MAN läuft auch dank des ­Lieferwagens TGE zu neuer Grösse auf

MAN hat mit dem Transporter TGE den reinen LKW verlassen und bedient nun das gesamte Gewichtssegment zwischen 3 und 44 Tonnen. Zum TGE kommen diverse Neuerungen, die bei den LKW zu vermelden sind, u. a. neue ­Motoren beim kompakten LKW TGM. Fahr­eindrücke des Full-Range-Angebots.

MAN Truck & Bus Neuheiten 2018 TIR transNews
Die D8-Motorenreihe in den mittleren Baureihen TGM (Bild) und TGL wurde komplett überarbeitet.

MANs angestammtes LKW-Wirkungsfeld ist in der öffentlichen Wahrnehmung wegen der Erweiterung der Palette mit dem Transporter TGE etwas in den Hintergrund gerückt. Nicht so bei MAN selber, wo mit einer Vielzahl an Verbesserungen die Trucks auf dem neusten Stand gehalten werden. «Der Jahrgang 2018 bringt zwar keine Revolution, aber eine nachhaltige Evolution», sagt Rainer Miksch, Leiter Fahrzeug-Erprobung bei MAN Trucks & Bus. Dazu gehören neue Farben im Fahrerhaus, beispielsweise Dunkelgrau – «das wird im Bausektor sicher sehr beliebt sein» – oder ein helles Beige, eher für Sattelzug- und Verteilerfahrzeuge.

Mehr Platz Doch Innenfarben sind nur ein winziger Teil der Überarbeitung. So wurde der Innenraum neu gestaltet, um mehr Platz in der Kabine zu schaffen, damit die Insassen die Zeit unterwegs angenehmer verbringen können. Damit verschwindet der Kühlschrank nun komplett unter der Liege, was den Platz zwischen den Sitzen frei räumt für einen ungehinderteren Durchstieg. Was zwischen den Sitzen noch bleibt, ist nur die Konsole für die Feststellbremse. Diese Raumgestaltung verleiht dem Interieur einen angenehm aufgeräumten Eindruck und erweist sich neben der gefälligen Optik als sehr praktische Entwicklung bei den Fahrerhäusern.

Auch wurde die ganze Bedienung im Armaturenbrett modernisiert und verbessert. Die Hauptinstrumente sind neu und besser ablesbar gezeichnet, dazu kommen die jetzt höher positionierten Schalter und thematisch geordneten Schaltereinheiten. Gerade die thematische Anordnung schafft neu ein über die ganze LKW-Palette einheitliches Erscheinungsbild und vereinfacht dem Chauffeur den Wechsel von einem Truck zum andern.

MAN Truck & Bus Fahrerhaus TIR transNews
Die Kabinen der Lastwagen wurden überarbeitet, die Schalter neu gruppiert und höher positioniert. Der hier ausgezogene Kühlschrank verschwindet neu komplett unter der Liege.

Mehr Sicherheit Eine weitere grundlegende Verbesserung ist bei den Assistenzsystemen zu vermelden, die auf neue Regelsysteme und eine verbesserte Zusammenarbeit von Radar- und Kamerasensoren zurückgeht. Die Systeme erkennen zuverlässiger die vorherrschenden Situationen und regeln entsprechend feinfühliger und präziser die Assistenzfunktionen. Das wirkt sich auf den Abstandstempomaten ACC und das Notbremssystem aus. Der ACC-Tempomat verfügt über erweiterte Funktionen, die mit dem Zusatz «Stop-and-go» eine angenehme Entlastung im täglichen Stossverkehr verspricht. Dauert ein Stopp weniger als zwei Sekunden, fährt der Truck ohne Zutun des Fahrers wieder an, dauert er länger, muss der Fahrer einen Weiterfahr-Impuls geben. Der ACC-Tempomat erkennt sogar ein stehendes Fahrzeug und – sofern man langsamer als mit 50 km/h unterwegs ist – bremst hinter dem stehenden Fahrzeug.

Das Erkennen stehender Fahrzeuge und fester Objekte kommt auch dem Notbremssystem zugute, das deutlich genauer reagiert. MAN nennt diese Verbesserung mit einen Hauptgrund, weshalb der Notbremsassistent neu nicht mehr per Taste deaktiviert werden kann.

Neue Motoren für TGM und TGL Die mittleren Baureihen erhalten ebenfalls überarbeitete Fahrerhäuser, doch die grosse Neuheit ist die neue Motorenfamilie D08. Die Weiterentwicklungen betreffen den 4,6-l-Vierzylinder (D0834) genauso wie den 6,9-l-Sechszylinder (D0836). Sie verhelfen bei beiden zu substanzieller Gewichts-, Ölverbrauchs- und Verbrauchsreduktion und bringen eine Verlängerung der Wartungsintervalle auf 80 000 km. Die Reduktion beim Ölverbrauch beziffert MAN mit 25 Prozent, jene des Treibstoffverbrauchs mit bis zu fünf Prozent. Im Zentrum steht der Verzicht auf eine EGR-Rückführung bei der Abgasnachbehandlung, der Wechsel auf einen Singlestage-Turbolader und eine Thermostatschaltung des Kühlers.

Das Gewicht verringert sich beim Vierzylinder um 37 bis 59 kg, beim Sechszylinder um 68 bis 103 kg. «Der Single­stage-Turbo wiegt weniger, hat nur noch einen Intercooler und benötigt entsprechend weniger Kühlwasser und weniger Bauteile», erklärt Motorenentwickler Fredrik Lindström. Zudem ist die Ölwanne nun aus Kunststoff, lediglich bei einem am Motor angeflanschten Kühlaggregat kommt die Wanne aus Stabilitätsgründen – das Aggregat wird an der Wanne abgestützt – weiterhin aus Aluminium. Um eine zu starke Abkühlung der Abgastemperatur zu verhindern und die Funktion der Nachbehandlung sicherzustellen, sind alle D08-Motoren jetzt mit einer Miller-Cycle-Ventilsteuerung ausgerüstet.

Beide Motoren werden in je drei Leistungsstufen ange­boten, der Vierzylinder mit 160, 190 und 220 PS, der Sechszylinder mit 250, 290 und 320 PS. Neuerungen gibt es auch bei den Getrieben zum D08. Neue Funktionen sind die Schleichfahrt, Stichwort Idle Speed Driving, und am Hang in den Gängen 10, 11 und 12 raschere Gangwechsel mittels Speedshift. Bei einem ersten Eindruck mit einem D08 mit 320 PS im TGM 19.320 4×2 BL mit für den Zulieferverkehr typischem Kofferaufbau gefällt der Antriebsstrang, was sich vor allem durch die gute Gas­an­nah­me und immer zur Si­tuation passende Schaltvorgänge äussert.

TGE – der Klein-LKW Die grosse Erweiterung für MAN ist jedoch der TGE, mit dem MAN ins Segment der leichten Nutzfahrzeuge einsteigt. Er ist baugleich mit dem VW Crafter und rollt im gleichen Werk wie dieser vom Band. TGE und Crafter werden in der genau gleichen Modellvielfalt angeboten, mit wahlweise Vorder-, Hinter- oder Allradantrieb, vier Motorleistungen zwischen 100 und 180 PS und in einem Gewichtsspektrum zwischen 3,0 und 5,5 Tonnen. «Wir brauchen niemandem etwas vorzumachen», meint Roy Tietze, Produktmanager für Aufbauten beim TGE, «die beiden Modelle sind grundsätzlich identisch». Entsprechend könne der Kaufentscheid zugunsten von VW Nutzfahrzeuge VWN oder von MAN auch nur daran liegen, dass der Kunde einfach die eine oder die andere Markenvertretung um die Ecke habe.

Doch bei MAN weiss man aus Erfahrung, dass Kunden im Transportgewerbe ganz individuelle Anforderungen und hohe Ansprüche haben. Auch die Verkäufer sind sich dieser Situation bewusst. Wie beim LKW ist er auch beim TGE beim Kunden draussen, kennt dessen Bedürfnisse, kennt die Aufbauer und die Möglichkeiten wie Grenzen des Angebots. «Das ist unsere grosse Stärke», meint Tietze. Aus der LKW-Sparte heraus ist den Strategen bewusst, dass trotz der Individualisierung im Transportgewerbe gleichwohl eine gewisse Standardisierung hilfreich sein kann. Wie andere Hersteller auch hat MAN sein für schwere Lastwagen eingeführtes Programm mit Lösungen ab Werk nun auf den TGE übertragen. «Unsere Erfahrungen beim LKW sind so positiv, dass wir uns beim TGE für ein ähnliches Programm entschieden haben.»

Werksaufbauten Für den TGE hat das Team von Roy Tietze zwei eigens entwickelte Konzepte umgesetzt. Das eine sind Aufbauten ab Werk, das andere ist «Vans to go». Letzteres sieht eine 48-Stunden-Ersatzlösung bei einem kapitalen Fahrzeugausfall vor, funktioniert aber u. a. wegen zolltechnischer Schwierigkeiten in der Schweiz nicht.

Die Werksaufbauten umfassen Kofferaufbauten, Kipper und Tablarsysteme für den Innenausbau, allesamt von renommierten Aufbauern geliefert. Das sind Spier, Junge und Schmitz Cargobull bei den Kofferaufbauten, bei den Kippern sind es Henschel, Schoon und Scattolini und bei den Tablarsystemen Bott und Sortimo. Insgesamt sind es europaweit 18 Partner, wobei MAN beispielsweise mit dem Schweizer Betrieb Aebi Schmidt auch an einem Schneepflug-Adapter arbeitet, der gemäss Tietze noch vor Wintereinbruch bereit sein soll.

Schweiz bleibt individuell In der Schweiz ticken die Uhren bezüglich der Kundenwünsche erfahrungsgemäss jedoch noch einmal anders, was sich vornehmlich im deutlich höheren Individualisierungsgrad und Qualitätsanspruch äus­sert. So rechnet man hierzulande auch nur mit einem beschränkten Kundeninteresse an den neuen Werkslösungen beim TGE. Mit einem Netz aus Schweizer Aufbauherstellern geht MAN Schweiz daher einen eigenen Weg, wobei die Aufbauer in zertifizierte und in registrierte Aufbaupartner unterteilt werden, von denen je fünf bis zehn zum engeren Netz gehören werden. Allerdings liegt die abschliessende Wahl des Herstellers natürlich auch hier stets beim Kunden.

Das Konzept «Vans to go» mag zwar für unser Land nicht funktionieren, doch gilt auch bei MAN Schweiz als oberste Prämisse, die Folgen durch Fahrzeugausfälle gering zu halten.  «Unsere Verkaufs- und Servicepartner kennen aus der LKW-Tätigkeit die Ansätze, um solche Probleme zu lösen», bekräftigt Ronald Ziegler, Leiter der Van-Sparte bei MAN Schweiz in Otelfingen.

Auf anspruchsvollen und abwechslungsreichen Strecken im Hinterland von Barcelona zeigte sich der TGE von einer sehr wendigen Seite. Das geht vor allem auf das gut abgestimmte Fahrwerk, die präzise und zielgenau agierende elektrische Lenkung und die leistungsfähigen Antriebsstränge zurück. So gefiel selbst der mit 7,22 m längste Kastenwagen durch agiles Fahrverhalten, Gleiches erfahren haben wir mit einem TGE mit AWD-Antrieb, Doppelkabine und Brücke. Selbst die 100-PS-Basismotorisierung wusste sich am Berg gut in Szene zu setzen und überraschte durch hohe Elastizität, die auch bei Schweizer Topografie gut passt.

Der Jahrgang 2018 von MAN zeigt sich also von einer frischen Seite, ist mit dem TGE eine Revolution, bei den Trucks hingegen eine nachhaltige Evolution. In jedem Fall kann sich MAN heute als attraktiver Full-Range-Anbieter im Markt präsentieren.

So stellte MAN Truck & Bus vor über einem Jahr den TGE vor:

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