Life Cycle Costs bringen es auch kommunal

GRÜN STADT ZÜRICH Der Fachbereich Werkstätten und Logistik von Grün Stadt Zürich hat vor zweieinhalb Jahren die Beschaffungspraxis geändert und zehn Kommunaltraktoren auf einen Schlag gekauft, die neu auch für den Winterdienst eingesetzt werden. Die Beschaffungskriterien nähern sich denjenigen der Privatwirtschaft. Und: Die Elektrifizierung ist bei Geräten schon weiter als bei Fahrzeugen.

 

Kommunaltraktoren Fachbereich Werkstätten und Logistik Grün Stadt Zürich TIR transNews
Kommunaltraktoren Fachbereich Werkstätten und Logistik Grün Stadt Zürich

Grün Stadt Zürich (GSZ) stellte im Herbst 2016 zehn neue John Deere 3045R Traktoren in Dienst, die kurze Zeit später ihren ersten Wintereinsatz absolvierten. Dafür wurden zunächst die schon bisher bei GSZ verwendeten Schneepflüge und Streuer durch die Techniker der Robert Aebi Landtechnik AG auf ihre neuen Trägergeräte angepasst und dann gemeinsam mit den zehn Traktoren ausgeliefert. Die Mitarbeiter waren nun mit ihren Traktoren noch besser darauf vorbereitet, allfällig auftretende Glätte auf den 1000 Kilometern Gehweg zu bekämpfen, erklärt Hugo Baumann, Fachbereichsleiter Werkstätten und Logistik: «Bisher hatten wir Maschinen diverser Marken und Typen und immer Schwierigkeiten, ihnen die passenden Anbaugeräte zuzuordnen. Mit den einheitlichen Geräteträgern können wir jetzt bestehendes Material besser auslasten. Zudem erleichtert die identische Bedienung den wechselnden Chauffeuren ihren anstrengenden Dreischichtbetrieb. Und mit immer gleichen Maschinentypen kommen auch die Mechaniker besser zurecht, zudem können wir Ersatzteile gezielter einkaufen und bevorraten.» Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Traktoren immer einzeln ersetzt, und zwar unter laufender Rechnung. «Wir hatten zuvor nie ein Beschaffungsbudget gehabt. Wir haben zwar Leasingangebote geprüft, aber das war uns zu teuer, denn grundsätzlich hat die Stadt ja das Geld.» So wurde die Flottenerneuerung als Investition ins Budget aufgenommen, was vorgängig diskutiert und politisch (im Rahmen des Gesamtbudgets) bewilligt werden musste.

Kostentransparenz zahlt sich aus Neu für das Submissionsverfahren war der Ansatz, dass neben technischen Einzelheiten insbesondere die «Life-Cycle-Costs» (Lebens­zykluskosten) der Traktoren über ihr gesamtes zukünftiges Pro­duktleben im Zürcher Kommunaldienst berücksichtigt wurden – in diesem Fall zehn bis zwölf Jahre. Aus Kundensicht zählen dabei neben den Beschaffungskosten auch die Kosten für die Verwendung und Instandhaltung dazu. Ein Vorgehen, das in der Privatwirtschaft, insbesondere im Transportgewerbe, schon lange zum Standard gehört. Hier wird der Begriff TCO für Total Cost of Ownership verwendet. Führende Hersteller können diese Gesamtzykluskosten ihrer Maschinen und Fahrzeuge ihren Kunden präzise aufschlüsseln und auf die entstehenden Kosten pro Einsatzjahr oder sogar Betriebsstunde herunterrechnen. Dies ist für beide Seiten relativ risikolos, weil der Unterhalt in Wartungsverträgen geregelt ist. «Externe Servicetechniker kommen zu uns und nutzen unsere Infrastruktur», erklärt Baumann. Das habe den Vorteil, dass die Traktoren nicht noch verschoben werden müssen, also Zeit gespart und somit die Einsatzdauer erhöht wird. «Ein weiterer Vorteil ist auch, dass unsere Lehrlinge mithelfen und so an unseren Maschinen lernen können.» Zurzeit werden zwei Motorgerätemechaniker ausgebildet. Neu soll ein Landmaschinenmechaniker dazukommen. Auch Grün Stadt Zürich spürt den Lehrlingsmangel und ist überzeugt, dass mit dieser Grundbildung mehr Interesse geweckt wird.

Gemäss Baumann haben sich die vom Hersteller angegebenen Life Cycle Costs bewahrheitet: «Was wir in den zweieinhalb Jahren an Kosten gehabt haben, entspricht grundsätzlich der Offerte. Beim Winterdienst haben wir festgestellt, dass ab und zu Reifen hauptsächlich an Randsteinen beschädigt werden. Damit die Traktoren eine gewisse Höhe nicht überschreiten, rüsten wir sie mit Niederquerschnittreifen aus. Insbesondere mit Spikes, wie wir sie verwenden, sind diese weniger robust. Hinzu kamen Arbeiten an Dieselpartikelfiltern und Batteriestartschwierigkeiten, weil etwa ein elektrisches Gerät über Nacht eingeschaltet blieb. Aber das ist überall etwa dasselbe und keine Überraschung.» Für die Sportrasenpflege (Aerifizieren) müssen schwere Anbaugeräte verwendet werden. Daher braucht es zwei bis drei grös­sere Traktoren mit höheren Achslasten. Zudem mussten einige Fahrzeuge mit einer Frontzapfwelle nachgerüstet werden. Man hatte ursprünglich gehofft, darauf verzichten zu können, was man später revidieren musste.

Mit drei Fahrern je Traktor sichert Grün Stadt Zürich eine lückenlose Bereitschaft rund um die Uhr. Hauptsächlich wird das Zürcher Verkehrsnetz aber von 270 Einsatzkräften des «Schwesterbetriebs» ERZ Entsorgung + Recycling Zürich schnee- und eisfrei gehalten.

Hugo Baumann Fachbereichs­leiter Werkstätten und Logistik Grün Stadt Zürich TIR transNews
Für Hugo Baumann, Fachbereichs­leiter Werkstätten und Logistik von Grün Stadt Zürich, ­passen mit Biogas angetriebene Fahrzeuge ­hervorragend zu einer Gärtnerei.

Traditionell gärtnern mit modernster Technik Grün Stadt Zürich ist mit 500 Mitarbeitenden (inkl. Lernenden und Praktikantinnen), verantwortlich für die Bewirtschaftung des städtischen Grüns, insgesamt 3773 ha. Dazu gehören u.a. Parks, Sportanlagen und Friedhöfe, 22’000 Strassenbäume, zwei Waldreviere, zehn Bauernhöfe und ein Rebberg. Weitere Aufgaben sind u.a. der Sitzbankservice und die Spielplatzkontrolle, welche viermal jährlich durchgeführt werden muss. Im Fachbereich Werkstätten und Logistik betreuen 21 Mitarbeitende 257 eingelöste Fahrzeuge (darunter drei LKW). Zur Logistik gehören C-Teile (Verbrauchsmaterial), die zentral an Lager gehalten werden. Kleingeräte, Rasenmäher und Heckenscheren werden für Reparaturen sowie Messer- und Schleifservice in der eigenen Werkstatt dreimal wöchentlich im Austausch gegen Ersatzgeräte abgeholt. Neben der Werkstatt erledigt Baumann auch das Flottenmanagement für GSZ. «Das ist mehr als nur einkaufen. Durch diese Neubeschaffung haben wir versucht, durch mehr Allrounderfähigkeiten sowie mit einer besseren Einsatzplanung gewisse Traktoren mit wenig Einsatzstunden nicht mehr zu ersetzen. Über die Jahre konnten wir so die Flotte um neun Traktoren reduzieren.»

Das in Flotte und Maschinenpark investierte Kapital beträgt rund 30 Mio. Franken. Das beinhaltet alle inventarisierten Fahrzeuge und Maschinen ab 1000 Franken. «Um das sauber instand zu halten, brauche ich jährlich zwischen zwei und drei Millionen aus der laufenden Rechnung für Ersatzbeschaffungen und Investitionen. Der Unterhalt kostet uns ca. 1,7 Mio.» Dabei gilt es, sich der Zeit anzupassen. «Grünflächenpflege verändert sich», so Baumann. «Es kommt immer mehr Kunst­rasenpflege hinzu und es wird vermehrt naturnahe Pflege verlangt, wie etwa mit Balkenmähertechnik.»

Politik gibt Richtung vor – und Mittel frei Die Energie­politik der Stadt bestimmt den Umweltmassnahmenplan, der wiederum die städtische Fahrzeugpolitik vorgibt. CNG-Fahrzeuge hält Hugo Baumann für besonders sinnvoll, denn «wir liefern aus unserem Betrieb Biomasse, die von der Biogas Zürich AG zu Biogas vergärt und von energie360° ins Erdgasnetz eingespeist wird. Wir fahren zu 100 Prozent mit Biogas, was perfekt zu uns als Grün Stadt Zürich passt.» Mit Erdgas angetrieben werden ein VW Caddy, ein Iveco Daily, mehrere Piaggio Porter und ab April ein LKW von Scania.

Doch auch der Elektroantrieb wird genutzt, etwa durch einen Nissan e-NV200 der Gärtnerei. Doch die Elektrifizierung hat vor allem bei den Maschinen Einzug gehalten, in erster Linie aus Lärmschutzgründen. So sind seit 2017 sämtliche Laubbläser elektrisch, wie auch Heckenscheren sowie kleinere Motorsägen fürs Abasten, den Baumschnitt oder den Weihnachtsbaumverkauf. Im harten Forsteinsatz sind benzinbetriebene Sägen durch ihre höhere Leistung (noch) im Vorteil. Auf Sportplätzen und im Freibad Letzi sind Mähroboter im Einsatz. Diese bieten mehrere Vorteile: Abgesehen vom emissionsfreien Betrieb muss kein Material abgeführt werden und man benötigt keine Manpower – die Mitarbeiter können anderweitig eingesetzt werden. «Wir beteiligen uns an einer Weiterentwicklung der FH Luzern», verrät Baumann diesbezüglich. «Die neue Generation Mäh­roboter ist durch andere Mähstrategien mehr als doppelt so schnell, was die Kosten nochmals drastisch senken kann – ein Riesenpotenzial.»

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Im Freibad Letzi sorgen sechs Husqvarna-Mähroboter über Nacht für einen frisch geschnit­tenen Rasen. Im Hintergrund die mardersichere Minigarage.
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