MAN Bus: Mehr Modelle, mehr Sicherheit
MAN BUS & TRUCK Die erstarkte Bussparte im MAN-Verbund präsentierte auf der Busworld 2023 in Brüssel neben zusätzlichen interessanten Modellvarianten auch viele Neuerungen, die im Fahrzeuginnern und unter der Aussenhaut zu suchen sind. Der klare Fokus bei MAN Bus liegt weiter auf der Elektro-Mobilität.
![MAN Bus News TIR transNews](https://www.tir-transnews.ch/wp-content/uploads/2023/10/MAN_News_01_tir_transnews_66333.jpg)
Mit einer umfassenden Präsentation im Vorfeld der Busworld hatte die erst im Frühling geschaffene neue Führungsriege der Bussparte von MAN ihre Neuheiten vorgestellt und zugleich ihre Strategie erläutert. Im Kern der neuen Struktur geht es gemäss Barbaros Oktay – Oktay hat seit März die neu geschaffene Position als Head of Bus inne und rapportiert direkt an MAN-CEO Alexander Vlaskamp – darum, die Reaktionszeit mit den Kunden nochmals verkürzen zu können. «Es ist in dieser schnelllebigen Zeit sehr wichtig, auf die Kundenanforderungen rasch reagieren zu können», so Oktay. Dabei sei aber extrem wichtig, eine verlässliche Roadmap zu haben, damit sich auch der Kunde orientieren könne. Letztere sieht vor, dass MAN Bus sich mittelfristig auf batterieelektrische Antriebe fokussiert und namentlich in den Bereichen City und Intercity darauf konzentriert. «Eine Euro-7-Lösung – wenn es denn zu einer solchen kommt – werden wir nur noch im Reisebus zur Anwendung bringen», präzisiert Oktay. Allerdings vernachlässigt MAN die Brennstoffzelle und den Wasserstoff-Verbrennungsmotor nicht, um bei entsprechender Nachfrage auch bereit zu sein.
Zwei Weltpremieren
Auf der Ausstellung in Brüssel zeigte MAN die Neuheiten und Fahrzeuge aller Segmente, vom Kleinbus über Stadt- und Intercity-Bus bis zum Reisebus. Nachdem der Lion’s Intercity LE (Low Entry, Niederflur) als Zweiachser bereits auf gute Resonanz stösst, feierte die 14,4-m-Version mit drei Achsen, der Intercity LE 14, in Brüssel Weltpremiere. Er kann mit bis zu 63 Sitzplätzen ausgerüstet werden, ist als City- und Intercity-Version erhältlich und bietet eine Auswahl von drei Türantrieben, drei Türversionen und bis zu drei Türpositionen.
![MAN Intercity LE TIR transNews](https://www.tir-transnews.ch/wp-content/uploads/2023/10/MAN_News_02_tir_transnews_66334.jpg)
Das Resultat schneller Reaktion auf Kundenanforderungen ist die zweite Weltpremiere, ein Lion’s City 12 E LE, also ein Low-Entry-Elektrobus mit Hochboden im Heck. Das Anliegen war von einem niederländischen Kunden vorgebracht worden und konnte dank des umfassenden Baukastens der Stadt- und Überlandbusse in Windeseile umgesetzt werden. Beim LE ist der hintere Passagierraum LE-entsprechend angepasst, die technischen Lösungen bleiben jedoch vom Niederflur-Stadtbus unverändert, inklusive der Batterien, die auf dem Dach montiert sind. Erstmals auf einer Messe zu sehen war zudem der kurze Lion’s City 10 E (Seite 32), der sich speziell in eng geführten Routen und auf Gebirgsstrecken anbietet.
Den Serienstart mit Elektrobussen hatte MAN im Herbst 2020 gehabt und Mitte September 2023 wurde die Produktion des 1000. Lion’s City E gefeiert. «Und die Nachfrage ist ungebrochen», meint Robert Kratzer, neuer Head of Sales & Product bei MAN Bus. Die Bestellbücher seien gut gefüllt und würden noch locker bis zum nächsten Technologiesprung reichen, den MAN Bus aufs Jahr 2025 ankündigt. Dann soll die neue Generation der Batterie auf den Markt kommen, die im Vergleich zu 2021 eine um 50 Prozent grössere Reichweite ermöglichen soll. Dann will MAN auch vom heutigen Zentralantrieb auf eine E-Achse wechseln. «Die E-Achse ist effizienter, aber sie war bislang noch nicht zuverlässig genug», erläutert Heinz Kiess, Head of Product Marketing.
![Der Neoplan Tourliner feiert nicht nur seinen 20. Geburtstag, sondern wird als erstes Fahrzeug von MAN mit der neuen Elektro- Architektur ausgestattet.](https://www.tir-transnews.ch/wp-content/uploads/2023/10/MAN_News_03_tir_transnews_66337.jpg)
Sicherheitsvorschriften als Treiber
Im Juli des kommenden Jahres treten neue gesetzliche Vorschriften zu Cybersicherheit und Assistenzsystemen in Kraft, was alle Hersteller zu massiven Investitionen veranlasst hat. Bei MAN wurde zur Integration der entsprechenden Technologien eine neue elektrische Plattform entwickelt, die bis zum Inkrafttreten der Verordnungen in allen Bussen implementiert sein wird. Die Plattform bietet u.a. die sogenannten Over-the-Air-Updates und zusätzliche oder verbesserte Sicherheitsfunktionen. Dazu hat MAN beispielsweise bei den Fahrerassistenzsystemen von kamera- auf radarbasierte Sensorik gewechselt.
Erste Erfahrungen mit diesen elektronischen Neuerungen sammeln konnten wir im Reisebus Neoplan Tourliner, der übrigens in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert. Herzstück der Tourliner-Modellgeneration 2024 ist das neue Cockpit, das nicht nur viel mehr Platz und praktische Ablagen für den Fahrer bietet, sondern auch mit einem neuen Armaturenbrett aufwartet. Letzteres wird auch bei den anderen Reisebussen eingeführt werden und in geänderter Form auch in den Linienbussen. Das Tourliner-Cockpit verfügt über ein digitales 12-Zoll-Hauptinstrument, hat etliche Direkttasten und einen Multimediamonitor (7 Zoll). Es kommt allerdings kein Touchscreen zur Anwendung, sondern der aus dem Lastwagen bekannte Smart-Select, ein grosser Dreh-Drück-Taster, der zentral und griffgünstig in der Mittelkonsole montiert ist. Auf ersten Probefahrten gefielen die Übersicht und der neue Bedienkomfort des Cockpits, beides Elemente, die wir auch in der aktuellen LKW-Generation schätzen gelernt hatten.
![Neoplan Tourliner Cockpit TIR transNews](https://www.tir-transnews.ch/wp-content/uploads/2023/10/MAN_News_04_tir_transnews_66336.jpg)
Im neuen Tourliner ist auch der überarbeitete D26-Diesel erhältlich, der leistungsstärker und zugleich sparsamer (Verbrauch –2,5 Prozent) geworden ist. Der topografische Tempomat EfficientCruise3 hat auf Stadt- und Überlandstrecken erweiterte Parameter erhalten und die Luftfederung senkt die Karosserie oberhalb von 70 km/h automatisch ab, um die Aerodynamik zu verbessern.
Um seinen Anspruch als Vollanbieter zu unterstreichen, hat MAN erneut den Kleinbus TGE Coach gezeigt, der seinen Auf- und Ausbau beim litauischen Spezialisten Altas erhält. Gerade in der aktuellen Zeit, wo zwar wieder viel mehr gereist wird, aber meist in kleineren Gruppen als vor der Pandemie, können solche kompakteren, aber meist sehr luxuriösen Busse für Reiseunternehmer eine auch finanziell interessante Option darstellen. Der TGE Coach wird von MAN ausschliesslich als Diesel angeboten, wobei sich Aufbaupartner Altas u.a. auch einen Namen im Retrofitting von Elektroantrieben in Transportern gemacht hat.
![MAN Bus News Cockpit TIR transNews](https://www.tir-transnews.ch/wp-content/uploads/2023/10/MAN_News_05_tir_transnews_66335.jpg)
Hohe Batteriekompetenz
Vor wenigen Wochen, am 9. Oktober, fand übrigens der Spatenstich für das Produktionswerk von Batterien am Standort Nürnberg statt. Diese modular aufgebaute Produktion soll bis im ersten Quartal 2025 betriebsbereit sein und ist auf eine Kapazität von über 100’000 Batterien pro Jahr ausgelegt. Für das Batterienwerk hat MAN Investitionen von 100 Mio. Euro über fünf Jahre vorgesehen, wobei die ganze Produktion für die Lastwagen und Busse von MAN reserviert ist.
Damit wandelt sich der bisherige Motorenstandort Nürnberg langsam zu einem Batteriestandort. «Für unsere Batterieentwicklung und -produktion nutzen wir sämtliche im Volkswagen-Konzern verfügbaren Technologien», sagt Barbaros Oktay. «Dass wir bei VW im Konzern die Batterie kennen, von der Zelle über das Modul bis zum Pack, bringt uns grosse Vorteile und wir sehen das als Gamechanger in der Transportindustrie.»