eCitaro fuel cell technologisch heute schon reif für morgen

WASSERSTOFFANTRIEB Bereits an den eMobility Days in Berlin präsentierte Daimler Buses den neuen, mit Wasserstoff betriebenen eCitaro fuel cell. Nun durften wir das Lenkrad selbst in die Hand nehmen. Ziel war die Wasserstoff-Tankstelle auf dem Areal der Larag in Rümlang.

Mit dem eCitaro fuel cell emissionsfrei unterwegs, hier bei einem Fotostopp in Kloten.
Mit dem eCitaro fuel cell emissionsfrei unterwegs, hier bei einem Fotostopp in Kloten.

Ende 2018 lief der erste Mercedes-Benz eCitaro in Mannheim vom Band, inzwischen sind über 1000 davon im täglichen Einsatz. Jüngste Ergänzung der eCitaro-Modellpalette ist der Mercedes-Benz eCitaro fuel cell mit Brennstoffzelle als Range Extender. Er ermöglicht rund 400 Kilometer Reichweite ohne Nachladen bei durchschnittlichen Anforderungen im Stadtverkehr. Im Frühjahr 2023 erstmals als Gelenkbus vorgestellt, feierte der eCitaro fuel cell in der Solobus-Version im Oktober 2023 seine Premiere auf der Busworld Europe in Brüssel. Der eCitaro fuel cell kombiniert die Plattform des Citaro mit einer modular aufgebauten Batterie-, Lade- und Antriebstechnologie samt intelligent gesteuertem Energiemix und basiert – wie der «normale» eCitaro – auf dem Citaro mit Verbrennungsmotor.

Der grosse Vorteil des eCitaro fuel cell ist, dass man bei einem Tankstopp die Reichweite in kurzer Zeit deutlich erhöht.
Der grosse Vorteil des eCitaro fuel cell ist, dass man bei einem Tankstopp die Reichweite in kurzer Zeit deutlich erhöht.

Die Brennstoffzelle erzeugt aus Wasserstoff und Sauerstoff aus der Luft Strom für die Hochvoltbatterien. Weil grüner Strom aus dem Netz heute aber deutlich günstiger ist als grüner Wasserstoff, dient die Brennstoffzelle hier nicht als Hauptenergiequelle, sondern zur Verlängerung der Reichweite. Entsprechend kann die grössere Batterie gegenüber einem reinen H2-Fahrzeug die rekuperierte Energie besser speichern. Gerade im Stadtverkehr, ganz besonders aber bei anspruchsvoller Topografie trägt dies zur Gesamtwirtschaftlichkeit des eCitaro fuel cell bei. Die grosse Batteriekapazität ermöglicht zudem den Abruf hoher Antriebsleistungen über längere Strecken, beispielsweise an Steigungen, ohne dass die Brennstoffzelle im oberen, ineffizienten Leistungsbereich arbeiten muss.

Das Tanken von Wasserstoff ist sehr einfach und am ehesten vergleichbar mit dem Tanken von Erdgas (CNG).
Das Tanken von Wasserstoff ist sehr einfach und am ehesten vergleichbar mit dem Tanken von Erdgas (CNG).

Technik im Testbus

Der zweiachsige Solobus mit zwei Türen verfügte über drei Batteriepakete mit Lithium-Ionen-Akkus der neuesten Generation (NMC3) und einer Batteriekapazität von 295 kWh. Aufgeladen wird über eine Ladesteckdose rechts über dem Vorderrad mit maximal 150 kW. Die fahrzeugseitige Ladesteuerung SmartCharge sorgt für eine optimierte Lebensdauer der Batterie. Bei längeren Einsätzen, wenn der Füllstand der Batterie ein bestimmtes Niveau unterschreitet, springt eine Heavy-Duty-Brennstoffzelle als Stromerzeuger ein. Ihre Maximalleistung beträgt 60 kW, in der Praxis werden aber nur etwa 20 kW bis 30 kW genutzt. Fünf H2-Flaschen auf dem Fahrzeugdach des Vorderwagens mit je fünf Kilogramm Fassungsvermögen stellen die Wasserstoffversorgung sicher. Betankt werden die Wasserstoffbehälter in Fahrtrichtung rechts über der Hinterachse.

Im Gegensatz zu Flüssigerdgas (LNG = liquefied natural gas) benötig man keine spezielle Schutzausrüstung.
Im Gegensatz zu Flüssigerdgas (LNG = liquefied natural gas) benötig man keine spezielle Schutzausrüstung.

Ausfahrt mit Tankstopp

Unsere Testfahrt führte uns von Winterthur-Wülflingen nach Rümlang, wo uns die Betankung mit Wasserstoff demonstriert wurde. Fahrpersonal und Passagiere bemerken im Einsatzalltag nichts vom innovativen Antriebssystem. Auch der Fahrerarbeitsplatz ist identisch mit jenem des eCitaro, mit Ausnahme einer Anzeige für den prozentualen Füllstand der Wasserstoffbehälter. So war die Fahrt völlig unspektakulär, denn der Bus fährt sich genauso angenehm wie ein herkömmlicher Citaro oder eCitaro. Auch der Tankvorgang unterschied sich wenig von dem eines Dieselbusses. Inzwischen gibt es in der gesamten Schweiz 18 öffentlich zugängliche H2-Ladestationen. Bei der Betankung wird auch keine Schutzausrüstung benötigt, wie man sie vom Betanken von LNG-Fahrzeugen her kennt.

Dass in der Schweiz Wasserstoffbusse noch gänzlich unbekannt sind, zeigte die Reaktion eines aufmerksamen Lieferwagenfahrers, der neben dem Testbus anhielt, um uns mitzuteilen, dass Rauch aus dem Dach komme. Wir konnten ihm lachend erklären, dass dies nur ungefährlicher Wasserdampf und mit dem Fahrzeug alles in Ordnung sei.

Der eCitaro fuel cell hinterliess bei allen Testfahrern einen einwandfreien Eindruck. Wir waren uns einig, dass Wasserstofffahrzeuge nach wie vor eine gute Alternative zu den vollelektrischen Fahrzeugen sind. Vorausgesetzt, sie werden mit grünem Wasserstoff betankt. Würden alle auf vollelektrische Autos, Busse und Lastwagen setzen, wäre unser Stromnetz wohl bald komplett überlastet. Mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge könnten auch dann problemlos weiterfahren.

Das Hindernis für die rasche Verbreitung der an sich ausgereiften Technologie offenbart sich an der Tankstelle.
Das Hindernis für die rasche Verbreitung der an sich ausgereiften Technologie offenbart sich an der Tankstelle.

Wann wirtschaftlich?

Was dem Durchbruch von Brennstoffzellenfahrzeugen allerdings zurzeit im Weg steht, sind nebst ihren hohen Anschaffungspreisen auch die – und das ist fast noch schwerwiegender – noch sehr hohen Preise für grünen Wasserstoff. Während in Deutschland an der Tankstelle zwischen 8 und 15 Euro pro Kilogramm fällig werden (Quelle: emcel.com/de/kosten-von-wasserstoff/), waren die 20.50 CHF/kg an «unserer» Tankstelle schon ernüchternd. Eine komplette Tankfüllung von 25 kg würde also 512.50 Franken kosten, und wenn man das Aufladen der Batterie mit maximal 50 Franken mitrechnet, sind das gut 550 Franken für 400 Kilometer Reichweite. Auch wenn der Range Extender nicht täglich zum Einsatz kommt, so benötigen Verkehrsbetriebe für die Anschaffung eines solchen Fahrzeugs einen klaren politischen Auftrag der Kommune inklusive finanzieller Unterstützung. Ansonsten müssen wir auf diese interessante Lösung, die heute schon bereit und verfügbar ist, auf unseren Linien noch bis morgen oder übermorgen warten.

Visited 12 times, 12 visit(s) today

Weitere Beiträge zum Thema