Renault Alaskan vs. Mercedes-Benz X-Klasse 250d

PICK-UPS Renault Alaskan oder Mercedes-Benz-X-Klasse? Die beiden Pick-ups haben weitaus mehr Gemeinsamkeiten, als man auf den ersten Blick denken könnte. Darum haben wir uns vor allem auf die Suche nach den Unterschieden gemacht.

Mercedes-Benz-X-Klasse 250d 4Matic TIR transNews
Die Mercedes-Benz-X-Klasse 250d 4Matic fährt mit Nissan-Allradsystem und Aufhängung vor.
Renault Alaskan TIR transNews
Der Renault Alaskan trägt ein markantes Markenemblem. Mit 3500 kg Anhängelast ist er eine gute Wahl für harte Einsätze.

Es ist der Traum eines jeden Psychologen, Biologen und Mediziners: Zwei bei der Geburt getrennte Zwillinge, die in unterschiedlichem Umfeld aufwuchsen, im Erwachsenenalter zu vergleichen und so der Frage nachzugehen, welche physischen und psychischen Merkmale angeboren und welche durch Umwelteinflüsse entstanden oder gefördert worden sind. Derselben Analyse kann man auch die beiden Pick-ups unterziehen, die wir hier vergleichen. Sowohl der Renault Alaskan als auch die Mercedes-Benz-X-Klasse basieren nämlich auf der seit 2015 gebauten, vierten Generation des Nissan Navara, der zum internationalen Pick-up des Jahres 2016 gewählt wurde.

Die Gene des Vaters

Der Nissan NP300 Navara übertraf bei seiner Schweizer Lancierung im Januar 2016 seinen Vorgänger in Komfort und Qualität bei unverändert guten Offroad-Eigenschaften, höchster Zuverlässigkeit und hervorragender Ladekapazität. Mehr Kultiviertheit und ein Crossover-artiges Fahrerlebnis, ohne Offroad-Qualitäten einzubüssen, versprach die neu entwickelte Multilink-Hinterradaufhängung für das Modell mit Double Cab (Doppelkabine, Gesamtlänge 5,33 m). Diese aus dem PW-Bau stammende und erstmals in einem Pick-up verbaute Technologie verbesserte sowohl Fahrkomfort wie Handling und ist zugleich 20 Kilogramm leichter als die bisherige Starr­achse mit Blattfedern.

Die Variante King Cab (Gesamtlänge 5,23 m) für den harten gewerblichen Einsatz fährt dagegen mit einer grundlegend überarbeiteten Blattfederaufhängung vor. Zudem sind von beiden Kabinen Fahrgestellversionen bestellbar.

Japanisch-Französische Verwandtschaft

Angeboten wird der Renault Alaskan in der Schweiz ausschliesslich mit Doppelkabine. Die Daten für Ladefläche und Zuggewicht sind identisch mit denjenigen des Navara. Optisch hebt sich der Franzose von seinem Organspender vor allem durch die markentypische Frontgestaltung ab, mit grossem, im wuchtigen Kühlergrill untergebrachten Markenemblem und eigener Lichtsignatur. Den Alaskan gibt es in vier Ausstattungsversionen, wobei die ersten beiden («Business» und «Life») lediglich mit 163-PS-Motor und Handschaltgetriebe erhältlich sind und die Topversion «Intens» nur mit 190 PS, dafür wahlweise mit Handschaltung oder 7-Gang-Automatik. Nur die Version «Zen» ist in allen drei Varianten verfügbar: 163 PS handgeschaltet, 190 PS handgeschaltet oder 190 PS mit Automatik.

Alle Versionen erfüllen Euro-6b und die Abgasnachbehandlung arbeitet mit AdBlue zur effizienten Stickoxidbeseitigung. Das Leergewicht liegt zwischen 2110 und 2151 kg, als Nutzlast gibt Renault je nach Version max. 960 kg an. Der Allradantrieb ist bei Handschaltung und Automatik zuschaltbar, die Geländereduktion ist Serie und muss im Stillstand aktiviert und deaktiviert werden. Das mechanisch sperrbare Differenzial der Hinterachse kostet Aufpreis, einzig im Basismodell «Business» ist es Serie. Alle übrigen Versionen benutzen eine elektronische Schlupfbegrenzung.

Working Class Hero

Das Business-Modell ist übrigens aus­schliesslich mit dem 163-PS-Motor erhältlich und verfügt über 16-Zoll-Stahlfelgen, Stoffsitze und muss separat mit einer Klimaanlage bestückt werden. Es ist also auf gewerbliche Einsätze gemünzt, ohne aber auf Annehmlichkeiten wie Bluetooth-Freisprechanlage, DAB-Radio oder Tempomat zu verzichten. Unsere Fahreindrücke jedoch beziehen sich auf das Topmodell «Intens» mit Automatikgetriebe. Der 190-PS-Motor läuft geschmeidig und vibrationsarm, hat allerdings einen etwas rauen Klang. Er verlangt zudem nach dezidierter Gaspedalbetätigung, um den gut 2140 kg wiegenden Pritschenwagen aus seiner Lethargie herauszuholen.

Im Alltagsbetrieb gefallen der Federungskomfort, die Geräuschisolation, der Sitzkomfort und das Platzangebot der Kabine. Der Wagen erscheint gut gewappnet für den anspruchsvollen Einsatz von Gewerbetreibenden und Werk­höfen mit grobem Gerät oder für den Anhänger mit dem kleineren Bagger oder grösseren Rasenmäher. Eine positive Angelegenheit sind die diversen Individualisierungsmöglichkeiten, wie eine Schutzwanne der Pritsche, Befestigungsösen oder ein Hardtop, mit dem der Laderaum auch abgeschlossen werden kann.

X-Klasse neuer Stern am Pick-up-Himmel

Die Mercedes-Benz-X-­Klas­se gibt es in den drei Ausstattungsvarianten «Pure», «Progressive» und «Power». Während die Lamellen in der Kühlerverkleidung des «Pure» schwarz lackiert sind und in der Ladefläche Zurrösen zur Ladungssicherung zur Verfügung stehen, rollen die anderen beiden Varianten mit Lamellen in Silber und einem Lastenverankerungsschienensystem an. «Power» trumpft zudem mit LED-Scheinwerfern und 18-Zoll-Felgen (gegenüber 17-Zoll) auf. Um dem Premiumanspruch der Kunden zu genügen, musste Mercedes mehr Hand anlegen als Renault. Einerseits wurden Front und Motorhaube adaptiert, zugleich wurden die Proportionen in­sofern verändert, als dass die Front verkürzt, das Heck gestreckt wirken. Hinten sorgt ein optischer Kniff für die «Streckung», indem die Heckleuchten nicht in die Seitenwand gezogen werden.

Dazu kommt, dass bei der X-Klasse Spur und Karosserie gegenüber dem Navara um 70 mm verbreitert wurden. Das macht sich vor allem im Innenraum bemerkbar, wo dadurch 50 mm mehr Innenbreite geschaffen wurde. Der Innenraum wurde komplett überarbeitet und Dachhimmel, Instrumententafel, Luftaustrittsdüsen, Oberflächen, Sitzbezüge usw. sind ganz im Mercedes-Trimm gehalten. Ab Version «Progressive» ist das Multifunktionslenkrad mit Nappaleder umhüllt, das Audiosystem hat acht Lautsprecher und die Rückfahrkamera ist serienmässig, bei «Power» gibt es zusätzlich noch ein schlüsselloses Zugangssystem (was Re­nault und Nissan ja auch bieten) sowie eine Klimatisierungsautomatik. Zweifellos fühlt sich der Sternfahrer hier ganz zu Hause.

Unterschied der X-Klasse zum Alaskan nicht nur optisch

Die Ingenieure haben sich grosse Mühe gegeben, die Passagiere von der Umwelt abzuschotten. Mercedes veränderte das Fahrwerks-Setup und dämmte vor allem Störgeräusche, was das Zeug hielt. So bleibt es im Innenraum auffallend ruhig. Kein Nageln des sonst zuweilen lauten Renault-Diesels, keine Abrollgeräusche, nur herrliche Ruhe. Diese hat allerdings ihren Preis.

Ganz klar: Die Linie «Pure» ist auf den gewerblichen Einsatz ausgerichtet. Gerade für Unternehmen, deren Flotte bereits aus Vito und Sprinter besteht, gibt es mit der X-Klasse ein Pick-up-Modell, das sich nahtlos in ihren Fuhrpark einfügt. Einerseits optisch und andererseits, indem sie sich an denselben Servicepartner wenden können wie für die anderen Nutzfahrzeuge auch.

Einstiegspreise (Double Cab, 163 PS, 4×4, 6-Gang-Handschaltung, exkl. MwSt.): Nissan Navara 31’662 Franken, Renault Alaskan 31’700 Franken und Mercedes-Benz-X-Klasse 38’200 Franken.

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