Der elektrische Allrounder T90 EV
GEFAHREN UND GETESTET Pick-ups mit Doppelkabine eröffnen vielerlei Einsatzmöglichkeiten. Mit dem T90 EV bietet Maxus als erster Hersteller einen batterie-elektrischen Pritschenwagen in Europa an, vorerst nur mit Heckantrieb. Was taugt das Konzept?

Die Elektrifizierung hat im Transportersegment fast alle Baureihen durchdrungen. Nach den grossen, mittelgrossen und kompakten Vans bleiben eigentlich nur noch die Pick-ups übrig – bis jetzt. Es handelt sich zwar um ein kleines Segment – der Schweizer Markt zählt jährlich rund 2000 Einheiten – und ein grosser Anteil sind Lifestyle-Kunden. Aber auch KMU sowie Gemeinden mögen Pritschenwagen und im kommunalen Beschaffungswesen ist Elektro inzwischen fast überall Pflicht.

Batterietechnik aus dem Large
Van Maxus gehört zum chinesischen SAIC-Konzern und ist seit etwas über drei Jahren in der Schweiz aktiv. Ihr erstes in der Schweiz lanciertes Fahrzeug war der grosse Elektrotransporter EV80, der kurze Zeit später vom moderneren eDeliver9 abgelöst wurde. Dessen grössere von zwei wählbaren Batterien ist auch im T90 verbaut. Mit 89 kWh ist ordentlich Speicher mit an Bord. Zum Vergleich: Die Batterie des neuen Renault Kangoo E-Tech Electric verfügt mit 45 kWh etwas über die Hälfte. Das kommt natürlich der Reichweite zugute – oder der Ausdauer, wenn Kraft benötigt wird, etwa beim Einsatz als Zugfahrzeug. Maxus gibt eine kombinierte WLTP-Reichweite von 330 km an, im reinen Stadtverkehr sollen bis zu 471 km möglich sein. Damit kann der Pick-up den ganzen Tag im Einsatz stehen (oder fahren), ohne zwischenladen zu müssen.

Mit dem standardmässigen 11-kW-Onboard-Ladegerät dauert das vollständige Aufladen an einer AC-Wallbox etwa neun Stunden. Mit der serienmässigen 90-kW-Gleichstrom-Schnellladeoption ist die Batterie nach rund 45 Minuten zu 80 Prozent aufgeladen.

Wie der eDeliver9 verfügt auch der T90 EV über ein maximales Drehmoment von 310 Nm. Im Kastenwagen leistet der Elektromotor 150 kW (204 PS), im Pick-up sind es mit 130 kW (177 PS) etwas weniger. Drei Fahrmodi (Eco, Normal, Power) stehen zur Wahl, wobei selbst im Eco-Modus die 2375 kg Leergewicht sehr flott in Fahrt kommen. Überhaupt ist der Eco-Modus für den urbanen Einsatz ausreichend. Generell lässt sich mit dem Pedal die Lastanforderung fein dosieren. Die fest eingestellte Rekuperation ist gut spür- bar, beim vollständigen Stopp schaukelt der Pick-up aus. Das ist zunächst gewöhnungsbedürftig, aber nach einer Woche vergessen. Der durchschnittliche Verbrauch wird mit 26,8 kWh/100 km angegeben. Verzichtet man auf Autobahnfahrten, ist es leicht, diesen Wert zu unterbieten. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 120 km/h limitiert, also ideal für die Schweiz.

Komfortables Arbeitstier
Der T90 wurde ursprünglich als Verbrenner entwickelt und nachträglich auf elektrischen Hinterachsantrieb umgerüstet. Der Pick-up selbst ist konventioneller Bauart mit klassischem Leiterrahmen, hinterer Starrachse mit Blattfederung und vorderer Einzelradaufhängung an Doppelquerlenkern.

Der Einstieg in die Kabine ist, wie bei einem Pick-up üblich, hoch. Das Interieur präsentiert sich einfach und funktional. Es gibt nur wenige Knöpfe und Schalter, die sich zudem intuitiv bedienen lassen. Man sitzt hinter einem Kunststoff-Lenkrad und auf elektrisch einstellbaren Kunstledersitzen. In beiden Sitzreihen ist das Platzangebot grosszügig. Sechs Airbags, Stabilitätsprogramm ESP und Bremsassistent EBA sorgen für Sicherheit. Dazu kommen Berganfahr- und -abfahrhilfen, hintere Parksensoren, Rückfahrkamera und LED-Tagfahrlicht. Bluetooth-Schnittstelle und DAB+-Radio mit Apple CarPlay bzw. QD Link für Android lassen sich über einen 10,25-Zoll-Touchscreen bedienen. Zudem gibt es in der Kabine USB-, 12-Volt- und 220-Volt-Anschlüsse.

Praktikabel, mit Luft nach oben Die 925-Kilogramm-Nutzlast liegt zwar im unteren Durchschnitt für Pick-ups die- ser Klasse, sind aber akzeptabel. Die mit einzelnen fixen Ladungssicherungshaken versehene Ladefläche misst 1485×1510 Millimeter. 1000 Kilogramm Anhängelast sind zumindest für Elektrofahrzeuge gut, Verbrenner bieten hier (noch) deutlich mehr.

Das (zurzeit noch) grösste Manko des T90 EV dürfte der fehlende Allradantrieb sein. Denn in vielen Fällen ist das der Grund, warum man überhaupt einen Pick-up wählt. Für eine Gemeinde im Unterland beispielsweise, die ihre bestehende Fahrzeugflotte ergänzen möchte, und wo der Pick-up nicht für den Winter- oder Forstdienst eingesetzt wird, ist der T90 EV aber auch ohne Allradantrieb eine sehr interessante Alternative. Für alle anderen: Eine Allradversion ist in Vorbereitung, dann vielleicht sogar mit mehr Anhängelast.
Den Maxus T90 EV gibt es in vier Aussenfarben und in einer einzigen, dafür gut ausgestatteten Version «Elite» für 59’774 Franken inklusive MwSt.
