Schutzwälder-Pflege erfordert viel Know-how

FORSTWESEN Nicht nur in der Bergwelt existieren sogenannte Schutzwälder. Auch im Tösstal wurden grosse Flächen als solche ausgeschieden. Sie müssen und werden mit hohem Aufwand an Männerkraft und Finanzen bewirtschaftet und gepflegt werden. So zum Beispiel im Forstrevier Turbenthal.

Schutzwälder Pflege TIR transNews
Urs Göldi: «Die Bewirtschaftung der Schutzwälder kann die natürliche Erosion nicht total verhindern. Aber wir können mit bestem Gewissen einen Waldzustand anstreben, der die Widerstandsfähigkeit des Bodens verbessert.»

Kurvenreich ist die Hauptstrasse im zürcherischen Tösstal zwischen Wila und Schmidrüti. Sie schlängelt sich zwischen steilen Waldhängen hindurch. Dies auch durch sogenannte Schutzwaldflächen. Das heisst: Schutzwald, der vor gravitativen Naturgefahren schützt. In diesem Falle sind es die Hauptstrasse und alle, die sich darauf fortbewegen. Der Wald bewahrt sie vor Murgängen, Erdrutschen oder Steinschlägen. Im Herbst 2013 wurde in einer dieser Flächen ein gut organisierter «Sicherheits- und Schutzwald-Holzschlag » durchgeführt. Der Wald liegt im Forstrevier von Urs Göldi. Er ist seit 35 Jahren Förster des Reviers Turbenthal. «Das Waldstück musste dringlich bewirtschaftet werden. Denn die Reklamationen über mögliche gefährliche Bäume in Schieflage nahmen von den Postauto und Autofahrern zu», erklärt der Förster. Seit vielen Jahren wurde diese Fläche nicht mehr gepflegt. Es war den Privatwaldbesitzern einfach zu teuer. Urs Göldi hat Verständnis dafür: «Für die Holzhauerei mussten wir die Strassen sperren, und der Sicherheitsholzschlag verlangte grosses Wissen, Koordination, Einsatz von Maschinen, versierten Forstleuten und hohe Effizienz, damit die Sperrung nicht zu lange andauerte. » Schutzwaldeingriffe werden seit 2008 von Bund und Kanton subventioniert. Seit 2012 finanziert der Kanton Zürich zudem Sicherheitsholzschläge entlang von Kantonsstrassen mit. «Waldbesitzer von Schutzwaldflächen sind schon genügend gestraft. Die finanzielle Unterstützung ist gerechtfertigt», so der Revierförster. Der Kanton Zürich hat im Jahr 2008 1310 Hektaren Schutzwälder behördenverbindlich festgelegt. Im Tösstal gibt es einige solcher Schutzflächen. In Urs Göldis Revier sind es 23 Hektaren. Warum eine solch auffallend grosse Fläche? Für ihn ist die Situation klar: «Die Waldhänge im Tösstal sind andauernd in Bewegung. Die Wälder wachsen nicht auf so stabilem Boden.» Das Muttergestein im Tösstal ist an den Hängen aus Molasse, die Niederschlagsmenge ist relativ hoch (circa 1300 mm / pro Jahr). Gemäss dem Fachmann sind die steilen Hänge andauernd in Bewegung. Es gibt daher immer wieder Erdrutsche und Steinschläge in den Tösstaler Hängen.

Widerstandsfähigkeit des Bodens verbessern
Die festgelegten Schutzflächen liegen meist oberhalb von Strassen und Siedlungen. Der Wald schützt diese eben vor Steinschlag und Erdrutschen. Lawinenvorfälle kommen im Revier von Urs Göldi eher selten vor. Das 1250 ha grosse Forstrevier liegt zwischen 500 und 900 Meter über Meer. Die Bewirtschaftung von Schutzwäldern ist nicht komplett anders als in anderen Flächen … aber, so Göldi, sie verlange grosses Fachwissen, eine gute Organisation, Information an die Bevölkerung und finanzielle Mittel. «Die Schutzwald-Bewirtschaftung kann die natürliche Erosion nicht total verhindern. Aber wir können mit bestem Gewissen einen Waldzustand anstreben, der die Widerstandsfähigkeit des Bodens verbessert.» Und worum geht es in der Bewirtschaftung im Tösstal? «Alte Bestände müssen verjüngt, Gefahrenträger und schwere Bäume entfernt werden. Dadurch fällt wieder mehr Licht auf den Boden. Die Vegetation wird dichter. Nach Holzschlägen müssen regelmässig Pflegeeingriffe stattfinden, damit die Mischung des Bestandes reguliert werden kann. Die Fläche wird dadurch stabilisiert und es entstehen keine grösseren Angriffsflächen, wo zum Beispiel durch das Eindringen des Wassers die Erdmasse in Bewegung kommt.»

Neue Schutzwaldflächen kommen hinzu
Die Bewirtschaftung der Schutzwälder wird von Urs Göldi und dem verantwortlichen Kreisförster, Hanspeter Reifler, gut und zukunftsgerichtet geplant. Die richtige Eingriffsstärke zu finden, ist dabei nicht immer ganz einfach, da vielfach Pflegedefizite vorliegen, die meist nicht einfach korrigiert werden können. Nach der Holzschlagarbeit sind weitere Pflegearbeiten notwendig, um die zukünftige Stabilität zu gewährleisten. «Wir definieren auch, wann die Pflege wieder stattfinden und wie die Vielfalt in der Fläche aussehen soll, wann wir dies überprüfen werden usw.», erklärt Förster Göldi. Bald werden in seinem Revier weitere Schutzwaldflächen hinzukommen. Denn im Kanton Zürich läuft das Projekt «Tobelwälder». Dabei werden die Wälder entlang der Bäche auf ihre Schutzwirkung und ihre Gefahrenquellen bei Hochwasserereignissen analysiert. Das Ziel des Projektes ist, die bestehenden Schutzwälder um den neuen Schutzwaldtyp «Gerinne-relevanter Schutzwald» zu erweitern. Ab 2016 sind für den Forstdienst Workshops zur Pflege dieser Wälder mit der Fachstelle für Gebirgswaldpflege des Bildungszentrums Wald Maienfeld geplant.

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