Fünf neue Reisebusse im Coach Euro Test

REISEBUS DES JAHRES Im rumänischen Sibiu stellten Iveco, MAN, Setra, VDL und Volvo ihre neuen Reisebusse der internationalen Jury Bus + Coach of the Year für die grosse Ausmarchung zur Verfügung.

Testbusse des Coach Euro Test CET TIR transNews
Coach Euro Test mit (v.l.) Setra S 531 DT, Volvo 9900, VDL FHD2-135, Iveco Crossway Natural Power, MAN Lion’s Coach. Weitere Bilder unten in der Galerie.

Wie jedes Jahr, versammelte sich die internationale Jury zum Coach Euro Test (CET). Dieses Jahr standen in Sibiu (RO) vier Reisebusse und ein Überland-Linien­bus im Wettbewerb, dessen Gewinner von den 20 Bus-Fachjournalisten aus ebenso vielen Ländern mit der Auszeichnung «Coach of the Year 2020» bekränzt werden wird.

Zum Prozedere gehören die Präsentation im Vortragsaal und am Fahrzeug, dann testen die Journalisten jeden Bus auf der Strasse. Nach identischen Beschleunigungs- und Bremstests lenken die Jury-Mitglieder jedes Fahrzeug selber und fahren in allen auch als Passagier mit, um die Unterschiede sowie die positiven und negativen Punkte am Fahrzeug beurteilen zu können. In der abschliessenden, anonymen Abstimmung wird der Sieger ermittelt. Da die Anforderungen an die Fahrzeuge von Land zu Land verschieden sind, wird die Auszeichnung schliesslich nicht jedem Journalisten gleich gefallen. Doch der ausgezeichnete Bus vermag die unterschiedlichen Anforderungen aus den 20 teilnehmenden Ländern am besten zu erfüllen. Die Preisübergabe findet Mitte Monat an der Busworld in Brüssel statt.

Coach Euro Test Kandidat 1: Iveco Crossway Natural Power

Iveco Bus präsentierte eine Version, die speziell für Tourismus und Ausflüge geeignet ist: ein 12 Meter langes, mitteltüriges Modell mit 55 Sitzplätzen. Mit seinem kräftigen Erdgasmotor und dem automatisierten 12-Gang-Getriebe ZF TraXon bietet dieses Fahrzeug einen angenehmen Fahrkomfort für Fahrgäste und Fahrer. Das Gesamtgepäckvolumen beträgt rund 8 m3.

Der Crossway Natural Power ist mit dem Iveco-Cursor-9-NP-Motor der neuesten Generation ausgestattet, der im FPT-­Industrial-Werk – einer Marke von CNH Industrial – hergestellt wird. Die Druckgasbehälter sind im Dach inte­griert. Im Passagierraum ist daher der Dachhimmel zwischen Vorder- und Mitteleinstieg etwas abgesenkt. Dieses exklusive und patentierte Merkmal optimiert den Fahrzeugschwerpunkt für eine bessere Strassenstabilität und erhöht den Komfort für Fahrer und Passagiere. Mit seinem Design ist es auch das niedrigste Fahrzeug auf dem Markt in Bezug auf die Gesamthöhe, was bedeutet, dass es ohne besondere Einschränkungen betrieben werden kann.

Der Crossway-NP-Intercitybus bietet dieselbe Zugänglichkeit, Passagierkapazität und denselben Gepäckraum wie die Dieselversion. Mit einem Gesamttankvolumen von 1260 Litern, aufgeteilt auf vier 315-l-Tanks, hat das Fahrzeug eine Reichweite von bis zu 600 km und ist mit schnellem wie lang­samem Befüllen kompatibel. Der Cursor 9 NP leistet 360 PS (265 kW), genau wie sein Dieseläquivalent. Der geräumige Innenraum ist mindestens zwei Meter hoch und verfügt über Handgepäckträger.

Der Crossway NP ist als 12- und 13-Meter-Modell sowie als Line- (Testfahrzeug) und Pop-Version erhältlich und wird als neue Alternative für Regionen und Städte propagiert, die Verkehrslösungen anbieten möchten, die mit Energiewende­projekten voll kompatibel sind. Erdgasfahrzeuge gelten als saubere Fahrzeuge für verkehrsarme Gebiete und Schutz­zonen für saubere Luft. Um seine Kunden bei der Umstellung auf Erdgas zu unterstützen, hat das Unternehmen auch eine Reihe passender Dienstleistungen entwickelt, von Wartungsverträgen bis hin zu speziellen Schulungsmodulen. «Zudem steht ein Netzwerk von Händlern und Servicestellen mit langjähriger Expertise im Bereich Erdgas zur Verfügung»,so Iveco bei der Präsentation. «Das Natural-Power-Sortiment schont zudem die natürlichen Ressourcen, da es zu 100 Prozent mit Biomethan aus organischen Abfällen kompatibel ist. Die Fahrzeuge weisen somit eine sehr positive CO₂-Bilanz auf und sind ein wesentlicher Schritt in Richtung Energiewende. Der Umweltnutzen ist eine Reduzierung der Treibhausgasproduktion um bis zu 95 Prozent. Erdgasfahrzeuge sind daher die einzige bewährte und erschwingliche Lösung ohne fossile Brennstoffe», so Iveco weiter.

Unser Fazit: Der Iveco Crossway Natural Power ist eher als Überland-Linienbus denn als Reisebus einsetzbar und startete somit in einer eigenen Kategorie. Der Fahrerplatz kommt eher etwas nüchtern, aber übersichtlich und funktional daher. Die Spiegel sind gut positioniert und bieten dem Fahrer eine optimale Übersicht. Gut gefallen hat die Lenkung, die etwas schwer ausgelegt war und einen guten Kontakt zur Strasse vermittelt. Nicht ideal platziert sind die Druckschalter für das Getriebe, die sich rechts neben dem Fahrersitz befinden.

Als Passagier fühlt man sich in den bequemen Sitzenreihen ­etwas «gefangen». Die Rückenlehnen der Vordersitze sind sehr hoch, was die Sicht nach vorne versperrt. Der beim Testbus sehr enge Sitzabstand verdeckt dem gangseitig sitzenden Passagier zudem die Sicht zum Fenster. Für mitgebrachte Utensilien steht dem Passagier auf der grosszügig ausgelegten Hutablage genügend Platz zur Verfügung. Negativ macht sich besonders im hinteren Bereich das laute Getriebe bemerkbar. Der Iveco Crossway Natural Power ist ein interessanter Intercitybus im kombinierten Linien- und Reiseverkehr. Mit dem umweltfreundlichen Gasmotor sind auch Fahrten in vielen Innenstädten mit Fahrverboten für Dieselfahrzeuge möglich, ein Pluspunkt beim Einsatz als Überland-Linienbus von der Peripherie in die City.

Kandidat 2: Man Lion‘s Coach

Modern und zeitlos markiert der neue Lion’s Coach den Beginn einer neuen MAN-Designsprache an Bug, Heck und Seite. Grossen Wert legten die Designer dabei auf eine klare Trennung der Funktionsbereiche Fahrer­arbeitsplatz und Fahrgastraum, Gepäckraum und Antriebseinheit. Neben der Optik profitiert von dieser Segmentierung auch die Wartungsfreundlichkeit und damit die Wirtschaftlichkeit, indem beschädigte Teile schnell und kostengünstig ausgetauscht werden können.

Mit seinen zusätzlichen sechs Plätzen im Vergleich zur 12-Meter-Version handelt es sich beim 13-Meter-Zweiachser-Testfahrzeug um ein (wirtschaftlich gesehen) besonders attraktives Fahrzeug. Zu seinen flexiblen Einsatzmöglichkeiten trägt auch sein maximal zulässiges Gesamtgewicht von bis zu 19,5 Tonnen bei. Eine wichtige Rolle bei der idea­len Achslastverteilung spielt der optionale Rollstuhllift, der in dieser Variante auf der Vorderachse sitzt und damit sowohl die Hinterachse entlastet als auch den Kofferraum nicht einschränkt. Ins Auge fallen die neuen Frontscheinwerfer, die – ebenso wie die serienmässigen LED-Rückleuchten – komplett in LED ausgeführt sein können. Besonders markant am neuen Scheinwerfer ist das markenspezifisch ausgeführte Tagfahrlichtband, das auch als Blinker fungiert.

Da im neuen Lion’s Coach der optimierte Euro-6-Antriebsstrang arbeitet, profitiert er unter anderem auch von der langen Achsübersetzung i = 2,73 und der gegenüber dem Vorgänger inzwischen um 30 PS und 300 Nm erhöhten Leistungsdaten. Für eine optimale Bremswirkung sorgt ein Sekundärretarder, der maximal 500 kW und 4000 Nm Bremsmoment bietet. In dem ab 470 PS (346 kW) standardmässig verbauten automatisierten Schaltgetriebe MAN TipMatic Coach kommt eine neue Anfahr- und Schaltstrategie zum Einsatz, die auf die D26-Motoren optimal angepasst ist. Je nach tatsächlichem Gewicht des Busses und aktueller Topografie wählt die Schaltstrategie zum Anfahren den Gang und die Drehzahl immer optimal aus, was zum einen Kupplung und Antriebsstrang schont und zum anderen ein Plus an Komfort und Dynamik beim Anfahren bietet. Idle Speed Driving ermöglicht komfortables Fahren bei Leerlaufdrehzahl ohne Fahrpedalbetätigung. Mit der neuen Funktion gleitet der Bus mit geschlossener Kupplung durch zäh fliessenden Verkehr. Darüber hinaus sind zahlreiche Assistenzsysteme verfügbar wie der topografiebasierte Tempomat, Abstands­tempomat, Spurhalteassistent und Attention Guard.

Auch im Interieur hat der neue Lion’s Coach einige Attraktivitätssteigerungen erfahren. So erhellt beispielsweise ein durchgängiges LED-Leuchtenband den Deckenbereich in «warm white». Das neue Colour & Trim-Konzept setzt auf hellere und frischere Farben. An den weit nach vorn in Richtung Bugscheibe verlängerten Gepäckablagen fallen die neu gestalteten Abschlüsse ins Auge. Bei den Servicesets lassen sich unter anderem Luftstrom und -richtung stufenlos einstellen sowie LED-Licht wie auch die Lautsprecherfunktion ein- und ausschalten. An allen Fahrgastsitzen lassen sich USB-Anschlüsse verbauen für die uneingeschränkte Nutzung von Mobiltelefonen und Tablets während der Reise. Der Fahrerarbeitsplatz wurde mit Blick auf Ergonomie, Praxistauglichkeit und moderne Optik überarbeitet. In diesem Zuge wurden unter anderem die Schalter neu positioniert und der Ablagebereich links vom Fahrer neu gestaltet. Das verbesserte Ablagekonzept bietet mehr Platz und ist in seiner Form für die Aufnahme von häufig genutzten Utensilien optimiert. Zum Komfort des Fahrers und zur Sicherheit trägt auch das verbesserte beheizbare Fahrerfenster bei.

Unser Fazit: Als einziger Teilnehmer hat MAN die Spiegel durch Kameras ersetzt. Die Bildschirme sind dort positioniert, wo der Fahrer sonst auch in die Spiegel schaut. Eine gute Sache, die noch ein paar Verbesserungen verträgt, denn die Bild­schirm­auflösung ist relativ gering und eine Winkeleinstellung ist nicht möglich. Die Hinterachse ist so nicht einsehbar. Die etwas von der Karosserie abstehenden Kameras sieht man vom Fahrerplatz aus nicht, was besonders bei Kurvenfahrten mit Höhenhindernissen (Bäume, Beleuchtungskandelaber) beachtet werden muss. Dennoch ist der Spiegelersatz eine gute Sache und den Spiegeln besonders bei Dunkelheit überlegen. Der Fahrerarbeitsplatz kommt sauber und aufgeräumt daher. Wer bereits mit MAN unterwegs war, kennt die Bedienelemente und fühlt sich sofort «zu Hause». Auch der Passagier sitzt bequem in den «MAN Deluxxo»-Sitzen. Kurz: Der MAN Lion’s Coach ist ein bequemer Reisecar mit einem zeitlosen Design.

Kandidat 3: Setra S 531 DT

Über das Flaggschiff aus dem Hause Daimler Buses haben wir in Verbindung mit dem «Test Drive Northeast Europe» in der Ausgabe 6-19 ausführlich berichtet. Den identischen Doppeldecker schickte Setra nun auch zum CET Coach Euro Test nach Rumänien.

Der stattliche 14 Meter lange und vier Meter hohe Doppelstockbus mit 26 t zulässigem Gesamtgewicht vereint ­Sicherheit und Komfort, Effizienz und Variabilität. Für den CET stand das Fahrzeug in Kosmosrot metallic mit Topausstattung zur Verfügung. Wer hinter dem Lenkrad sitzt und fährt, hat im ergonomisch ausgefeilten TopClass-Cockpit Platz genommen. Die übrigen Fahrgäste können sich währenddessen auf den komfortablen «Setra Voyage Plus»-Sitzen mit grosszügigem Sitzabstand entspannen. Der S 531 DT bietet in dieser Ausführung Platz für 78 Fahrgäste.

Speziell beim Setra ist der Sideguard Assist. Er warnt beim Abbiegen und beim Spurwechsel vor Unfallsituationen. Abbiegemanöver nach rechts im Stadtverkehr gehören zu den anspruchsvollsten Aufgaben eines Busfahrers: Der Fahrer muss vorn Ampeln, Beschilderung, Gegen- und Querverkehr beachten und gleichzeitig seitlich Fussgänger und Radfahrer im Auge behalten. Hinzu kommt, dass sich die Verkehrssituation in Sekundenbruchteilen ändern kann. Setra bietet deshalb den Abbiegeassistenten Sideguard Assist mit Personenerkennung im S 531 DT an. Das System kann sowohl stationäre Objekte wie Ampeln, Verkehrsschilder und Poller in der Warnzone rechts des Fahrzeugs erkennen als auch sich bewegende Objekte wie Fussgänger, Velofahrer oder andere Fahrzeuge. Die Arbeitsweise des Sideguard Assist ist mehrstufig: Befindet sich ein bewegtes oder stationäres Objekt in der Radar überwachten Zone, wird der Fahrer zunächst optisch informiert. Im Aussenspiegel auf der Beifahrerseite leuchtet zu diesem Zweck eine LED in Dreiecksform gelb auf. Erkennen die Sensoren eine Kollisionsgefahr, blinkt die LED-Leuchte mehrfach rot mit höherer Leuchtkraft und nach zwei Sekunden permanent rot. Hinzu kommt dann eine Vibrationswarnung im Fahrersitz. Serienmässig ist auch ABA 4 an Bord. Besonderes Merkmal ist die Personenerkennung: Das System warnt den Fahrer vor einer Kollision mit sich bewegenden Fussgängern und leitet zusätzlich automatisch eine Teilbremsung ein. Das lässt dem Fahrer die Möglichkeit, durch eine Vollbremsung oder ein Lenkmanöver die Kollision zu vermeiden. Die automatischen Warn- und Bremsreaktionen der Personenerkennung des ABA 4 sind bis zu einem Tempo von 50 km/h wirksam.

Der Doppelstöcker punktet mit einem im Vergleich zum Vorgänger um etwa sieben bis zehn Prozent gesenkten Treibstoffverbrauch – abhängig vom jeweiligen Einsatz. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Optimierung der Aerodynamik. Das Ergebnis der Massnahmen ist ein Luftwiderstand von cw = 0,35. Der geringere Verbrauch wird auch dank der Sparsamkeit des serienmässigen 12,8-Liter-Motors OM 471 erreicht. Das Aggregat leistet 510 PS (375 kW). Das maximale Drehmoment von 2500 Nm steht dabei schon bei einer Drehzahl von 1100/min zur Verfügung. Das vollautomatisierte Schaltgetriebe GO 250-8 sorgt für hohen Fahrkomfort, seine präzise Gangwahl und die kurzen Schaltzeiten tragen ebenfalls zur Wirtschaftlichkeit bei, wie der Sekundär-Wasser-Retarder mit einer maximalen Bremsleistung von rund 450 kW.

Ferienreisen, Fernlinien, Überlandlinien – der Setra TopClass S 531 DT deckt alle denkbaren Einsätze ab. Dank einer komplett neuen Konstruktion kann im unteren Geschoss in Fahrt­richtung rechts auf Wunsch das Podest weggelassen werden. Das erhöht die Variabilität. Rollstuhlplätze lassen sich ebenso installieren wie Einrichtungen für Bistro-Busse. Für den Einsatz auf Überlandlinien lässt sich ein Wechselpodest mit Kinderwagenplatz einbauen. Und im herkömmlichen Reiseverkehr ist hier Platz für eine klassische Bestuhlung.

Unser Fazit: Ein idealer Reisedoppeldecker, der sich spezifisch auf den vorgesehenen Einsatz konfigurieren lässt. Gegenüber der 400er-Serie wurde das Bewährte beibehalten und viele Details wurden verbessert. Vor allem punkto Sicherheit wurde kräftig zugelegt. Neu sieht der Fahrer dank einer verbesserten Spiegelplatzierung auch die Eckspiegel, ohne dass er sich weit nach vorne beugen muss. Wie bei seinem Vorgänger, liegen die Stärken des S 531 DT im Langstreckenbereich wie z.B. Ferientransfers oder als Langstrecken-Linienbus.

Kandidat 4: VDL FHD2-135

Mit dem bekannten modernen Design und von Weitem als VDL erkennbar kommt unser holländisches Testfahrzeug daher. Die Neuheiten sind nicht an der «Hülle» erkennbar, sie verstecken sich vorwiegend im Bereich der Technik. Der Antriebsstrang des Testfahrzeugs besteht aus dem bekannten DAF-Motor MX11-330, dem neuen 12-Gang-Getriebe ZF TraXon und einer Hinterachsübersetzung von i = 2,71. Zur Reduktion des Dieselverbrauchs senkt sich das Fahrzeug ab einer Geschwindigkeit von 95 km/h um 20 mm ab und reduziert somit den Luftwiderstand. Der Radstand ist gegenüber seinem Vorgänger auf 7,43 Meter angewachsen. Der Rad­einschlag beträgt 600, was trotz des langen Radstands eine gute Manövrierbarkeit gewährleistet. Zugelegt hat VDL auch bei den Sicherheitsfeatures. An Bord befinden sich jetzt als Standard ein Notbremssystem, ein Spurhaltesystem und ein Abstands­tempomat mit PPC (Predictive Powertrain Control), und als Option ist eine Fahrermüdigkeitserkennung erhältlich.

Für den Fahrer ist fast alles beim Alten geblieben. Das moderne, aufgeräumte Cockpit ist bekannt. Nicht ideal und nur schwer zu erreichen ist die Feststellbremse, die sich weit unten zwischen dem Fahrersitz und der Seitenwand befindet. Die Spiegel sind gut platziert und geben einen guten Überblick entlang des Fahrzeugs. Gefallen dürften dem Fahrer die vielen kleineren und grösseren Ablagen für persönliche Utensilien. Auch für den Fahrgast ist fast alles wie früher. Die «VDL Classic 500»-Sitze ermöglichen ein bequemes Reisen auf der Kurz- und Mittelstrecke, für lange Reisen gibt es aus demselben Hause luxuriösere Passagiersitze zur Konfiguration. Mit WC bietet unser Testbus in der Vier-Sterne-Ausführung Platz für 52 + 1 + 1 Personen. Wie gewohnt, sind die Passagiersitze podestlos montiert, was besonders bei der Innenraumgestaltung viele Optionen ermöglicht. Als Fahrgast nicht unbedingt ideal sind die hohen Seitenwände, die eine hohe untere Fensterlinie zur Folge haben. Kleinere Passagiere können diese nicht mehr als Armauflage benutzen, befindet sich die Linie doch nun auf ihrer Oberarmhöhe. Da die Fensterlinie nach bekanntem VDL-Muster im Heckbereich nach oben verläuft, nimmt dies dem sich auf dem hintersten Fensterplatz befindenden Fahrgast fast gänzlich die Sicht nach aussen.

Besonders gerüstet ist der VDL für lange Reisen. Mit einem Kofferraumvolumen von 12,6 m3 können auch grosse Reisekoffer problemlos mitgeführt werden. Viele kleine Details wie z.B. ein spezieller Aufbewahrungsort für Handschuhe beim Tankstutzen erleichtern dem Fahrer das Chauffeurleben.

Unser Fazit: Der 50-Plätzer ist bei Schweizer Unternehmen ein beliebtes und viel gesehenes «Allzweckfahrzeug». Mit dem langen Radstand kommen die Fahrer auf unseren nicht immer gut ausgebauten Gebirgsstrecken mit engen Kurvenradien trotz des sehr guten Radeinschlags vermehrt ins Schwitzen. Gewohnt ruhig reist der Fahrgast im vorderen Bereich. Auf den hinteren Sitzreihen meldet sich hingegen das DAF-Triebwerk mit einem kräftigen, aber nicht unbedingt störenden Brummen zu Wort. Einwandfrei und gut in den Antriebsstrang integriert zeigt sich das sanft schaltende ZF-TraXon-Getriebe. Der VDL FHD2-135 ist ein ideales Fahrzeug für jegliche Einsätze, vom Schulbus oder Intercitybus bis hin zum Ferienshuttle. Nur bei regelmässigem Einsatz im Berggebiet gibt es durch den langen Radstand einige Einschränkungen.

Coach Euro Test Kandidat 5: Volvo 9900

Auf der IAA Hannover 2018 zeigte Volvo den Messe­besuchern erstmals die neuen Reisebusse 9700 und 9900. Mit der Luxusvariante Volvo 9900 starteten die Schweden am Bus Euro Test. Das sei ein von Grund auf neu konzipiertes Fahrzeug, erklärte die Volvo-Delegation bei der Präsentation. Dem Ruf der Volvo-Produkte entsprechend, wurde auch bei der neuen Generation viel Wert auf aktive wie auch passive Sicherheit gelegt. Speziell ist das Zonenmanagement. Das System basiert auf Geofencing und erlaubt eine automatische Beschränkung der Geschwindigkeit des Busses bei der Einfahrt in ein zuvor definiertes Areal. Ziel ist es, das Unfallrisiko in bestimmten Arealen zu reduzieren, in denen viele ungeschützte Verkehrsteilnehmer unterwegs sind. Dies ist beispielsweise in der Umgebung von Schulen, Bus- und Bahnhöfen sowie in Stadtzentren der Fall. Das Zonenmanagement trägt auch dazu bei, den Verkehrsfluss zu verbessern und die Emissionen zu reduzieren. Dazu gehört auch das neue Fahrerwarnsystem (Driver Alert Support). Es reduziert das Risiko von Unfällen, die durch übermüdete, unaufmerksame oder abgelenkte Fahrer verursacht werden. Um das Risiko schwerer Verletzungen bei der frontalen Kollision mit einem anderen Fahrzeug zu reduzieren, ist das Fahrzeug mit einem neu entwickelten Aufprallschutzsystem ausgestattet, das wesentlich mehr Energie absorbieren kann als die Vorgängerversion. Die Bodenstruktur an der Vorderseite der Fahrzeuge wurde ebenfalls verstärkt, um grös­sere Aufprallkräfte aufnehmen zu können.

Beim ersten Betrachten des 9900 fällt das seitliche De­signelement, die Z-Form, auf. Die Front zeigt die vom LKW bekannten Beleuchtungselemente mit dem integrierten V-förmigen Tagfahrlicht. Die abgerundete Frontpartie, das neu gestaltete Heckdesign und die Absenkung des Fahrzeugs um 20 mm ab einer Geschwindigkeit über 80 km/h tragen zur Reduktion des Treibstoffverbrauchs bei.

Aufgeräumt kommt der Arbeitsplatz daher. Fahrersitz, Lenkrad – in Höhe und Neigung – sowie Spiegel sind so einstellbar, dass der Fahrer schnell seine optimale Sitzposition findet. Die Kippschalter sind gut und übersichtlich platziert. Nur sind es eben sehr viele Schalter; weniger wäre hier mehr. Auch die Ablageflächen für persönliche Utensilien sind nicht gerade üppig vorhanden. Den Passagieren präsentiert sich ein heller und freundlicher Fahrgastraum. Die Sitze sind bequem und mit einstellbaren Kopfstützen bestückt. Jeder Sitz ist zudem mit einem Dreipunkt-Sicherheitsgurt versehen. Jedem Passagier steht ein USB-Anschluss zur Verfügung, nur ist dieser hinter dem Klapptisch versteckt und somit eher unpraktisch platziert. Die Sicht für die Passagiere nach vorne und zur Seite ist hervorragend, ausser für die Passagiere, die sich gerade bei der Z-Erhöhung der Seitenlinie und in den hintersten Reihen befinden, da die Designer dem Fahrzeug eine sich nach hinten erhöhende untere Fensterlinie verpasst haben, um so die vorhandene Theaterbestuhlung auch optisch zu betonen. Angetrieben wird das Fahrzeug durch die bekannten Komponenten Volvo-D11K-Motor und I-Shift-Getriebe.

Unser Fazit: Mit dem 9900er hat Volvo ein «heisses ­Eisen» mit einem eigenständigen, auffallenden Design auf dem Markt. Am Arbeitsplatz fühlt man sich sofort zu Hause. Nicht zu überzeugen vermochte das Volvo Dynamic Steering (VDS). VDS ist noch nicht einwandfrei auf den Reisebus abgestimmt und man ist damit irgendwie immer etwas am «Rudern». Gut gefallen und gut funktioniert hat I-See, der Gegenpol zu PPC. Auf längeren Reisen gibt es auch viel Gepäck. Der grosszügige Gepäckraum reicht problemlos für mehrtägige Reisen. Nur das Öffnen ist nicht so einfach. Die Öffnungsklappen sind sehr eng gehalten, besonders Fahrerinnen dürften sich öfters über gebrochene Fingernägel beklagen. «Gib mal Gas», ermuntert mich der Werksfahrer in der City. Ich versuche es, aber es passiert nichts. Schuld daran ist das weiter oben beschriebene Zonenmanagement, das aus Sicherheitsgründen eine zu hohe Geschwindigkeit blockiert. Dies ist nur eines der vielen Volvo-typischen Sicherheitsfeatures.

Der Volvo 9900 ist ausser bei der Technik ein absolut neu konstruiertes Fahrzeug, das sich bereits auf einem hohen Fertigkeitsstandard befindet. Die wenigen vorhandenen «Beanstandungen» werden sicher noch korrigiert. Der Volvo 9900 ist ein tolles Fahrzeug für den Bereich Luxus­reisen auf Mittel- wie auch auf Langdistanz.

Die technischen Daten finden Sie in der TIR transNews Oktober-Ausgabe (10/2019).

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