Designwerk: führend in Leistung und Komplexität
SCHWEIZER TECHNOLOGIE Designwerk lieferte 2016 ihre ersten Elektro-LKWs als Abfallsammelfahrzeuge aus. Es folgten aufsehenerregende Fahrgestelle und Sattelzugmaschinen. Nun konzentrieren sich die Winterthurer wieder vermehrt auf Kommunalanwendungen – und ihren Mega Charger.
Mitte 2021 stellte ein E-Truck der Designwerk Technologies AG mit 1099 Kilometern den noch heute gültigen Langstreckenrekord für batterieelektrische Lastwagen auf. Die Speicherkapazität des Rekordfahrzeugs: 680 kWh, damals die grösste LKW-Batterie Europas. Mit realisierten 900 kWh und vor zwei Jahren sogar 1000 kWh leistete das Technologieunternehmen weitere Pionierarbeit. Bis heute legten die rund 250 ausgelieferten Designwerk-E-Trucks über 20 Millionen fossilfreie Kilometer zurück.
Doch jetzt haben immer mehr OEM mit der Auslieferung ihrer eigenen fernverkehrstauglichen Elektro-Sattelzugmaschinen begonnen – und dies zu Preisen, mit denen ein Schweizer Hersteller nicht mithalten kann.
«Nach einem starken Wachstum – 2018 waren es noch 30 Mitarbeitende, 2023 bereits 220 – befindet sich Designwerk jetzt in einer Phase der Konsolidierung», bestätigte CEO Adrian Melliger am Demo Day vom 15. Oktober, an dem auch die Anpassungen des Geschäftsmodells deutlich wurden. Der Hersteller orientiert sich nämlich vermehrt an seinen Wurzeln, und zwar in doppelter Hinsicht: Die ersten vermarkteten Produkte des Unternehmens waren Ladegeräte und die ersten ausgelieferten E-Trucks Abfallsammler, also kommunale Lösungen.
Zukunft ist elektrisch
Firmengründer und Chefentwickler Tobias Wülser sieht einen mit der Elektrifizierung von LKW einhergehenden wachsenden Bedarf an komplexen Lösungen, etwa mit mehreren Nebenantrieben. Insbesondere, da OEM sich auf Produkte von der Stange konzentrieren. Am Demo Day zeigte Designwerk solche Lösungen:
- Der Kehrlastwagen der Stadt Aarau mit Faun-Aufbau ist die erste High-Performance-Kehrmaschine mit 62-kW-ePTO-Direktantrieb des Gebläses. Ein zweiter 62-kW-Nebenantrieb treibt die Zahnradpumpen für den Hydraulikblock an.
- Das Recyclingfahrzeug AquaStar EV mit Kaiser-Aufbau verfügt über eine 500-kWh-Batterie und kann mit 350 kW DC geladen werden. Mit einer Ladung sind (bei kurzer Anfahrt) bis zu acht Arbeitsstunden möglich.
- Für den Nationalstrassenunterhalt Ostschweiz GEVI (Gebietseinheit 6) realisierte Designwerk ein vierachsiges Winterdienstfahrzeug mit Streuer, Frontpflug und Seitenflügel. Das Pilotprojekt wird im Sommer 2025 auf 800-Volt-Technologie umgebaut und von einem Mega Charger geladen. Hintergrund: Ab 2030 dürfen für den Nationalstrassenunterhalt nur noch emissionsfreie LKW beschafft werden (Astra-Weisung 76006). Wir werden über das Projekt in einer späteren Ausgabe umfassender berichten.
Langlebigere und nachhaltigere Batterien
Ein Treiber der Elektrifizierung ist auch die Batterieentwicklung. 2016 lag die Energiedichte der in Winterthur verbauten Batterien noch bei 136 Wattstunden pro Liter, heute sind es 257, also praktisch eine Verdoppelung in acht Jahren. Vermehrt kommen optional Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) zum Einsatz. Diese vergleichsweise «alte» Technologie bietet gegenüber moderneren Nickel-Mangan-Kobalt-Batterien (NMC) zwar eine geringere Energiedichte, benötigt also mehr Volumen für dieselbe Energie, bietet aber eine fast doppelt so hohe Zyklenfestigkeit, hält dadurch 15 statt zehn Jahre, resp. 3000 statt 2000 Ladezyklen, weshalb sie sich für kommunale Anwendungen mit längerem Fahrzeugleben besonders eignet. Zudem kommt sie ohne die seltenen Erden Kobalt und Nickel aus, weist eine günstigere CO₂-Bilanz aus und ist im Falle eines Unfalls wesentlich sicherer (kein «Thermal Runaway» möglich). Auch bei der Kostenfrage gewinnt LFP, wie Wülser erklärt: «Die chinesische Regierung hat entschieden, LFP zu fördern. Dadurch wird diese Technologie im Markt günstiger angeboten, wovon auch wir Europäer profitieren.»
Designwerk-Pionierprodukt Mega Charger
Im Sommer 2024 lieferte Designwerk den weltweit ersten Mega Charger an die Galliker Transport AG in Altishofen. Der im Bau befindliche zweite Mega Charger geht nach St. Gallen ans weiter oben erwähnte GEVI-Pilotprojekt. Designwerk sieht für dieses High-Tech-Produkt grosses Marktpotenzial: Mega Charger ermöglichen ultraschnelles DC-Laden mit bis zu 2,1 MW pro Ladepunkt. Sie ermöglichen zudem die Energiepufferung zur Kosten- und CO₂-Optimierung von bis zu 2 MWh pro Container und können mit bis zu 400-kW-Solar- oder Windstrom versorgt werden. Hinzu kommt eine gesteuerte, bidirektionale Netzanbindung. Zusammen mit den kommunalen Spezialprojekten soll so der Nachfragerückgang bei den Sattelzugmaschinen und Standardfahrgestellen kompensiert werden.