Minibus Euro Test 2024: Sechs in der City
MINIBUS DES JAHRES 2025 Ein halbes Dutzend sehr unterschiedlicher Fahrzeugmodelle und -konzepte stand jüngst in Madrid der «Minibus of the Year»-Jury für ausgiebige Vergleichsfahrten zur Verfügung. Die Busse kamen aus Spanien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Rumänien und der Türkei.

Bereits zum vierten Mal wählten die 24 Mitglieder der internationalen Jury «Bus & Coach of the Year» (die Schweiz wird durch TIR transNews vertreten) den Minibus des Jahres. Dem der Wahl vorausgehenden Minibus Euro Test 2024 stellten sich in diesem Jahr in alphabetischer Reihenfolge: Aveuro (Rumänien), Bluebus (Frankreich), Car-Bus (Spanien), Inter Traction Electrics (Ungarn), Otokar (Türkei) und Tremonia (Deutschland). Einige dieser Hersteller sind aktuell mit ihren Produkten noch nicht auf dem Schweizer Markt vertreten, die in Madrid vorgestellten Fahrzeuge sind aber für zukünftige Einsätze im zentraleuropäischen City-Verkehr durchaus vorstellbar.
Ein futuristisches Ambiente bot die Testroute im Neubaugebiet Valdebas unweit des Flughafens Madrid-Barajas und des Messegeländes IFEMA. Grösste Attraktion des Quartiers ist die weitläufige «Ciudad Real Madrid», die die Nachwuchsakademie des weltberühmten Fussballclubs beherbergt. Die restliche Infrastruktur ist in dieser an sich recht schmucken Trabantenstadt in den Bereichen öffentliche Verkehrsmittel und Einkaufsmöglichkeiten aber sicher noch ausbaubar.

Elektro-Quintett
Mit Ausnahme des Reform-S City Max vom ungarischen Hersteller Inter Traction Electrics mit konventionellem Dieselmotor vertraute das restliche Teilnehmerfeld auf einen batterieelektrischen Antrieb. Aveuro und Inter Traction Electrics nutzen den Sprinter als Basis für ihren Minibus, die katalanisch-chinesische Koproduktion Car-Bus baut auf einer bereits älteren Sprinter-Plattform auf. Tremonia (die lateinische Bezeichnung für Dortmund) wurde aus dem Daimler-Konzern herausgelöst und produziert weiterhin den aktuellen Sprinter im Ruhrgebiet.
Bluebus und Otokar gehen bei ihren Modellen betont eigenständige Wege und sichern sich dadurch die höchste optische Aufmerksamkeit bei Passanten. Der knuffige Bluebus entzückte vor allem viele Kinder, die mit ihren Eltern in den frisch angelegten Parks entlang der Testroute unterwegs waren.

Minibus Euro Test 2024 mit Äpfel und Birnen
Punkto Konfiguration, Einsatzzweck (vom Schulbus bis zum luxuriösen Hotel-Shuttle), Komfort- und Sicherheitsausstattung präsentierten sich die sechs Kandidaten sehr unterschiedlich – so konnten naturgemäss keine unterschiedlichen Apfelsorten verglichen werden. Der Obstkorb mit Äpfeln und Birnen vermochte aber doch, die unterschiedlichsten Geschmäcker zu erfreuen. Bei der Bedienbarkeit wurde durchwegs das plausible Cockpit-Layout der auf dem Sprinter basierenden Modelle gelobt, einzig im Zeroid von Car-Bus wirkte der Fahrerarbeitsplatz im direkten Vergleich deutlich antiquierter. Mit ihren – in der Praxis ausgezeichnet funktionierenden – kamerabasierten Spiegelersatzsystemen waren Bluebus und Otokar ihren Rivalen mit herkömmlichen Aussenspiegeln technologisch eine Spur voraus.

Der in der Bretagne ansässige Hersteller Bluebus hatte übrigens bereits vor einem Jahr eines seiner Fahrzeuge zu einem Testeinsatz nach Lausanne geschickt. Konzeptbedingt verleitet dieser schmale 6-m-Bus mit hohem Schwerpunkt in Kreiseln zu einem eher defensiven Umgang mit dem Fahrpedal. Gleiches gilt in etwas schwächerer Ausprägung für den Otokar. Die unterschiedlichen Vertreter mit Sprinter-Genen liegen da durchwegs deutlich satter auf der Strasse. Beim Car-Bus wurden ausnahmslos die teigig wirkenden und wenig kraftvoll zupackenden Bremsen moniert. Die meisten E-Busse waren standardmässig im One-Pedal-Drive-Modus angetreten, können auf Wunsch aber auch eine Segel-Option für komfortables Dahingleiten anbieten.
Auch der Tremonia konnte bereits im Vorfeld Erfahrungen bei realistischen Einsätzen in einer Stadt im Alpenraum sammeln. Im Testbetrieb im österreichischen Innsbruck wurden laut Aussagen eines Firmenvertreters vor allem das Handling und der Fahrkomfort gelobt, auf steileren Anstiegen in den Randbezirken der Tiroler Landeshauptstadt gab es laut selbstkritischem Fazit aber noch Optimierungspotenzial bei der Schaltsoftware.
Alternative zum BEV
Dass es für die Zukunft des Stadtverkehrs mit Minibussen zu BEV-Fahrzeugen eine Alternative geben kann, konnte der ungarische Reform-S City Max als einziger Vertreter der Verbrenner-Fraktion mit seinem ausgereiften Dieselmotor unter Beweis stellen. Inmitten der Elektro-Dominanz der fünf lokal-emissionsfreien Fahrzeuge sicherte sich der Selbstzünder viele Sympathien der Jury-Mitglieder.

Summa summarum hat jeder der sechs doch sehr unterschiedlichen Kandidaten seine individuellen Vorzüge. Daher werden Verkehrsbetriebe für ihre speziellen Anforderungen sicher beim einen oder anderen Anbieter fündig.
Nach vielen Testrunden (sowohl als Chauffeur als auch als Passagier), simulierten Haltestellen-Stopps, Bergaufanfahrten und Rekuperationen an den unterschiedlichen Testtagen wählte die Jury im Anschluss an ausgiebige Diskussionen den Tremonia City 75 Electric zum klaren Sieger im Minibus Euro Test 2024. In der Zwischenzeit versammelten sich die BEV-Busse zu einem Rendezvous an den Strom-Ladestationen neben einem Fast-Food-Restaurant. Der einzige Diesel-Vertreter war beim Auffüllen seiner Energievorräte an der konventionellen Zapfsäule natürlich deutlich schneller.
Die prestigeträchtige Gewinner-Trophäe für den «Minibus of the Year 2025» wurde vom norwegischen Jury-Präsidenten Tom Terjesen im Rahmen der Fachmesse FIAA in Madrid an Tremonia-CEO & CTO Josa Prinz übergeben.