E-Fuso: Flüsterleise im Verteilerverkehr
E-FUSO Die japanische Daimler-Tochter Fuso bringt nun auch in Europa ihre ersten Elektro-LKW auf den Markt. Bis Ende diesen Jahres sind in einer ersten Welle weltweit lediglich 500 E-Canter vorgesehen, beim Folgemodell E-Canter 2.0 sieht Fuso ab 2019 eine markante Steigerung der Stückzahlen vor.
«Die fortschreitende Urbanisierung ist die treibende Kraft hinter dem Bestreben, den Verkehr zu elektrifizieren», sagt Marc Llistosella anlässlich der Übergabe der ersten elektrischen LKW E-Canter in Berlin. Llistosella ist Präsident und CEO von Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation, kurz Fuso. «Bereits heute leben 54 Prozent der Weltbevölkerung in urbanen Gebieten, bis 2030 dürfte sich der Anteil auf 60 Prozent steigern», führt Llistosella seine Worte aus.
Neue Elektro-Marke: E-Fuso In Europa ist die japanische Daimler-Tochter eigentlich nur mit ihrem Canter bekannt, der ein Spektrum von 3,5 bis 8,55 Tonnen abdeckt. In den meisten anderen Weltregionen hingegen tritt Fuso als Vollanbieter auf, der neben dem Canter auch schwere LKW und eine grosse Spannbreite von Reise- und Stadtbussen anbietet. Wie ernst es Fuso mit der Elektrifizierung ist, unterstreicht die im Herbst 2017 gegründete neue Marke E-Fuso, unter welcher nach dem Startschuss mit dem E-Canter auch von den übrigen Fahrzeugsorten Elektroversionen entwickelt und vermarktet werden sollen. Geplant ist von jedem Fuso-Modell auch eine Elektro-Variante, wobei die technische Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit über den jeweiligen Zeitpunkt einer Markteinführung entscheiden.
Es gibt zwar mittlerweile diverse Elektro-LKW in Einzelanfertigung, darunter auch von hochwertigen Anbietern aus der Schweiz, doch mit einer Serienfertigung ab Werk ist Fuso aktuell der erste Anbieter. Die wichtigsten Eckdaten des E-Canter sind: Eine garantierte Reichweite von 100 Kilometern, zudem lässt sich die Batterie an einem Fast Charger innerhalb von 60 Minuten auf 80 Prozent der Kapazität aufladen. Für den Verteilerverkehr sind diese Eckdaten aus Sicht von Lars Schröter, technischem Teilprojektleiter des E-Canter, mehr als ausreichend: «Der grösste Teil unserer bisherigen Fuso-Diesel-Kunden legt in einer Schicht im Verteilerbetrieb jeweils rund 50 Kilometer zurück. Da decken wir mit 100 Kilometern Reichweite einen maximalen Anteil der Anforderungen ab.» Gegenüber der vergleichbaren Dieselversion verliert der E-Canter zwar rund 700 kg Nutzlast, bietet jedoch mit 4290 kg immer noch eine stattliche Kapazität.
Technik Aufgebaut ist die Batterie modular und der Kunde kann seinem Bedarf entsprechend zwischen mehr Reichweite oder mehr Nutzlast wählen. Im aktuellen E-Canter besteht die 420-Volt-Batterie aus sechs Modulen à 13,8 kWh. Dementsprechend stehen dem E-Canter theoretisch knapp 83 kWh zur Verfügung. Bei Fuso rechnet man auch bei regelmässiger Schnellladung nicht mit einer übermässigen Alterung der Batterie, weshalb der Akku im 10-Jahres-Lebenszyklus des Canter enthalten ist. Lars Schröter: «Wir verwenden die Batterie des Plug-in-Hybrid der Mercedes-S-Klasse. Dieser Lithium-Ionen-Akku ist auf Leistung ausgelegt, was etwas Reichweite kostet, aber der Lebensdauer zugutekommt.» Zudem sind die sechs Module parallel geschaltet, was die Belastung beim Laden mindert.
Angetrieben wird der E-Canter von einem Permanent-Magnet-Motor mit 115 kW Dauer- resp. 129 kW Spitzenleistung. Die Reichweite wurde im Alltagsbetrieb mit voll ausgelastetem Fahrzeug ermittelt. Schröter: «Die 100 Kilometer können wir auch bei schwerstem Einsatz garantieren.» Bei der Elektrifizierung eines Dieseltrucks genügt es allerdings nicht, nur den Antriebsstrang zu wechseln, auch sämtliche Nebenaggregate wie Lenkung, Heizung, Lüftung und Batteriekühlung müssen elektrifiziert werden.
Fuso arbeitet bereits an der Weiterentwicklung des E-Canter, der als E-Canter 2.0 ab 2019 in Grossserie gehen soll. Die Version 2.0 ist noch konsequenter aufgebaut und ihre Reichweite soll um 20 bis 30 Prozent grösser sein. Das soll gemäss Lars Schröter mit neuen Komponenten wie der Achse und der sogenannten One-Pedal-Control erzielt werden. Bei Letzterer dient das Gaspedal nicht nur zum Beschleunigen. Die ersten 40 Prozent des Pedalweges dienen dem Bremsen und Rekuperieren, lediglich die restlichen 60 Prozent dem «Gasgeben».
Kundeneinsätze 2017 wurden in Japan, den USA und in Europa 150 E-Canter an ausgewählte Grosskunden übergeben. Im eben angebrochenen Jahr kommen weitere 350 Fahrzeuge dazu. Und mit dem E-Canter 2.0 werden ab 2019 diese rigorosen Stückzahlbeschränkungen wegfallen. Bei den Kunden in Europa sind vorläufig keine Schweizer Firmen dabei, doch es sind Firmen, die auch hierzulande bekannt sind: Deutsche Post DHL, DB Schenker, Rhenus und Dachser. Alle vier Firmen setzen ihre E-Canter im städtischen Verteilerverkehr ein und ersetzen zum Teil damit Modelle mit herkömmlichem Antrieb.
Fuso arbeitet schon länger an der Elektrifizierung des Antriebs. Seit über zehn Jahren ist der Hybridantrieb erhältlich, den Entscheid zum vollelektrischen Truck hat Fuso im 2010 gefällt. «Danach galt es, Verständnis für die Einsatzart, die Kunden und die nötige Infrastruktur zu erlangen», erklärt Schröter. 2014 wurden die ersten zehn Prototypen in die Felderprobung geschickt, wo sie mehr als 90 000 Kilometer im Alltagsbetrieb absolvierten. Die Serienfahrzeuge werden übrigens wegen der höheren Produktionskosten von den Kunden lediglich geleast. Doch abgesehen von den heute noch höheren Produktionskosten rechnet Fuso, dass die Betriebskosten geringer als beim vergleichbaren Diesel-Fahrzeug ausfallen und ein Sparpotenzial von rund € 1000/10 000 km bieten. Dazu kommen 16 Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr und E-Canter.
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