2000 neue ­Volkswagen Crafter in einem Jahr

VOLKSWAGEN NUTZFAHRZEUGE Ende 2016 startete der Verkauf des neuen Crafter. Mit inzwischen über 2000 unterschriebenen Verträgen konnte VW Nutzfahrzeuge den Absatz in diesem Segment markant steigern – und dies, obschon die Varianten Heck- und Allradantrieb erst kürzlich hinzugefügt wurden. Im Interview: Raphael Schneider Crameri, Verkaufsleiter VW Nutzfahrzeuge Schweiz.

Raphael Schneider Crameri Verkaufsleiter VW Nutz­fahrzeuge Schweiz TIR transNews
Vielbeschäftigt, denn das Geschäft muss brummen: Raphael Schneider Crameri, Verkaufsleiter VW Nutz­fahrzeuge Schweiz, im neuen VW Crafter.

TIR: Warum ist die Zahl 2000 für Sie so wichtig?

Raphael Schneider CRAMERI: Der Erfolg ist deswegen beachtlich, weil wir bei diesem ursprünglich heckgetriebenen Nutzfahrzeug mit den dort angesiedelten Kunden zunächst mit dem Frontantrieb gestartet sind. Das war eine Herausforderung, wir mussten diese neuen Kunden zuerst kennenlernen und überzeugen, denn sie haben andere Anforderungen und Bedürfnisse. Dafür sind alle Antriebsva­rianten auch mit Automatikgetriebe erhältlich. Das ist in dem Segment schon wesentlich. Besonders für Kurierdienste ist eine Automatenversion bequem und effizient.

Hilft es sehr, dass Allrad nun ab Werk erhältlich ist?

Allrad ist sehr wichtig. Bisher waren in diesem Segment alle angebotenen Allradfahrzeuge externe Lösungen und daher teuer. Der Allradanteil war somit gering. Heute werden 18 Prozent der Crafter in der Schweiz mit Allrad bestellt, Tendenz steigend. Tatsächlich ist die Version 2.0 TDI mit 177 PS, 6-Gang-Handschaltung und 4Motion die am drittmeisten gewählte Konfiguration. Zum Vergleich: Beim T-Modell sind es über 50 Prozent und beim Caddy über 30, Tendenz steigend. Da sehen wir mit unserem Produkt und der Werkslösung Wachstumspotenzial. Im Entry-­Bereich liegt der tiefste Aufpreis bei 1100 Franken von Heckantrieb auf 4Motion-Allradantrieb. Im Vergleich zum Mehrnutzen ist das marginal.

Einer der USP des neuen Crafter ist der Anhänger­assistent. Deckt er ein Bedürfnis ab?

Der Anteil liegt heute bei rund vier Prozent. Der Trailer Assist ist aber nur ein Beispiel, das aufzeigt, wie fortschrittlich das Fahrzeug tatsächlich ist. Der Crafter ist eine komplette Neuentwicklung, daher sind auch alle aktuellen Assistenzsysteme aus dem Volkswagen-Konzern lieferbar. Der Flankenschutz etwa ist eine wesentliche Sicherheitshilfe. Kurierfahrer sind auch in engen Gassen zügig unterwegs. Die serienmässige Multikollisionsbremse, der adaptive Tempomat, der Seitenwindassistent – auch mit Gespann wirksam – sind sicherheitsrelevante Dinge, die in diesem Paket heute so niemand bieten kann. Technologisch ist der Crafter das modernste leichte Nutzfahrzeuge auf dem Markt und wir gehen davon aus, dass es vorläufig auch so bleiben wird.

Und der elektrisch angetriebene Crafter?

Es gehört zur Konzernstrategie, alternative Antriebe zu entwickeln. Den ersten E-Crafter für die kommerzielle Nutzung erwarten wir Ende Jahr. Der politische Druck ist im Ausland natürlich höher, da Städte beispielsweise in Deutschland damit drohen, Verbrennungsmotoren aus den Innenstädten zu verbannen. Doch auch bei uns gibt es Kundeninteresse, wie etwa von Energieversorgern, die auf der Strasse zeigen wollen, dass sie emissionsfrei unterwegs sind. Auch bei Behörden und Paketdienstleistern besteht grosses Interesse. E-Mobilität kann eine kostensparende Antriebsalternative sein. Wir freuen uns extrem auf den Start in die E-Mobilität, das wird eine spannende Reise.

Wenn man mit dem Personenwagen vergleicht, sind die Anforderungen aber schon anders. Hier redet man von schweren Lasten, Anhängerbetrieb, Kipperbetrieb oder Kühlaggregat. Es wird eine grosse Herausforderung, alle Kundenbedürfnisse abdecken zu können. Für die Nachfolge der anderen Baureihen sind ebenfalls alternative Antriebe in der Entwicklung. Den Caddy TGI mit Erdgasantrieb etwa können wir erfolgreich in der Schweiz vermarkten. Ob ein Crafter mit Erdgasantrieb kommt, wissen wir noch nicht.

Wie sieht das Angebot bei den Aufbaulösungen aus?

Wir haben mit «Swiss Champion» ein Programm für häufig gewählte, fixfertige Komplettlösungen. Das sind Kipper, Kofferaufbau mit Hebebühne, Blachenaufbau oder feste Brücke. Dazu haben wir ein Premiumpartnernetz mit Schweizer Aufbauern geknüpft. Unsere Verkäufer sind auch Projektmanager, dafür werden sie ausge­bildet. Unsere Partner werden ebenfalls auf das Produkt geschult, um optimale Lösungen anbieten zu können. Tatsächlich liegt der Anteil an Swiss-Champion-Lösungen bei 40 Prozent der verkauften Crafter. Sind es andere Aufbauten, also kommt etwa ein Kran hinzu oder geht es um Kanalreinigung, nehmen die Verkaufsberater die Aufgabe an und finden mit dem Kunden den geeigneten Aufbaupartner.

VW Crafter «Swiss Champion» TIR transNews
Ein VW Crafter «Swiss Champion» mit Standardladebrücke vom Schweizer Carrossier.

Wir haben 130 Nutzfahrzeugverkäufer in der Schweiz und wir haben im Premiumpartnerbereich 21 Partnerbetriebe. Die 130 Verkäufer sind im grössten Nutzfahrzeug-Partnernetz zuhause. Vor zehn Jahren waren es noch rund 35 spezialisierte Verkäufer. Insgesamt sind über 430 Personen für VW Nutzfahrzeuge in der Schweiz für Kunden tätig. Die Kunden haben auch immer weniger Zeit und dadurch den Anspruch, ihre Bedürfnisse einfach bei uns zu platzieren und Lösungen zu erhalten. Das bedingt, dass die Mitarbeiter breit geschult sind, um den Mehrnutzen bieten zu können, mit dem der Kunde Zeit spart. Wir haben dazu spezialisierte VW Nutzfahrzeuge Center, Nummer 6 steht kurz vor der Eröffnung.

Letzten Herbst zeigten Sie den Crafter XXL als Wohn­mobilstudie am Caravan-Salon Bern. Wann kommt er?

Wir hoffen, dass in diesem Herbst das Fahrzeug präsentiert und zeitnah zur Bestellung freigegeben und 2019 ausgeliefert wird. Auf den California XXL freuen wir uns auch besonders, weil er ein Segment bedient, in dem wir noch nicht tätig waren. Das gibt neue Kunden und Aufmerksamkeit. Damit können wir die Erfolgsgeschichte des California weiterschreiben.

Welche Bedeutung hat ein autonom fahrendes Fahrzeug für dieses Segment?

Autonomes Fahren birgt extrem viele Chancen in gewissen Branchen, allerdings gibt es noch zwei, drei He­rausforderungen, die es zu meistern gilt. Nehmen wir als Beispiel den Paketdienst. Autonomes Fahren ist das eine, aber das Ausliefern des richtigen Paketes an den richtigen Ort ist ein ganz anderes Thema. In nächster Zeit wird es dort keine grossartigen Veränderungen geben. Man muss unterscheiden zwischen autonomem Fahren und Automatisieren des Lieferprozesses. Dass ein Transporter auto­nom fährt, kann ich mir vorstellen, aber als Schnittstelle zur Lieferung wird es noch lange Menschen brauchen. Auch ein Baufahrzeug kann autonom zur Baustelle fahren, aber die Schaufel abladen muss immer noch ein Handwerker.

Wie wichtig sind heute noch Motoren für den Kunden?

VW Nutzfahrzeuge hat mit dem Crafter ein von Grund auf neues Nutzfahrzeug gebaut, mit neuen Motoren und optimierter Aerodynamik. Die Schweiz neigt durch ihre Topografie zu mittleren und starken Motoren, konkret 140 und 177 PS in Verbindung mit dem Automatikgetriebe. Notabene sind wir mit dem Crafter (und dem Schwestermodell MAN TGE; Red.) die Einzigen mit ­einem 8-Stufen-Wandlerautomaten, was sich wiederum positiv auf den Verbrauch auswirkt. Die Dekra hat mit diversen Nutzfahrzeugen Messungen im Fahrbetrieb gemacht und unterschiedliche Fahrprofile getestet. Das Ergebnis zeigt, dass der neue Crafter im Vergleich zu seinen Mitbewerbern die geringsten Verbrauchswerte aufweist. Die optimalen Motor-Getriebe-Kombinationen realisieren tiefe Verbrauchswerte bei einem hervorragenden Restwert und die tiefen Wartungskosten, etwa durch die Intervalverlängerung auf 50 000 km für geplante Wartungen, machen den neuen Crafter in der TCO-Betrachtung zum interessantesten Fahrzeug seiner Klasse.

Was sind Ihre Ziele?

Wir sehen insbesondere durch eCommerce künftig einen noch grösseren Transporterbedarf. Für Paketdienste eignet sich besonders der frontgetriebene Crafter mit 10 cm tieferer Ladekante. Unser Ziel ist, mit dem Crafter in die Top 3 zu kommen, was mit 2500 Fahr­zeugen pro Jahr zu schaffen wäre. Also ein durchaus ­realistisches Ziel.

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