Sophie Schumacher: In der Transportbranche brauchen wir alle
PERSÖNLICH Nutzfahrzeug-Mechatronikerin Sophie Schumacher aus Hagneck BE feierte im September an den WorldSkills in Lyon (F) doppelte Premiere: Sie bestritt als erste Frau an der Berufs-WM die Disziplin «Heavy Truck Maintenance» – und gewann als erste den WM-Titel.

«Mein Bruder meinte, ich soll mich doch ein zweites Mal für die SwissSkills anmelden, auch wenn ich keine Lust hätte», erzählt Sophie Schumacher. «Schaden konnte es nicht und ich hätte nichts zu verlieren.» Ganz im Gegenteil: Sophie qualifizierte sich 2023 nicht nur für die Ausscheidung für das Schweizer Nationalteam – sie liess, nachdem sie diese an der transport-CH für sich entschieden hatte, auch an der Berufs-WM Mitte September 2024 alle Konkurrenten hinter sich.
«Es lief mir über alle vier Tage megagut», blickt die 22-Jährige auf ihre Zeit in Lyon zurück. «Man kann allerdings nie richtig einschätzen, wo man steht, weil man nicht weiss, wie es den anderen läuft.» Am Ende sei es nicht ihr alleiniger Sieg gewesen, sondern auch der von ihrem Coach Jean Trotti: «Rückblickend kann ich sagen, dass die von ihm geplanten Trainings genau das waren, was ich brauchte, um am Ende zu gewinnen.»

Dabei kam Sophie über Umwege zu diesem Beruf. Nach der obligatorischen Schulzeit begann sie zunächst mit der Fachmittelschule in Richtung Soziales und Gesundheit – aber es gefiel ihr nicht. «In den Sommerferien begleitete ich eine Woche meinen Vater, er ist Automechaniker. Da dachte ich, warum eigentlich nicht? Ich schnupperte in mehreren Werkstätten, bis mich ein Bekannter, der mit Reisecars zu tun hatte, bei sich schnuppern liess. Das gefiel mir besser als bei den Autos und so begann ich meine Ausbildung.» Als nach zweieinhalb Jahren der Betrieb schliessen musste, suchte sich Sophie eine Anschlusslösung in einer LKW-Garage. «Cars kannte ich ja schon, warum also nicht auch noch Lastwagen?»
Seit gut eineinhalb Jahren arbeitet sie bei der Recam SA in St. Blaise NE, wo sie inzwischen auch ihre Französischkenntnisse aufpolieren konnte. Einen typischen Arbeitstag gäbe es in ihrem Job nicht: «Die Arbeit wird vom Werkstattchef eingeteilt und kann alles sein: von Service über Reparatur bis Pannendienst oder MFK-Aufbereitung. Heute musste ich etwa einen geplatzten Hydraulikschlauch demontieren, neu anfertigen lassen und wieder montieren. Am besten gefällt mir die Mischung aus allem. Ich revidiere gerne Motoren und Bremsen, aber Pannendiagnostik und Fehlersuche sind auch interessant. Es kann auch körperlich anspruchsvoll werden, denn man steht mindestens neun Stunden oder länger und arbeitet mit schweren Teilen.»
Dass Sophie, die gerne Korbball spielt und zum Ausgleich viel in der Natur unterwegs ist, als Frau etwas Besonderes in diesem Beruf sei, würden vor allem die Medien gerne hervorheben. «Manchen müsste man doppelt beweisen, dass man das gleich gut kann», so Sophie. «Kommen blöde Kommentare von Männern, so sind mir die mittlerweile meistens ziemlich egal. In diesem Beruf ist nämlich jeder willkommen, der gerne mit Händen arbeitet und Technik mag. Wir brauchen alle, Frauen und Männer, denn in jeder Bude hat es heute zu wenig Leute.»