Das läuft: Wasserstoff im Verbrennungsmotor

H2 OHNE BRENNSTOFFZELLE Zunehmend kommunizieren die OEM auch über den Wasserstoff-Verbrennungsmotor. MAN bringt nun als Erster eine Kleinserie auf den Markt. Erste Fahrmöglichkeiten zeigen: Der hTGX gebärdet sich kaum anders als der TGX mit Dieselmotor.

Im hTGX ist der Treibstoff für den Verbrennungsmotor Wasserstoff. Auf der Probefahrt hinterliess der Spezial-MAN einen vielversprechenden Eindruck.
Im hTGX ist der Treibstoff für den Verbrennungsmotor Wasserstoff. Auf der Probefahrt hinterliess der Spezial-MAN einen vielversprechenden Eindruck.

Bezüglich Verbrennungsmotoren muss man den europäischen Herstellern nichts vormachen wollen. Nachdem nun ein Ende bei der Verwendung von fossilen Brennstoffen absehbar wird, haben die Motorenentwickler auch verstärkt neue Treibstoffe unter die Lupe genommen, um den bewährten Verbrenner auf einen nahezu oder ganz auf einen Null-Emissionen-Standard zu bringen. Neben synthetischen Treibstoffen (HVO, Biodiesel) erwies sich bereits früh auch Wasserstoff im Verbrennungsmotor als valabler Ansatz. Bei MAN sind die Arbeiten nun so weit fortgeschritten, dass der Wasserstoff-Verbrennungsmotor serienreif entwickelt ist. Andere Hersteller werden folgen wie Volvo Trucks 2026 oder DAF, die vor zwei Jahren für ihr Hydrogen Concept mit dem Truck Innovation Award von Truck of the Year ausgezeichnet worden waren.

Ziel: Zero Emission

Im Rahmen einer Fahrveranstaltung im Vorfeld der IAA-Transportation im September 2024 hat MAN weitere Informationen zum hTGX veröffentlicht und zugleich eine erste Kontaktnahme hinter dem Lenkrad ermöglicht. Ziel der Entwickler war es, die Leistungscharakteristik eines Dieselaggregats anbieten zu können und zugleich am Auspuff als emissionsfrei homologiert zu werden. Beides ist gelungen, denn mit weniger als 1 g CO₂/tkm unterschreitet der hTGX zum einen den Grenzwert (<3 g CO₂) als Zero Emission Vehicle der neuen geplanten CO₂-Gesetzgebung der EU. Zum anderen bietet er mit 383 kW (520 PS) und einem maximalen Drehmoment von 2500 Nm bei 900–1300/min absolut dieselähnliche Leistungswerte.

Die vier Tanks fassen zusammen 56 kg Wasserstoff bei 700 bar Systemdruck.
Die vier Tanks fassen zusammen 56 kg Wasserstoff bei 700 bar Systemdruck.

Beim Motorenstart fällt in der Kabine das leisere Verbrennungsgeräusch auf. Das ist nicht etwa auf vermehrte Schallisolationen zurückzuführen, sondern darauf, dass der H2-Motor keinen Selbstzünder hat, sondern im Otto-Prinzip funktioniert, also mit Zündkerzen. Gleichwohl spricht der hTGX wie ein Diesel aufs Gaspedal an, Gleiches können wir von der Kraftentfaltung sagen. So gesehen entwickelte sich die Fahrt mit dem neuartigen Antriebsstrang als sehr vertraut, die auch keinerlei Angewöhnung am Lenkrad abverlangte.

Wasserstoff im Verbrennungsmotor bringt Kraft aus Hubraum

Die Leistungscharakteristik des Wasserstoffmotors, der übrigens die Motorenbezeichnung H45 trägt, ist vergleichbar mit der 520-PS-Variante des bekannten Diesels D2676 mit 12,4 Litern Hubraum. Doch um mit Wasserstoff diese Leistungswerte erzielen zu können, ist mehr Hubraum als beim Diesel nötig. Entsprechend hat MAN auf den D38-Diesel zurückgegriffen, der grundsätzlich mit 15,3 Litern Hubraum aufwartet, und zusätzlich die Bohrung vergrössert. So kommt der H45-Motor nun auf einen Hubraum von 16,8 Litern.

Mit dem H2 am Ende der Modellbezeichnung sorgt MAN auch hier für Klarheit.
Mit dem H2 am Ende der Modellbezeichnung sorgt MAN auch hier für Klarheit.

Der Wasserstoff gelangt via Direkteinspritzung in den Brennraum, der natürlich ebenfalls auf den neuen Treibstoff angepasst ist. Als zusätzlicher Vorteil verhindert die Direkteinspritzung die Gefahr einer Fehlzündung, weil sich der Wasserstoff erst in der Brennkammer mit Luft mischt, nicht bereits in der Luftansaugung. Gekoppelt ist der H45 mit einem 12-Gang-Tipmatic-Getriebe. In Ermangelung einer Motorbremse wird im hTGX als verschleissfreie Bremse serienmässig ein Retarder eingebaut.

700 bar, 600 Kilometer

«Unser Fokus liegt weiter auf batterieelektrischen Fahrzeugen», heisst es aus dem Vorstand von MAN Truck & Bus. Den hTGX-Einsatz sieht man demnach eher in Spezialanwendungen, namentlich für Langstreckentransporte, Schwerlasteinsätze wie für Holz oder auf Baustellen, aber auch an Orten, wo keine genügende Stromnetzkapazitäten vorhanden sind. Auch bei herausfordernden klimatischen Bedingungen, wie grosse Hitze oder sehr kalte Temperaturen, sieht MAN Potenziale für den H2-Verbrenner.

Vorhandene Teile: Die Betankung erfolgt an 700-bar-H2-Zapfsäulen für PW.
Vorhandene Teile: Die Betankung erfolgt an 700-bar-H2-Zapfsäulen für PW.

Vorteilhaft für die neue Technologie ist auch die eigentliche Handhabung durch den Fahrer. Im von Voith beigesteuerten Tanksystem mit vier stehenden Tanks können mit einem Systemdruck von 700 bar bis 56 kg H2 mitgeführt werden. Damit kommt der hTGX gemäss MAN bis zu 600 Kilometer weit. Eine Betankung, die übrigens mit den heutigen Personenwagen-Anschlüssen erfolgt, dauert keine 15 Minuten; mit dem in Entwicklung befindlichen Schnellbetankungsprotokoll (ISO 19885-3) sollen es künftig weniger als zehn Minuten sein. Damit liegt die Technik auch in diesem Belang auf Dieselniveau – vorausgesetzt, es gibt auch eine Tankstelle.

2025 geht’s mit Wasserstoff im Verbrennungsmotor los

Bis die ersten Fahrzeuge auf den Markt kommen, dauert es jedoch noch bis kommendes Jahr. Ab 2025 legt MAN eine kleine Serie von 200 hTGX als dreiachsige Sattelzugmaschinen auf, die in drei unterschiedlichen Konfigurationen erhältlich sein werden. «Das Interesse an den Fahrzeugen ist bereits heute gross», sagt Peter Albrecht, Leiter der Antriebsstrang-Entwicklung bei MAN. Bereits für rund die Hälfte der Serie sind konkrete Abnehmer vorhanden.

Die Wasserstoff-Tankanlage auf dem hTGX wird von Voith geliefert.
Die Wasserstoff-Tankanlage auf dem hTGX wird von Voith geliefert.

Dabei zielt MAN neben Deutschland vorerst vor allem auf die Niederlande, Norwegen und Island als primäre Absatzmärkte. Für andere Märkte zeigen sich die Verantwortlichen jedoch auch offen. Die Erstmärkte erfüllen gemäss Albrecht nicht nur die Anforderungen an die Betankungsinfrastruktur, vielmehr erhielten in ihnen interessierte Transporteure auch die unabdingbaren Fördergelder, damit die nicht gerade preiswerte neue Technologie auch eine gewisse Konkurrenzfähigkeit besitzt. Da die Schweiz solche Fördergelder nicht kennt, lagen (und liegen) wir denn auch nicht im Fokus der Münchner.

 

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