D15: Für die Zwischenlücke ideal besetzt

FAHRBERICHT Mit dem neuen D15-Motor bringt MAN auch weitere Assistenzsysteme, die den Alltag im Lastwagen erleichtern. Testfahrten im Raum München bestätigen deren Nutzen und geben einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit des neuen 9,0-Liter-Triebwerks.

MAN TGS TGX D15 9,0-Liter-Reihensechszylinder TIR transNews
Für den TGS und den TGX startet das MAN-­Motorenangebot mit dem neuen D15, einem 9,0-Liter-Reihensechszylinder.

MAN ersetzt den bisherigen D20 mit dem neuen D15-Motor und bietet diesen in den Modellen TGX und TGS an. Wie sein Vorgänger, ist der D15 ein Reihensechszylinder, wobei der Neue mit neun Litern praktisch anderthalb Liter weniger Hub­raum aufweist. Parallel hat MAN übrigens den darüberliegenden D26 (12,4 cm³) leistungsmässig aufgepeppt, um die Abstufung zwischen den Motoren klarer zu gestalten. Alle drei D26-Varianten weisen 10 PS und 100 Nm mehr aus.

Die wesentlichen Merkmale des mit 330, 360 und 400 PS angebotenen D15 finden sich im Beschrieb auf Seite 17. Der überragende Vorteil ist das um 230 kg geringere Gewicht zum Vorgänger, was den damit bestückten Lastwagen eine entsprechend höhere Nutzlast bringt. Das dürfte vor allem in Fällen mit Tank- und Silotransporten, Volumentransporten, bei Abfallsammelfahrzeugen und Solokippern Vorteile bringen, wo Nutzlast von entscheidender Wichtigkeit ist.

Ergänzend zur regulären Motorbemse (200 kW) ist die ­sogenannte Turbo-EVBec-Motorbremse mit bis zu 350 kW Dauerbremsleistung erhältlich. Zudem kann ein Intarder von ZF geordert werden. Die Kombination mit Allradantrieb und mit dem Hydrodrive ist je nach Version auch möglich.

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Gegenüber dem Vorgängermotor D20 bietet der D15 auch dank reduziertem Hubraum einen Nutzlastvorteil von rund 230 kg. Gleichzeitig mit dem neuen Motor werden auch eine neue Lenkung und zusätzliche Assistenzsysteme angeboten.

Stärken und Grenzen Angeschaut haben wir den D15, der übrigens mit einer SCR-only-Abgasnachbehandlung aus­gestattet ist, in zwei Leistungsstufen. Die 330-PS-Variante (243 kW, 1600 Nm) kam in einem 4×2-Verteiler-Solowagen daher, der auf die maximalen 18 t ausgelastet war. In der 400-PS-Variante (294 kW, 1800 Nm) stand er als Zugfahrzeug mit zweiachsigem Sattelanhänger (28 t) und mit dreiachsigem Kippsattel (39 t) für unsere Testfahrten zur Verfügung. In allen Konfigurationen harmonieren Motor und 12-Gang-TipMatic-Getriebe gut. In der Kippsattel-Zugmaschine ist die Software auf die speziellen Offroad-Ansprüche eines Baustellenfahrzeugs abgestimmt und die AP-Hinterachse mit Sperrdifferenzial weist eine Übersetzung von 4,0 auf. Die HY-Achse der beiden anderen Fahrzeuge ist mit 2,71 übersetzt.

In der mehrheitlich flachen Test-Topografie kann der Motor mit 400 PS auch als 40-Tönner ordentlich mitmischen, es zeigen sich aber an der Steigung rasch die leistungsbedingten Defizite. So dürfte der D15 im Baustellenbetrieb nur in Ausnahmefällen mit der vollen 40-t-Auslastung gefahren werden. Zudem wird er wegen unserer Topografie in der Schweiz wohl selten als 40-Tönner angeschafft werden. Keine derartigen Probleme zeigen sich beim TGS 18.330 und beim mit 28 t belasteten TGS 18.400. Sie haben genügend Kraft­reserven, um im Verkehr gut mithalten zu können.

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Im Verteiler-LKW MAN 18.330 zeigt sich der Motor als sehr ­geschmeidig und ausreichend kräftig.

Komfortlenkung und Assistenten Das allgemein als sehr angenehm empfundene Fahrverhalten aller drei Probanden ist der neuen Lenkung zu verdanken, die mit der Bezeichnung Comfort Steering den Kern ihrer Eigenschaften auf den Punkt bringt. Ein Elektromotor unterstützt die Hydrauliklenkung, verfeinert die Rückmeldung, reduziert die aufzubringende Kraft beim Manövrieren substanziell und ist Grundlage für neue Funktionen.

Eine dieser Funktionen ist die aktive Spurrückführung, welche die bisher rein akustische Warnung erweitert. Basierend auf den im LKW heute generell vorhandenen Kameras und Sensoren, die im Zusammenhang mit den heute vorgeschriebenen Notbremssystemen eingebaut sein müssen, erkennt die Lenkung ab 60 km/h die Fahrbahn zwischen zwei Linien und führt das Fahrzeug bei Bedarf zurück in die Spur. Das vollzieht sich recht sanft, sodass man nicht durch abrupte Manöver aufgeschreckt wird. Die Comfort Steering ist jedoch nur eine Rückführung, keine aktive Spurführung, wie dies in Personenwagen heute teilweise bereits der Fall ist. Das System ist zudem so ausgeführt, dass ein kurzzeitiges bewusstes Verlassen der Spur problemlos möglich ist, beispielweise um ein auf dem Pannenstreifen stehendes Fahrzeug mit dem MAN zu umfahren. Nach dem Ausscheren führt die Lenkung den Truck dann wieder sicher in die Spur zurück.

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Mit der zusätzlichen ­Kamera und dem 7-Zoll-Monitor wird der sonst schlecht einsehbare Beifahrerbereich deutlich übersichtlicher.

Erweitert wurde auch der Abstandstempomat, der nun auch im aufreibenden Stop-and-go-Verkehr bis zum Stillstand funktioniert. Nachdem die Funktion erst im TipMatic 14 eingeführt worden war, ist sie nun auch in den 12-Gang-Versionen integriert. Die neue Tempomatfunktion bremst den Truck bis zum Stillstand ab. Fährt das vorab fahrende Fahrzeug innerhalb von zwei Sekunden wieder los, setzt sich auch der Lastwagen wieder in Bewegung. Erfolgt die Weiterfahrt nach mehr als zwei Sekunden, muss ein Abfahrtsimpuls per Gaspedal oder Tempomathebel ­gegeben werden. Auf jeden Fall ist diese neue Funktion ein echter Komfortgewinn, was uns im Raum München im intensiven Freitagnachmittagverkehr innert kurzer Zeit deutlich vor Augen geführt wurde.

Tod dem Toten Winkel Mit dem neuen Video-Abbiegesystem (VAS) bringt MAN eine Lösung für eine bessere Sicht in den konfliktbehafteten Bereich auf der Beifahrerseite. Sobald der rechte Blinker gesetzt wird, zeigt die zusätzliche Kamera auf dem Monitor an der rechten A-Säule die ganze rechte Seite des Fahrzeugs. So kann der Chauffeur Fussgänger, Velofahrer, andere kleinere Fahrzeuge oder Hindernisse (Poller, Säulen, Büsche usw.) erkennen und kritische Situationen vermeiden. Das VAS-Kamera-Monitor-System kann mit Ultraschallsensoren kombiniert werden und wird ab Werk oder als Nachrüstlösung angeboten. Wie im Solo-Kastenfahrzeug 18.330, ist VAS zudem zu einem 360-Grad-Kamerasystem mit Birdview erweiterbar. Dieses verhilft im städtischen Verkehr zu mehr Übersicht beim Manövrieren.

 

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