Initiative für Elektrische ­Linienbusse auch aus Polen

LINIENBUSSE Auf der Bus World in Brüssel vom 18. bis 23. Oktober zeigte der polnische Bushersteller Solaris seine neusten Entwicklungen. Auch wenn Solaris hierzulande weniger bekannt ist – die Firma trägt entscheidend dazu bei, die Elektromobilität im städtischen und regionalen Linien­ver­kehr auf die europäischen Strassen zu bringen.

Solaris Trolleybus-Hersteller TIR transNews
Elektrische Linienbusse aus Polen: Solaris ist europaweit der grösste Trolleybus-Hersteller. An der Bus World in Brüssel zeigte er auch einen Doppelgelenkbus, den Trollino 24.

Seit gut einem Jahr ist Solaris ein Teil der CAF Group im Baskenland, die sich auf Schienenfahrzeuge für den Personentransport spezialisiert hat. Nach einem Jahr ziehen beide Seiten eine positive Bilanz und bestätigen, gemeinsam am selben Strick zu ziehen. Das ist für die polnische Firma Solaris insofern wichtig, als sie eine feste Institution im Stadtbusbereich ist und immer wieder mit innovativen Produkten für Überraschungen gut war. Solaris ist beispielsweise in Europa mit rund 40 Prozent Marktanteil die absolute Nummer 1 in Sachen Trolleybusse, was in der Schweiz, wo man mit Hess aus Bellach einen lokalen Marktführer hat, meist kaum bekannt ist. Das heisst jedoch nicht, dass Solaris hierzulande nicht anzutreffen ist. Trolleys fahren beispielsweise in Winterthur, Überlandbusse bei Postauto.

Pionier mit Elektrobus Solaris hatte im Jahr 2012 seinen ersten Elektrostadtbus Urbino Electric vorgestellt und seither in 17 Ländern über 700 Fahrzeuge in Betrieb gesetzt. Somit profitiert Solaris von über 15 Millionen Kilometern batterieelektrischer Erfahrung. Dank der Vernetzung der Elektrobusse mittels e-Sconnect verfügt Solaris über eine effiziente Ferndiagnose aller seiner Urbino Electric, die zur Analyse der Systeme dient, und kann, falls vom Busbetreiber gewünscht, zur Betriebssicherheit respektive zur Vermeidung von Fahrzeugausfällen beitragen.

Javier Calleja CEO Solaris TIR transNews
Javier Calleja, CEO von Solaris, sieht die gewonnenen Erfahrungen mit den über 700 Solaris-Elektrobussen als Lernphase für den bevorstehenden grossen Umbruch auf Elektrobusse.

«Unsere Erfahrungen, die wir mit unseren über 700 Elek­trobussen in 17 Ländern und in 66 Städten machen, sind sehr wichtig», sagt Javier Calleja, Solaris-CEO seit der Übernahme durch CAF. Solaris lerne aus den unterschiedlichen Anforderungen der vielen Städte eine Menge. «Es ist die Zeit des Lernens, damit wir die nötige Umstellung auf die Elek­tromobilität auch durchbringen können», ist Calleja überzeugt. Im vergangenen Jahr konnte der polnische Bus­hersteller rund 17 Prozent der Bestellungen des E-Bus-Marktes in Europa auf sich verbuchen, nur noch BYD aus China hatte mit 25 Prozent einen höheren Marktanteil belegt.

Ob dieser beeindruckenden Zahlen darf nicht übersehen werden, dass der Anteil der alternativen Antriebe (inklusive Erdgas CNG) neben dem Diesel auch bei Solaris im 2018 lediglich ein gutes Drittel ausmachte. Entsprechend versichert Solaris, vorläufig weiterhin in Antriebslösungen mit Verbrennungsmotoren zu investieren. Doch die Stossrichtung ist klar, und die Marktprognosen von unabhängigen Stellen rechnen heuer gesamthaft mit über 2300 Bestellungen für reine Elektrobusse in Europa. Das wäre eine Steigerung um rund 70 Prozent zum Vorjahr. Um hier weiter gut im Rennen bleiben zu können, hat Solaris verschiedene Pfeile im Köcher.

Batterie als Notaggregat Die Trolleytechnik hat sich in den letzten Jahren massiv verändert. So verschwinden die Verbrennungsmotoren als Notaggregate mit Riesenschritten und machen leistungsfähigen Batterien Platz. Letztere erleichtern in mancher Hinsicht die Flexibilisierung eines Stadtnetzes, denn die modernen oder nachträglich modernisierten Trolleybusse können auch ohne Oberleitung als reine Elektrobusse viele Kilometer abspulen. Das hilft bei temporären Umleitungen und bei der Verlängerung einer bestehenden Linie ohne den teuren Infrastrukturausbau. Die Wahl der Batterie hängt davon ab, ob viele kurze Ladungen erfolgen oder mit einer einzigen Ladung lange Strecken abgefahren werden sollen. Durch eine höhere Energiedichte konnte Solaris seine Batterie für lange Strecken zusätzlich verbessern. Solaris-intern werden Fahrzeuge mit dieser Batterie und der längeren, oberleitungsfreien Fahrt übrigens als «Super-Trolleybus» bezeichnet.

Stromabnehmer Trolleybusse Solaris TIR transNews
Zeitreise mit Stromabnehmern für Trolleybusse: gut sichtbar das grosse Batteriepaket, das heute den Notmotor ersetzt.

Wie unterschiedlich die Nahverkehrsbussysteme sein können, zeigt sich beispielsweise beim Einsatz von Wasserstoff und von der Brennstoffzelle. Hier hat Solaris den Urbino Hydrogen im Angebot. Bei diesem Elektrobus versorgt allein die Brennstoffzelle den Bus mit Strom. Im Trolleybus Trollino Hydrogen hingegen dient die Brennstoffzelle als Range Extender für den Fall, dass der Bus ausserhalb des Oberleitungsnetzes fährt. Der Range Extender lädt die Fahrbatterie und weitet so den kabelfreien Radius auf bis zu 100 Kilometer aus. Eine solche Kombination von Trolleybus mit Brennstoffzelle ist in der Form einmalig in Europa.

Trolleybusse mit Doppelgelenk und vier Achsen sind bei uns dank der Lösungen von Hess bereits seit rund 15 Jahren in Städten wie Zürich oder Bern anzutreffen. Solaris brachte seinen 24 Meter langen Doppelgelenk-Trollino 24 erst jetzt als Premiere auf die Bus World nach Brüssel. Damit erhält das Angebot aus Polen neben dem Trollino 12 (ohne Gelenk) und dem Trollino 18 (ein Gelenk) eine schlagkräftige Ergänzung, die speziell für passagierintensive Strecken von ­Bedeutung ist, die bislang meist von Tramlinien abgedeckt wurden.

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