Ab 2025 gilt es ernst mit strengeren CO₂-Vorschriften

NEUE GRENZWERTE Praktisch im Gleichschritt zur EU gelten ab 2025 auch in der Schweiz neue CO2-Grenzwerte und die Gültigkeit wird auf weitere Fahrzeugsegmente ausgeweitet. Umso wichtiger werden E-Antrieb und Infrastruktur, wie unsere Branchenumfrage bestätigt.

Ohne emissionsfreie Antriebe, namentlich Elektroantriebe, ist die ab Januar 2025 eingeführte CO₂-Gesetzgebung nicht zu erfüllen. Volvo Trucks beispielsweise ist aktueller E-Truck-Marktführer. Bei den LKW rechnet die Branche, die Vorgaben erfüllen zu können.
Ohne emissionsfreie Antriebe, namentlich Elektroantriebe, ist die ab Januar 2025 eingeführte CO₂-Gesetzgebung nicht zu erfüllen. Volvo Trucks ist beispielsweise aktueller E-Truck-Marktführer. Bei den LKW rechnet die Branche, die Vorgaben erfüllen zu können.

Strengere CO₂-Vorschriften sind nach dem Ja an der Urne im Juni 2023 eine beschlossene Sache. Den Start erschwert, dass das Gesetz zwar am 1. Januar 2025 in Kraft trat, die für die Umsetzung notwendige Verordnung aber erst in der kommenden Frühlingssession bereinigt wird. Daher sind die Auswirkungen bislang nicht vollumfänglich bekannt, was nach Aussage von Svenja Lyhs, Leiterin PR und Produktmanagement Daimler Truck Schweiz, «umfassende vorsorgliche Massnahmen bei den Herstellern verunmöglicht». Und: gegenüber den EU-Plänen treten die neuen Werte in der Schweiz auch ein halbes Jahr früher in Kraft, denn die EU sieht als Bemessungszeitraum die Zeit Juli bis Juni (erstmals Juli 25 bis Juni 26) vor, in der Schweiz nutzt die Vernehmlassung das Kalenderjahr, also ab Januar.

Prinzipiell ist eine Absenkung der bisherigen CO₂-Grenzwerte um 15 Prozent vorgesehen, was bei Lieferwagen (bis 3,5 t) noch 153,9 g CO₂/100 km zulässt. Neu dabei ist, dass jetzt auch Vans oberhalb von 2,585 Tonnen betroffen sind. Für sie gab es wegen der Vielfalt der Anwendungen und der Komplexität der Fahrzeuge bislang keinen Grenzwert. Schwere Lastwagen müssen in der Zeit zwischen 2025 und 2029 ebenfalls mit ihren Verbräuchen 15 Prozent unter dem Vecto-Referenzwert von 2021 zu stehen kommen. Es drohen saftige Strafzahlungen.

Zustimmung zu CO₂-Vorschriften und Herausforderung

Gleichwohl äussern sich alle von uns befragten Importeure grundsätzlich positiv zu Massnahmen zum Erreichen des Netto-Null-Ziels. Das neue CO₂-Gesetz spiegle den notwendigen globalen Weg wider, um einen weiteren Temperaturanstieg zu verhindern, meint etwa Riccardo Virga, Managing Director Iveco Schweiz. «Es gilt, die Volksentscheidung zu unterstützen und mit gesundem Menschenverstand Massnahmen umzusetzen, ohne dabei die Wirtschaft zu gefährden», präzisiert Virga die allgemeine Meinung in der Branche.

Doch die neuen Grenzwerte sind eine grosse Herausforderung für alle. Diverse Anbieter versuchten in einem ersten Schritt noch bis Ende letztes Jahr Lagerfahrzeuge auf die Strasse zu bringen, damit diese möglichst die CO₂-Bilanz des neuen Jahres nicht belasten. Beispielsweise Fuso hatte solche Angebote für seinen 3,5-t-Canter geschaffen oder die Amag für alle VW-Nutzfahrzeugmodelle.

Der E-Lieferwagenmarkt stagniert. Weil keine finanziellen Anreize vorhanden sind, setzen sich Flottenbesitzer mit der anspruchsvollen Systemumstellung gar nicht erst auseinander.

«Der E-LCV-Markt ist tot»

Dies kommt nicht von ungefähr, denn speziell bei den Lieferwagen klaffen Ziele und Marktverhalten weit auseinander. Nach einem bislang eigentlich konstanten Anstieg stagnieren Elektrofahrzeuge bis 3,5 Tonnen seit Anfang 2024. Christian Frey von Volkswagen Nutzfahrzeuge sieht vor allem die massiven Herausforderungen beim Zugang zu Ladeinfrastruktur als einen Hauptgrund. «Darüber hinaus fordern wir von der Politik, dass sie KMU und privaten Käufern jene Kaufanreize geben, damit Elektrofahrzeuge anstelle von fossil betriebenen Fahrzeugen gekauft werden.» Denn ein Instrument wie beim LKW, wo die LSVA-Befreiung finanziell ein echtes Plus bietet, fehlt für Fahrzeuge unter 3,5 Tonnen gänzlich.

Dies sieht auch Tarcis Berberat, Managing Director Renault Trucks (Schweiz), so: «Der Markt der elektrischen Lieferwagen ist tot und unsere Kunden haben keine finanziellen Stimuli, weder von der Politik noch viel weniger von den Auftraggebern der Transportleistung.» Hingegen stellten Fahrzeuge, Preise und Lieferfristen keine Probleme mehr dar, was auch Karin Kirchner, Direktorin Kommunikation Renault Suisse SA, bestätigt. Denn wenn sich ein Flottenkunde für den Schritt auf E-Lieferwagen entschieden hat, sollte es schnell gehen. Kirchner: «Die Verfügbarkeit ist für diese Kunden essenziell.» Besonders schwierig ist die Situation für Marken, die noch keinen Elektro-Lieferwagen im Angebot haben, da selbst die verbrauchsärmsten Dieselmodelle die neuen Grenzwerte nicht erfüllen können.

Und wer schon elektrisch fährt, stört sich an Schweizer Ladestationen zunehmend an den unterschiedlichen Ladetarifen und Bezahlmöglichkeiten. Darauf hat man bei der Amag reagiert und bietet ab 2025 seinen Kunden einen schweizweit gültigen Ladetarif von 28 Rp./kWh an.

Elektro-LKW – ein Muss

Yvonne Hartmann, Leiterin Marketing und Kommunikation bei MAN Truck & Bus Schweiz: «Im Bereich LKW werden alle Hersteller gezwungen sein, E-Trucks zu verkaufen, um auch weiterhin auf dem Markt überhaupt existieren zu können.» Entsprechend haben jene OEM gerade die besseren Karten, die bereits Elektro-LKW im Angebot haben und diese auch liefern können. Beispielsweise Scania kämpft mit den langen Lieferfristen, die sich bei ihren E-Fahrzeugen wegen verschiedener Probleme in den Lieferketten ergeben haben. «Scania arbeitet mit Hochdruck daran, in mehreren Bereichen die Produktions- und Lieferkapazitäten auszubauen», sagt Manuel Manser, Leiter Kommunikation und Marketing bei Scania Schweiz.

Ladeinfrastruktur und das Stromversorgungsnetz bilden zusammen die Achillessehne, die es den Fahrzeugherstellern erschweren könnte, die Vorgaben zu erfüllen.

Volvo Trucks hingegen dominiert aktuell den E-Truck-Markt auch in der Schweiz, wie die auto-schweiz-Zahlen der ersten neun Monate 2024 zeigen. Zum einen sind 28 Prozent der Volvo-Verkäufe E-Trucks. Zum anderen tragen in der Schweiz über die Hälfte (53,4 %) aller neuen Elektro-LKW das Volvo-Emblem. Hinter Volvo folgt Elektro-Pionier Renault Trucks, wo die Elektro-Versionen in den schweren Baureihen erst nur zögerlich anzurollen begannen. Gleichwohl entfielen knapp 24 Prozent aller neuen E-Trucks auf die Volvo-Konzern-Tochter.

Beide Marken sehen deshalb produktseitig aktuell keine besonderen Herausforderungen. Hingegen wird von beiden der schleppende Aufbau der notwendigen Ladeinfrastruktur als grösstes Hemmnis angesehen, sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene. «Die nationalen Energieversorgungsnetze müssen auf den erhöhten Strombedarf vorbereitet werden», ist Remo Motta, Manager Marketing und Kommunikation bei Volvo Trucks (Schweiz), überzeugt. Es herrscht in der Branche Konsens, dass fahrzeugseitig die Zielvorgaben nur zu erfüllen sind, wenn die leistungsfähige Infrastruktur vorhanden ist.

Gleichzeitig mit strengeren CO₂-Vorschriften wäre auch Anreiz nötig

Die LSVA-Befreiung von Elektro-LKW wird in der Schweiz als grosser Pluspunkt angesehen. Es lohne sich daher jetzt, auf Elektro-LKW umzusteigen, ist Motta überzeugt. «Die TCO eines Elektro-Trucks ist dank LSVA-Befreiung bei ausreichender Einsatzzeit bereits besser als die eines Diesels.» Doch sicher damit Kalkulieren lässt sich aktuell nur noch bis 2030, denn ab 2031 wird die Regelung angepasst und Stand heute muss dann auch beim E-Truck mit Abgaben gerechnet werden.

Thomas Rücker, Direktor auto-schweiz, fasst die Perspektiven ab 2025 zusammen: «Mit der Investitionssicherheit durch den Entfall der LSVA ist die Branche bei den Lastwagen zuversichtlich, die neuen Vorgaben ab 2025 sanktionsfrei erreichen zu können.» Das sei bei den Lieferwagen hingegen überhaupt nicht der Fall: «Leider fehlt eine solche Investitionssicherheit in diesem Segment gänzlich.»

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