Der Shuttle als verlängerte Visitenkarte des Hotels

MINIBUSSE Für Transportdienstleistungen setzen Hotels, Firmen und grosse Familien oft auf Minibusse. Die Platzhirsche von Mercedes und VW haben neue, spezifische Konkurrenz erhalten. Doch was ist von der Qual der Wahl zu halten?

Kompakte Hotelbusse Shuttle TIR transNews
Kompakte Hotelbusse können als Shuttle ein wichtiger Teil der Visitenkarte eines Betriebes sein. Das haben diverse Hersteller erkannt und machen Mercedes und VW die bisherige Dominanz streitig.

Personentransportlösungen sind ein Balanceakt zwischen dem Bedürfnis einer möglichst grossen Sitz- und Transportkapazität sowie einer passenden, sprich minimalen Fahrzeuggrösse. Letzteres ist auf die knappen innerstädtischen Strassenverhältnisse und auf die beengten Parkhäuser in Europa zurückzuführen. Genau auf diese Eckdaten konzipiert spielen Mercedes und VW mit ihren mittelgrossen Transportern eine wesentliche Rolle, die mit Luxusversionen V-Klasse und Multivan nicht nur bei Hotels und Firmen grosse Verbreitung finden. Bei beiden stehen auf dem Auto-­Salon Genf aktuell die überarbeiteten Versionen am Start, sodass wir hier nur noch am Rande auf die beiden Platzhirsche eingehen.

Ihnen ist zuletzt ernsthafte Konkurrenz erwachsen, indem auch andere Lieferwagenhersteller ihre Busversionen aufgewertet haben, um stärker an diesem lukrativen Geschäft teilhaben zu können. Ein Beispiel dafür stammt von Ford mit dem neuen Tourneo Custom Bus, doch da sind auch die Luxusbusse Renault Trafic Spaceclass und Toyota Proace Verso VIP. Letzterer ist ein Kooperationsprodukt mit PSA und wird in vergleichbarer Form als Citroën Spacetourer Business Lounge sowie als Peugeot Traveller VIP gebaut. Zudem wird er in Kürze auch bei Opel als vierte Variante zum Einsatz kommen. Beim Renault laufen aktuell noch Homologationsarbeiten für Euro 6d-Temp und WLTP, weshalb der Spaceclass momentan nicht im Angebot erscheint, aber nach Auskunft von Renault Schweiz nach Abschluss des Verfahrens noch in der ersten Jahreshälfte wieder erhältlich sein wird.

Grundkonzept ist Lieferwagen
Obwohl für viele Shuttle-­Anwen­dungen auch Minivans à la Renault Espace eingesetzt werden, wird meist für die Shuttle- und Ausflugsaufgaben auf Luxusbusse zurückgegriffen. Diese sind geräumiger, nutzorientierter angelegt und basieren auf Lieferwagen. Dank seitlichen Schiebetüren bieten sie bequemeren Zugang zum Innenraum, im Heck sind oft eine riesige Heckklappe oder grosse Türflügel für ein problemloses Handling des Gepäcks gegeben. Generell wird auch bei dieser Art Hotelbusse darauf geachtet, dass die Fahrzeughöhe knapp unter der magischen Zwei-Meter-Parkhausgrenze liegt, was bei allen hier betrachteten Modellen der Fall ist.

Dank der variablen Lieferwagenbasis sind die Busse in mehr als nur einer Länge im Angebot, im Test sind es Längen zwischen 4,90 m und 5,40 m. Allerdings sind nicht immer alle Ausstattungsversionen «längenvariabel», wie beispielsweise der Ford Tourneo Shuttle Bus, der ausschliesslich in einer Längenvariante (5,34 m) angeboten wird.

Von der Lieferwagenbasis her sind ebene Innenboden Ehrensache, während es bei der Bestuhlung zu sehr unterschiedlichen Varianten kommt und nur ausnahmsweise im hinteren Passagierraum mehr als zwei Sitzreihen Platz finden. In der Liga der luxuriösen Varianten ist beim Rückwärtsstellen der zweiten Reihe eine Konferenz- oder Jassbestuhlung möglich. Diese mag im Showroom ein neckischer Blickfang sein, doch im Fahralltag dürfte die herkömmliche, durchwegs nach vorne gerichtete Bestuhlung wegen des praktischen Nutzens die Regel sein. Kommt dazu, dass ein Wechsel der Sitzrichtung wegen der schweren, mit integrierten Gurten bestückten Polster ein echter Kraftakt ist und man ihn daher nur in Ausnahmefällen ausführen wird.

Die Platz- und die Ausstattungsfrage
Fürs Komfortempfinden spielen die Qualität der Bestuhlung, die Innengestaltung, das Raumgefühl sowie der Zustieg eine wichtige Rolle; hier können alle drei neuen Mitspieler überzeugen. Renault nutzt im Spaceclass die Konzernkooperation mit Daimler und verwendet komfortable Mercedes-Sitzbänke, die so im normalen Trafic-Lieferwagen und -Bus nicht zum Einsatz kommen. Wie beim Trafic Spaceclass kommen beim Ford und beim PSA-basierten Toyota eine Kombination aus Einzelsitzen und Bänken zum Einsatz, die aber optional auch komplett mit Einzelsitzen bestellt werden können. Der Zugang zum Fahrgastraum wird von der Handhabe der Sitzmechanismen bestimmt, die bei allen recht einfach gehalten ist. Daneben spielt die Innenhöhe eine Rolle, denn ein paar Zentimeter mehr erleichtern die Bewegung zwischen Sitz und Tür. Hier haben der Toyota und seine PSA-Geschwister die besten Trümpfe, denn mit 1,34 Meter zwischen Fahrzeugboden und Panoramadach sind sie am luftigsten gehalten. Ford, Renault und auch VW sind mit 1,32 Meter fast genauso grosszügig, während ein Mer­cedes bisher mit 1,22 Metern die meiste Beweglichkeit beim Ducken durch die Kabine abverlangte.

Schiebetüren links und rechts sind ausser beim Renault Spaceclass Standard. Ford und Renault verzichten ganz auf eine elektrische Betätigung, während beim Toyota selbst die Gestensteuerung durch einen Fusskick im VIP-Preis enthalten ist, ebenso bei den beiden PSA-Pendants. Wie genau Renault den Spaceclass bei der Wiedereinführung posi­tionieren wird, ist noch nicht bekannt. Bislang hielten die Franzosen ihre Optionenliste kurz und boten für den unter 50’000 Franken startenden Edeltransporter lediglich eine leistungsfähigere Klimaanlage, Ledersitzbezüge und die linke Schiebetüre an.

Der Toyota Proace Verso VIP ist als luxuriöses Komplett­angebot konzipiert und kommt neben VW und Mercedes mit dem teuersten Preisschild. Bei ihm sind die 177-PS-­Topmotorisierung, Achtgang-Automatikgetriebe, Ledersit­ze, besagte elektrische Schiebetüren, umfangreiche Assistenzsysteme und eine hochwertige Audio-­Navi­gations­an­lage im Basispreis von 64’300 Franken inbegriffen. Als Option stehen praktisch nur noch die Langversion, die Anhängevorrichtung, verstärkte Hinterachse und die Standheizung auf der Preisliste.

Antrieb …
Hier unterscheiden sich Toyota und die beiden PSA-Pendants. Citroën Spacetourer Business Lounge und Peugeot Traveller Business VIP stehen zwar auch mit 180-PS-Motor und Automatikgetriebe zu Preisen ab rund 52 000 Franken zur Wahl. Bei ihnen steht aber auch eine Zweitmotorisierung mit 150 PS im Angebot, die mit Handschaltung und auf Wunsch sogar Allradantrieb erhältlich ist. Das ist vor allem in Bergregionen von Bedeutung, wobei in der Schweiz der Allradantrieb ja eine überproportionale Rolle spielt. Allerdings gilt es hier zu beachten, dass PSA keine Werkslösung für den AWD anbietet, sondern das von Dangel entwickelte, nachträglich installierte System, das mit rund 10’000 Franken Aufpreis eine beachtliche Hürde darstellen wird.

Ford und Renault haben übrigens in ihren Luxusbussen ebenfalls keine Allradvariante im Köcher. Der Renault Space­class verfügt jedoch über eine spezielle Schlechtwege-­Traktionshilfe und auch der Toyota Proace besitzt diese effiziente Unterstützung. Bezüglich AWD werden Mercedes und VW auch künftig weiterhin ein Wort mitreden wollen, wobei bislang ein Aufschlag von 4000 bis 5000 Franken realistisch war.

An der Leistungsfähigkeit und Sparsamkeit der Antriebskonzepte ist bei keinem etwas auszusetzen. Beachtenswert ist hierzu jedoch der Renault, der als einziger «nur» einen 1,6-Liter-Turbodiesel besitzt, alle übrigen werden von einem Zweiliter-Diesel alimentiert. Mit 145 PS liegt der Renault auch deutlich hinter dem Gros der andern, wobei die Basisversionen von Citroën und Peugeot mit 150 PS auf etwa gleichem Niveau spielen, während der Ford-Motor mit 130 und 170 PS ein besonders breites Leistungsspektrum abdeckt. Im Fahralltag haben wir bezüglich Durchzugskraft beim Renault keinen Nachteil festgestellt, hingegen aber bedauern wir bei intensivem Stop-and-Go im dichten Agglo­­mera­tions­ver­kehr, dass der Komfort einer Automatik auch gegen Aufpreis nicht erhältlich ist. Bei den anderen geprüften Herstellern hat man zumindest die Wahlmöglichkeit zwischen Handschaltung und Automatik, oder die Automatik ist Serie (Toyota). Betreffend der Busse aus Wolfsburg und Stuttgart verzichten wir mit Blick auf die Überarbeitung auf die Bewertung der Antriebe.

… und Komfort
Akustisch hält sich der Toyota am deutlichsten zurück und gibt sich zusammen mit der angenehm wirkenden Abstimmung von Federung und Dämpfung besonders komfortabel. Auch sein Testverbrauch ist trotz Auto­matikgetriebe mit 7,4 l/100 km beachtlich niedrig und er wird vom handgeschalteten Trafic Spaceclass nur knapp unterboten. Der Ford und die noch kürzlich gefahrenen VW Multivan und Mercedes V-Klasse sind da noch etwas durstiger.

Doch Komfort und Fahrstabilität sind Meriten aller Luxusbusse, die sowohl Bodenwellen effizient absorbieren als auch für den Lenker angenehm zu bewegen sind. Adaptive Dämpfersysteme bleiben die Domäne von Mercedes und VW, hingegen begnügen sich Renault und Toyota/PSA mit sehr gut abgestimmten, konventionellen Fahrwerken. Der Ford Tourneo Custom ist auch mit einer luftgefederten Hinterachse erhältlich.

Fazit
Wie üblich im Nutzfahrzeugsektor bleiben auch nach intensiven Tests und Auswertungen am Ende vor allem die jeweiligen Transportbedürfnisse und der Preis, die für einen Kauf ausschlaggebend sind. Für Hotelbusse spielt jedoch sicher auch der Prestigefaktor für einzelne Betriebe eine wichtige Rolle. In unserer Übersicht bieten der Renault Spaceclass und der Ford Tourneo Custom die preislich gleichwertigen Einstiegsangebote, wobei hier ohne elektrische Schiebetüren und teilweise ohne Automatik der Glamourfaktor sowieso Nebensache ist, die Wagen aber mit solider Verarbeitung und umfangreicher Ausstattung überzeugen.

Neben Mercedes und VW ist der Toyota preislich am höchsten positioniert, wobei der Unterschied zu den französischen PSA-Modellen vor allem in der Serienausstattung begründet liegt. Sie umfasst im Proace Verso VIP vieles, was Peugeot und Citroën erst gegen Aufpreis mitliefern. Neben der etwas nüchternen, aber bestens abgestimmten Sachlichkeit des Renault Trafic Spaceclass hat der Toyota Proace Verso VIP eine Saite bei uns angeschlagen. Mit Preisen ab gut 64’000 Franken bietet er eine umfassende Ausstattung, reichlich und gut funktionierende Assistenzsysteme sowie einen sparsamen, komfortablen Antriebsstrang. Und er strahlt im Innern jenen gewissen Luxus aus, der Passagiere angenehm umgibt, ohne mit Opulenz zu übertreiben.

Ford Tourneo Custom Bus

  1. Baugleich mit: keinem
  2. Dimensionen: 4,97 / 5,34 m lang; 1,98 m breit; 1,98 m hoch
  3. Innenraum: 7 oder 8 Sitze; 1,2 bis 5,8 m3 Laderaum
  4. Antriebe: 2,0-l-Turbodiesel mit 130 und 170 PS, wahlweise Handschaltung und Automatik, Vorderradantrieb
  5. Testwagen: Version Titanium kurz, 170 PS, manuell, Normverbrauch 6,2 l/100 km, Test 8,4 l/100 km
  6. Preise: Titanium 48’164 bis 55’308 Franken

Renault Trafic Grand Spaceclass

  1. Baugleich mit: Nissan NV300 Premium
  2. Dimensionen: 5,00 / 5,40 m lang; 1,96 m breit; 1,97 m hoch
  3. Innenraum: 7 oder 8 Sitze; 1,0 bis 6,0 m3 Laderaum
  4. Antrieb: 1,6-l-Turbodiesel mit 145 PS, Handschaltung, Vorder­radantrieb
  5. Testwagen: Grand Spaceclass, 145 PS, manuell, Normverbrauch (vor WLTP) 6,0 l / 100 km, Test 7,3 l / 100 km
  6. Preise: aktuell nicht auf Preisliste,zuletzt ab rund 51’500 Franken

Toyota Proace Verso VIP

  1. Baugleich mit: Citroën Spacetourer Business Lounge, ­Peugeot Traveller VIP
  2. Dimensionen: 4,96 / 5,31 m lang; 1,92 m breit, 1,94 m hoch
  3. Innenraum: 6 oder 7 Sitze; 0,8 bis 4,6 m3 Laderaum
  4. Antrieb: 2,0-l-Turbodiesel mit 177 PS, Achtstufen-Automatik (Citroën 6 Stufen), Vorder­radantrieb
  5. Testwagen: Proace Verso VIP long, 177 PS, Automatik, Normverbrauch 6,4 l / 100 km, Test 7,4 l / 100 km
  6. Preise: VIP 64’300 bis 65’500 Franken
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