Der Vero fährt elektrisch in die engsten Ecken

TAM VERO Mit fünf möglichen Längen und 2,5 oder 2,3 Meter Breite inklusive gelenkter Hinterachse passt der E-Bus Vero von TAM in fast jede verwinkelte Gasse und ist prädestiniert für schwach belegte Linien.

TAM Vero Elektrobus TIR transNews
TAM Vero Elektrobus in der 9,25-Meter-Variante.

Der slowenische Bushersteller TAM ist auf unseren Bus­linien ein unbeschriebenes Blatt. Die Busbauer aus Maribor – TAM steht für Tovarna avtomobilov Maribor – haben aber Tradition. 1947 wird als Gründungsjahr angegeben und 1986 wurde das 200 000. Fahrzeug ausgeliefert, 8000 Mitarbeiter zählte das Werk zu diesem Zeitpunkt. Russland, Europa und Afrika sind dabei die stärksten Absatzmärkte. Der rein elektrisch betriebene «Vero» soll aber auch in der Schweiz seine Einsatzgebiete finden.

TAM Vero
Ende Januar konnte bei der Motrag Bus AG in Flaach ein mittellanger Vero-Elektrobus besichtigt und auf einer kurzen Fahrt «erlebt» werden. Dank Modulbauweise steht der Vero in den Längen 7,25, 8,25, 9,25, 10,5 und 11,5 Meter und in 2,3 und 2,5 Meter Breite im Angebot. Front- und Heckmodule sind dabei identisch, die Länge wird mit den Mittelmodulen verändert. Dadurch sind die Überhänge immer gleich und betragen vorne 1,19 Meter, hinten 1,44 Meter.

Da der Vero von Beginn weg als Elektrofahrzeug konzipiert wurde, sucht man vergebens nach einem Verbrennungsmotor. Auch Heizung und Klima werden von der Batterie gespiesen. Als Antrieb stehen dem gezeigten Fahrzeug zwei Radnabenmotoren mit je 40 kW zur Verfügung. In Zukunft werden diese durch zwei 100-kW-Motoren ersetzt. Die garantierte Reichweite wird mit 100 Kilometer angegeben, was für eine Nebenlinie durchaus reichen dürfte.

Der kurze Ausflug
TAM zeigte uns einen Vero in 9,25 Meter Länge und 2,5 Meter Breite. Der Bus war bereits dreijährig und fuhr in der Zeit täglich in den Strassen Londons. Eine breite Fahrgasttüre stellt die Erreichbarkeit für Passagiere im Rollstuhl (ab Trottoirhöhe) sicher. Das Interieur ist einfach, aber zweckmässig eingerichtet. Die Fahrgastsitze sind an der Seitenwand und an der Decke befestigt, was die Reinigung erleichtert. Auf einem hohen Podest «thront» der übersichtlich gestaltete Fahrerplatz. Die Angaben auf dem Display und die Anzahl Schalter sind auf das Minimum beschränkt, die Übersicht ist hervorragend. Kameras ersetzen die Seitenspiegel, die entsprechenden Bildschirme sind dort, wo man gewohnt ist, hinzuschauen. Nur für die dem Fahrerplatz entgegengesetzte Fahrzeugecke fehlt ein Spiegel oder eine Kamera.

Auf der Fahrt zeigt sich der Vero als ein eher lautes Fahrzeug. Der Motor und auch die Nebenaggregate übermitteln ihre Tätigkeit lautstark in den Passagierraum. Dank gelenkter Hinterachse dreht das Fahrzeug fast an Ort, was für besonders enge Strassenverhältnisse von Vorteil ist.

Nachladung per Induktion
Natürlich kann auch der TAM Vero für verschiedene «Nachladungen» ausgerüstet werden. Dazu propagiert die in Efringen-Kirchen (D) beheimatete IPT Technology GmbH die Nachladung per Induktion.

In der Regel hängen Elektrobusse über Nacht am Kabel und können so mit vollen Elektrospeichern und in Betriebstemperatur (beheizt oder gekühlt) ihren Dienst aufnehmen. Damit die Batteriepakete auf das Minimum begrenzt und die Kilometerleistung erhöht werden können, ist im Normalfall eine Unterwegs-Nachladung unabdingbar.

Wie die Architektur der bekannten Ladesäulen auch gestaltet ist, es ist und bleibt eine Säule. Fast unsichtbar, aber genauso leistungsfähig sind die Ladestationen im Boden. Dass dieses System langsam, aber stetig den Vorrang erhält, zeigt sich an den etlichen Verkehrsbetrieben, die sich für die Induktionsladung entschieden haben. In verschiedenen Städten von Grossbritannien über die Niederlande und Deutschland bis nach Italien werden Fahrzeuge, vom Kleinbus bis hin zum Doppelstock in London per Induktion nachgeladen. Auf die Frage der Distanz von der Ladestelle zum Empfänger am Fahrzeugboden und den Erstehungskosten meinte Martin Neubauer, Sales Manager der IPT Technology, dass die Distanz vom Ladegerät zum Fahrzeug überhaupt kein Problem darstelle. Da gebe es ja Erfahrungswerte der Anwender in ganz Europa. Auch die Kosten einer Induktions-Lade­station seien mit einer «Säulen-Station» vergleichbar.

Fazit
TAM Vero ist ein absolut taugliches und ausgereiftes Elektrofahrzeug, das sich bereits in verschiedenen europäi­schen Citys bewährt hat. Der gezeigte «London-Bus» war mit einer Rechtslenkung ausgestattet, was aber keinen Einfluss auf die Eindrücke als Passagier hatte. Gefallen haben vor allem der breite Einstieg, die Reinigungsfreundlichkeit im Fahrzeuginnern und der übersichtliche Fahrer­arbeitsplatz. Negativ aufgefallen ist die Lautstärke aus dem Technikraum, was laut TAM aber verbessert worden sei; es handle sich ja um ein älteres Fahrzeug, wurde uns nochmals ins Bewusstsein gebracht. Ein weiterer Nachteil dürfte – wenigstens im Moment – der After Sales darstellen. Der Verkauf und auch die Ersatzteilebeschaffung laufen aktuell über das Werk in Maribor.

Kurz gesagt, der Vero ist ein eleganter Elektro-Linienbus, der punkto Länge und Breite zielgenau auf sein Einsatzgebiet konfiguriert werden kann. Er passt in fast jede Ecke und kann dank der gelenkten Hinterachse auf engstem Raum gewendet werden. Im Einsatz als Zubringer zur Hauptlinie oder als City-Bus ist der Vero eine absolut attraktive Variante auch für Schweizer Stadtlinien.

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