Fünf Mini-Citybusse im Wettbewerb

MINIBUS DES JAHRES Der Mercedes Sprinter City 75 ist «Minibus of the Year 2019». Doch wer waren seine Konkurrenten? Und was können die? Ein Rückblick an den Vergleichstest im April.

Fünf Citybusse Minibus of the Year 2019 TIR transNews
Die Citybusse im Wettbewerb (v.l.): MAN TGE Intercity 4×4, Iveco Daily Natural Power, Mercedes-Benz Sprinter City 75, Ferqui Sunrise Semi Urban, Indcar Strada e-City.

Vor zwei Jahren (2017) wurde im Vorfeld der spanischen Busmesse FIAA erstmals ein Minibustest mit Touristikbussen durchgeführt. Im April stellten sich nun erneut fünf Citybusse der internationalen Jury «Bus + Coach of the Year» zum Test für die Auszeichnung «Minibus of the Year». Flexibel, umweltfreundlich, behindertengerecht und wendig sollen sie sein, die Fahrzeuge, die die schwach frequentierten Linien in Stadtzentren bedienen oder in der Agglomeration als Zubringer zu den Hauptlinien eingesetzt werden. In Madrid standen solche Fahrzeuge der internationalen Jury «Bus + Coach of the Year» – mittlerweile sind dies 20 Journalisten aus ebenso vielen Ländern Europas – auf einer typischen Nebenlinie zum Test bereit.

Fünf Citybusse trabten zum Test an. Die Hersteller Ferqui, Indcar, Iveco, MAN und Mercedes-Benz stellten sich mit ihren Fahrzeugen dem Wettbewerb zur Auszeichnung «Minibus of the Year 2019». Alle fünf Fahrzeuge stechen mit Besonderheiten hervor, was die Entscheidung der Jury nicht vereinfachte. Welches Jurymitglied gewichtet gemäss seinen landesspezifischen Anforderungen welche Parameter stärker? Wo finden sich bei der Teilnehmerin aus Rumänien, dem Kollegen aus Schweden, aus Irland oder bei uns Gemeinsamkeiten bezüglich der Anforderungen an einen ­Citybus? Die Auszeichnung «Minibus of the Year» bekommt nicht immer das für uns beste Produkt, es gewinnt das Fahrzeug, das dem Mix an Anforderungen aller Teilnehmer am besten entspricht.

Ferqui Sunrise Semi Urban Minibus of the Year 2019 TIR transNews
Ferqui Sunrise Semi Urban

Ferqui Sunrise Semi Urban – für die lange Strecke
Die Spanier schickten ein Kundenfahrzeug mit 24 Sitzplätzen, neun Stehplätzen und einem Rollstuhlplatz zum Test. Aufgebaut ist das Fahrzeug auf einem Iveco-Daily-70C18-Chassis. Über zwei Stufen erreicht man den Fahrerarbeitsplatz. Die Gestaltung der Arbeitsplattform wurde von Iveco übernommen. Nur das Control Panel, mit Touchscreen und Tasten versehen, wurde den besonderen Bedürfnissen angepasst. So wird bei geöffneter Hecktüre dieser Bereich auf dem Bildschirm angezeigt, oder während der Fahrt kann auf dem Screen die Navigation oder die Passagierraum­überwachung aufgeschaltet werden.

Eine Stufe höher liegt der Passagierraum mit 24 Sitz­plätzen. Mit Panoramascheiben ausgestattet, kommt dieser Bereich hell und freundlich daher. Da sich die Sitze – nicht unbedingt Citybus-like – auf einem Podest befinden, erhalten die Passagiere einen hervorragenden Ausblick auf das, was sich draussen gerade abspielt. Nach der Hinterachse führt eine hohe Stufe nach unten in den Niederflurbereich. Hier befinden sich drei Klappsitze und ein Rollstuhlplatz. Dazu gibt es im Heck eine Doppelflügeltüre und eine ma­nuell klappbare Rampe. Das Ganze erscheint uns als eigentlicher Kompromiss, der für Passagiere mit Handicap eingegangen wird. Vom erhöhten Passagierbereich gesehen, sitzen oder stehen die Heckpassagiere tief in einem «Loch». Damit alle Passagiere ihre Fahrt in angenehmem Klima absolvieren können, hat Ferqui dem Fahrzeug eine leistungsstarke Klimaanlage und eine Konvektorenheizung spendiert.

Unterwegs am Steuer fährt sich der Ferqui problem­los. Die Übersicht ist gut, und wer schon Iveco gefahren ist, der kennt bereits alles aus dem Effeff. Der Ferqui war auch das einzige Fahrzeug mit manuellem 6-Gang-Getriebe. Auch dieses stellte keine besonderen Anforderungen. Die Schaltwege waren kurz und präzise ausgelegt. Wie die Fahrzeugbezeichnung «Semi Urban» bereits erklärt, war dieses Kundenfahrzeug bereits für eine bestimmte Strecke oder Aufgabe in der Agglomeration ausgerüstet.

Indcar Strada e-City Minibus of the Year 2019 TIR transNews
Indcar Strada e-City

Indcar Strada e-city, der kleine ohne Emissionen
Auf ­einem Iveco-Chassis kommt auch der kleine Elektro-City­ maximal 22 + 1 Personen. Dabei stehen acht Sitzplätze in erhöhter Position, zwei Klappsitze oder ein Rollstuhlplatz und maximal 12 Stehplätze zur Verfügung. Das Iveco-Cockpit kommt bei diesem Fahrzeug fast unverändert daher. Nur die vier Knöpfe (D, R, N, P) für den Elektromotor heben sich vom Original ab. Im Heck befinden sich die vier Lithium-Ionen-NMC-Batteriepakete. Beim Strada e-City handelt es sich um einen Prototyp, der Ende 2019 in Serie gehen soll. Dass bei diesem Fahrzeug vor allem auf die Technik geachtet wurde, zeigten die etlichen Verarbeitungsmängel, die beim Serienfahrzeug nicht mehr vorhanden sein dürften.

Über eine Doppelflügeltüre erreicht man den Passagierraum, der Fahrer steigt über die Fahrertüre ein. Für die Handycap-Passagiere steht eine elektrisch betätigte Rollstuhlrampe zur Verfügung. Sind alle Passagiere an Bord, drückt der Fahrer die Taste D – und los geht’s. Der Synchron-Elektromotor mit 120 kW (bei vier Batteriepaketen) startet zügig, aber sanft. Die Elektropower wurde gut dem Verhalten von Dieselfahrzeugen angepasst. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei diesem Fahrzeug bei 60 km/h, was gemäss Indcar eine Strecke von 200 km oder 16-Stunden-­Betrieb im 2-Schicht-Modus garantiert. Zum optimalen Raumklima wird die Kühlung oder die Heizung prozentual zur Aussentemperatur aktiviert. Auf der Strecke zeigte sich der Strada e-City als einfach zu handhabender Citybus. Nur das Gewicht der Batterien im Heck dürfte den Fahrer bei schlechten Verhältnissen (Regen oder Schnee) stärker fordern. Der Vorteil des Null-Emission-Betriebs wird durch die minimale Passagierkapazität und die hohen Gestehungskosten getrübt. Zudem muss sich Indcar gegen einige namhafte Mitbewerber mit Elek­tro-Citybussen, die sich bereits seit längerer Zeit im Linien­einsatz bewähren, behaupten.

Iveco Daily CNG Minibus of the Year 2019 TIR transNews
Iveco Daily CNG

Iveco Daily mit CNG Natural Power
Der Daily Line hat sich bereits in grosser Stückzahl in verschiedensten europäischen Zentren bewährt und ist an und für sich kein neues Fahrzeug. Spannend ist, was sich unter der Motorhaube verbirgt. Bereits bestens ist der «normale» Diesel bekannt. Auch der Elek­tro-Daily hat sich im täglichen Linienbetrieb bewährt. Iveco schickte diesmal die Version Daily Line – Blue Power/Natural Power Euro 6/d mit Erdgasantrieb nach Madrid.

Wie bereits erwähnt, ist dies kein neues Fahrzeug, sondern eher ein «alter Bekannter». Eine Elektrotüre gibt den Einstieg über zwei Stufen zum Arbeitsplatz und zum Passagierraum frei. Sauber aufgeräumt kommt der Iveco-­Arbeitsplatz daher. Auch der Passagierraum ist hell und freundlich gestaltet. In 2+1-Bestuhlung bietet das Fahrzeug maximal 22 Personen Platz. Der Passagierraum kann in diesem kleinen Verwandlungskünstler aber auch in die Varianten 17 Passagiersitze und ein Rollstuhl, 15 Pas­sagiersitze und zwei Rollstühle oder 19 Passagiersitze und 1,2 m3 Kofferraum umgestaltet und die hintersten zwei Sitzreihen können mit einfachen Handgriffen mittels Schnellverschlüssen ausgebaut werden. Ein Rollstuhllift steht im Heck zur Verfügung. Wie bei der Reise­variante, stehen auch beim Linienbus keine seitlichen Panoramascheiben im Angebot, dafür bietet Iveco seinen Fahrgästen beidseitig grosszügige Hutablagen.

Nun zum Hauptaugenmerk, das auf der Technik liegt. Der Dreiliter-Erdgasmotor, die bekannte 8-Gang-­Hi-Matic-Automatik und der leistungsfähige Retarder zeigen sich auf der Strecke bei der Fortbewegung als gut eingespieltes Team. Auch die Berganfahrhilfe oder der Geschwindigkeitsbegrenzer bei der Talfahrt erleichtern dem Fahrer die tägliche Arbeit. Zwischen dem Diesel- oder dem Gas­motor bemerkt der Fahrer oder der Fahrgast kaum einen Unterschied. Ein optimales, sauberes Fahrzeug für die City, wenn die dafür benötigte Infrastruktur zur Verfügung steht.

MAN TGE Intercity 4×4 Minibus of the Year 2019 TIR transNews
MAN TGE Intercity 4×4

MAN TGE Intercity mit 4×4 für spezielle Aufgaben
Mit seinen maximal 12 Passagiersitzen kommt der MAN TGE eher als Shuttlebus denn als Citybus daher. Und dennoch, gerade in höher gelegenen Ortschaften mit teils schwierigen Stras­senverhältnissen kann der MAN 4×4 seine Stärken auch als Linienbus unter Beweis stellen. Zu seinem bevorzugten Einsatzgebiet passt auch der eher nüchterne, aber funktionelle Innenausbau. Die bequemen Passagiersitze (alle mit 3-Punkt-Sicherheitsgurten) lassen sich dank dem Quick-Lock-System äusserst flexibel in der Platzierung verändern. Somit lässt sich das Fahrzeug in kürzester Zeit auch zu einem Handicap-Fahrzeug – in der Testva­riante bis max. drei Rollstühle – umbauen. Wenn mal kein Personentransport ansteht, ist auch ein Transport mit Gütern kein Pro­blem. Zur Ladungssicherung stehen gut ausgelegte Sicherheitsschienen zur Verfügung, für sperrige Güter sogar oberhalb der Fensterlinie.

Eine breite, elektrisch betätigte Schiebetüre öffnet den breiten Weg zum Passagierraum. Mit hellen Materialien aus­gestattet und einem grosszügigen Oberlicht wirkt der Innenraum trotz der relativ kleinen Fensterflächen hell und freundlich. Das Cockpit ist auch vom Schwestermodell VW Crafter bestens bekannt. Ein bequemer Fahrersitz, optimale Sicht auf das Display und alle Schalter am richtigen Ort, so präsentiert sich der Arbeitsplatz für das Fahrpersonal. Auf der Strasse zeigte sich der TGE eher von der harten Sorte. Madrid ist aber nicht Davos. Am richtigen Ort und für die richtige Aufgabe eingesetzt, ist der MAN dank seinem 4×4-Antrieb seinen Mitbewerbern eine «Nasenlänge» voraus.

Der neue Mercedes-Benz Sprinter bildet die Basis für eine komplett neue Generation der erfolgreichen Mini-Citybusse mit Stern. Zum Artikel über den Minibus des Jahres 2019 geht es hier.

Minibus of the Year 2019 Mercedes Benz Sprinter City 75 TIR transNews
Mercedes-Benz Sprinter City 75, Minibus of the Year 2019.
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