Geschwindigkeit vonstatten geht und bestimmt rascher in die Produkte einfliessen wird, wie etwa bei einem Dieselfahrzeug.

Das Warten hat sich gelohnt Der Antriebsstrang bewegt den elektrifizierten Transporter angenehm fein, ja fast spielend leicht und sehr leise nach vorne. Ob beladen oder leer, das von Beginn weg anliegende Drehmoment von 290 Nm erweckt einen überraschend sportiven Eindruck, den man auch gerne auskostet, was allerdings zulasten der Reichweite geht. Nimmt man den Fuss vom Pedal, setzt die Rekuperationsbremse ein, nicht hart, aber doch deutlich spürbar, auf jeden Fall nicht störend. Nur bei festem Bremstritt oder beim Stopp kommt zusätzlich die klassische Betriebsbremse zum Einsatz. Wann allerdings, bestimmt das Steuergerät und nicht der Bremsfuss. Auf eine anwählbare mehrstufige Rekuperation verzichtet Volkswagen und begründet dies damit, dass Handwerker und Kuriere schon genug mit ihrer Arbeit und dem Verkehr beschäftigt seien und sich nicht auch noch den Kopf zerbrechen sollten, welche Rekuperationsstufe jetzt gerade die effizienteste wäre. Diese Entscheidung fiel, wie manche Nachbesserung, aufgrund der Kunden-Feedbacks im Rahmen der Praxiserprobungen. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings, dass man auf klassische Art das Fahrzeug mit der Drehung des Zündschlüssels «anlässt», wobei man dann vergeblich auf das Geräusch eines startenden Motors wartet. Losfahren kann man übrigens erst, wenn man sich angegurtet hat.

VW e-Crafter Cockpit TIR transNews
Das Cockpit ist mit dem der Dieselvariante identisch – bis auf die Anzeigen. Links die Anzeige für Leistungsabfrage (blauer Bereich) und Rekuperation (grüner Bereich).

Entwickelt wurde der e-Crafter für alle Unternehmen, die im innerstädtischen Bereich aktiv sind: die «Letzte-Meile-Zusteller» des Kurier- und Logistiksektors, Handwerksbetriebe, Einzelhändler, Energieversorger oder Shuttle- und Taxibetriebe. Die Reichweite liegt bei 173 Kilometern gemäss NEFZ, in der Praxis sollten immer 100 Kilometer möglich sein. Die Höchstgeschwindigkeit wurde auf 90 km/h begrenzt, gemäss Tacho waren es bei unseren Fahrversuchen 95 km/h.

Konzept auf statistik gebaut Um ein möglichst praxis­relevantes Set-up zu ermitteln – also Leistung des Antriebs und Kapazität der Batterie –, analysierten VW Nutzfahrzeuge im Vorfeld mehr als 21’000 Fahrprofile von 1500 Kunden. Ergebnis: Das Gros der Fahrer legt mit einem Transporter täglich zwischen 70 und 100 Kilometer zurück, oft mit diversen Starts und Stopps. Dies ist natürlich keine Überraschung, doch mit diesem Zahlenbeweis untermauert konnte ein Konzept gewählt werden, das aufgrund der kompakteren Batteriegrösse den Preis auf Niveau der Wettbewerber hält.

Produziert wird das fahrbare Chassis des neuen Modells, wie alle Crafter, im Werk Września (Polen). Die Endmontage der elektrischen Komponenten erfolgt im Stammwerk der Marke in Hannover. Die Lithium-Ionen-Batterie wird platzsparend im Unterboden untergebracht. So kann das volle Ladevolumen von 10,7 Kubikmetern des 2590 Millimeter hohen Hochdach-Kastenwagens genutzt werden, wie auch die Durchladebreite (1380 mm) oder die Laderaumhöhe (1861 mm). Die maximale Zuladung beträgt je nach gesetzlicher Regelung im Land zwischen 0,975 und 1,72 Tonnen.

VW e-Crafter TIR transNews
Vorderhand gibt es den e-Crafter in Einheitsgrösse als 2590 mm hohen Hoch­dach-Kasten­wagen mit einem Ladevolumen von 10,7 m3.

Bewährte Technik nicht neu erfunden Die vorne im Motorraum platzierte Synchronmaschine stellt 100 kW (136 PS) als Peakleistung zur Verfügung, die Steigfähigkeit liegt bei 20 Prozent. Übertragen wird die Kraft über ein für Nutzfahrzeuge ausgelegtes 1-Gang-Automatikgetriebe an die Vorderachse. Motor, Getriebe und Differenzial bilden ein kompaktes Modul. Hergestellt wird diese Einheit im Komponentenwerk Kassel und hat sich bereits in Tausenden von Elektrofahr­zeugen des Konzerns bewährt. Zur weiteren Technik des Antriebssystems gehören das Motorsteuergerät und die sogenannte Leistungselektronik, die den Hochvoltenergiefluss zwischen dem Elektromotor und der Batterie steuert. Der in der Lithium-Ionen-Batterie gespeicherte Gleichstrom (DC) wird dabei durch die Leistungselektronik in Wechselstrom (AC) umgewandelt. Ein DC/DC-Wandler erzeugt indes die 12V-Spannung für das Bordnetz.

Der kombinierte Stromverbrauch mit 975 Kilo Zuladung (CH-Version) wird mit 21,54 kW/100 km angegeben. An einer CCS-Ladestation mit 40 kW (Gleichstrom) ist die 35,8-kWh-­Batterie nach nur 45 Minuten wieder zu 80 Prozent geladen. CCS (international standardisiertes Combined Charging System) steht für Laden mit Gleichstrom und ist im e-Crafter serienmässig enthalten. An einer AC-Wallbox mit 7,2 kW (Wechselstrom) ist der Akku binnen 5 Stunden und 20 Minuten wieder zu 100 Prozent voll.

VW e-Crafter TIR transNews
Der Elektromotor wird in Kassel hergestellt und findet bereits in anderen Fahrzeugen des Konzerns Verwendung.

Das neuste an Sicherheit Serienmässig an Bord sind der ParkPilot als Einparkhilfe inklusive Flankenschutz, eine Multi­funktionskamera (vorn) und eine Rückfahrkamera. Ebenfalls immer dabei: Multikollisionsbremse und Seitenwindassistent. Zur weiteren Serienausstattung gehören LED-Scheinwerfer, eine Klimaautomatik, Sitzheizung, Wärmepumpe und beheizte Frontscheibe, Komfortsitze und das Navigationssystem «Discover Media» inklusive «App-Connect» (Einbindung von Smartphone-Apps), Sprachbedienung und Mobiltelefon-­Schnittstelle. Optional können mobile Online-Dienste genutzt werden.

Der e-Crafter ist in der Version Hochdach-Kastenwagen mit 975 Kilo Zuladung ab Frühling 2019 in der Schweiz bestellbar. Der Preis beträgt 83’090 Franken (exkl. MwSt.).

Bio-Treibstoff für Verbrenner des Fernverkehrs

SYNTHETISCHE TREIBSTOFFE Insbesondere beim Ferntransport, wo der Elektroantrieb nicht sinnvoll ist, bringen beispielsweise aus Altöl oder Pflanzenölen hergestellte Treibstoffe für Dieselmotoren beträchtliche CO2-Reduktionen.

Synthetisch hergestellter Treibstoff HVO TIR transNews
Hinter diesem Kürzel versteckt sich der synthetisch hergestellte Treibstoff, der als Ersatz für Diesel taugt.

In den kommenden Jahren müssen die Schadstoff- und CO2-Emissionen von Personenwagen und Nutzfahrzeugen massiv gesenkt werden. Im Personenwagenbereich, wo geringe Reichweiten oft keine wesentliche Rolle spielen, dürfte sich der Elektroantrieb schon bald stärker verbreiten – obwohl die Leistungsdichte und die Kosten der Lithium-­Ionen-Batterien noch immer problematisch sind. Im Nutzfahrzeug-Fernverkehr dagegen sind die voluminösen, schweren und teuren Akkus schlicht nicht vernünftig einsetzbar. Ausserdem sind häufige und lange Batterie-Ladezeiten keinem Transportunternehmen zumutbar. Bevor nun also wirtschaftlich attraktive Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lösungen für Lastwagen und Busse verfügbar sind, kann auf den Einsatz des bewährten Dieselmotors bis auf Weiteres nicht verzichtet werden – entweder als Alleinantrieb oder in Kombination mit einer E-Maschine in einem Hybridkonzept.

Kraft aus Strom und CO2 Verbrennungsmotoren werden seit weit über 100 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und haben heute einen Reifegrad erreicht, der nur noch mit riesigem Aufwand weiter verbessert werden kann. Zusätzliche Wirkungsgradfortschritte sind zwar bei Otto und Diesel möglich, doch sind dafür aufwendige technische Lösungen notwendig – zu entsprechend hohen Kosten. Ein alternativer Ansatz zur Reduzierung der Schadstoff- und CO2-Emissionen ist der Einsatz neuer Treibstoffe, die in den hoch entwickelten Verbrennern noch sauberer verbrannt werden können.

Anstatt sich vorschnell vom Verbrennungsmotor zu verabschieden und voll auf die Karte Elektroantrieb zu setzen, könnten optimierte synthetische Otto- und Dieseltreibstoffe verwendet werden. Grundsätzlich ist schadstoff- und CO2-armes respektive gar CO2-neutrales Fahren mit einem Verbrennerfahrzeug möglich, wenn sogenann­te Power-to-Gas- (PtG) und Power-to-Liquid-Treibstoffe (PtL) genutzt werden. PtG und PtL, zusammenfassend auch als PtX bezeichnet, sind aus Strom und CO2 synthetisch hergestellte chemische Energieträger. Da sie bei der Herstellung CO2 binden, wird das Treibhausgas so zum Rohstoff, der zusammen mit regenerativ erzeugtem elektrischem Strom zu Kohlenwasserstoffen wie Benzin, Diesel oder Erdgas verarbeitet werden kann. Das CO2 kann dabei aus industriellen Anlagen, aus Biomasse oder aus der Luft stammen.

Schon seit Jahren haben Personenwagen- und Nutzfahrzeughersteller immer wieder alternative Treibstoffe erprobt. Sogenannte Flex-fuel-Motoren wurden so ausgelegt, dass sie neben den herkömmlichen Otto- und Dieseltreibstoffen auch Ethanol-Beimischungen respektive Treibstoffe auf der Basis von pflanzlichen oder tierischen Fetten verarbeiten konnten. Viele dieser «Biotreibstoffe» standen jedoch in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, waren also politisch nicht genehm. Daher kommen für die Herstellung der Ersatztreibstoffe der zweiten Generation nur noch Pflanzenreste und Abfälle zum Einsatz.

Diesel: still going strong Die in den nächsten Jahren bevorstehenden strengen CO2-Vorschriften machen nun jedoch zügiges Handeln unumgänglich. Personenwagenanbieter werden vermehrt elektrisch angetriebene Modelle absetzen müssen, und Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen – für die der batteriebasierte Elektroantrieb nur bedingt tauglich ist – haben sich nach weiteren Möglichkeiten umzusehen.

Aber schliesslich bietet der gute alte Dieselmotor ja viele Vorteile, auf die nicht so leicht zu verzichten ist. Möglich sind auch Gasmotoren, also Otto- oder Dieseltriebwerke, die ganz oder teilweise mit Erdgas betrieben werden. Eine weitere Variante stellt das aus Pflanzenölen hergestellte HVO (Hydrotreated Vegetable Oil) dar. Hydrierte Pflanzenöle werden dabei durch eine katalytische Reaktion mit Was­serstoff in Kohlenwasserstoffe umgewandelt. Durch diesen Prozess werden sie in ihren Eigenschaften an fossile Treibstoffe – vorzugsweise Diesel – angepasst und können diesen als Beimischung zugegeben werden oder sie auch vollständig ersetzen.

Mit Strom, idealerweise aus Windparks, Solaranlagen oder Wasserkraftwerken, wird per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgeteilt. Im sogenannten Fischer-Tropsch-Verfahren können dann aus H2 und CO2 Diesel, Benzin oder Kerosin hergestellt werden. Zur Herstellung wird aus dem Rohstoff zunächst eine Mischung aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff erzeugt, das sogenannte Synthesegas. Daraus entsteht schliesslich durch Kettenaufbau der paraffinische Treibstoff. Die dabei verwendeten Bezeichnungen geben Auskunft über den zur Erzeugung des Synthesegases verwendeten Rohstoff. Coal to Liquid (CtL), Gas to Liquid (GtL) oder Biomass to Liquid (BtL). Bei Fischer-Tropsch-Umwandlungen bleibt der Wirkungsgrad auf rund 60 Prozent beschränkt.

Aus Pflanzenöl und Tierfett HVO lässt sich aus verschiedenen Quellen herstellen – beispielsweise aus Altöl, Raps- oder Palmöl und tierischen Fetten. Für die Herstellung steht der Prozess der Hydrierung im Zentrum, also die chemische Umsetzung der Rohstoffe mit Wasserstoff (H2). Mittels Kobalt- und Nickel-Katalysatoren und unter einem Druck von 50 bis 150 bar sowie bei Temperaturen zwischen 350 und 450 °C entsteht HVO. Zur Erzeugung von einer Tonne HVO werden rund 1,23 Tonnen Pflanzenöl benötigt. Als Nebenprodukt entstehen ver­schiedene Gase, die wieder in der Produktion genutzt werden können. Am Schluss entsteht mit HVO ein schwefel- und aromatenfreier Selbstzünder-Treibstoff mit hoher Cetanzahl.

Da neben Pflanzenölen auch tierische Fette und weitere Rohstoffe verwendet werden, spricht man statt von HVO oft auch von HDRD (Hydrogenation Derived Renewable Diesel) – quasi als Oberbegriff. Die Abgase von HVO-betriebenen Motoren enthalten keine Russpartikel. Bei der Abgasnachbehandlung kann man sich deshalb auf die Absenkung der Stickoxidemissionen (NOx) beschränken. Im Vergleich mit konventionellem Diesel sollen mit HVO respektive HDRD CO2-Reduzierungen von bis zu 90 Prozent realisiert werden können.

Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil solcher HVO-­Treibstoffe ist die Tatsache, dass das bestehende Tankstel­lennetz unverändert weiter genutzt werden kann. Schon heute wird HVO in geringen Mengen zum Diesel­treibstoff beigemischt. Neben dem Strassentransport dürften jedoch auch Luftfahrt und Schifffahrt grosses Interesse an derar­tigen Treibstoffen haben.

Beispiele für die Verwendung synthetischer Treibstoffe gibt es im Personenwagen- und Nutzfahrzeugbereich zahlreiche. Audi etwa hat schon vor einigen Jahren mit der Errichtung der Power-to-Gas-Anlage in Werlte, Norddeutschland, Zeichen gesetzt. Dort entsteht aus Windstrom und CO2 aus einer Industrieanlage synthetisches Methan, das ent­weder ins bestehende Erdgasnetz eingespeist oder direkt in CNG-Fahrzeuge getankt werden kann. Audi nennt dies E-Gas. Zusammen mit Partner Global Bioenergies hat der gleiche Autohersteller vor Kurzem erste Motorentests mit synthetischem Benzin, sogenanntem E-Benzin, gestartet. Und selbst der Dieselmotor für Personenwagen soll mit E-Diesel wieder rehabilitiert werden. Audi plant, im aargaui­schen Laufenburg ein entsprechendes Werk zu bauen.

Pommes Frites mit Nachwirkung Auch VW will noch nicht auf den Dieselmotor verzichten. Um den neuen Treibstoff R33 Blue Diesel zu testen, betreiben die Norddeutschen seit Jahresbeginn 2018 probehalber eine interne Flotte. Der synthetische Treibstoff soll beträchtliche CO2-Einsparungen ermöglichen. R33 Blue Diesel entspricht der Dieselnorm EN 590 und erfüllt laut den Verantwortlichen alle Kriterien, um als Serienkraftstoff eingesetzt zu werden. Bei der Auf­bereitung des Biokraftstoffs spielt auch Speisefett, das beispielsweise zur Herstellung von Pommes frites genutzt wird, eine Rolle. Das bereits genutzte Speisefett wird gefiltert, gereinigt und zu Paraffingemisch verarbeitet, das dem Basistreibstoff beigemischt wird. So kommt R33 Blue Diesel auf einen Bioanteil von bis zu 33 Prozent. Mit dieser Mischung lassen sich laut VW im Vergleich zu konventionellem Diesel mindestens 20 Prozent CO2 einsparen. Ebenfalls am VW-­Projekt beteiligt ist der grosse Zulieferer Robert Bosch.

Die Koopman Logistics Group beispielsweise, eine grosse niederländische Transportfirma, erprobt derzeit den Treibstoff HVO. Dazu hat das Unternehmen im vergangenen Oktober eine eigene Tankstelle in Betrieb genommen. Wie Betriebsverantwortliche betonen, sind beim Einsatz des synthetischen Diesels keine Änderungen erforderlich – weder am Motor noch beim Tankvorgang. Koopman-CEO Maurice de Wilde: «Unsere Anlage enthält reines HVO, keine Mischung von HVO mit konventionellem Diesel. Wenn wir 100 Prozent HVO tanken, werden wir 89 Prozent weniger CO2 pro Kilo­meter emittieren als mit herkömmlichem Diesel.»

Die Frage, ob sich synthetische Treibstoffe für Personenwagen wirtschaftlich vernünftig herstellen lassen, ist erst noch zu klären. Kritisch ist auf alle Fälle der Wirkungsgrad über die gesamte Prozesskette Strom-Gas-Flüssigtreibstoff. Diese Schritte benötigen vergleichsweise viel Energie; aus­serdem muss der Strom unbedingt regenerativ erzeugt worden sein, und es muss eine grosse Menge an Wasser zur Verfügung stehen.

Heutigen Einschätzungen zufolge sind die neuen Treibstoffe aus diesen Gründen weniger geeignet für den gross­flächigen Einsatz in Personenwagen, sondern dürften für schwere Nutzfahrzeuge, Schiffe und Flugzeuge eine attraktive Alternative darstellen – dort eben, wo grosse und schwere Batterien für den Elektroantrieb ungeeignet sind.

Drei Neue für die Besomi Trasporti SA

MERCEDES-BENZ TRUCKS Die Besomi Trasporti SA wird mit Marco Besomi von der dritten Generation geführt. Neu im Fuhrpark fährt ein Arocs 2551 6×2 LS mit Hydraulic Auxiliary Drive (HAD).

Mercedes-Benz Arocs 2551 6×2 LS und Arocs 3246 K 8×4/4 der Besomi Trasporti SA TIR transNews.
Der Arocs 2551 6×2 LS vor den beiden neuen Arocs 3246 K 8×4/4 der Besomi Trasporti SA.

Wenn die Herausforderungen nicht nur vom Einsatzzweck her, sondern auch klimatisch und topografisch am grössten sind, dann ist Mercedes-Benz Trucks als erster an Ort und Stelle. Ein Paradebeispiel ist der neue Arocs 2551 6×2 LS mit Hydraulic Auxiliary Drive (HAD) für die Besomi Trasporti SA. Der Traditionsbetrieb aus dem Tessin ist unter anderem in Tesserete angesiedelt und insbesondere im Baugewerbe eine gefragte Adresse. Das familiengeführte Unternehmen ist kantonal auch für seine Winterdienste sowie national für Spezial­trans­por­te bekannt. Die Besomi Trasporti SA wird mit Marco Besomi von der dritten Generation geführt. Die nachfolgende Generation steht mit Marzio Besomi bereits in den Startlöchern. Marzio Besomi zum imposanten Flottenjüngsten: «Ich habe ihn ‹La Bomba› getauft, es ist ein Wahnsinnsfahrzeug.» Er weiter: «Das Spezialsattelzugfahrzeug ist für Schwerstlasten ideal.» Neu im Besomi-Fuhrpark sind eben­falls zwei Arocs 3246 K 8×4/4, die als Fahrgestelle andere Aufgaben übernehmen.

Mit PHEV und StreetScooter gegen Emissionen

ELEKTROMOBILITÄT 2019 lanciert Ford mit dem Transit Custom PHEV den ersten und einzigen Plug-in-Hybrid unter den mittelgrossen (und grossen) Vans. Zudem wird der bisher grösste E-Transporter im Street­Scooter-Portfolio im Kölner Ford-Werk pro­duziert – auf Basis eines Transit-Fahrgestells.

StreetScooter Work XL TIR transNews
Der vollelektrische StreetScooter Work XL ist ein Fremdauftrag, der bei Ford auf Basis eines Transit-Fahrgestells produziert wird.

PHEV steht für Plug-in-Hybrid Electric Vehicle. Die Produktion des Ford Transit Custom PHEV beginnt in der zweiten Jahreshälfte, sein teilelektrifizierter Antriebsstrang mit flüssig­keitsgekühlten 14-kWh-Lithium-Ionen-Batterien soll reinen Strombetrieb von bis zu 50 Kilometern ermöglichen. Dabei werden die Räder immer vom Elektromotor angetrieben. Bei längeren Touren springt der 1,0-l-Dreizylinder-Turbo­benziner ein und lädt als sogenannter Range Extender als Generator die Batterien während der Fahrt wieder auf, was die Reichweite auf über 500 Kilometer vergrössern soll. Der neue Transit Custom PHEV ist der erste Transporter eines Gross­serienherstellers mit Plug-in-Hybrid-Antrieb. Die Batterien wurden unterhalb des Laderaumbodens platziert. So entspricht das Laderaumvolumen jenem der Diesel-Versionen, während die maximale Nutzlast bis zu eine Tonne erreicht.

Ford Transit Custom PHEV TIR transNews
Die Batterie des Ford Transit Custom PHEV kann an einer konventionellen Haushalts-Steckdose (10 A) innerhalb von fünf Stunden vollständig aufgeladen werden; mit 16 oder 32 A sind es noch rund drei Stunden.

Drei EV-Programme Zur optimalen Nutzung der Batterie­kapazität stehen drei EV-Programme zur Wahl: «EV Auto» regelt als Standardeinstellung den Einsatz von Batterie und Range Extender selbsttätig. Mit «EV Now» fährt der PHEV so lange rein elektrisch, bis die Ladekapazität der Batterie aufgebraucht ist, und mit «EV Later» hält das Hybrid-System den Ladezustand der Batterie durch den Einsatz des Range Extenders auf möglichst konstantem Niveau. Im Interieur ersetzt eine spezielle Leistungs-/Ladeanzeige den Drehzahlmesser; ein kleineres Instrument für den Ladezustand der Batterie ersetzt die Kühlwasser-Temperaturanzeige.

Volumenhersteller kann auch Kleinserie Bereits begonnen hat in den Ford-Werken die Serienproduktion des StreetScooter Work XL. Den rein-elektrischen Transporter produziert Ford in Kooperation mit der StreetScooter GmbH, einer Tochter von Deutsche Post DHL Group. Die Basis des Fahrzeugs bildet ein Ford-Transit-Fahrgestell (produziert im Ford-Otosan-Werk in Kocaeli, Türkei), das mit einem batterieelektrischen Antriebsstrang und einem Karosserieaufbau nach Vorgaben von StreetScooter ausgestattet wird. In den Produktionshallen in Köln-Niehl bauen rund 180 Ford-Mitarbeiter im Zweischichtbetrieb bis zu 16 Work-XL-Modelle pro Tag, was eine Produktionskapazität von bis zu 3500 Fahrzeugen im Jahr ergibt.

Die Ford-Mitarbeiter bauen den elektrischen Antriebsstrang inklusive Steuerelektronik ein, alle elektrischen Zusatzkomponenten sowie die Batterie. Ausserdem montieren sie auch den in Einzelteilen angelieferten Aufbau (Koffer) auf die E-Transporter und bauen die Fahrerkabine nach den speziellen Vorgaben um. Der Work XL ist der bisher grösste Transporter im Portfolio von StreetScooter. Sein Ladevolumen beträgt 20 m3. Als Nutzlast sind bis zu 1275 kg möglich bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 4050 kg. Je nach Anforderungsprofil werden unterschiedlich leistungsfähige Elektromotoren (bis 90 kW und 276 Nm) und Lithium-Ionen-Batterien (bis 76 kWh für 200 km Reichweite) verbaut.

HVO und elektrisch für ­Transdev Sverige AB

VDL BUS & COACH Ab Juni 2019 setzt das vielschichtige Trans­portunternehmen Transdev Sverige AB neu 59 Stadt­busse VDL Citeas LLE-127 in drei nördlichen Stadtgebieten Stockholms ein.

VDL Citea LLE HVO TIR transNews
59 HVO-taugliche VDL Citeas LLE (Bild) und 30 Citeas electric sind die bislang grösste Bestellung für VDL aus Schweden.

Die Citeas LLE werden wie alle übrigen Busse von Transdev mit «Biodiesel» HVO betankt, was zu einer erheblichen CO2-Reduktion im öffentlichen Verkehr in Stockholm führt. Zeitgleich mit den Dieselbussen in Stockholm starten im Juni 2019 im nordschwedischen Umeå 30 elektrisch angetriebene Citeas. Diese ergänzen die seit zwei Jahren eingesetzten Citeas LLE Diesel. Die guten Erfahrungen von Transdev Sverige mit den Diesel-Citeas in Umeå hatten übrigens den Ausschlag für die eingangs erwähnte Anschaffung dieser Busse in Stockholm gegeben. «Speziell die guten Resultate bezüglich ‹Total Cost of Ownership› haben uns bewogen, erneut auf VDL Bus & Coach als Partner zu bauen», erklärte Niclas Flodin, technischer und opera­tioneller Direktor bei Transdev Sverige.

Logbau mit Funktion und Leistung zufrieden

RENAULT TRUCKS Neu hat Logbau einen Renault Trucks T430 P6×2 beschafft, den zweiten im Fuhrpark.

Renault T430 P6×2 Welaki Logbau AG TIR transNews
Der neue Renault T430 P6×2 Welaki der Logbau AG wartet auf seine neuen Aufgaben.

Willkommen in einer Welt, in der die Dinge funktionieren und die Leistungen stimmen: in der Logbau-Welt. So lautet das Credo dieses zufriedenen Kunden von Renault Trucks. Das Spektrum seiner Aktivitäten reicht von A wie Allzweckmulde bis – sagen wir – Z wie Ziel erreicht; hier ist fachgerechte Baustellen- und Entsorgungslogistik ein Hauptthema. Neu hat Logbau einen T430 P6×2 beschafft, den zweiten im Fuhrpark. «Dieses Fahrzeug ist extrem wendig, dank kurzem Radstand von 3900 Millimetern sowie lenk- und liftbarer Hinterachse», kommentiert Antonio Di Stasio, bei Logbau zuständig für die Logistik, den Kaufentscheid. Man habe mit einem ersten Fahrzeug von Renault Trucks wirklich nur beste Erfahrungen gesammelt, was für die Wahl der Marke ein entscheidendes Kriterium war, lobt Di Stasio den Franzosen weiter. Und er lässt durchblicken, dass ein weiterer Truck aus Lyon schon in der Pipeline steckt. Optisch sticht der Welaki auch durch die stolzen Lufthörner auf dem Dach ins Auge.

Der Diesel – so viel besser als sein Ruf

DIESEL In den letzten Jahren ist der Dieselmotor wegen der Verfehlungen beim Personenwagen zum Buhmann der Nation geworden. Blickt man aber etwas genauer hin, zeigt sich der Selbstzünder speziell in der Transportindustrie als ungemein fortschrittlich. Nur weiss dies das breite Publikum leider gar nicht.

Diesel TIR transNews
Sparsamer Diesel: Die Nutzfahrzeugbranche hat über die vergangenen Jahre ihren ökologischen Fussabdruck so stark verkleinert, wie sonst praktisch kein anderer Industrie­zweig. Die Massnahmen beschränkten sich aber nicht auf die Motoren.

Die Nutzfahrzeughersteller arbeiten wie die gesamte Fahrzeugindustrie an Zukunftslösungen, um den Schadstoffausstoss in Sachen Mobilität massiv zu senken. Allgemein geht man davon aus, dass die Elektromobilität hierfür mittel- bis langfristig als passende Lösung zum Einsatz kommt. Die ersten Schritte sind auch bei schweren Nutzfahrzeugen bereits gemacht, doch dürfte hier der Diesel respektive der Verbrennungsmotor noch länger als der in breitem Masse zuverlässige und effiziente Antrieb seinen Dienst tun. Alternative Treibstoffe wie Biodiesel, HVO (Seite 18) oder der Einsatz von LNG (Seite 23) werden diesbezüglich die Nutzungsdauer der «Verbrenner» weiter verlängern.

Emissionen runter, Effizienz hoch Dabei hat der Diesel beim LKW und Bus eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich, angefangen bei der Abgasnorm Euro 1, die vor 27 Jahren erstmals als Vorgabe die Entwicklung der Motoren nachhaltig zu beeinflussen begann. Oder wie es Ron Borsboom, Entwicklungsvorstand bei DAF Trucks, ausdrückt: «Beim Lastwagen haben wir über mehr als 20 Jahre lang die Emissionen reduziert und zugleich die Effizienz erhöht.» Und zwar in beiden Fällen in massiver Form, wie die Aufzeichnungen der Niederländer unter Paccar-Dach aufzeigen. So konnten die Dieselpartikel PM von 0,35 g/kWh bei Euro 1 auf noch gut 0,01 g/kWh bei Euro 6 reduziert werden, was einer Verminderung um 97 Prozent gleichkommt. In der gleichen Zeitspanne reduzierte sich auch der NOx-Ausstoss um 95 Prozent, nämlich von 8 g/kWh auf noch bescheidene 0,4 g/kWh.

Die Emissionsverbesserungen gehen zu grossen Teilen auf innermotorische Massnahmen und auf Massnahmen in der Abgasnachbehandlung zurück. Diese haben auch Auswirkungen auf den Verbrauch, doch über die Jahre konnte die Effizienz der Trucks trotz teilweise einschneidender Abgasmassnahmen stets wieder verbessert werden. Gemäss den DAF-Aufzeichnungen lag der Verbrauch im Jahr 2005, also zu Zeiten von Euro 4, im Schnitt bei rund 34 l/100 km, mit der Einführung von Euro 6 im Jahr 2013 lag er bereits bei etwa 31,5 l/100 km und ist vier Jahre später deutlich unter die 30-Liter-Grenze gesunken. Dies hatte mit der Einführung der aktuellen Generation XF und CF zu tun, mit welcher die Niederländer erneut eine Reduktion um sieben Prozent zustande brachten, was ihnen auch den renommierten Titel «Truck of the Year 2018» eingebracht hatte. Und es ist kein Ende dieser positiven Abwärtsspirale in Sicht.

Die Branche machts Ähnliche Verbesserungen sind in zeit­lich verschobenen Schritten auch bei allen anderen Lastwagenherstellern feststellbar, wie beispielsweise bei Mercedes, wo zwischen 2015 und 2017 beim Actros die Treibstoffeffizienz um sechs Prozent verbessert wurde. Dabei lassen die Hersteller keinen Stein ungedreht liegen, feilen an der Aero­dynamik, an Reibungsverlusten, an Steuerelektronik, Assistenzsystemen, Nebenaggregaten und an Hardware wie Achsen und Gewicht. Für den neuen, ab Sommer 2019 lieferbaren Actros wurde der Verbrauch erneut um drei bis fünf Prozent reduziert, beispielsweise durch aerodynamische Massnahmen wie Kameras anstelle der sonst grossen Aussenspiegel (MirrorCam).

In der Branche sind diese massiven Verbesserungen grundsätzlich bekannt. Leider dringen diese Tatsachen aber praktisch nie bis zum normalen Bürger und Verkehrs­teilnehmer durch. Doch das wäre bitter nötig, denn obwohl unsere Wirtschaft ohne Lastwagen stillstünde, schlägt dies bei der Mehrheit der Menschen nicht im angemessenen Image durch. Im Gegenteil. Und das ist mehr als schade.

Die leise Fahrt im ­Erdgas-Truck mit LNG

ALTERNATIVE ANTRIEBE Eine erste Testfahrt auf heimischem Terrain zeigt die Unterschiede, die LNG beim Lastwagen zum herkömmlichen Diesel bringt. Mit allem lässt sich leben, sobald die Infrastruktur den ­Betrieb denn auch zulässt.

LNG Drucktanks am Zugfahrzeug Scania TIR transNews
Nur die LNG-Drucktanks am Zugfahrzeug lassen von aussen den Gasbetrieb des Lastwagens erkennen.

Erdgas als Treibstoff hat gegenüber dem herkömmlichen Benzin und Diesel etliche Vorteile, namentlich in der CO2-Thematik und bei den praktisch nicht existenten Partikeln. Gleichwohl konnte sich CNG beim Personenwagen zwar fest-, aber nicht durchsetzen, und beim Lastwagen tat sich der Treibstoff wegen der bislang unzureichenden Leistungsentfaltung und der begrenzten Reichweite schwer. Mit Blick auf die anspruchsvollen Abgasvorschriften bringen neue Technologien beim LKW nun aber Erdgas als kurzfristige Alternative zum Diesel zurück ins Spiel. Dabei ist CNG nur am Rande interessant, im Fokus steht vielmehr das verflüssigte Erdgas LNG, das jetzt die für Langstrecke nötigen 1000 und mehr Kilometer möglich macht. Zudem konnte das Leistungsmanko praktisch elimiert werden.

Mit Iveco, Scania und Volvo sind drei der namhaften LKW-Hersteller auf den LNG-Zug aufgesprungen. Andere halten sich noch zurück oder verweigern sich wie Renault Trucks und DAF explizit dem Flüssiggas. Iveco und Scania bringen LNG in Form von Otto-Verbrennung, was eine Gewichtsersparnis bringt, da der ganze Abgasnachbehandlungsbereich mit Adblue entfällt. Allerdings muss das Gemisch mit einer Zündkerze gezündet werden. Volvo arbeitet nach dem Dieselprinzip, was für eine noch bessere Leistungskurve sorgt, aber auch einen zusätzlichen Dieseltank und Adblue sowie die aufwendige Dieselabgasnachbehandlung verlangt.

Klare Vor- und Nachteile von LNG

Für den Test stand ein Scania G410 LNG zur Verfügung. Er kam als 32-Tonnen-Sattelzug, sodass ein direkter Vergleich der Leistungscharakteristik mit dem im Frühling 2018 gefahrenen 40-Tonnen-G410-­Diesel nicht möglich ist. Die Motorkennzahlen jedoch lassen gewisse Rückschlüsse zu. Diesel- und LNG-Motor weisen mit 12,7 Litern (Bohrung/Hub 130×160 mm) die gleichen Hubräume auf und verfügen beide über nominell 410 PS bei 1900 U/min. Allerdings ist der Leistungsaufbau beim Diesel deutlich steiler, denn er erreicht 400 PS bei bereits 1300 U/min, der Gasmotor bei 1400 U/min. Auch das Drehmoment ist beim Diesel höher und der Verlauf steiler, mit 2150 Nm bei 1000–1300 U/min, beim LNG sind es 2000 Nm bei 1100–1400 U/min.

In LNG interessierte Transportunternehmen werden mit diesen Unterschieden wohl gut leben können. Denn wie die Testfahrt offenbart, ist die Fahrbarkeit des Gasmotors gut und dank des Otto-Verbrennungsverfahrens auch deutlich ruhiger. Die Laufruhe und Geräuschentwicklung kommen direkt dem Komfortempfinden des Chauffeurs zugute und sie sind so verhalten, dass der Scania G410 LNG die PIEK-Geräuschlimite von 72 dBA in lärmsensitiven Gegenden problemlos erfüllt. Das Ottoprizip hat aber auch zur Folge, dass der Motor ohne Abgasdruckbremse auskommen muss. Das sind immerhin 256 kW, welche zum 500 kW-Retarder (4100 Nm) nur beim Diesel zur Verfügung stehen. Das Fehlen der Abgasbremse macht sich zwar bemerkbar, ist aber mit etwas Übung problemlos zu bewältigen, ohne Nachteile auf Verschleiss oder Verbrauch. Die Ecoroll-Funktion ist übrigens wegen des Arbeitsprinzips des LNG-Motors ebenfalls nicht vorhanden. Apropos Verschleiss – die Serviceintervalle beim LNG-Motor sind wegen der Zündkerze zwar verkürzt – Scania spricht von 45 000 km – doch gelangt auch hier kein fester Service-­Rhythmus zum tragen, sondern ist fahrleistungsabhängig flexibel. Mitbewerber Iveco verwendet die gleiche Zündkerze und spricht von 90’000 km. Im harten Transportalltag dürfte verkürzten Service-Intervallen wenig Verständnis entgegengebracht werden.

Erst eine absolute Ausnahme

Die LNG-Betankung dauert ähnlich lang wie bei Diesel – wenn denn eine Tankstelle vorhanden ist. Noch ist die Schweiz absolutes Brachland bezüglich LNG-Tanksäulen, doch entstehen in diesen Wochen und Monaten dank des Engagements von Krummen Kerzers, Lidl Schweiz und von Translait die ersten drei Betankungsanlagen auf der Achse vom Dreiseenland am Jurasüdfuss bis in die Ostschweiz. Für die Betankung des Test-Scania hatte uns der Gasverbund Mittelland Zugang zu seiner Insellösung in Bubendorf BL gewährt, wo aus dem LNG-Reservoir die nahe gelegenen CNG-Säulen der Agrola-Tankstelle gespeist werden. Der Gasverbund hat das Reservoir errichtet, um in dieser Region, wo keine Gasleitung vorhanden ist, gleichwohl das Erdgastanken zu ermöglichen. Eine kommerzielle LNG-Betankung ist mit dieser Insellösung aber nicht möglich.

Die Vorteile von LNG bringen eine CO2-Reduktion um 15–20 Prozent, je nach Herstellung und Herkunft ist gar eine bis 95 Prozent bessere CO2-Bilanz möglich. Zugleich reduziert sich NOx um 60 Prozent gegenüber Diesel und die Partikel fallen praktisch komplett weg. Als Übergangslösung bietet LNG also einen gangbaren Ansatz, der mit passender Infrastruktur seinen Platz haben wird.