Alternativ-Antrieb hiess die Losung an der Busworld 2023
BUSWORLD 2023 Aufgrund der Pandemie waren seit der letzten Busworld rund vier Jahre vergangen. Die Messe, die nun zum zweiten Mal in Brüssel stattfand, beherbergte 526 Aussteller aus 38 Ländern, von denen wir hier die wichtigsten Exponate herausgepickt haben (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Der Trend in Richtung alternative Antriebe, wie Erdgas, batterieelektrisch und Wasserstoff-Brennstoffzelle zeichnete sich bei praktisch allen Ausstellern deutlich ab und war auch klar dominierend bei den Neuheiten. Aber nicht nur, wie der Rundgang, den wir Marke für Marke durchgehen, zeigt.
MAN Truck & Bus
Der neue Low Entry (LE) Lion’s Intercity LE14 ist ein 14-Meter-Bus, mit vorne als Niederflur und hinten als Hochdecker ausgestattet (TIR 10/2023). Er ist mit unterschiedlichen Türsystemen, mit Stadt- oder Überlandbereifung sowie mit etlichen Kombinationen als Stadtbus- oder Überlandbus bestellbar. Dabei sorgen der MAN Efficient-Hybrid und das geringe Gewicht für niedrigen Treibstoffverbrauch. Daneben zeigte MAN die neue Kompaktversion des vollelektrischen Lion’s City 10 E und den bereits vielfach bewährten Lion’s City 12 E, der bekanntlich als Bus of the Year 2023 ausgezeichnet worden war. Als viertes Fahrzeug präsentierte MAN den Lion’s Coach.
Iveco und Hyundai
Zu den zahlreichen Ausstellern, welche mit Premieren aufwarteten, gehören auch Iveco und Hyundai. Sie präsentierten das gemeinsame Projekt eines Wasserstoff-Stadtbusses. Der E-Way H2 ist ein zwölf Meter langer Niederflurbus, der mit einem 310-kW-Elektromotor ausgestattet ist. Mit vier Druckspeichern, in denen total 7,8 kg Wasserstoff mitgeführt werden können, und einem von FPT gelieferten 69-kWh-Batteriepaket soll der Stadtbus eine Reichweite bis zu 450 km bieten. Die Brennstoffzelle stammt von der Brennstoffzellenmarke HTWO von Hyundai. Der E-Way H2 ist nach dem Iveco Daily, der auf der IAA Transportation im letzten Jahr vorgestellt worden ist, das zweite konkrete Projekt der Zusammenarbeit von Hyundai und Iveco. Beim neuen Stadtbus kann nicht nur Wasserstoff getankt werden, vielmehr kann die Batterie auch an der Steckdose aufgeladen werden.
Daimler Buses
Beim Mercedes-Benz eCitaro H2 wird der bekannte Elektro-Stadtbus mit einer Brennstoffzelle und Wasserstofftanks ergänzt, die eine nochmals höhere Reichweite (bis zu 400 km) ermöglichen sollen. Setra wiederum zeigte seine neu aufgelegten Überland- und Reisebusse. Dabei haben wir den MultiClass LE bereits erprobt, ebenso die Hochdecker S 515 HDH und S 516. Auch der Doppeldecker S 531 DT stand in Brüssel, wobei bei den Hochbodenfahrzeugen von Setra erneut die spezielle Klasse in Sachen Verarbeitung und Komforteindruck erkannt werden konnte.
Van Hool und VDL
Im Zentrum des belgischen Herstellers Van Hool stand die neue Reisebusreihe T, die in den kommenden Monaten auch auf der Strasse anzutreffen sein dürfte. Auffällig ist nicht nur ihr elegantes Design, vor allem bietet der Bus endlich auch auf dem Fahrerplatz genügend Raum für die Mitbringsel des Chauffeurs. Der noch aus der «alten» Generation stammende Doppeldecker profitiert noch nicht von diesem Platzgewinn.
Neben den Reisebussen präsentierte Van Hool den elektrischen 12-Meter-Stadtbus und den elektrischen 24-Meter-Doppelgelenkbus. Letzterer ist eine oberleitungsfreie Bestellung von Ile-de-France Mobilités für den Einsatz in Paris. An der Entwicklung arbeitete Van Hool in einem Konsortium mit Alstom und Kiepe Electric zusammen. Der Stromspeicher ist eine schnellladbare Hochleistungsbatterie von Kiepe Electric und die Aufladung erfolgt vom Boden aus, mittels der von Alstom entwickelten statischen Ladeinfrastruktur (SRS). Im vergangenen Jahr hatte Ile-de-France Mobilités mit dem Konsortium eine Rahmenvereinbarung über eine Mindestbestellmenge von 56 Fahrzeugen unterzeichnet. Jeder Bus kann bis zu 140 Fahrgäste transportieren. In Spitzenzeiten werden sie im 5-Minuten-Takt verkehren, um die Kapazität des Pariser ÖV-Netzes zu erhöhen.
VDL aus dem niederländischen Eindhoven steht zwar vor der Neuauflage seines Reisebusses Futura, beschränkte sich aber in Brüssel auf seinen neuen Stadtbus Citea. Dieser hat das Basispaket der Batterien im Fahrzeugboden integriert, lediglich Zusatzbatterien sind auf dem Dach untergebracht.
Solaris und Irizar
Der polnische Bushersteller Solaris, der in der Schweiz oft auf Postauto-Linien anzutreffen ist, stellte seine 18-Meter-Gelenkbusse ins Zentrum seines Standes. Der Urbino 18 war sowohl als Elektro- wie auch als Wasserstoff-Brennstoffzellenbus zu sehen. Solaris hatte sich schon früh auf alternative Antriebe spezialisiert, ohne dabei Diesel- und Erdgaslösungen zu vernachlässigen. Das Solaris-Programm umfasst demnach diverse Antriebstypen und ist in unterschiedlichsten Längen und Lösungen erhältlich.
Die auf der spanischen Seite des Baskenlandes beheimateten Irizar waren mit drei Reisebussen und einem 18 Meter langen Stadtbus vor Ort. Letzterer ist ein Elektrobus und trägt die Bezeichnung ie tram, jener Bus also, der auch in Schaffhausen eingesetzt wird, wo Irizar den gesamten Busbetrieb elektrifiziert. Dabei ist Irizar, die in der Schweiz durch die Firma Jebsen & Jessen vertreten wird, nicht nur für die Busse, sondern auch für die Ladeinfrastruktur verantwortlich. Irizar baut neben E-Bussen auch Reisecars mit Erdgas-, Wasserstoff- und Dieselantrieb (Diesel, Biodiesel, HVO).
Seit Scania bekannt gegeben hat, wie Volvo keine eigenen Busaufbauten mehr zu produzieren, ist auch der Neuheitenfluss beim Bus eingeschlafen. In Brüssel war gleichwohl der elegante Elektrostadtbus Citywide zu sehen. Daneben präsentierte Scania zwei Irizar-Reisebusse auf Scania-Chassis, einen Hochdecker mit Biodiesel- und einen Dreiachser mit Erdgasantrieb.
Carrosserie Hess
Mit zwei Elektrobussen war der Bushersteller aus Bellach präsent. Der Stand stellte den 18 Meter langen Hess lighTram 19 DC in den Mittelpunkt, der zum Grossauftrag der Neuenburger Verkehrsbetriebe gehört und nach der Messe nach Neuenburg geliefert wurde. Beim Blick aus den linken Fenstern des Gelenkbusses wähnte man sich auf der Fahrt durch die Rebhänge von Neuenburg. Der zweite Bus, ein Solobus lighTram 12, stand uns bereits auf einem Vergleichstest in Bonn zur Verfügung (Bericht folgt) und gefiel durch gutes und komfortables Fahrverhalten.
Kleinbusse und neue «Gesichter»
Neben den grossen Stadt- und Reisebussen waren von diversen Herstellern Kleinbusse zu sehen. Das Modell auf dem MAN TGE wird übrigens vom litauischen Hersteller Altas produziert, der sich unter anderem auch auf das Retrofitting von bestehenden Diesel-Chassis auf Elektroantrieb spezialisiert hat. Solche Busse liefert Altas auch an das Unternehmen Globe Limo, das die E-Busse im Auftrag der Genfer Verkehrsbetriebe tpg (transport publics genevois) betreibt. Schweizer Vertreter von Altas ist Widera Connect aus Männedorf. Neue Kleinbusse kommen auch vom britischen Hersteller Mellor, der neu in Europa von Jebsen & Jessen vertreten wird (siehe Irizar). Mellor baut seine kompakten Elektrobusse nicht auf einem Lieferwagenchassis auf, sondern wie grosse Busse auf einem spezifischen Buschassis.
Auch in der Schweiz weniger bekannte Hersteller drängen auf den europäischen Markt, wobei die Marktführerschaft im europäischen Elektrobusgeschäft inzwischen bei chinesischen Herstellern liegt (Quelle: Chatrou CME Solutions). In Brüssel zeigte der chinesische Fahrzeugbauer Higer seinen neuen, elektrischen Fencer F1 Integral EV. BYD wiederum zeigte unter anderem seinen neuen eBus B12, der auf einem sogenannten Blade-Chassis aufbaut, bei dem die Batterie wie beim VDL Citea im Boden integriert ist. Oder der türkische Hersteller Otokar präsentierte erstmals seinen Brennstoffzellen-Bus KENT C Hydrogen.
BMC, ebenfalls Türkei, enthüllte den 12-Meter-Elektrobus Procity+. Und JBM aus Indien war mit zwei Elektrobussen präsent, einem Stadt- und einem Überlandbus. Dazu gesellen sich Namen wie Beulas, Ebusco, JBC, MCV, Yutong, Ayats, Arthur, Zhongtong, Temsa, Sigma und Karsan, um nur einige der zahlreichen mehr oder weniger unbekannten Hersteller aus allerlei Ländern zu nennen. Neben diversen Fahrzeugen, die aus unserer Sicht noch hohes Verbesserungspotenzial aufweisen, sind wir überzeugt, von etlichen Herstellern künftig auch in der Schweiz noch mehr zu hören.
Die nächste Busworld wird in zwei Jahren erneut in Brüssel stattfinden: vom 4. bis 9. Oktober 2025.