Welches Arbeitspferd verdient den Pick-up Award?

PICK-UP AWARD 2020 Beim Kampf um die Krone wird keiner geschont: Die zweijährliche Ausmarchung um den Inter­national Pick-up Award (IPUA) fand diesmal in Schweden statt. In den Ring stiegen Renault Alaskan, Nissan Navara, Mitsubishi L200, Toyota Hilux und Ford Ranger.

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18 Mitglieder der Jury des International Van of the Year wählten aus fünf aktuellen Pick-ups den besten, um ihm den Pick-up Award zu verleihen. Zum Prozedere gehörte auch ein Drag Race im K.o.-Modus auf der Rennstrecke der Tierp Arena (Bild), rund 100 km nördlich des Stockholmer Flughafens Arlanda.

Der hart umkämpfte Pick-up-Markt in Europa hat in den letzten Jahren eine interessante Dynamik entwickelt. Verschiedene PW-Hersteller brachten eigene Modelle heraus, meist allerdings als Derivate bestehender Pick-ups. So ist der Renault Alaskan eine anders gestylte Version des etwas in die Jahre gekommenen Nissan Navara, der auch für die Mercedes-Benz-X-Klasse die Basis bildete. Der Fiat Fullback hingegen bediente sich an der fünften Generation des Mitsubishi L200. Eine Weiterführung dieser Kooperation ist zurzeit offen, denn beim in Schweden angetretenen L200 handelte es sich bereits um die brandneue sechste Gene­ration. In den Ring gestiegen zum Kampf um die Krone waren fünf Modelle, meist in der Top-Ausfüh­rung, aber nicht nur, was einen objektiven Vergleich nicht einfach machte.

Hausaufgaben gemacht Beginnen wir mit einer guten Nachricht: Alle Pick-ups waren auf einem sehr hohen ­Entwicklungsniveau. Keiner war in irgendeiner Hinsicht «schlecht» oder «ungenügend»: Laufkultur, Performance, Komfort, Assistenzsysteme, Platzangebot – in jedem Fahrzeug kam man als Fahrer gut zurecht und fühlte sich sicher. Ein besonderes Lob gebührt den Entwicklern der Allradsysteme. Im anspruchsvollen Offroad-Parcours meisterten alle Athleten die kniffligen Aufgaben auf teils matschigem Untergrund mit Bravour. Dafür zeichnet in den meisten Fällen das moderne ESP verantwortlich, auf dem diverse Berg­anfahr- und Abfahrassistenten beruhen, die stets für ausreichend Traktion und kontrollierbare Bremskraft sorgen. Die Folge: Mit modernen Pick-ups kann bei passender Bereifung jeder unbesorgt ins Gelände! Dies und ihre besondere Eignung als Zugfahrzeug machen diese Fahrzeugkategorie nicht nur als Lifestyle-Laster interessant, sondern auch für Werkhöfe und Infrastruktur-Unternehmen.

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Der Nissan Navara holte den Pick-up Award vor vier Jahren. Noch

Kleine, aber feine Unterschiede So unterschiedlich, wie die Hersteller sind, so unterschiedlich ist auch ihre Modellpolitik. Während Ford als einziger Anbieter ein breites ­Motorenprogramm von 130 bis 213 PS anbietet, können Nissan- und Renault-Kunden immerhin zwischen 163 und 190 PS wählen. Mitsubishi und Toyota setzen hauptsächlich auf 150 PS, wobei bei Toyota immerhin derselbe Motor auch als 170-PS-Version zu haben ist. Der Leistungsgewinn wird allerdings mit einem deutlich höheren Verbrauch erkauft. Mit 150 PS bleibt der Hilux der Sparsamste im Vergleich.

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Der Toyota Hilux verfügt über vielfältigste Assistenzsysteme, ein äusserst komfortables, modernes Interieur und ein auf den professionellen Einsatz abgestimmtes Individualisierungsprogramm.

Man ahnt es: 150 PS sind für die Schweizer Topografie eher knapp bemessen, vor allem, wenn der Pick-up tatsächlich auch als Zugfahrzeug eingesetzt wird. Mitsubishi als kleine Marke kann sich ein vielfältiges Motorenangebot schlicht nicht leisten und für Gigant Toyota ist die Alpen­region zu klein, um auf die besonderen Anforderungen einzugehen. Dafür aber bietet Toyota in seiner offiziellen Preisliste diverse Profi-Ausstattungen an, wie etwa Achs­auflastungen oder verschiedenste Anhängerkupplungen.

Platz nehmen, Starten und Fahren Der erste Eindruck im Hilux wird vom schönen und hochwertigen Interieur mit einer schmucken Tachoeinheit geprägt. Motor und Automatik ergeben ein feines Paar, das angenehm schnurrt – bis man kräftig aufs Gaspedal drückt und der Antrieb an seine Grenzen kommt. Das Fahrwerk verrichtet seine Arbeit hervorragend und braucht den Vergleich mit einem SUV nicht zu scheuen. Positiv fielen der Abstandsregeltempomat sowie die kräftigen und zugleich präzise dosierbaren Bremsen auf. Weniger schön, insbesondere für ein Arbeitsgerät, ist die Überzahl an Knöpfen und Schaltern am und ums Lenkrad herum.

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Der Renault Alaskan ist der Kooperationszwilling des Nissan Navara. Er empfiehlt sich vor allem jenen, denen der Renault-Look besser gefällt oder die bereits einen Renault-Servicepartner haben.

Im Vergleich dazu ist der Nissan Navara das pure Gegenteil: Getreu dem Motto «weniger ist mehr» wurde das Cockpit sehr schlicht und minimalistisch gestaltet. Die wenigen Knöpfe und Schalter sind selbsterklärend. Auf der Strasse fühlt sich der Navara wunderbar an. Auch hier harmonieren Motor und Getriebe, u.a. dank neuem 6-Gang-Handschaltgetriebe. Die Lenkung gibt ein angenehmes Feedback. Die Assistenzsysteme sind nicht so vielfältig wie bei anderen, dafür sorgt eine 4G-Telematik-Einheit für Vernetzung. Neu an Bord ist ein Anhängerstabilisierungsassistent.

Der Renault Alaskan fährt sich im Grunde genau wie der Nissan, sein Trumpf ist sein Design. Mit seinem Oberklassechic füllt er die Lücke, die die anderen, eher muskelbetonten Auftritte offen lassen.

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Der jüngste Mitbewerber war der Mitsubishi L200. Er zeichnet sich aus durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, einfache und transparente Modell- und Preispolitik sowie die beste Wendigkeit.

Der Mitsubishi dominierte mit seinem kleinen Wendekreis dafür den Offroad-Parcours. Sein schlichtes, nicht überforderndes Interieur kann ebenfalls als schön bezeichnet werden. Besonders gelungen ist das Multifunktionslenkrad. Dafür dass es sich um das modernste Fahrzeug handelt, ist die Geräuschentwicklung des Motors dann doch eher überraschend deutlich hörbar.

Der Ford Ranger schliesslich bot ein Interieur, das sich besonders nahe an einen PW anlehnt. Auch hier gibt es viele Schalter und Hebel; sie sind aber mehrheitlich intuitiv zu bedienen. Eine der Stärken der Marke ist das Fahrwerk, und auch der Ranger enttäuscht in dieser Hinsicht nicht. Zusammen mit dem leistungsstarken Motor des Testwagens ist dieser Ranger besonders geeignet, als Multi-Use-Fahrzeug auch öfter auf Langstrecken eingesetzt zu werden.

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Der Ford Ranger ist Europas meistverkaufter Pick-up. Sein breites Motoren- und Ausstattungsangebot, die hohe Verarbeitungsqualität und das Bündel an Assistenten treffen den Nerv der Kunden.

Wie erwähnt, sind die Unterschiede grösstenteils sehr klein und hauptsächlich der Markenphilosophie und Modellpolitik geschuldet. Die wichtigsten Merkmale finden sich in der Vergleichstabelle. Weil grundsätzlich sehr gut ausgestattete Fahrzeuge antraten, haben wir auch die Einstiegspreise (alle Preise inkl. MwSt.) für die Doppelkabine angegeben. Beim Wettbewerbsmodell haben wir den Preis des handgeschalteten Modells angegeben, hingegen die Nutzlast- und Verbrauchswerte von jeweils beiden Getriebe­varianten. Gewichte werden jeweils auch stark durch Ausstattungen beeinflusst, die Angaben sind also lediglich Richtwerte. Toyota und Mitsubishi schliesslich sind besonders dafür zu loben, dass die Verbräuche bereits nach WLTP angegeben sind. Die Verbräuche der anderen Marken werden mit WLTP höher ausfallen.

Tabelle Pick-up Award 2020
Die Kontrahenten im Vergleich der „harten Fakten“.

Ford Ranger holt sich den Pick-up Award

Anlässlich der Gala im Rahmen der Solutrans am 20. November 2019 in Lyon (F) wurde der Sieger bekannt gegeben und geehrt: Der neue Ranger überzeugte die Jury mit seinem neuen, saubereren Antriebsstrang und einer Reihe von technischen und sicherheitstechnischen Fortschritten. Laut dem Juryvorsitzenden Jarlath Sweeney fiel das Ergebnis der 18 teilnehmenden IVOTY-Mitglieder sehr knapp aus: «Mit nur sechs Punkten unterschieden sich die beiden Spitzenkandidaten in der Endrunde. Der Ford Ranger erzielte 78 Punkte gegenüber den 72 Punkten des Mitsubishi L200, der Toyota Hilux wurde Dritter. Die Jurymitglieder beurteilten den Ranger als den besten Allrounder.»

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Als bester Pick-up wurde der Ford Ranger mit dem Pick-up Award ausgezeichnet.
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