Bruno Blin: «Wir sind mehr als nur zurück»

INTERVIEW Seit der Neuorganisation 2016 leitet Bruno Blin die Geschäfte des französischen Zweigs der Volvo Group. Die Strategie trägt positive Früchte, wie der Renault-Trucks-CEO im Gespräch erläutert.

Bruno Blin CEO Renault Trucks TIR transNews
Bruno Blin, CEO Renault Trucks, im Interview mit TIR transNews.

TIR: Der europäische Markt verlief 2017 im LKW-Segment positiv. Auch Renault Trucks profitiert davon. Sind Sie mit dem Resultat zufrieden?

Bruno Blin: Ich bin ein glücklicher CEO, aus verschiedenen Gründen. Zum einen, weil wir in einem sehr dynamischen Markt unterwegs sind, der in grossen Teilen Europas Zuwachs für Renault bringt. Zum andern kann sich Renault Trucks stetig stärker positionieren. Unsere Marktanteile steigen im schweren und mittelschweren Segment, ja sogar bei den leichten Nutzfahrzeugen. Dieser Zuwachs ist für uns sehr wichtig.

Inwieweit hat das Neukonzept der Volvo Group dazu beigetragen?

Renault Trucks und das Mutterhaus sind in den letzten Jahren durch etliche Turbulenzen hindurchgegangen. Nun haben wir in der Volvo Group eine gute Ausrichtung gefunden, indem die Verantwortungen für die Geschäfte stärker auf die Marken übertragen wurden. Und diese Ausrichtung beginnt sich auszuzahlen, denn wir können mit Genug­tuung eine stärkere Präsenz im Markt feststellen. Renault Trucks ist mehr als nur zurück. Unser Personal ist initiativ und engagiert, was mit ein Teil davon ist, wie wir Renault Trucks neu aufgebaut haben. Das begeistert mich persönlich sehr. Dazu kommt, dass unser stärkstes Argument, die Fahrzeuge, mehr und mehr Menschen überzeugen kann.

Welches ist dabei die wichtigste Modellreihe? Die schwere, mittlere oder die Baufahrzeuge?

Wir wachsen in der Gesamtheit, vielleicht nicht so sehr im Bausegment, denn dieses boomt nicht wirklich. Doch selbst die leichten Nutzfahrzeuge sind für uns sehr wichtig, und wir stellen fest, dass auch hier unsere Absätze wachsen. Wir haben in allen Segmenten zugelegt und sehen das auch anhand unserer voll ausgelasteten Werke für die schweren und mittelschweren LKW.

Was schätzen die Kunden besonders an den schweren T-Reihe-Fahrzeugen?

Im Feedback unserer Kunden steht der gute Treibstoffverbrauch ganz oben auf der Liste. Die Fahrer mögen zudem die leichte Fahrbarkeit unserer LKW, den Komfort der Kabine, das Image der Marke. Bei einer Umfrage in Deutschland unter jungen Fahrern hat es unser T-Modell auf den zweiten Rang geschafft, hinter dem Group-Geschwister Volvo FH. Das alles kann mit Blick auf den in ganz Europa herrschenden akuten Fahrermangel bei Neuanschaffungen durchaus ein Argument für Renault Trucks sein.

Sind Sie zufrieden mit Ihrer Balance zwischen Sattelzugmaschinen und Rigid-Fahrgestellen?

Unsere Balance ist aktuell recht gut, und wir können in beiden Richtungen wachsende Marktanteile registrieren. Natürlich ist es einfacher, eine Zugmaschine zu verkaufen, während ein Rigid etwas komplexer ist und mehr Know-how verlangt. Doch wir haben seit 2016 viel Geld und Zeit in die Schulung unserer Verkaufsmannschaft investiert. Nur so stellen wir sicher, dass ein Verkäufer dem Kunden das richtige Fahrzeug für den vorgesehenen Einsatz anbieten kann.

Wie sehen Ihre Bemühungen in Bezug auf neue Technologien aus?

Wir investieren in Technologien wie 3D-Druck und Augmented Reality, aber auch in neue Antriebssysteme. Unser Vorteil ist es, Teil der Volvo Group zu sein. So müssen wir beispielsweise die Elektrifizierung nicht nur für eine einzelne Marke entwickeln, sondern tun dies für alle Marken der Gruppe (Renault Trucks, Mack, UD Trucks, Volvo Trucks). Im Fall der Elektrifizierung kommt dazu, dass die Volvo Group die Nummer 1 bei den elektrischen Bussen ist. Das verschafft uns kompetitive Vorteile, da wir viel von den Erfahrungen bei den Bussen mitnehmen können. Ähnliches gilt auch für die Konnektivität und Vernetzung der Fahrzeuge, wo wir beispielsweise Versuche für bedarfsgerechten Service und Unterhalt laufen haben. Wir hoffen, gerade mit Letzterem unseren Kunden zusätzliche Wertschöpfungen zu ermöglichen, denn im Endeffekt geht es uns um den Geschäftserfolg unserer Kunden.

Welches ist Ihre Roadmap für die Zukunft? Welche ­Antriebstechnologien stehen für Bruno Blin im Mittelpunkt: Gas-, ­Hybrid-, Elektroantrieb …?

Bei uns ist Erdgas CNG in der mittleren D-Baureihe bereits erhältlich und entsprechende Fahrzeuge sind im Handel. Wir denken aber, dass Erdgas eine Übergangstechnologie ist. Diesel wiederum wird noch eine ganze Weile erhältlich sein. Ich bin ziemlich sicher, dass wir auch in 20 Jahren noch über Diesel sprechen werden. Also investieren wir weiter auch in Diesel, um künftig gute Verbräuche garantieren zu können. Zugleich ist es wichtig, in vollelektrische Antriebe zu investieren. Wir sind überzeugt, dies ist der Weg der Zukunft für die Transportindustrie. Die Einführung wird Schritt für Schritt erfolgen, angefangen im städtischen Bereich. Ein erster Ansatz sind bei uns Prototypen von Abfallsammelfahrzeugen, von denen wir welche in der Schweiz und in Paris laufen haben und weitere in Lyon zum Einsatz bringen werden.

Was unternehmen Sie, um die Verbräuche bei den herkömmlichen Antrieben weiter zu senken?

Dazu möchte ich keine Details nennen, doch wir arbeiten in diesem Gebiet intensiv an Lösungen. Auch in diesem Fall ist es ein Vorteil, Teil einer grossen Organisation wie der Volvo Group zu sein. Dabei schätze ich die Tatsache, dass die Zusammenarbeit in der Volvo Group schon so lange läuft, dass wir Synergien nutzen und Früchte ernten können.

Wie sehen Sie Ihre Expansionsmöglichkeiten in neue Märkte?

Wir sind vornehmlich eine kontinentale Marke und unser Hauptmarkt besteht aus Europa, den Maghreb-Staaten in Nordafrika und dem Mittleren Osten. Zudem sind wir dank unseres starken Importeurs in Chile auch ein ganz klein wenig in Südamerika tätig. Die Expansion sehe ich in kleinen Schritten, da ich nicht an einen Big Bang glaube, indem wir beispielsweise nach Asien erweitern. Zuerst müssen wir unsere Geschäfte in Europa weiter stärken, dann sehe ich grosses Potenzial in Afrika. Der Iran ist im Kommen und dort haben wir einen guten Geschäftspartner, haben gemeinsam mit ihm eine Fabrik erstellt. Aktuell bauen wir zudem ein Werk im für uns wichtigen Algerien. Sie sehen, unsere Basis für die Weiterentwicklung ist bereits sehr gross.

www.renault-trucks.ch

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